Medizinrecht

Keine Außervollzugsetzung von Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung

Aktenzeichen  Vf. 90-VII-20

Datum:
16.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 31088
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
VfGHG Art. 27 Abs. 1 S. 1
IfSG § 73 Abs. 1a Nr. 24

 

Leitsatz

Keine Außervollzugsetzung von Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat eine auf einer bundesrechtlichen Ermächtigung beruhende Vorschrift des Landesrechts nicht umfassend darauf zu überprüfen, ob der Normgeber die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm zutreffend beurteilt und ob er andere bundesrechtliche Vorschriften in ihrer Bedeutung für den Inhalt seiner Regelung richtig eingeschätzt hat.  (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Anlässlich der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen überschlägigen Prüfung lässt nicht feststellen, dass die Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung wegen Fehlens einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage oder wegen einer Abweichung von den Vorgaben der bundesrechtlichen Ermächtigung gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung verstoßen.  (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei vorläufiger Prüfung erscheint es jedenfalls nicht zwingend, dass § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG dem Parlamentsvorbehalt des Art. 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG, nicht genügen.  (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
4. Etwas anderes lässt sich nicht daraus ableiten, dass die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD am 3. November 2020 den Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (BT-Drs. 19/23944) in den Bundestag eingebracht haben, der unter anderem vorsieht, in einem neuen § 28 a IfSG einen nicht abschließenden Beispielskatalog für notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG zu regeln, und auch nicht daraus, dass der Freistaat Bayern am 28. Oktober 2020 den Entschließungsantrag „Konkretisierung der Rechtsgrundlagen für die Schutzmaßnahmen der Länder im Infektionsschutzgesetz“ (BR-Drs. 640/20) in den Bundesrat eingebracht hat, der ebenfalls auf eine Konkretisierung der Ermächtigungsgrundlage abzielt.  (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei den angegriffenen Bestimmungen zum Schutz vor Coronainfektionen handelt es sich nicht offensichtlich um nicht „notwendige Schutzmaßnahmen“ im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG; ebensowenig verletzen die Maßnahmen ein Freiheitsgrundrecht der Bayerischen Verfassung.  (Rn. 16 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.

Gründe

I.
Mit ihrer am 31. Oktober 2020 erhobenen und am 5. November 2020 erweiterten Popularklage begehren die Antragsteller die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der §§ 5, 10 Abs. 4, § 11 Abs. 1 und 3, § 12 Abs. 2 Satz 2, § 13 Abs. 1 und 2, § 14 Abs. 1, §§ 23, 27 Nrn. 4, 7, 8, 9, 14 und 17 der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV) vom 30. Oktober 2020 (BayMBl Nr. 616, BayRS 2126-1-12-G; im Folgenden auch: Verordnung). Zugleich beantragen sie die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Bestimmungen mit Ausnahme des § 10 Abs. 4 8. BayIfSMV. Die mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffenen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:
§ 5 Veranstaltungen
1Vorbehaltlich speziellerer Regelungen in dieser Verordnung sind Veranstaltungen, Versammlungen, soweit es sich nicht um Versammlungen nach § 7 handelt, Ansammlungen sowie öffentliche Festivitäten landesweit untersagt. (Fussnote:Zulässig sind die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken.)Ausnahmegenehmigungen können auf Antrag von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erteilt werden, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist.
§ 11 Freizeiteinrichtungen
(1) 1Der Betrieb von Freizeitparks und vergleichbaren ortsfesten Freizeiteinrichtungen ist untersagt. 2Freizeitaktivitäten dürfen gewerblich weder unter freiem Himmel noch in geschlossenen Räumen angeboten werden.
(3) Stadt- und Gästeführungen, Berg-, Kultur- und Naturführungen sowie Führungen in Schauhöhlen und Besucherbergwerken sind untersagt.
§ 12 Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Märkte
(2) … 2Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, sind untersagt (zum Beispiel Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios). …
§ 13 Gastronomie
(1) Gastronomiebetriebe jeder Art sind vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 untersagt.
§ 14 Beherbergung
(1) 1Übernachtungsangebote dürfen von Hotels, Beherbergungsbetrieben, Schullandheimen, Jugendherbergen, Campingplätzen und sonstigen gewerblichen Unterkünften nur für glaubhaft notwendige, insbesondere für berufliche und geschäftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden. 2Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sind untersagt.
§ 23 Kulturstätten
Geschlossen sind:
1.Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Objekte der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen und vergleichbare Kulturstätten,
2.Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Kinos und ähnliche Einrichtungen,
3.zoologische und botanische Gärten.
§ 27 Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig im Sinne des § 73 Abs. 1 a Nr. 24 IfSG handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
4. entgegen § 5 Satz 1 oder § 7 Abs. 2 eine Veranstaltung oder Versammlung durchführt, entgegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 als Veranstalter kein Schutz- und Hygienekonzept vorlegen kann oder entgegen § 5 Satz 1 oder § 7 Abs. 1 Satz 1 an einer Veranstaltung oder Versammlung teilnimmt, (Fussnote:entgegen § 10 Abs. 1 oder 2 Sport treibt, entgegen § 10 Abs. 2 Nr. 1 Zuschauer zulässt, entgegen § 10 Abs. 3 Sporthallen, Sportplätze, andere Sportstätten oder Tanzschulen betreibt oder nutzt oder entgegen § 10 Abs. 4 Fitnessstudios betreibt,)
8.entgegen § 11 Abs. 1 oder Abs. 4 bis 6 Einrichtungen betreibt oder entgegen § 11 Abs. 3 touristische Führungen durchführt,
9.entgegen § 12 als Betreiber eines Ladengeschäfts, einer Verkaufsstelle auf einem Markt oder eines Einkaufszentrums oder als Verantwortlicher eines Dienstleistungsbetriebs oder einer Praxis den dort genannten Pflichten nicht nachkommt oder nicht sicherstellt, dass das Personal der Maskenpflicht nachkommt oder als Veranstalter eines Marktes den dort genannten Pflichten nicht nachkommt,

14. entgegen § 17 Prüfungen durchführt, …
17. entgegen § 23 die dort genannten Einrichtungen betreibt,
Gestützt ist die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erlassene Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, die gemäß ihrem § 28 Satz 1 am 2. November 2020 in Kraft getreten ist und mit Ablauf des 30. November 2020 außer Kraft tritt, auf § 32 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl I S. 1045), das zuletzt durch Art. 5 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl I S. 1385) geändert worden ist, in Verbindung mit § 9 Nr. 5 der Delegationsverordnung (DelV) vom 28. Januar 2014 (GVBl S. 22, BayRS 103-2-V), die zuletzt durch Verordnung vom 13. Januar 2020 (GVBl S. 11) geändert worden ist.
II.
1. Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, die angegriffenen Bestim mungen der Verordnung verstießen gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV), da sie zum einen (mangels Erforderlichkeit der Regelungen) von der Verordnungsermächtigung des § 32 (Sätze 1 und 2) i. V. m. § 28 Abs. 1 IfSG nicht gedeckt seien und zum anderen Zweifel daran bestünden, ob die Ermächtigungsgrundlage ihrerseits mit Art. 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG vereinbar sei; §§ 28 und 32 IfSG seien so auszulegen, dass sie nur als Ermächtigungsgrundlage für weniger einschneidende Grundrechtseingriffe aufzufassen seien.
Bezüglich aller angegriffenen Normen bestünden Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 101 BV) sowie dem Verbot der wirtschaftlichen Überforderung (Art. 153 BV). § 11 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 und 2, § 14 Abs. 1 und § 23 8. BayIfSMV verstießen zudem gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV), da anderen, mit Blick auf das Infektionsgeschehen zum Teil problematischeren Einrichtungen (wie etwa Schulen sowie Groß- und Einzelhandelsbetrieben unabhängig von ihrem Angebot) keine Betriebsverbote auferlegt würden und kleinere traditionelle Kunst- und Handwerkermärkte, Töpfermärkte und Flohmärkte gemäß § 12 Abs. 4 Satz 1 8. BayIfSMV zulässig seien. Auch verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art. 118 Abs. 1 Satz 1 BV), dass Friseurbetriebe in § 12 Abs. 2 Satz 3 8. BayIfSMV von der in § 12 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung angeordneten allgemeinen Untersagung von Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, ausgenommen würden. Gleiches gelte mit Blick darauf, dass außerschulische Bildungsangebote nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 der Verordnung zulässig seien, während § 11 Abs. 3 der Verordnung Führungen (auch im Freien) untersage, obwohl auch diese bildenden Charakter hätten. Das Verbot, gewerblich Freizeitaktivitäten anzubieten (§ 11 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung), verstoße zudem gegen die Gebote der Bestimmtheit (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) und der Verhältnismäßigkeit. Das Beherbergungsverbot des § 14 Abs. 1 der Verordnung verstoße gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit (Art. 109 BV) und, sofern es auch auf private Übernachtungsangebote zu beziehen sei, gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 101 i. V. m. Art. 100 BV). Die in § 23 8. BayIfSMV angeordnete Schließung von Kulturstätten verletze schließlich das Kulturförderungsgebot (Art. 140 Abs. 1 und 2 BV) und das Kulturstaatlichkeitsgebot (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) sowie das Grundrecht der Kunstfreiheit (Art. 108 BV).
Die gegen die angegriffenen Verbote vorgebrachten Einwände gälten erst recht für ihre in § 27 der Verordnung angeordnete Bußgeldbewehrung.
2. Die Bayerische Staatsregierung hält in ihrer Stellungnahme vom 6. November 2020 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für unbegründet. Der Bayerische Landtag hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
III.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
Der Verfassungsgerichtshof kann keine Gründe erkennen, die im Interesse der Allgemeinheit eine einstweilige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar machen und eine vollständige oder teilweise Außervollzugsetzung der in diesem Eilverfahren angegriffenen Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung rechtfertigen (zum Prüfungsmaßstab vgl. VerfGH vom 8.6.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 11).
1. Bei überschlägiger Prüfung kann weder von offensichtlichen Erfolgsaussichten noch von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Hauptantrags im Popularklageverfahren hinsichtlich der in Rede stehenden Verordnungsbestimmungen ausgegangen werden.
a) Soweit die Antragsteller geltend machen, die angegriffenen Bestimmungen ließen sich nicht auf die vom Verordnungsgeber in Anspruch genommene Ermächtigungsgrundlage (§ 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG) stützen, da diese ihrerseits mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und im Übrigen mit Blick auf die angegriffenen Normen nicht einschlägig sei, ist der im Vergleich zur Fachgerichtsbarkeit eingeschränkte Prüfungsumfang zu beachten, der dem Verfassungsgerichtshof insoweit zukommt. Der Verfassungsgerichtshof prüft im Verfahren der Popularklage zwar, ob die angegriffenen Bestimmungen einer Rechtsverordnung auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung beruhen und deren Vorgaben einhalten. Prüfungsmaßstab sind dabei jedoch allein die Vorschriften der Bayerischen Verfassung, nicht Normen des Bundesrechts. Ein behaupteter Verstoß gegen Bundesrecht kann nur mittelbar als Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verankerten Rechtsstaatsprinzips geprüft werden. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder formelle oder inhaltliche Verstoß einer landesrechtlichen Vorschrift gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Der Verfassungsgerichtshof hat eine auf einer bundesrechtlichen Ermächtigung beruhende Vorschrift des Landesrechts deshalb nicht umfassend daraufhin zu überprüfen, ob der Normgeber die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm zutreffend beurteilt und ob er andere bundesrechtliche Vorschriften in ihrer Bedeutung für den Inhalt seiner Regelung richtig eingeschätzt hat. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 4.4.2017 BayVBl 2017, 553 Rn. 26 m. w. N.).
Hiervon ausgehend lässt sich bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen überschlägigen Prüfung nicht feststellen, dass die angegriffenen Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung wegen Fehlens einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage oder wegen einer Abweichung von den Vorgaben der bundesrechtlichen Ermächtigung gegen das Rechtsstaatsprinzip der Bayerischen Verfassung verstoßen.
aa) Die Auffassung der Antragsteller, § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG genüge nicht dem Parlamentsvorbehalt des Art. 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG, ist bei vorläufiger Prüfung jedenfalls nicht zwingend. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21. Oktober 2020 (Vf. 26-VII-20 – juris Rn. 17 f.) bereits dargelegt hat, lässt sich das Maß der zu fordernden Bestimmtheit einer Ermächtigungsgrundlage nicht allgemein und formelhaft festlegen; dieses hängt vielmehr insbesondere davon ab, in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich – hier: Infektionsschutz in Zeiten eines Pandemiegeschehens mit wechselnden Gefährdungslagen – einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist. Auch reicht es aus, wenn sich die Vorgaben des parlamentarischen Gesetzgebers mithilfe der allgemeinen Auslegungsgrundsätze aus dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte der Regelung erschließen lassen.
Zwar haben die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD am 3. November 2020 den Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (BT-Drs. 19/23944) in den Bundestag eingebracht, der unter anderem vorsieht, in einem neuen § 28 a IfSG einen nicht abschließenden Beispielskatalog für notwendige Schutzmaßnahmen im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG zu regeln; zudem hat der Freistaat Bayern am 28. Oktober 2020 den Entschließungsantrag „Konkretisierung der Rechtsgrundlagen für die Schutzmaßnahmen der Länder im Infektionsschutzgesetz“ (BR-Drs. 640/20) in den Bundesrat eingebracht, der ebenfalls auf eine Konkretisierung der Ermächtigungsgrundlage abzielt. Aus diesen Bemühungen lässt sich jedoch nicht schließen, dass die bisherige Ermächtigungsgrundlage dem Parlamentsvorbehalt des Art. 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG nicht genügt (vgl. VGH BW vom 6.10.2020 – 1 S 2871/20 – juris Rn. 30 m. w. N.; OVG NW vom 30.10.2020 – 13 B 1488/20 – juris Rn. 42). Auch mit Blick auf diejenigen landesrechtlichen Bestimmungen, die – wie in Bayern u. a. die angegriffenen – im Gefolge der Besprechung zwischen der Bundeskanzlerin sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am 28. Oktober 2020 erlassen worden sind, sind bereits mehrere Oberverwaltungsgerichte nach summarischer Prüfung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu der Auffassung gelangt, dass es eindeutig an einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage fehle. So hat etwa der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 5. November 2020 (20 NE 20.2468 – BeckRS 2020, 29302 Rn. 11) mit Blick auf die auch hier angegriffenen Bestimmungen des § 13 Abs. 1 und des § 14 Abs. 1 8. BayIfSMV zwar „erhebliche Zweifel“ daran geäußert, ob die Ermächtigungsgrundlage dem Parlamentsvorbehalt (noch) genüge, die Frage aber letztlich ebenso offengelassen wie das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Beschluss vom 4. November 2020 (3 R 218/20 – BeckRS 2020, 29264 Rn. 21) bezüglich verschiedener Bestimmungen der Achten Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Sachsen-Anhalt vom 15. September 2020 (GVBl LSA S. 432), zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Achten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 30. Oktober 2020 (GVBl LSA S. 618). Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht tendiert in zwei Beschlüssen vom 6. November 2020 (13 MN 411/20 und 13 MN 433/20 – jeweils juris Rn. 12 ff.) hingegen zu der Auffassung, § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG sei eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, um im Weg der landesrechtlichen Rechtsverordnung die Schließung von Gastronomiebetrieben und Fitnessstudios anzuordnen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 11. November 2020 (1 BvR 2530/20 – juris Rn. 9 ff.) einen im Rahmen eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens gestellten Antrag auf Aussetzung des auch hier angegriffenen § 13 Abs. 1 8. BayIfSMV (auf der Grundlage einer Folgenabwägung) abgelehnt, ohne die Problematik einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage zu diskutieren. Dass die hier angegriffenen Vorschriften offensichtlich einer solchen entbehren, lässt sich vor diesem Hintergrund nicht feststellen.
bb) Es ist auch nicht festzustellen, dass die Ermächtigungsgrundlage im Hinblick auf ihre Reichweite die angegriffenen Bestimmungen offensichtlich nicht trägt.
(1) Insoweit machen die Antragsteller zum einen geltend, die angegriffenen Normen seien nicht erforderlich und könnten somit keine „notwendigen Schutzmaßnahmen“ im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG darstellen. Zur Begründung führen sie an, die angegriffenen Bestimmungen richteten sich nicht an die Stellen, die mit Blick auf das Infektionsgeschehen (nach den im Epidemiologischen Bulletin 38/2020 „Infektionsumfeld von COVID-19-Ausbrüchen in Deutschland“ des Robert-Koch-Instituts vom 17. September 2020 dargelegten Erkenntnissen) von erheblicher Bedeutung seien, sondern gegen diejenigen, bei denen das Infektionsrisiko kontrollierbar sei (Veranstaltungen im Freien, Verkehrsmittel, Gaststätten, Hotels).
Diese Argumentation ist nicht als Beleg für die Behauptung geeignet, dass es sich bei den angegriffenen Bestimmungen offensichtlich nicht um „notwendige Schutzmaßnahmen“ im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handelt. Die Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung beschränkt sich nicht auf Einschränkungen in Bereichen, bezüglich derer die Antragsteller dem von ihnen angeführten Bulletin entnehmen wollen, sie seien für das Infektionsgeschehen nicht von Bedeutung. Vielmehr nimmt die Verordnung gerade auch solche Bereiche in den Blick, die nach den Ausführungen des Robert-Koch-Instituts im zitierten Bulletin (Seiten 10 f.) von besonderer Bedeutung für die Verbreitung der COVID-19-Pandemie sind, so die privaten Wohnungen (§ 3 8. BayIfSMV) sowie Krankenhäuser und Pflegeheime (§ 9 8. BayIfSMV). Soweit die Verordnung darüber hinaus mit den angegriffenen Normen auch Beschränkungen in Bereichen anordnet, die nach dem Bulletin des Robert-Koch-Instituts von vergleichsweise untergeordneter Bedeutung sind, folgt daraus nicht, dass es sich nicht um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handelt. Bereits aus dem genannten Bulletin selbst (Seite 10) ergibt sich, dass „Situationen im Freien“ zwar „deutlich weniger“ zu Krankheitsübertragungen führten, was aber nicht bedeutet, dass im Freien stattfindende Kontakte für das Pandemiegeschehen irrelevant wären. Gleiches gilt für den „öffentlichen Bereich (in Verkehrsmitteln, Gaststätten, Hotels)“, in dem laut Bulletin (Seite 11) Übertragungen, „sicher auch bedingt durch die massiven Gegenmaßnahmen, vergleichsweise deutlich seltener“ vorgekommen seien. Damit wird dem öffentlichen Bereich zum einen keineswegs eine Irrelevanz für das Infektionsgeschehen attestiert und zum anderen der Umstand, dass dort Übertragungen „vergleichsweise deutlich seltener“ vorgekommen seien, gerade den ergriffenen „massiven Gegenmaßnahmen“ zugeschrieben. Zudem wird in dem Bulletin selbst (Seite 4 sowie Fußnoten zu den Tabellen 2, 3 und 4) betont, dass sich Ausbrüche etwa im Bahnverkehr nur schwer ermitteln ließen, da in vielen Fällen die Identität eines Kontaktes im Nachhinein nicht mehr ermittelbar sei. Vor allem aber weist das Robert-Koch-Institut, dem der Bundesgesetzgeber in § 4 IfSG eine besondere Rolle eingeräumt hat und dessen Einschätzung im Bereich des Infektionsschutzes besonderes Gewicht beizumessen ist (VerfGH vom 26.3.2020 NVwZ 2020, 624 Rn. 16), in seiner aktuellen Risikoeinschätzung vom 11. November 2020 (https://www.rki.de/DE/Content/ InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html) darauf hin, dass bei einem zunehmenden Anteil der Fälle die Infektionsquelle unbekannt sei, die Aerosolausschüttung bei lautem Sprechen, Singen oder Lachen stark ansteige, weshalb in Innenräumen das Infektionsrisiko auch über einen größeren Abstand als 1,5 Meter hinweg deutlich steige, und dass bei gemeinsamem Sitzen an einem Tisch oder bei größeren Menschenansammlungen auch im Freien ein erhöhtes Übertragungsrisiko bestehe. Vor diesem Hintergrund verbietet sich, zumal in Anbetracht der dem Normgeber zukommenden Einschätzungsprärogative (VerfGH vom 21.10.2020 – Vf. 26-VII-20 – juris Rn. 21 m. w. N.), die Annahme, bei den angegriffenen Regelungen handle es sich offensichtlich nicht um „notwendige Schutzmaßnahmen“ im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG.
(2) Zum anderen wollen die Antragsteller aus dem Umstand, dass § 31 IfSG die Untersagung der Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten nur gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern vorsieht, schließen, dass anderen Personen gegenüber auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG keine Tätigkeitsverbote ausgesprochen werden dürften.
Auch diese Argumentation ist jedenfalls nicht zwingend. Wie sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Zweck des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG ergibt, soll diese Vorschrift eine effektive Gefahrenabwehr ermöglichen. Dies spricht, ebenso wie der Gebrauch des Adverbs „insbesondere“ in § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG, gegen die Annahme, dass die vorübergehende Schließung von Betrieben, deren Inhaber keiner der in § 31 IfSG genannten Gruppen angehören, nicht auf § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt werden könnte. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass § 31 IfSG es erlaubt, gezielt solchen Personen ein Tätigkeitsverbot aufzuerlegen, die mit Blick auf ein Infektionsgeschehen eine besondere Gefährlichkeit für andere aufweisen. Mit den angegriffenen Bestimmungen der Verordnung, welche die vorübergehende Einstellung von Betrieben anordnen (§ 12 Abs. 2 Satz 2, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 23), wird jedoch nicht ein Tätigkeitsverbot im Sinn des § 31 IfSG gegen einzelne Personen über die in § 31 IfSG genannten Personengruppen hinaus erstreckt, sondern vielmehr allgemein die vorübergehende Einstellung aller Betriebe einer bestimmter Art angeordnet, um Kontakte zwischen vielen Personen, die sich beim Betrieb ergeben (können), zu verhindern. Eine solche Regelung mag zwar aus Sicht des einzelnen betroffenen Betriebsinhabers dieselbe Wirkung haben wie eine Tätigkeitsuntersagung nach § 31 IfSG; sie verfolgt jedoch einen ganz anderen Ansatz, was gegen die Annahme spricht, die durch § 31 IfSG eröffnete Möglichkeit der Anordnung persönlicher Beschränkungen stehe vorübergehenden allgemeinen Betriebsschließungen unabhängig von der Person des Inhabers auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG entgegen. Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht am 22. März 2012 entschieden, dass auch Maßnahmen gegenüber der Allgemeinheit und gegenüber Nichtstörern auf die Generalklausel gestützt werden können (BVerwGE 142, 205 Rn. 25 f.).
b) Es ist auch nicht offensichtlich, dass die angegriffenen Vorschriften ein Freiheitsgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzen.
aa) Insoweit steht mit Blick auf die angegriffenen Bestimmungen vor allem die durch Art. 101 BV gewährleistete Berufsfreiheit inmitten. Nach den zu Art. 12 Abs. 1 GG entwickelten Maßstäben, die im berufsrechtlichen Anwendungsbereich des Art. 101 BV entsprechend gelten (VerfGH vom 14.4.2011 VerfGHE 64, 39/47), stellen sich die in den angegriffenen Vorschriften enthaltenen zeitlich befristeten Tätigkeitsuntersagungen als Berufsausübungsregelungen dar. Solche sind zulässig, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und wenn die durch sie bewirkte Beschränkung der Berufsausübung den Betroffenen zumutbar ist (VerfGHE 64, 39/47).
Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die angegriffenen Bestimmungen im Vergleich zu den entsprechenden Regelungen der Siebten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 1. Oktober 2020 – aus Sicht der betroffenen Berufstätigen empfindliche – Verschärfungen darstellen, ist nicht offensichtlich, dass sie dem dargelegten Maßstab nicht gerecht würden.
(1) Hintergrund der Bestimmungen ist eine in jüngster Zeit immense Zunahme an Infektionen im Zuge des Pandemiegeschehens. So berichtet das Robert-KochInstitut im täglichen Lagebericht vom 14. November 2020 (https://www.rki.de/DE/ Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2020/2020-11- 14-de.pdf? _blob=publicationFile) von bundesweit – kumuliert – 773.556 labordiagnostisch bestätigten COVID-19-Infektionen, woraus sich eine Zunahme von 22.461 gegenüber dem Vortag ergibt; der Anstieg werde durch zumeist diffuse Geschehen verursacht. In Bayern liegt die Zahl der bestätigten Infektionen dem Lagebericht zufolge bei 153.156; die Zunahme gegenüber dem Vortag beträgt 4.274. Die kumulierten Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19 belaufen sich in Bayern auf 3.108. Bayern ist nach wie vor das von der Pandemie am stärksten betroffene Flächenland. Bezogen auf 100.000 Einwohner beträgt die Zahl der Infektionen dem genannten Lagebericht zufolge 1.167 (Bundesdurchschnitt 930) und die Zahl der Todesfälle 23,7 (Bundesdurchschnitt 14,9). Bundesweit befanden sich nach dem im Lagebericht wiedergegebenen Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) am 13. November 2020 3.325 COVID-19-Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, was einen Anstieg gegenüber dem Vortag von 26 und von 1.264 gegenüber dem 1. November 2020 bedeutet.
(2) Dass dem Normgeber, der nach Art. 99 Satz 2 Halbsatz 2 BV verpflichtet ist, die personellen und sachlichen Kapazitäten des Gesundheitssystems zu schützen (VerfGH vom 8.5.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 121), mildere, aber gleichermaßen wirksame Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um in den geregelten Bereichen die Infektionsgefahr zu minimieren und damit der weiteren Ausbreitung der Pandemie entgegenzuwirken, ist, zumal unter Berücksichtigung seiner Einschätzungsprärogative (VerfGH vom 21.10.2020 – Vf. 26-VII-20 – juris Rn. 21), nicht offensichtlich. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass nicht auszuschließen ist, dass eine Weiterführung der untersagten Tätigkeiten unter Beachtung von Hygienekonzepten wegen des derzeitigen diffusen Infektionsgeschehens einen ausreichenden Schutz vor unkontrollierter Ausbreitung von Infektionen nicht gewährleistet. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Bayerische Staatsregierung ihrer Pflicht, die getroffenen Maßnahmen fortlaufend auf ihre Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen (VerfGH vom 24.4.2020 NVwZ 2020, 785 Rn. 31; vom 8.5.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 103), nicht nachkäme.
(3) Zu berücksichtigen ist schließlich, dass die von den Schließungen betroffenen Unternehmen nach dem in der Besprechung zwischen der Bundeskanzlerin sowie den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder vom 28. Oktober 2020 gefassten Beschluss (https://www.bundesregierung.de/bregde/aktuelles/ videokonferenzderbundeskanzlerinmitdenregierungschefinnenundregierungschefsderlaenderam-28-oktober-2020-1805248) eine außerordentliche Wirtschaftshilfe (bei Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern in Höhe von 75% des entsprechenden Umsatzes des Vorjahresmonats) erhalten sollen. Es ist daher nicht anzunehmen, dass die betroffenen Unternehmen die durch die angegriffenen Bestimmungen angeordneten Schließungen kompensationslos hinzunehmen hätten.
bb) Dass § 14 Abs. 1 8. BayIfSMV gegen das Grundrecht auf Freizügigkeit (Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BV) und das Grundrecht auf Wahrung der Privatsphäre (Art. 101 BV) verstieße, ist ebenfalls nicht offensichtlich und erscheint sogar fernliegend.
(1) Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BV schützt das Recht, sich zu jedem beliebigen Zweck an jedem beliebigen Ort in Bayern (vorübergehend) aufzuhalten und (längerfristig) niederzulassen (Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 109 Rn. 12). Aus diesem Abwehrgrundrecht (Lindner, a. a. O., Rn. 10) folgt aber nicht, dass der Grundrechtsträger, der von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen will, zugleich auch einen Anspruch darauf hätte, dass der Staat eine aus anderen Gründen als der Einschränkung der Freizügigkeit angeordnete Schließung von Beherbergungsbetrieben unterlässt. Bejahte man dennoch einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 109 Abs. 1 Satz 1 BV, ergäbe sich aus den oben dargelegten Gründen, dass es dem Eingriff jedenfalls nicht offensichtlich an einer Rechtfertigung fehlt.
(2) Die Auffassung der Antragsteller, § 14 Abs. 1 Satz 2 8. BayIfSMV könnte auch die nichtgewerbliche private Beherbergung umfassen und damit gegen das Grundrecht auf Wahrung der Privatsphäre (Art. 101 BV) verstoßen, erscheint fernliegend. § 14 Abs. 1 Satz 2 8. BayIfSMV ist seiner systematischen Stellung nach auf den unmittelbar vorangehenden Satz 1 des § 14 Abs. 1 8. BayIfSMV bezogen, der ausschließlich Übernachtungsangebote „von Hotels, Beherbergungsbetrieben, Schullandheimen, Campingplätzen und allen sonstigen gewerblichen Unterkünften“ betrifft; zudem ist § 14 8. BayIfSMV in Teil 4 der Verordnung („Wirtschaftsleben“) enthalten.
cc) Ein Eingriff des § 23 8. BayIfSMV in den Schutzbereich des Grundrechts der Kunstfreiheit ist mit Blick auf die Nummer 3 der Vorschrift (Schließung zoologischer und botanischer Gärten) fernliegend und im Übrigen fraglich. Zwar gehört zum Grundrecht der Kunstfreiheit nicht nur der Werk-, sondern auch der Wirkbereich eines Kunstwerks, also seine Darbietung und Verbreitung (vgl. zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG BVerfG vom 13.6.2007 BVerfGE 119, 1/21). Hieran knüpft § 23 8. BayIfSMV jedoch insofern nicht an, als er nicht die Verbreitung bestimmter Kunstwerke verbietet, sondern (ohne Bezug zu einzelnen Kunstwerken) die zeitlich befristete Schließung von Einrichtungen anordnet, die der Vermittlung von Kunstwerken bestimmter Gattungen dienen (etwa Museen, Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Kinos). Selbst wenn man hierin einen faktischen Eingriff in den Schutzbereich der Kunstfreiheit sieht (vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 108 Rn. 25), so wäre jedenfalls aus den oben dargelegten Gründen nicht offensichtlich, dass es sich nicht um einen verhältnismäßigen und damit gerechtfertigten Eingriff handelt (vgl. zu den inhärenten Begrenzungen des Art. 108 BV VerfGH vom 20.1.1969 VerfGHE 22, 1/9).
dd) Soweit die Antragsteller meinen, § 11 Abs. 3 8. BayIfSMV könne (je nach Art der untersagten Führung) einen Eingriff in das Grundrecht auf Genuss der Naturschönheiten und Erholung in der freien Natur (Art. 141 Abs. 3 BV) darstellen, erscheint bereits zweifelhaft, ob der Schutzbereich dieses Grundrechts einen Anspruch darauf umfasst, an Führungen durch die Natur teilnehmen zu können. Im Übrigen sind gesetzliche Beschränkungen des Grundrechts möglich, soweit höhere Interessen der Allgemeinheit dies erfordern (Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 141 Rn. 31 m. w. N.). Es liegt nahe, dass danach eine zeitlich befristete Untersagung von Naturführungen mit Blick auf ein dynamisches Pandemiegeschehen nicht zu beanstanden ist.
c) Auch ein Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht (Art. 118 Abs. 1 BV) oder das darin enthaltene Willkürverbot durch die angegriffenen Bestimmungen ist jedenfalls nicht offensichtlich. Der Gleichheitssatz verbietet Willkür. In seinem klassischen Gehalt verbietet er, gleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise ungleich und ungleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise gleich zu behandeln. Davon zu unterscheiden ist das allgemeine Willkürverbot, das der Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit und der Abwehr gemeinschädlicher Regelungen auch dort dient, wo es nicht um die Beurteilung konkreter Vergleichspaare oder die ausnahmslose Einhaltung eines einheitlichen Regelungssystems geht (VerfGH vom 15.11.2006 VerfGHE 59, 219/228). Die Antragsteller sehen diese grundrechtlichen Gewährleistungen durch § 11 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 und 2, § 14 Abs. 1 und § 23 8. BayIfSMV als verletzt an, weil die von diesen Vorschriften betroffenen Unternehmen und Einrichtungen schließen müssen, während Schulen, Groß- und Einzelhandelsbetriebe unabhängig von ihrem Angebot und Friseure ihren Betrieb (unter Beachtung von Vorsichtsmaßnahmen) fortsetzen dürfen. Auch sei es nicht nachvollziehbar, dass ein Kochkurs mit Zubereitung von Speisen durch die Teilnehmer nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 8. BayIfSMV zulässig sei, der Besuch eines Gastronomiebetriebs unter denselben hygienischen Standards jedoch nicht. Diese Argumentation macht einen Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht oder das Willkürverbot nicht offensichtlich.
aa) Bezüglich einiger Aspekte ist bereits bei oberflächlicher Betrachtung fraglich, ob sich die Antragsteller auf wesentlich gleiche Sachverhalte beziehen. So sind die der Allgemeinbildung dienenden Schulen (vgl. Art. 131 BV) einerseits und die von den angegriffenen Bestimmungen betroffenen gewerblichen Einrichtungen andererseits ihrem Wesen nach verschieden. Von daher verbietet es sich von vornherein, aus dem Umstand, dass Schulen bislang trotz des Pandemiegeschehens (nach Maßgabe des § 18 8. BayIfSMV) geöffnet bleiben, zu folgern, dass die vorübergehende Schließung gewerblicher Betriebe wegen der Pandemie nicht angeordnet werden dürfe. Soweit der Groß- und Einzelhandel der Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen Bedarfs dient, unterscheidet er sich ebenfalls offensichtlich von den Betrieben, deren Schließung die angegriffenen Normen anordnen.
bb) Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Normgeber, wie bereits in den Entscheidungen zu früheren Eilanträgen hervorgehoben, besonders bei Massenerscheinungen, die sich – wie das gegenwärtige weltweite Infektionsgeschehen – auf eine Vielzahl von Lebensbereichen auswirken, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen darf, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt. Dies gilt in besonderer Weise bei Auftreten neuartiger Gefahrenlagen und Entwicklungen, die ein schnelles gesetzgeberisches Eingreifen erforderlich machen, für die es bisher aber an zuverlässigen Erfahrungen fehlt (VerfGH vom 21.10.2020 – Vf. 26-VII-20 – juris Rn. 24 m. w. N.).
Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls nicht offensichtlich, dass der Verordnungsgeber gegen den Gleichheitssatz verstoßen hat, indem er Friseure vom Verbot der Erbringung körpernaher Dienstleistungen ausgenommen (§ 12 Abs. 2 Satz 3 8. BayIfSMV; vgl. BayVGH vom 11.11.2020 – 20 NE 20.2485 – juris Rn. 34), Wochenmärkte und andere Märkte zum Warenverkauf unter freiem Himmel einschließlich kleinerer traditioneller Kunst- und Handwerkermärkte, Töpfermärkte und Flohmärkte nach Maßgabe des § 12 Abs. 4 8. BayIfSMV nicht untersagt und hinsichtlich der weiterhin geöffneten Betriebe des Groß- und Einzelhandels nicht nach deren jeweiligem Warenangebot unterschieden hat.
d) Auch ein Verstoß der angegriffenen Bestimmungen gegen sonstiges Verfassungsrecht ist nicht offensichtlich.
aa) Es ist in Anbetracht der obigen Ausführungen fernliegend, dass der Normgeber den weiten Gestaltungsspielraum, den er bei der Ausfüllung des Programmsatzes des Art. 153 Satz 1 BV hat (VerfGH vom 6.4.1989 VerfGHE 42, 41/49), durch die angeordneten vorübergehenden Betriebsschließungen verletzt haben könnte. Das gilt umso mehr mit Blick auf die zu erwartenden Ausgleichsleistungen.
bb) Ein Verstoß des § 11 Abs. 1 Satz 2 8. BayIfSMV gegen das dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) innewohnende Bestimmtheitsgebot ist ebenso wenig offensichtlich wie ein Verstoß der in § 27 Nrn. 4, 7, 8, 9, 14 und 17 8. BayIfSMV normierten Ordnungswidrigkeiten gegen das spezielle Bestimmtheitsgebot des Art. 104 Abs. 1 BV (keine Strafe ohne Gesetz).
(1) Das Bestimmtheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verbietet es dem Normgeber nicht, unbestimmte Rechtsbegriffe zu gebrauchen. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage zumindest ansatzweise eigenständig beurteilen und ihr Verhalten danach einrichten können und dass die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Gleichwohl darf das Gebot der Bestimmtheit nicht übersteigert werden, weil Gesetze sonst zu starr und kasuistisch werden müssten und der Vielgestaltigkeit des Lebens oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Der Normgeber ist nicht verpflichtet, jeden Tatbestand mit exakt erfassbaren Merkmalen bis ins Letzte zu umschreiben. Es bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lässt (VerfGH vom 13.3.2012 VerfGHE 65, 61/69 m. w. N.).
Hieran gemessen bestehen keine Bedenken gegen den Begriff des durch § 11 Abs. 1 Satz 2 8. BayIfSMV verbotenen gewerblichen Anbietens von Freizeitaktivitäten. Es lässt sich, insbesondere auch im Weg der Zusammenschau mit den übrigen Bestimmungen des § 12 sowie der übrigen Vorschriften der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, hinreichend bestimmen, welche Aktivitäten dem Lebensbereich der Freizeit zugeordnet werden sollen. Eine erschöpfende Auflistung aller womöglich gewerblich angebotenen Freizeitaktivitäten wäre im Übrigen gar nicht möglich. Soweit die Antragsteller die Frage aufwerfen, ob gewerblich angebotene Freizeitaktivitäten, die weder eine körperliche Anwesenheit des Anbieters noch die körperliche Anwesenheit anderer Teilnehmer an der Freizeitaktivität voraussetzen (Telefonsex; Aufstellen eines automatischen Massagestuhls in einem Kaufhaus, dessen Nutzung den Einwurf von Geld erfordert), § 11 Abs. 1 Satz 2 8. BayIfSMV unterfallen, liegt nach dem eindeutigen Sinn und Zweck der Verordnung – Minimierung persönlicher Kontakte mit einer körperlichen Nähe, die eine Virusübertragung ermöglicht – nahe, dass dies nicht der Fall ist.
(2) Auch ist nicht offensichtlich, dass die von den Antragstellern angegriffenen Ordnungswidrigkeitenvorschriften gegen das Verbot der Strafe ohne Gesetz (Art. 104 Abs. 1 BV) verstoßen. Anders als der durch Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 8. Juni 2020 (Vf. 34-VII-20 – juris) teilweise außer Vollzug gesetzte § 21 Nr. 7 5. BayIfSMV verweisen die hier angegriffenen Ordnungswidrigkeitentatbestände nicht auf das allgemeine Abstandsgebot (§ 1 8. BayIfSMV) und damit nicht auf die darin enthaltenen, für eine Bußgeldbewehrung vor dem Hintergrund des Art. 104 Abs. 1 BV zu wenig sicher bestimmbaren Begriffe („Jeder wird angehalten […]“, „absolut nötiges Minimum“, „wo immer möglich“). Auch einen Verweis auf ähnliche Rechtsbegriffe, denen es an der erforderlichen Bestimmtheit fehlt, enthalten die angegriffenen Regelungen in § 27 Nrn. 4, 7, 8, 9, 14 und 17 8. BayIfSMV nicht. An dieser Bewertung ändert sich auch nichts, wenn man annimmt, dass die Antragsteller sich tatsächlich nicht gegen den auf die Durchführung von Prüfungen bezogenen § 27 Nr. 14, sondern gegen den auf die Gewährung von Unterkunft bezogenen § 27 Nr. 11 8. BayIfSMV wenden wollten.
cc) Fernliegend ist schließlich ein Verstoß des § 23 8. BayIfSMV gegen das Kulturstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) oder den Kulturförderungsauftrag des Art. 140 BV. Weder aus der allgemeinen objektivrechtlichen Pflicht von Staat und Gemeinden zur Pflege kultureller Güter (Geis in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 3 Rn. 32 m. w. N.) noch aus der allgemeinen Staatszielbestimmung der Kulturförderung (VerfGH vom 13.9.2011 VerfGHE 64, 159/173) lässt sich ein Verbot ableiten, durch Rechtsverordnung zeitlich befristet die Schließung der in § 23 der Verordnung aufgezählten Einrichtungen anzuordnen.
2. Bei der demnach gebotenen Folgenabwägung überwiegen die gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe. Auch wenn die Achte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung gegenüber ihren Vorläufern erhebliche Verschärfungen in Form der vorübergehenden Schließung von Betrieben und sonstigen Einrichtungen enthält, die bislang unter Auflagen geöffnet bleiben konnten, müssen die Belange der Betroffenen gegenüber der fortbestehenden und, wie oben ausgeführt, in jüngster Zeit wieder erheblich gestiegenen Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen bei gleichzeitig drohender Überforderung der personellen und sachlichen Kapazitäten des Gesundheitssystems zurücktreten. Eine vorläufige Außerkraftsetzung einzelner Verordnungsbestimmungen würde die praktische Wirksamkeit des vom Verordnungsgeber verfolgten Gesamtkonzepts in einem Ausmaß beeinträchtigen, das dem Gebot zuwiderliefe, von der Befugnis, den Vollzug einer in Kraft getretenen Norm auszusetzen, wegen des erheblichen Eingriffs in die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen (vgl. BVerfG vom 11.11.2020 – 1 BvR 2530/20 – juris Rn. 16).
IV.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).

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