Medizinrecht

Keine Berufungszulassung bei rechtmäßiger Ablehnung eines Terminverlegungsantrags

Aktenzeichen  11 ZB 18.30789

Datum:
12.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 6948
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 102 Abs. 2, § 138 Nr. 3, § 173 S. 1
ZPO § 85 Abs. 2, § 227 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Geht aus einem Verlegungsantrag die Reiseunfähigkeit der Klägerin zu 1) nicht auch am Verhandlungstag hervor, ist eine Ablehnung des Terminverlegungsantrags nicht zu beanstanden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Nimmt die Prozessbevollmächtigte den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahr, weil sie wegen des kurzfristig gestellten Terminverlegungsantrags nicht angereist ist, liegt ein Verschulden vor, das sich die Kläger zurechnen lassen müssen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
3 Haben die Prozessbevollmächtigten vor dem Termin nicht auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zu 1) hingewirkt, kann das Verwaltungsgericht aufgrund eines in der Ladung dementsprechend zuvor erteilten Hinweises beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 9 K 16.31997 2018-02-26 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht den Terminverlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt hätte und die Berufung deshalb wegen eines Verfahrensmangels in Form der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) zuzulassen wäre.
Nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Dem verhinderten Beteiligten obliegt es, die Hinderungsgründe, auf die er sich berufen will, möglichst noch vor dem Termin schlüssig und substantiiert darzulegen, so dass das Gericht in die Lage versetzt wird, das Vorliegen eines erheblichen Grundes zu beurteilen und ggf. eine (weitere) Glaubhaftmachung gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO zu verlangen (BVerwG, B.v. 26.4.1999 – 5 B 49/99 – juris Rn. 3, 6; B.v. 20.6.2000 – 5 B 27/00 – juris Rn. 10; B.v. 22.5.2001 – 8 B 69/01 – juris Rn. 5; B.v. 29.4.2004 – 1 B 203/03 – juris Rn. 4). Hat der Beteiligte – wie hier – einen Prozessbevollmächtigten‚ der ihn im Termin vertreten kann‚ ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör regelmäßig genügt‚ wenn dieser an der mündlichen Verhandlung teilnehmen kann (vgl. Geiger in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Auflage 2014, § 102 Rn. 6). Insbesondere verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht‚ dem Beteiligten neben seinem Anwalt die Möglichkeit zu persönlichen Erklärungen zu geben (Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig‚ GG‚ Stand September 2016‚ Art. 103 Abs. 1 Rn. 109). Etwas anderes gilt nur dann‚ wenn gewichtige Gründe substantiiert vorgetragen werden‚ die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1982 – 9 C 1/81 – DÖV 1983, 247 = juris Rn. 12).
Gemessen daran ist die Ablehnung der von den Klägerbevollmächtigten mit Fax vom 23. Februar 2018 beantragten Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2018 nicht zu beanstanden. Zum einen ergab sich aus dem mit dem Antrag vorgelegten Attest lediglich eine Reiseunfähigkeit der Klägerin zu 1 am 23. Februar 2018. Aus dem Verlegungsantrag ging nicht hervor, dass die Klägerin zu 1 aller Voraussicht nach auch am Verhandlungstag nicht reisefähig sein werde. Das weitere, von einem anderen Arzt ausgestellte Attest, das eine Verhinderung der Klägerin zu 1 aus gesundheitlichen Gründen auch am 26. Februar 2018 bestätigt, haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger erst mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung vorgelegt.
Zum anderen waren die Kläger im Verfahren anwaltlich vertreten. Ihre Prozessbevollmächtigte ist jedoch ebenfalls zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Dass sie nicht an der mündlichen Verhandlung hätte teilnehmen können, wurde weder vorgetragen noch sind Gründe hierfür sonst ersichtlich. Nachdem sie den Verlegungsantrag erst am Freitag, den 23. Februar 2018 um 15:26 Uhr beim Verwaltungsgericht eingereicht hatte, musste sie damit rechnen, dass das Gericht erst am darauf folgenden Montag, dem Verhandlungstag, über den Antrag entscheidet. Sie konnte auch nicht darauf vertrauen, dass das Gericht den Termin verlegen wird, zumal ihr – wie aus der Begründung des Zulassungsantrags hervorgeht – bewusst war, dass das Attest keine Reiseunfähigkeit für den Verhandlungstag bestätigt und daher für eine Verlegung nicht ausreicht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag noch vor dem Termin am 26. Februar 2018 um 9:04 Uhr per Fax abgelehnt. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger kann nicht einwenden, dass es für eine Anreise aus ihrem Kanzleisitz in Aalen zum Termin um 10:00 Uhr zu spät war. Dass sie den Termin nicht wahrgenommen hat, ist vielmehr ein Verschulden, das sich die Kläger zurechnen lassen müssen (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Anwesenheit der Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung zwingend erforderlich gewesen wäre. Ihre Prozessbevollmächtigten haben vor dem Termin auch nicht auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin zu 1 hingewirkt, obwohl das Verwaltungsgericht in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2018 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Schließlich kann dem Zulassungsantrag nicht entnommen werden, was die Kläger in der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätten. Die Gehörsrüge erfordert jedoch regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was der Beteiligte bei Gehörsgewährung noch vorgebracht hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2003 – 4 B 4.03 – Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 53 = juris Rn. 4; B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 = juris Rn. 4 a.E.; BVerfG, B.v. 13.3.1993 – 2 BvR 1988.92 – DVBl 1993, 601 = juris Rn. 34).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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