Aktenzeichen S 21 KR 392/18
KHEntgG § 7 Abs. 1, § 9, § 11
BGB § 387
SGG § 128 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1. Der Kode B37.1 (Kandidose der Lunge) der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR)kann entsprechend der Kodierregel DKR 008b grundsätzlich als Verdachtsdiagnose kodiert werden. Entscheidend für die Kodierung der Nebendiagnosen ist der Ressourcenverbrauch, denn diesen soll das Krankenhaus vergütet erhalten. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch der Kode J15.8 kann entsprechend der Kodierregel DKR 008b grundsätzlich als Verdachtsdiagnose kodiert werden. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Die Beklagte wird verurteilt, einen Betrag in Höhe von 5.905,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.07.2017 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.905,18 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Nürnberg formgerecht erhobene Leistungsklage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der noch ausstehenden Vergütung aus unstreitigen Behandlungen in Höhe von 5.905,18 EUR aus dem Zahlungsavis vom 21.07.2017. Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung erloschen.
Die Klage eines Krankenhauses bzw. Krankenhausträgers auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein so genannter Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, 30.06.2009, B 1 KR 24/08 R m.w.Nachw.). Der Zahlungsanspruch ist auch konkret beziffert.
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der noch ausstehenden Vergütung aus unstreitigen Behandlungen in Höhe von 5.905,18 EUR aus dem Zahlungsavis vom 21.07.2017. Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung mit einem Rückforderungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten Waltraud K. erloschen.
Das Krankenhaus der Klägerin ist unstreitig ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 i.V.m. § 109 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Mit einem Versorgungsvertrag wird das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet.
Aus dem Sachleistungsprinzip entspringt die Zahlungsverpflichtung der Krankenkassen unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherten. Dieser Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert darum mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung (BSG, 17.05.2000, Az.: B 3 KR 33/99 R). Deshalb hängt der Zahlungsanspruch des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse nicht davon ab, ob die Krankenkasse zuvor die stationäre Behandlung durch Bescheid bewilligt hat, sodass die Beklagte grundsätzlich zum Ausgleich der durch den stationären Aufenthalt ihres Versicherten verursachten Kosten gegenüber der Klägerin rechtlich verpflichtet ist.
Der Anspruch auf Vergütung richtet sich nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17 b Abs. 1 Satz 3 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), der Bundespflegesatzverordnung (BPflVO) sowie der entsprechenden Pflegesatzvereinbarung. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der noch ausstehenden Vergütung aus (unstreitigen) Behandlungen; Es ist nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund dieser stationären Behandlungen gegenüber der Beklagten die Vergütung zutreffend berechnet hat. Im Übrigen sind Anhaltspunkte für eine unzutreffende Leistungsabrechnung auch nicht ersichtlich. Eine nähere Prüfung der erkennenden Kammer erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z. BSG, 21.04.2015, B 1 KR 8/15 R).
Der Zahlungsanspruch aus den unstreitigen Behandlungen ist nicht dadurch erloschen, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Waltraud K. für den Zeitraum 29.11.2016 – 22.12.2016 analog § 387 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Aufrechnung erklärt hat (zur entsprechenden Anwendung von § 387 BGB auf überzahlte Krankenhausvergütung: BSG, 23.06.2015, B 1 KR 26/14; BSG, 21.04.2015, B 1 KR 8/15 R).
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nummern 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragspartner (§ 11 KHEntgG i.V.m. § 18 Abs. 2 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze [KHG]) einen Fallpauschalenkatalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge zu vereinbaren. Die Grundlage dieser Regelungen des KHEntgG findet sich in § 17b KHG, auf den § 9 KHEntgG auch mehrfach Bezug nimmt. Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHG ist für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen. Dieses hat nach § 17b Abs. 1 Satz 2 KHG Komplexitäten und Comorbitäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein. Mit den Entgelten nach Satz 1 werden nach § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet.
Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten – dem ICD-10-GM – in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung („Kodierung“) haben die Vertragspartner auf Bundesebene „Kodierrichtlinien“ beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Kode nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, 18.07.2013, B 3 KR 7/12 R, juris, Rn. 12). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R, juris, Rn. 12 m.w.N.).
Maßgebend für den vorliegenden Abrechnungsfall sind die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) und der ICD-10-GM in der vom DIMIDI für das Jahr 2016 herausgegebenen Version. Diese sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben und lassen keinen Raum für weitere Bewertungen und Abwägungen (st. Rspr., grundlegend BSG, 18.09.2008, B 3 KR 15/07 R, Rn. 18).
Streitig und für die Abrechenbarkeit der von der Klägerin zugrunde gelegten Fallpauschale entscheidungserheblich ist vorliegend lediglich die Kodierbarkeit der Nebendiagnosen B37.1 und J15.8, die hier nach der von den Selbstverwaltungspartnern bestimmten Entscheidungslogik (dem sog. Entscheidungsbaum) insoweit erlöswirksam ist, als sie zusammen mit den hier unstreitigen Parametern statt der vom MDK favorisierten Fallpauschale R60D die höher bewertete Fallpauschale R60C auslöst. Die Kammer ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) davon überzeugt, dass die Klägerin den Abrechnungsfall mit den Nebendiagnosen B37.1 und J15.8 kodieren musste und nicht mit J16.8 (Pneumonie durch sonstige näher bezeichnete Infektionserreger) und J18.9 (Pneumonie, nicht näher bezeichnet). Mit dieser Einschätzung folgt das Gericht der Einordnung des gerichtlichen Sachverständigen.
a) Die DKR bestimmen, ob und welche Nebendiagnosen für die Abrechnung zusätzlich zur Hauptdiagnose zu kodieren sind. Nach den Vorgaben der DKR 2016 ist dies dann der Fall, wenn die fragliche Diagnose sich auf das Versorgungsgeschehen tatsächlich im Sinne eines zusätzlichen Aufwands ausgewirkt hat, d.h., wenn sie für das Versorgungsgeschehen tatsächlich bedeutsam geworden ist (BSG, 25.11.2010, B 3 KR 4/10 R, juris, Rn. 16 ff; vgl. auch zuletzt das Urteil vom 23.06.2015, B 1 KR 13/14 R, juris, Rn. 17). In dem hier maßgeblichen Abschnitt D003i der DKR 2016 wird der Begriff der Nebendiagnosen als „eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt“ definiert. Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist:
– therapeutische Maßnahmen
– diagnostische Maßnahmen
– erhöhter Betreuungs-, Pflege und/oder Überwachungsaufwand
Bei Patienten, bei denen einer dieser erbrachten Faktoren auf mehrere Diagnosen ausgerichtet ist, können alle betroffenen Diagnosen kodiert werden.
Nach der Kodierregel D008b (Verdachtsdiagnose) bezeichnen Verdachtsdiagnosen Diagnosen, die am Ende eines stationären Aufenthaltes weder sicher bestätigt noch sicher ausgeschlossen sind. Wird der Patient nach der Behandlung entlassen, so ist für die Kodierung danach zu differenzieren, ob eine Behandlung der Verdachtsdiagnose stattgefunden hat oder nicht. Es seien nur die Symptome zu kodieren, wenn Untersuchungen vorgenommen, aber keine Behandlung in Bezug auf die Verdachtsdiagnose eingeleitet wurde. Beispiel: Ein Kind wurde wegen rechtseitigen Schmerzen im Unterbauch mit Verdacht auf Appendizitis aufgenommen. Die Untersuchungen während des stationären Aufenthaltes haben die Diagnose einer Appendizitis nicht bestätigt. Eine spezifische Behandlung der Appendizitis wurde nicht durchgeführt. Hauptdiagnose: R10.3 Schmerzen mit Lokalisation in anderen Teilen des Unterbauches. Wenn hingegen eine Behandlung eingeleitet wurde und die Untersuchungsergebnisse nicht eindeutig waren, ist die Verdachtsdiagnose zu kodieren. Beispiel: Ein Patient wurde mit Verdacht auf Meningitis wegen starken Kopfschmerzen aufgenommen. Die Untersuchungen während des stationären Aufenthaltes haben die Diagnose einer Meningitis weder bestätigt noch sicher ausgeschlossen. Eine spezifische Behandlung der Meningitis wurde jedoch eingeleitet. Hauptdiagnose: G03.9 Meningitis, nicht näher bezeichnet.
Nach der Kodierregel D009a („Sonstige“ und „nicht näher bezeichnete“ Schlüsselnummern) sind die Resteklasse („Sonstige …“) dann bei der Kodierung zu verwenden, wenn eine genau bezeichnete Krankheit vorliegt, für die es aber in der ICD-10 keine eigene Klasse gibt. Die Resteklasse („Nicht näher bezeichnete …“) ist dann zu verwenden, wenn eine Krankheit nur mit ihrem Oberbegriff, wie z. Katarakt, beschrieben ist und/oder eine weitere Differenzierung nach den Klassifikationskriterien der ICD-10 an entsprechender Stelle nicht möglich ist.
b) Nach Auffassung der Kammer durfte die Klägerin ihrer Abrechnung die Kodes B37.1 zugrunde legen.
Der Kode B37.1 (Kandidose der Lunge) ist eingeordnet in Kapitel I des ICD-10 GM 2016 „Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)“ und dort in die Kategorie „Mykosen (B35-B49)“. Der vom MDK angesetzte Kode J16.8 (Pneumonie durch sonstige näher bezeichnete Infektionserreger) ist eingeordnet in Kapitel X „Krankheiten des Atmungssystems (J00-J99)“ und die Kategorie „Grippe und Pneumonie (J09-J18)“, dort die Unterkategorie J16.- „Pneumonie durch sonstige Infektionserreger, anderenorts nicht klassifiziert“. In dem Bereich J09ff. beschäftigen sich die Kategorien J12ff. mit Pneumonien. Die Kodes aus J12.- bezeichnen Viruspneumonien, der Kode J13 eine Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae, J14 eine Pneumonie durch Haemophilus influenzae, der Kode J15.- eine Pneumonie durch Bakterien, der Kode J17.-* eine Pneumonie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten, wobei der Kode J17.2* Pneumonien bei Mykosen beschreibt und unter anderem auf den Kode Kandidose (B37.1†) verweist. Die Kodes aus der Kategorie J18.- beschreiben eine Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet.
B37.1 kann entsprechend der Kodierregel DKR 008b grundsätzlich als Verdachtsdiagnose kodiert werden. Nach den überzeugenden und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bestand der dringende Verdacht einer Pilzpneumonie. Die Klägerin hat eine spezielle Diagnostik durchgeführt und eine CT-Untersuchung am 06.12.2016 vorgenommen, die den Verdacht eine Pilzpneumonie bestätigt haben und eine Behandlung entsprechend einer Pilzpneumonie eingeleitet. Nachdem die Patientin ein Medikament gegen Pilzpneumonien bekommen hatte, verbesserte sich der Zustand er Patientin erheblich, sie konnte nach Hause entlassen werden. Nach der Kodierregel D008b (Verdachtsdiagnose) kann in dieser Situation die Pilzpneumonie als Verdachtsdiagnose kodiert werden. Die Untersuchungen während des stationären Aufenthaltes haben die Diagnose einer Pilzpneumonie weder sicher bestätigt noch sicher ausgeschlossen. Eine spezifische Behandlung einer Pilzpneumonie wurde eingeleitet, die Patientin nach Hause entlassen. Für die Kodierung als Pilzpneumonie ist auch kein spezifischer Erregernachweis notwendig. Die Kodierregel D008b macht deutlich, dass auf einen spezifischen Erregernachweis verzichtet werden kann, wenn der dringende Verdacht einer bestimmten Krankheit besteht und eine entsprechende Behandlung mit Ressourcenverbrauch durchgeführt wurde. Dies ergänzt sich mit der grundsätzlichen Definition der Nebendiagnosen in den DKR. Entscheidend für die Kodierung der Nebendiagnosen ist der Ressourcenverbrauch, denn diesen soll das Krankenhaus vergütet erhalten. Ein Ressourcenverbrauch für die Behandlung einer Pilzpneumonie hat hier jedoch unstreitig stattgefunden und muss nach den Grundätzen der DRG daher auch eine Vergütung nach sich ziehen. Würde man die B37.1 gänzlich streichen (so der MDK in seinem Gutachten vom 06.06.2017) hätte die Klägerin die Behandlung der Pilzpneumonie durchgeführt, ohne dass diese für die Abrechnung des stationären Aufenthalts Relevanz hätte. Ersetzte man die B37.1 durch J16.8 (so der MDK in seinem Gutachten vom 20.04.2019) käme in keiner Weise zum Ausdruck, dass eine Pilzpneumonie behandelt wurde. Beide Varianten würden den tatsächlich vorhandenen Ressourcenverbrauch nicht widerspiegeln und damit der Abrechnungssystematik der DRG widersprechen. Genau dieser Situation will die Kodierregel DKR008b entgegenwirken, indem sich bereits bei dem Verdacht einer bestimmten Krankheit und Durchführung einer entsprechenden Behandlung die Abrechnung ermöglicht, obwohl die Krankheit eben gerade nicht sicher nachgewiesen ist.
Die Kodierung des B37.1 ist auch entsprechend der Kodierregel D009a vorrangig gegenüber dem vom MDK angesetzten Kode J16.8. Bei dem Kode J16.8 handelt es sich um eine sogenannte Resteklasse. Der Kode darf daher nach den DKR nur dann verwendet werden, wenn eine genau bezeichnete Krankheit vorliegt, für die es im ICD-10 keine eigene Klasse gibt. Bei der Zuordnung zu einem ICD-Kode gilt nach der Anleitung zur Verschlüsselung des DIMDI zum ICD-10-GM (vgl. Basiswissen Kodieren, Eine kurze Einführung in die Anwendung von ICD-10-GM und OPS herausgegeben vom DIMDI) nämlich, dass so spezifisch wie möglich zu verschlüsseln ist (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Oktober 2017 – L 4 KR 4155/15 -, Rn. 9, juris). Vorliegend ist eine genau bezeichnete Krankheit vorhanden, für die es eine eigene ICD-Klasse gibt. Bei der behandelten Patientin bestand der dringende Verdacht einer Pilzpneumonie, eine spezifische Behandlung mit einem Anti-Myotikum ist durchgeführt worden. In den J12 ff. findet sich zwar keine spezifische Unterkategorie „Pilzpneumonien“. Die Pilzpneumonie findet sich jedoch zum einen unter dem Kode J17.-* „Pneumonie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten“, wobei der Kode J17.2* Pneumonien bei Mykosen beschreibt und unter anderem auf den Kode Kandidose der Lunge (B37.1†) verweist. Zum anderen findet sich unter der Kategorie „Mykosen“, also durch Pilze verursachte Infektionskrankheiten, der Kode B37.1 Kandidose der Lunge. Nach Auffassung der Kammer ist daher unter Anwendung der DKR 009a zur Verdachtsdiagnose eine eigene ICD-Klasse für die Kodierung der Pilzpneumonie vorhanden, so dass es eines Rückgriffs auf die Resteklasse J16.8 nicht bedarf.
c) Auch die Kodierung des Kodes J15.8 ist nach Auffassung der Kammer zutreffend. J15.8 ist eingeordnet in Kapitel X „Krankheiten des Atmungssystems (J00-J99)“ genauer die Kategorie „Grippe und Pneumonie (J09-J18)“. J15.8 steht in dem Unterkapitel „Pneumonie durch Bakterien, anderenorts nicht klassifiziert“ und ist definiert als „Pneumonie durch Bakterien, anderenorts nicht klassifiziert“. J18.9 ist eingeordnet in die Kategorie „Grippe und Pneumonie (J09-J18)“, J18.9 steht in der Unterkategorie „Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet“ und ist definiert als „Pneumonie, nicht näher bezeichnet“. Nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen bestand vorliegend der Verdacht einer bakteriellen Infektion. Es wurde auch eine Behandlung entsprechend einer bakteriellen Pneumonie durchgeführt. Entsprechend der DKR 009a (Verdachtsdiagnose) kann daher – ebenso wie bei der Pilzpneumonie – eine durch bakterielle Erreger versuchte Pneumonie kodiert werden. Es ist auch in diesem Fall nicht notwendig auf die Resteklasse J18.9 zurückzugreifen. Es ist eine eigene ICD-Klasse für bakteriell verursachte Pneumonien vorhanden und zwar die J15.-. Dieser Kode setzt keinen spezifischen Erregernachweis voraus, sondern lediglich den Verdacht im Sinne der DKR 008b, dass eine bakteriell verursachte Pneumonie vorliegt. Dies war hier der Fall. Würde man für die Kodierung einer bakteriell verursachten Pneumonie stets einen Erregernachweis verlangen, so wäre der Kode J15.8 sinnlos, da dieser nur das Vorliegen einer bakteriell versuchten Pneumonie voraussetzt, den genauen Erreger jedoch gerade offenlässt.
d) Diese Einschätzung wird bestätigt, betrachtet man die vom MDK vorgenommene Kodierung in ihrem Ergebnis.
Streicht man die B37.1 gänzlich und kodiert lediglich die J18.9, so wird die von der Klägerin tatsächlich vorgenommene Behandlung der Pilzpneumonie und der damit einhergehende Ressourcenverbrauch in keine Weise abgebildet. Die Klägerin hat die Patientin mit verschiedenen Antibiotika behandelt, hat verschiedene Tests durchgeführt, um herauszufinden, welcher Erreger genau die Pneumonie verursacht hat, hat eine Diagnostik im Hinblick auf eine Pilzpneumonie durchgeführt und schließlich auch eine Behandlung mit einem Anti-Myotikum eingeleitet. Die alleinige Kodierung dieses Behandlungsgeschehens mit dem Kode J18.9 würde den Vorgang im Krankenhaus in keiner Weise abbilden und auch dem Grundsatz widersprechen, dass so spezifisch wie möglich zu kodieren ist.
Legt man statt B37.1 den Kode J16.8 zugrunde und statt J15.8 den Kode J18.9, so stünden als Nebendiagnosen J16.8 (Pneumonie durch sonstige näher bezeichnete Infektionserreger) und J18.9 (Pneumonie nicht näher bezeichnet) nebeneinander. Diese Kodierung drückt in keiner Weise aus, dass bei der Patientin sowohl der Verdacht einer bakteriellen Pneumonie als auch einer Pilzpneumonie bestanden hat und die Klägerin beide Arten von Pneumonie tatsächlich behandelt hat.
e) Die Kodes B37.1 und J15.8 sind daher korrekt. Der Klage war stattzugeben.
2. Der Anspruch auf Verzinsung ergibt sich aus § 12 Abs. 1 der Pflegesatzvereinbarung 2016. Danach ist die Rechnung innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang zu zahlen und sind ab Überschreitung der Zahlungsfrist Verzugszinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz zu entrichten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören und die Klägerin die unterliegende Partei des Rechtsstreits ist.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klageantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).