Aktenzeichen Au 7 K 17.229
GO Art. 61, Art. 62
Leitsatz
1. Ob ein Feuerwehreinsatz und die dabei getroffenen Maßnahmen nach Art und Umfang im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayFwG erforderlich sind, ist eine vom Gericht in vollem Umfang zu prüfende Rechtsfrage, wobei allerdings die “ex-ante-Sicht” maßgeblich ist, es also auf den Sach- und Kenntnisstand zum Zeitpunkt des behördlichen Handelns ankommt. (Rn. 66) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch wenn Art. 28 BayFwG kein intendiertes Ermessen in Richtung einer Kostenerhebung im Regelfall festlegt, genügt im Rahmen des Ermessens der Verweis auf das haushaltsrechtliche Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nach Art. 61, 62 GO, wenn besondere Umstände, die es angezeigt erscheinen lassen, auf den Kostenersatz zu verzichten, nicht zu erkennen sind. (Rn. 88) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage richtet sich gegen den von der Beklagten geltend gemachten Kostenersatz für den Feuerwehreinsatz am 15. Januar 2016 in Höhe von 6.041,99 EUR.
Die Klage ist zulässig.
Das Widerspruchsverfahren, das vorliegend fakultativ möglich ist (vgl. Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO), wurde ordnungsgemäß durchgeführt (§ 68 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Kfz-Haftpflichtversicherung hat mit Schreiben vom 30. September 2016 „namens und im Auftrag“ der Klägerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2016 Widerspruch eingelegt. Das Gericht ist der Auffassung, dass sich die Klägerin gemäß Art. 14 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG – durch ihre Kfz-Haftpflichtversicherung im Widerspruchsverfahren wirksam vertreten lassen konnte (vgl. hierzu: VGH Baden-Württemberg, B.v. 25.11.2016 – 1 S 1750/16; a.A.: VG Stuttgart, U.v. 27.2.2017 – 9 K 4495/15).
Die zulässige Klage kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.
Der Bescheid der Beklagten vom 2. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 11. Januar 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die Anforderung der Kosten ist Art. 28 des Bayerischen Feuerwehrgesetzes – BayFwG i.V.m. § 1 der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen der gemeindlichen Feuerwehren in der Fassung vom 27. November 2013. Gemäß Art. 28 Abs. 1 BayFwG „können“ die Gemeinden Aufwendungen für Einsätze der gemeindlichen Feuerwehr verlangen. Der Aufwendungsersatz wird durch Leistungsbescheid geltend gemacht, auf ihn soll verzichtet werden, wenn die Inanspruchnahme der Billigkeit widerspräche.
Gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG kann Kostenersatz verlangt werden für Einsätze im abwehrenden Brandschutz und im technischen Hilfsdienst, bei denen (soweit hier von Interesse) die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb von Kraftfahrzeugen veranlasst war, mit Ausnahme der Einsätze oder Tätigkeiten, die unmittelbar der Rettung oder Bergung von Menschen und Tieren dienen.
Gemäß Art. 28 Abs. 3 Nr. 1 BayFwG ist zum Ersatz der Kosten verpflichtet, wer im Fall des Absatzes 2 Nr. 1 die Gefahr, die zu dem Einsatz der Feuerwehr geführt hat, verursacht hat; gemäß Art. 28 Abs. 3 Nr. 2 BayFwG ist der Halter des Kraftfahrzeugs, durch das ein Feuerwehreinsatz veranlasst war, zum Ersatz verpflichtet.
Art. 28 Abs. 4 BayFwG bestimmt, dass die Gemeinden durch Satzung Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten festlegen können. Dies hat die Beklagte in dem Verzeichnis der Pauschalsätze (Anlage zur Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren) getan und zwar sowohl hinsichtlich der Streckenkosten (Nr. 1), der Ausrückestunden (Nr. 2) als auch der Arbeitsstundenkosten (Nr. 3) und der Personalkosten (Nr. 4).
2. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung von Kostenersatz für den streitgegenständlichen Einsatz der Feuerwehr der Beklagten liegen vor. Der geleistete Einsatz unterfällt Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG, da ein Einsatz im technischen Hilfsdienst zu leisten war wegen einer Gefahr, die ersichtlich durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs veranlasst war. Der in Abs. 2 Nr. 1 definierte Ausnahmefall – Einsatz bzw. Tätigkeiten, die unmittelbar der Rettung oder Bergung von Menschen oder Tieren dienten – wurde ordnungsgemäß berücksichtigt.
Die Bergung der bei dem Unfall tödlich verunglückten Person wurde ausschließlich von den Ortsfeuerwehren der beklagten Gemeinde (Ortsfeuerwehren … und …) vorgenommen.
a) Es kann zunächst nicht davon ausgegangen werden, dass der Einsatz insgesamt nicht abgerechnet werden konnte, weil er unmittelbar der Bergung eines Menschen gedient hätte, oder eine Berechnung erst ab der Bergung der Toten aus dem Pkw hätte erfolgen dürfen. Die Beklagte geht vielmehr zu Recht davon aus, dass hier zwischen dem Einsatz allgemein und den unmittelbar der Bergung dienenden Tätigkeiten zu unterscheiden ist. Ein Einsatz, der ausschließlich der Bergung oder Rettung eines Menschen gedient hätte, mit der Folge, dass unter Umständen auch die An- und Abfahrt nicht hätte in Rechnung gestellt werden dürfen (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 7.3.2006 – 4 BV 04.2957 – juris, zu einer früheren Fassung des Gesetzes) lag hier nicht vor. Schon vom Wortlaut des Gesetzes in seiner derzeitigen Fassung wird in Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG hinsichtlich der unmittelbaren Bergung von Menschen zwischen einerseits „Einsätzen“ und andererseits „Tätigkeiten“ unterschieden. Insoweit erfolgte eine Änderung des Gesetzes durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 25. Februar 2008 (GVBl S. 40), da die frühere Formulierung zu Unklarheiten geführt habe. Ausweislich der Gesetzesbegründung diente diese Änderung der Formulierung ausdrücklich der Klarstellung, dass Einsätze im technischen Hilfsdienst, die ausschließlich der unmittelbaren Rettung oder Bergung von Mensch und Tier dienen, insgesamt (inklusive An- und Abfahrt) kostenfrei sind. Werden daneben allerdings weitere technische Hilfeleistungen durchgeführt, die nicht der unmittelbaren Rettung oder Bergung von Mensch und Tier dienen, sind lediglich die einzelnen Tätigkeiten, die der unmittelbaren Rettung oder Bergung von Mensch und Tier dienen, kostenfrei. In diesen Fällen soll insbesondere die An- und Abfahrt kostenpflichtig sein (LT/Drs. 15/8978, S. 13).
Wie sich aus dem Bescheid vom 2. September 2016 und dem Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2017 ergibt, waren bei dem Unfall am 15. Januar 2016 sowohl die Ortsfeuerwehren der Beklagten als auch diejenigen der Gemeinde … im Einsatz. Aus der dem Bescheid der Beklagten beigefügten Kostenzusammenstellung in Zusammenschau mit den im Einsatzbericht genannten Einsatzzeiten ergibt sich, dass die Beklagte einen Einsatz von jeweils 4 Personen der Ortsfeuerwehren … und … zu je einer halben Stunde für die Bergung der bei dem Unfall tödlich verletzten Person angesetzt hat. Die Anzahl der erforderlichen Personen für die Bergung der verunglückten Person und deren Einsatzzeit wurde insbesondere durch die Einsatzleiter und den Kreisbrandmeister in ihren Zeugenaussagen bestätigt. Berücksichtigt man, dass der Einsatz einer Rettungsschere zur Bergung erforderlich war, erscheint die in Ansatz gebrachte Einsatzzeit von 0,5 Stunden für 8 Feuerwehrleute auf jeden Fall angemessen.
Die außer der Bergung der Toten weiteren Tätigkeiten, die die Ortsfeuerwehren der Beklagten ausführten, konnten daher entsprechend der obigen Ausführungen grundsätzlich abgerechnet werden.
b) Es handelt sich bei den durch die Ortsfeuerwehren der Beklagten getätigten Aufwendungen um „notwendige Aufwendungen“ im Sinne des Art. 28 Abs. 1 BayFwG. Nach wohl allgemein vertretener Ansicht sind diejenigen Aufwendungen als notwendig anzusehen, die von der Feuerwehr im Zeitpunkt der Alarmierung für erforderlich gehalten werden durften, um den Einsatz erfolgreich durchführen zu können (Forster/Pemler/Remmele, Bayerisches Feuerwehrgesetz, Art. 28 Rn. 8). Ob der Feuerwehreinsatz und die dabei getroffenen Maßnahmen nach Art und Umfang erforderlich sind, ist eine vom Gericht in vollem Umfang zu prüfende Rechtsfrage, wobei allerdings die „ex-ante-Sicht“ maßgeblich ist, es also auf den Sach- und Kenntnisstand zum Zeitpunkt des behördlichen Handelns ankommt (vgl. BayVGH, U.v. 3.9.2009 – 4 BV 08.696 – juris Rn. 33). Maßgeblich ist folglich nicht, was rückblickend, also nach dem Einsatz („ex post“), als objektiv erforderlich anzusehen war. Anderenfalls, also bei rückblickender Betrachtungsweise, bestünde die Gefahr, dass die Feuerwehr zunächst darauf angewiesen wäre, die näheren Umstände einer Gefahrenlage zu erkunden, um zu verhindern, dass ihr wegen eines denkbaren, objektiv überhöhten Personal- und Materialeinsatzes ein Teil der Kosten nicht erstattet wird. Bei einem derartigen Vorgehen könnte wertvolle Zeit verstreichen, bevor die Feuerwehr ausrückte; dies wäre aber wegen der möglichen Gefahren für Menschenleben oder Sachwerte nicht zu verantworten (Schober, Kostenersatz nach Feuerwehreinsätzen in Bayern, 3. Aufl., S. 37). Ferner ist es sachgerecht, wenn die Freiwillige Feuerwehr entsprechend ihres auf Erfahrungswerten basierenden Alarmierungskonzeptes und ihrer Ausrückeordnung, die Art und Umfang des sächlichen und personellen Einsatzes bei bestimmten Schadensereignissen vorsieht, verfährt um sicherzustellen, dass bei einem Schadensereignis mit in der Regel unbekanntem Ausmaß dies bereits im ersten Zugriff wirkungsvoll bekämpft werden kann und das erforderliche Personal und die technische Ausstattung bereitstehen (BayVGH, U.v. 20.2.2013 – 4 B 12.717 – juris Rn. 19, 21; VGH BW, U.v. 8.6.1998 – 1 S 1390/97 – juris Rn. 22).
Dem ist die Beklagte bei dem von der ILS gegebenen Meldebild gerecht geworden. Im Alarmfax der ILS vom 15. Januar 2016 ist als Unfallgrund angegeben: „Eine Dame ist sehr schwer verletzt – ist nicht ansprechbar – Frau bewegt sich noch – MT ist ins Schleudern gekommen – Person eingeklemmt – blutet aus dem Mund – da läuft sehr viel Blut aus dem Mund“. Damit war es für die Ortsfeuerwehren der Beklagten aus der maßgeblichen „ex-ante-Sicht“ sachgerecht, mit vier Fahrzeugen und 25 Feuerwehrleuten auszurücken.
c) Die weiteren Voraussetzungen für die Geltendmachung von Kostenersatz durch die Beklagte liegen im hier zu entscheidenden Fall ebenfalls vor. Insbesondere war der Feuerwehreinsatz, der Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG unterfällt, durch den Betrieb des klägerischen Kraftfahrzeugs veranlasst. Dabei sind der Beklagten als Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr (vgl. Art. 4 BayFwG) Aufwendungen für Personal und Material entstanden. Damit konnte die Beklagte von der Klägerin grundsätzlich den Ersatz ihrer notwendigen Aufwendungen verlangen und den Anspruch durch Leistungsbescheid geltend machen (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG).
aa) Strittig ist unter den Beteiligten allerdings, in welchem Umfang die Aufwendungen der Beklagten tatsächlich angefallen sind, sowie in welchem Umfang (Fahrzeuge, Personal, Einsatzzeiten) sie notwendig und in welcher Höhe sie zu ersetzen waren. Die durchgeführte Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung hat das Gericht davon überzeugt, dass die in Ansatz gebrachten Kosten angemessen waren.
Der Kreisbrandmeister konnte in der mündlichen Verhandlung schlüssig darlegen, dass die Ortsfeuerwehren der beklagten Gemeinde und der Gemeinde … mit den in Ansatz gebrachten Fahrzeugen und der Anzahl der Feuerwehrleute notwendigerweise zum Einsatz gekommen sind. Die Wetterverhältnisse seien vor Ort und im gesamten Landkreisgebiet sehr schlecht gewesen, es habe stark geschneit. Aufgrund der Steigung der Straße seien auch bereits Lkw steckengeblieben und hätten die Fahrt nicht fortsetzen können.
Der/die Einsatzleiter/in der Ortsfeuerwehren, … und … bestätigten übereinstimmend, dass die abgerechneten 36 Feuerwehrleute tatsächlich im Einsatz und wegen der Dauer des Einsatzes, des Wetters und der Kälte auch unbedingt nötig gewesen sind.
Dabei schilderten die Zeugen in der mündlichen Verhandlung überzeugend, dass ein hoher Personaleinsatz für die Verkehrsregelung, Absicherungs-, Absperr-, Ausleuchtungsmaßnahmen und großräumige Verkehrsumleitungen notwendig war. Wie sich aus der Landkarte der Freiwilligen Feuerwehr … (Bl. 13 BA) unschwer ersehen lässt, erstreckten sich die verkehrsregelnden Maßnahmen und Umleitungen auf einen großräumigen Bereich, der im Westen bis an die Grenze zu Baden-Württemberg reichte. Wie die Zeugen weiter ausführten, befand sich die Unfallstelle auf der viel befahrenen Straße, die einen wichtigen Autobahnzubringer zur … darstellt. Weiter wurden bereits einige Lkws an der Steigung der Straße aufgrund der sehr schwierigen Witterungsverhältnisse am Weiterfahren gehindert.
Die Angaben der Zeugen, insbesondere zu den Witterungsbedingungen und Straßenverhältnissen, entsprechen in vollem Umfang den Angaben in dem polizeilichen Sachbericht aus der staatsanwaltlichen Akte (Az.: … – Bl. 16,17). Danach herrschte zum Unfallzeitpunkt sehr starker Schneefall. Die Straßen waren mit ca. 5 cm Schnee bedeckt und sehr glatt. Die Anfahrt war aufgrund der äußerst schlechten Wetterverhältnisse selbst für die eingesetzten Beamten schwierig. In Fahrtrichtung besteht eine Steigung von ca. 6%. Eine Umleitung wurde von den Feuerwehren eingerichtet.
Gerade auch unter Berücksichtigung der Wetterverhältnisse vor Ort kann es rechtlich nicht beanstandet werden, dass die eingesetzten Kräfte an ihren Einsatzstellen, wie z.B. den Verkehrsabsperrpunkten, immer wieder aus- bzw. durchgetauscht wurden, um sich etwas aufwärmen zu können, so dass sowohl die Anzahl der eingesetzten Fahrzeuge als auch die Anzahl der Feuerwehrleute notwendig und angemessen waren.
Von einem beliebigen Austausch der Feuerwehrleute, wie von Klägerseite behauptet, kann keine Rede sein.
Die eingesetzten Fahrzeuge sind entsprechend der Zeugenaussagen benötigt worden, um z.B. Absperrungen vorzunehmen (Zeuge, Sitzungsniederschrift: S. 5; Zeuge, Sitzungsniederschrift: S.8) und um die einzelnen Feuerwehrleute zum Teil auch mehrmals von einem zum anderen Absperrort zu fahren. Auch der Zeuge … (Sitzungsniederschrift, S. 7) erläuterte die Notwendigkeit der zum Einsatz gekommenen Fahrzeuge. Benötigt wurde zur Reserve eine zweite Rettungsschere und ein Tanklöschfahrzeug für den Fall einer eventuellen Brandgefahr). Nach den Zeugenaussagen kann – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht davon ausgegangen werden, dass die Fahrzeuge nur für den Transport der Personen benötigt und ansonsten ungenutzt während der gesamten Einsatzzeit abgestellt worden seien.
Der Einwand der Klägerseite, die Feuerwehr habe auch dem Straßenwinterdienst zuzurechnende Arbeiten erbracht, die nicht der Klägerin in Rechnung gestellt werden dürften, ist nicht begründet. Wie sich unschwer aus den in den Akten der Staatsanwaltschaft ( Az.: … – Bl. 48-57) befindlichen Fotos ersehen lässt, war es notwendig, dass die Feuerwehr beim Eintreffen an der Unfallstelle zunächst Schnee räumen musste (Akte der Staatsanwaltschaft, Bl. 15), um ihren Einsatz im technischen Hilfsdienst durchführen zu können. Diese Maßnahmen waren vielmehr unfallbedingt von den eingesetzten Feuerwehren zu erledigen. Angesichts der Witterungsverhältnissen und der Tatsache, dass eine Person schwer verletzt wurde, konnte nicht das Eintreffen der Straßenmeisterei abgewartet werden.
Die im streitgegenständlichen Bescheid in Ansatz gebrachten Einsatzzeiten stimmen mit den in den jeweiligen Einsatzberichten eingetragenen Einsatzzeiten überein. Gleiches gilt für das eingesetzte Personal. Auch wenn bei der Ortsfeuerwehr … im Einsatzbericht nur 17 Feuerwehrdienstleistende aufgeführt sind, waren tatsächlich 19 im Einsatz. Da der Computer lediglich 17 Feuerwehrdienstleistende erfassen konnte, waren auch nur 17 Personen im Einsatzbericht namentlich aufgeführt.
Entsprechend der Ausführungen des Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung ist die abgerechnete Anzahl an Kilometern in dem geführten Fahrtenbuch ablesbar. Im Übrigen wurde auch von den Zeugen plausibel dargelegt, wie sich die einzelnen, im Einsatzbericht aufgeführten Kilometerstrecken zusammensetzen und dass im Einsatzbericht die tatsächlich gefahrenen Kilometerzahlen angegeben wurden.
Dass sich dabei bei den einzelnen Ortsfeuerwehren unterschiedliche (gefahrene) Kilometerzahlen ergeben, liegt in der Natur der Sache, denn die einzelnen Ortsfeuerwehren haben ihren Feuerwehrstandort unterschiedlich weit vom Einsatzort entfernt und haben daher unterschiedliche An- und Abfahrtsstrecken zu bewältigen.
Danach sind die Kosten für die eingesetzten Fahrzeuge, die Streckenkosten, die Personalkosten incl. den Einsatzzeiten in dem in der mündlichen Verhandlung reduzierten Umfang zutreffend berechnet worden.
bb) Der Einwand der Klägerseite, bei der Berechnung von Materialkosten könnten nicht die konkreten Anschaffungskosten ersetzt verlangt werden, ist unbegründet. Aus der Behördenakte ergibt sich hierzu, dass die in Rechnung gestellten Materialkosten i.d.R. nicht mit einem Neuanschaffungspreis veranschlagt wurden. Vielmehr wurden für einen 20 l Sack Absodan und 1 Sack Ölbindemittel Ekoperl 33 laut Rechnungen vom 18. Juli 2014 (Bl. 11 BA) bzw. vom 15. August 2012 die damaligen Anschaffungskosten zugrunde gelegt. Die Preise für das eingesetzte Streusalz und für die Müllsäcke kann der Preisliste vom 20. Oktober 2015 bzw. der Kopie aus einer Broschüre des AWV entnommen werden.
Die entsprechend der Rechnungen vom 6. April 2016 (Bl. 33 BA) und 18. Januar 2016 (Bl. 34 BA) in Ansatz gebrachten Kosten für eine Sanitätsausrüstung „Stifneck“ und eine Wolldecke sind ebenfalls nicht zu beanstanden, da diese, die am 15. Januar 2016 benötigt wurden und nach dem Einsatz nicht wiederverwendbar waren, für den nächsten Einsatz vorgehalten und daher angeschafft werden mussten.
Entgegen der Auffassung der Klägerseite können auch die Kosten für den Leichensack der Klägerin in Rechnung gestellt werden, da diese Kosten erst nach der Bergung angefallen sind und daher nicht unmittelbar der Bergung zuzurechnen sind.
Nach diesen Ausführungen kann die Beklagte zu Recht von der Klägerin Kostenersatz in Höhe von 6.041,99 EUR verlangen.
d) Als Halter eines Kraftfahrzeuges, durch das ein Feuerwehreinsatz veranlasst wurde, war die Klägerin nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayFwG kostenersatzpflichtig.
Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hatte über den Kostenersatz nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, wobei sie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit beachten musste.
Die Beklagte hat ihr Entschließungsermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Auch wenn Art. 28 Abs. 1 und 2 BayFwG nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 17.4.2008 – 4 C 07.3356 – juris Rn. 9; U.v. 14.12.2011 – 4 BV 11.895 – juris Rn. 35) kein sog. intendiertes Ermessen in Richtung einer Kostenerhebung im Regelfall festlegt, genügt im Rahmen des Ermessens der Verweis auf das haushaltsrechtliche Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nach Art. 61, Art. 62 GO, wenn – wie hier – besondere Umstände, die es angezeigt erscheinen lassen, auf den Kostenersatz zu verzichten, nicht zu erkennen sind. Solche zu berücksichtigende Gesichtspunkte ergeben sich nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht, wenn die Unfallbeteiligten eines Autounfalls haftpflichtversichert sind (vgl. BayVGH U.v. 20.2.2013 – 4 B 12.717 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte (nur) von der Klägerin Aufwendungsersatz erstattet haben will, d.h. ihren Leistungsbescheid ausschließlich gegen die Klägerin gerichtet hatte. Für die Frage der Schuldnerauswahl gilt ein sehr weiter Maßstab. So ist das Auswahlermessen nur durch das Willkürverbot und durch offensichtliche Unbilligkeit begrenzt (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 31.7.2007 – 4 ZB 07.636 – juris Rn. 3 m.w.N.). Es entspricht der bisherigen Rechtsprechung, dass es bei der Einforderung entstandener Kosten, anders als bei der Störerauswahl zur Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Handlungspflichten, keiner weiteren Ermessenserwägungen der anordnenden Behörde bedarf. Diese kann vielmehr grundsätzlich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen, von wem sie die Kosten einziehen will und es diesem überlassen, bei dem oder den mithaftenden weiteren Gesamtschuldnern einen Ausgleich nach § 426 BGB zu suchen (BayVGH, B.v. 23.5.2001 – 22 ZB 00.1448 – BayVBl 2002, 372; B.v. 17.4.2008 – 4 C 07.3356 – juris Rn. 9). Dies soll der Verwaltung den Gesetzesvollzug erleichtern und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand verringern. Danach ist die Gemeinde auch nicht zur Darlegung der Gründe verpflichtet, warum sie die Klägerin und nicht einen anderen potentiellen Kostenschuldner als Gesamtschuldner herangezogen hat (BayVGH, B.v. 31.7.2007 – 4 ZB 07.636 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Auf Aufwendungsersatz soll zwar nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 BayFwG verzichtet werden, wenn eine Inanspruchnahme der Billigkeit widerspräche. Eine solche Fallkonstellation ist jedoch ersichtlich fernliegend, wenn der Kostenersatz von einer Kfz-Haftpflichtversicherung abzudecken ist. Der Ansatz der gesamten Kosten ist hier nicht unverhältnismäßig. Die Abwägung des Interesses der Gemeinde an einem möglichst umfassenden Kostenersatz mit dem Interesse des Kostenpflichtigen, von Kosten verschont zu bleiben, deren Berechtigung sich „ex post“ in Zweifel ziehen lässt, ist nicht an dem Gesichtspunkt zu orientieren, dass der Kostenpflichtige bei herabgesetztem Kostenersatz möglicherweise erwägen könnte, die Kosten zur möglichen Wahrung seines Schadensfreiheitsrabatts bei der Versicherung selbst zu tragen.
Ein Ermessensfehler ist somit nicht feststellbar und die Beklagte hat die Klägerin daher zu Recht zum Ersatz ihrer notwendigen Auslagen herangezogen.
e) Weiter sind auch die Zweifel der Klägerin an der Gültigkeit der Satzung der Beklagten und an der der Satzung zugrunde liegenden Kalkulation unbegründet.
In Bayern ist eine Umlegung der Fahrzeugvorhaltekosten auf Einsatzstunden möglich, die Jahresgesamtstunden sind nicht maßgeblich (s. hierzu BayVGH, U.v. 18.7.2008 – 4 B 06.1839 – juris, Rn 34: maßgeblich sind die Einsatzstunden). Die dadurch bewirkte Beteiligung der Ersatzpflichtigen an den Vorhaltekosten des Fahrzeugs über den „Werteverbrauch“ in der konkreten Einsatzzeit hinaus entspricht Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG i.V.m. Art. 8 KAG und ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt (vgl. LT-Drs. 13/10448 S. 4).
Ebenso ist keine minutengenaue Abrechnung der Einsatzzeiten erforderlich, vielmehr ist der Ansatz einer Pauschale möglich, wenn die Satzung dies – wie hier – vorsieht (Art. 28 Abs. 4 BayFwG, § 1 Abs. 3 der gemeindlichen Satzung; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.7.2008, a.a.O. Rn. 35). Art. 28 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BayFwG ermächtigt die Gemeinden im Interesse einer Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs, Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG – also sowohl im Pflichtaufgabenbereich als auch bei freiwilligen Aufgaben – durch Satzung festzulegen. Die Gemeinden werden durch diese Bestimmung der Notwendigkeit enthoben, zur Geltendmachung eines Ersatzanspruchs nach Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG die bei dem einzelnen Feuerwehreinsatz entstandenen Aufwendungen konkret zu ermitteln. Die Pauschalsätze müssen sich freilich der Höhe nach in etwa an den Kosten messen lassen, die tatsächlich angefallen sind. Danach konnten die Personalkosten pauschal abgerechnet werden (Art. 28 Abs. 4 Satz 1 BayFwG; S. auch BayVGH, U.v. 18.7.2008 a.a.O. Rn 33).
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Regelung in Nr. 2 Satz 2 und Nr. 4 Satz 2 der Anlage, wonach für angefangene Stunden bis zu 30 Minuten die halben, im Übrigen die ganzen Ausrückestundenkosten bzw. Personalkosten erhoben werden. Diese halbstundenweise Abrechnung hält sich im Rahmen der zulässigen und allein dem Satzungsgeber vorbehaltenen Typisierung und Pauschalierung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin müssen nicht im gesamten Bundesgebiet einheitliche Kostensätze für Feuerwehreinsätze gelten. Feuerwehrrecht und die daraus resultierende Kostenersatzregelung ist vielmehr Ländersache.
Das Grundgesetz (vgl. Art. 30 GG, Art. 70 GG) verleiht dem Bund keine allgemeine Gesetzgebungs- oder Verwaltungszuständigkeit für die Hilfeleistung und Gefahrenabwehr bei Bränden und öffentlichen Notständen. Diese dem Aufgabenbereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zugehörige Materie ist vielmehr Ländersache und deshalb zu Recht in den Feuerwehr- und Brandschutzgesetzen der Länder geregelt (BVerwG, U.v. 10.12.1996 – 1 C 33/94 – juris Rn. 14). In Bayern bestimmt Art. 1 BayFwG dementsprechend, dass die Gemeinden als Pflichtaufgabe im eigenen Wirkungskreis für den abwehrenden Brandschutz und den technischen Hilfsdienst zu sorgen haben und zur Erfüllung dieser Aufgaben in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gemeindliche Feuerwehren aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten haben.
Hinsichtlich der Kalkulation im Einzelnen liegt kein substantiierter Vortrag etwaiger Bedenken vor. Es werden lediglich allgemeine Kalkulationsgrundsätze aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 18. Juli 2008 (Az.: 4 B 06.1839) angeführt, ohne darzulegen, inwieweit diese im konkreten Fall nicht eingehalten sein sollen. Mangels Vorliegens eines substantiierten Sachvortrags hinsichtlich der der gemeindlichen Satzung zugrundeliegenden Kalkulation war eine weitere Sachverhaltsermittlung nicht veranlasst.
Die Beklagte forderte daher zu Recht von der Klägerin einen Kostenersatz für den Feuerwehreinsatz in Höhe von 6.041,99 EUR, mit der Folge, dass die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen war.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.