Aktenzeichen L 4 KR 585/16
Leitsatz
1. Die „Project Walk“-Trainingsmethode” umfasst im Wesentlichen, wenn nicht ausschließlich, physiotherapeutische Trainingseinheiten, welche nach ihrem Schwerpunkt und ihrer Zielrichtung die bestehenden Behinderungen des Versicherten günstig beeinflussen sollen, um ihm Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei den Trainingseinheiten „Project Walk“ handelt es sich um Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, welche nach § 13 Abs. 3a S. 9 SGB V vom sachlichen Anwendungsbereich der Genehmigungsfiktion nicht erfasst wird (BSG BeckRS 2016, 68293) und die zudem (noch) nicht für sich in Anspruch nehmen kann, dem allgemeinen Stand der Wissenschaft zu entsprechen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entspricht eine Behandlung, wenn sie nicht nur von einzelnen Ärzten, sondern von der großen Mehrheit der fachlich relevanten Kapazitäten (Ärzte, Wissenschaftler) befürwortet wird. Von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, muss quantitativ und qualitativ über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens bestehen, was voraussetzt, dass Wirksamkeit und Qualität der Therapie zuverlässig und wissenschaftlich nachprüfbar dokumentiert sind. (redaktioneller Leitsatz)
4. Inkomplette Tetraparese unterhalb C4 in kann in Deutschland bzw. innerhalb des EU-/EWR-Bereichs entsprechend dem allgemeinen Stand der Wissenschaft behandelt werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
S 29 KR 1177/14 2016-10-12 Urt SGMUENCHEN SG München
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber unbegründet.
Das Sozialgericht München hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil zu Recht abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der im Zeitraum 27.02.2014 bis 28.02.2015 angefallenen Kosten für die Teilnahme am Trainingsprogramm „Project Walk“ nebst weiteren in diesem Zusammenhang angefallenen Kosten.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht der Anspruch auf Leistungen, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, soweit im Sozialgesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist.
Als davon abweichende Regelung stellt § 30 Abs. 2 SGB I klar, dass Vorschriften des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt bleiben. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA gibt es zwar ein Sozialversicherungsabkommen (Abkommen vom 7. Januar 1976 – BGBl II 1358 – i.d.F. der Zusatzabkommen vom 2. Oktober 1986 – BGBl II 1988, 83 – und vom 6. März 1995 – BGBl II 1996, 302). Dieses betrifft jedoch keine Rechtsvorschriften des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung lässt sich nicht mit Erfolg auf eine fiktive Genehmigung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V stützen. Nach Überzeugung des Senats handelt es sich bei der von der Klägerin in Anspruch genommenen „Project Walk“-Trainingsmethode um eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation, welche nach § 13 Abs. 3a Satz 9 SGB V vom sachlichen Anwendungsbereich der Genehmigungsfiktion nicht erfasst wird (vgl. dazu BSG, Urteil v. 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R). „Project Walk“ umfasst im Wesentlichen – wenn nicht ausschließlich – physiotherapeutische Trainingseinheiten, welche nach ihrem Schwerpunkt und ihrer Zielrichtung die bestehenden Behinderungen der Klägerin günstig beeinflussen sollen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Damit waren die Trainingseinheiten bei „Project Walk“ von vornherein nicht der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V zugänglich.
Doch selbst wenn der Schwerpunkt der in Anspruch genommenen Maßnahmen im kurativ-therapeutischen Bereich anzusiedeln wäre, käme ein Anspruch aufgrund fingierter Genehmigung nicht in Betracht. Denn die Klägerin hatte sich von Anfang an darauf festgelegt, die Behandlungen im Ausland außerhalb des EU-/EWR-Raums durchführen zu lassen, und damit eine Leistung beantragt, die grundsätzlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt. Zudem war dem Antrag keine ärztliche Verordnung der gewünschten Therapie bei „Project Walk“ beigefügt. Damit lag nach Überzeugung des Senats bereits kein genehmigungsfähiger Antrag vor.
Mögliche Anspruchsgrundlage für die geltend gemachten Kosten ist damit allein § 18 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V. Diese Regelung erlaubt es der Krankenkasse im Falle einer Behandlung außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausnahmsweise die Kosten der erforderlichen Behandlung einschließlich notwendiger Begleitleistungen ganz oder teilweise zu übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nur im Ausland möglich ist.
§ 18 Abs. 1 SGB V ist grundsätzlich auch auf Rehabilitationsmaßnahmen anwendbar (BSG vom 06.03.2012, B 1 KR 17/11 R, juris Rn. 20).
Der Primäranspruch des § 18 Abs. 1 SGB V ist auf Kostenübernahme gerichtet. Die Regelung lässt aber auch – nach entsprechender vorheriger Antragstellung und rechtswidriger Ablehnung der Kostenübernahme durch die Krankenkasse – Kostenerstattung zu. Dabei ist der in § 13 Abs. 3 SGB V vorgeschriebene Beschaffungsweg auch im Rahmen des § 18 SGB V einzuhalten (BSG, a.a.O., Rn. 17, 18).
Die Klägerin hat vorliegend bereits den Beschaffungsweg nicht eingehalten, da sie mit dem Trainingsprogramm „Project Walk“ schon vor Antragstellung begonnen hatte. Sie war auch fest entschlossen, unabhängig vom Ausgang des Antragsverfahrens die Therapie für einen geraumen Zeitraum in Anspruch zu nehmen, wie insbesondere das eigens für die geplante Therapie erfolgte Anmieten einer Wohnung in C. sowie die im März 2014 vorgelegte Kostenaufstellung für die Monate März bis Oktober 2014 zeigen.
Bei laufenden Leistungen oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Behandlungen ist zwar die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse im Allgemeinen als Zäsur anzusehen (vgl. dazu BVerfG vom 19.03.2009, 1 BvR 316/09). Die Kostenerstattung ist dann in aller Regel nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung beschafft worden sind. Im vorliegenden Fall spricht allerdings viel dafür, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem ablehnenden Bescheid und den danach in Anspruch genommenen Behandlungen in den USA gerade nicht vorhanden ist.
Letztlich kann diese Frage jedoch offenbleiben. Denn die mit Bescheid vom 14.04.2014 ergangene Ablehnung einer Kostenbeteiligung, welche über die angebotenen 800 EUR monatlich für den Zeitraum 3/14 bis 10/14 hinausgeht, ist nicht zu Unrecht erfolgt.
§ 18 Abs. 1 SGB V knüpft eine volle oder teilweise Übernahme der Kosten einer Behandlung außerhalb des EU-/EWR-Raums an zwei Bedingungen, die kumulativ erfüllt sein müssen: Die im Ausland angebotene Behandlung muss dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und im Inland bzw. im EU-/EWR-Raum darf keine diesem Standard entsprechende Behandlung der beim Versicherten bestehenden Erkrankung möglich sein. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.
Für den Senat steht außer Zweifel, dass die bei der Klägerin vorliegende Verletzungsfolge einer inkompletten Tetraparese unterhalb C4 in Deutschland bzw. innerhalb des EU-/EWR-Bereichs entsprechend dem allgemeinen Stand der Wissenschaft behandelt werden kann. Ebenso steht für den Senat fest, dass die in den USA praktizierte Behandlungsmethode „Projekt Walk“ (noch) nicht für sich in Anspruch nehmen kann, dem allgemeinen Stand der Wissenschaft zu entsprechen.
Dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entspricht eine Behandlung, wenn sie nicht nur von einzelnen Ärzten, sondern von der großen Mehrheit der fachlich relevanten Kapazitäten (Ärzte, Wissenschaftler) befürwortet wird. Von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, muss quantitativ und qualitativ über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens bestehen, was voraussetzt, dass Wirksamkeit und Qualität der Therapie zuverlässig und wissenschaftlich nachprüfbar dokumentiert sind (Noftz in: Hauck/Noftz SGB V, § 18, Rn 14 b). Maßgeblich für die Beurteilung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Behandlung (Noftz, a.a.O., Rn 14d).
Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es allein in Deutschland 26 Querschnittszentren gibt, die sich auf die Behandlung dieser Verletzungsfolge spezialisiert haben. Die genannten Einrichtungen sind aufgrund des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V verpflichtet, ihre Leistungen entsprechend dem allgemeinen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu erbringen. Die genannten Querschnittszentren gehören dem Europäischen Konsortium zur Erforschung der Rückenmarkschädigungen an und sind selbst wissenschaftlich tätig. Dass sie eine Behandlung auf aktuellem wissenschaftlichem Niveau anbieten, ist auch von der Klägerseite nicht in Zweifel gezogen worden.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in keinem der Zentren einen Behandlungsplatz erhalten hat und damit ein Versorgungsdefizit in Deutschland bestehen könnte, liegen nicht vor. Nach ihren Angaben hat sie vielmehr bislang kein Interesse an einer Behandlung in einem Querschnittszentrum gehabt.
Ein im Rahmen des § 18 SGB V erhebliches Versorgungsdefizit liegt grundsätzlich erst dann vor, wenn für die jeweilige Krankheit im EU/EWRRaum überhaupt keine Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Dies ist hier eindeutig nicht der Fall.
Darüber hinaus wird eine Versorgungslücke auch dann angenommen, wenn eine Behandlung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Inland zwar generell möglich ist, aber im konkreten Fall wegen des spezifischen Krankheitsbildes des Versicherten individuell keinen Erfolg verspricht. Auch eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Dass speziell die Klägerin aufgrund spezifischer Besonderheiten einer anderen Behandlung bedarf als Patienten mit vergleichbaren Verletzungsfolgen, ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht erkennbar.
Eine Versorgungslücke im Sinne von § 18 Abs. 1 SGB V kann nach der Rechtsprechung des BSG auch dann vorliegen, wenn die ausländische Behandlungsmethode der inländischen qualitativ eindeutig überlegen ist (BSG, 06.03.2012, B 1 KR 17/11 Rn 27). Das sei, so das BSG in der erwähnten Entscheidung, etwa dann der Fall, wenn im Inland nur symptomatisch, im Ausland dagegen kausal – die Krankheitsursache beseitigend – behandelt werde. Die Überlegenheit könne sich auch im Rahmen eines Vergleichs lediglich symptomatisch behandelnder Therapien ergeben. Aber auch in einem so gelagerten Fall müssen die im Ausland erbrachten Behandlungen im Zeitpunkt der Leistungserbringung den Kriterien des in § 2 Abs. 1 Satz 3 geregelten Qualitätsgebots entsprechen (BSG vom 07.05.2013, B 1 KR 26/12 R), d. h. die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute muss die Behandlungsmethode befürworten und es muss Konsens über die Zweckmäßigkeit bestehen.
Dies ist bei der Behandlungsmethode „Project Walk“ nicht der Fall, wie sich den Ausführungen des MDK sowie dem Gutachten des Sachverständigen W. klar entnehmen lässt. Der Sachverständige stellt in seinem Gutachten ausdrücklich fest, dass die Behandlungsmethode „Project Walk“ noch nicht den Status erreicht hat, dass sie von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute befürwortet wird. Es fehlen unabhängige Studien nach anerkannten wissenschaftlichen Standards zur Wirksamkeit der Methode.
Die Klägerin kann sich zu ihren Gunsten auch nicht auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des § 18 Abs. 1 SGB V berufen. Nach der Rechtsprechung des BSG besteht ein Leistungs- und Kostenerstattungsanspruch nach dieser Rechtsgrundlage auch dann, wenn für Versicherte eine nach den Inlandsmaßstäben grundrechtsorientierter Leistungsbestimmung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu beanspruchende Leistung nur im Ausland möglich ist (BSGE 106, 81; BSG, Urteil vom 07.05.2013, B 1 KR 26/12 R, Rn 13). Eine verfassungskonforme Auslegung kommt nicht nur bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden, sondern auch bei wertungsmäßig damit vergleichbaren Erkrankungen wie einer drohenden Erblindung in Betracht.
Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zu Lasten der GKV setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (vgl. BSG, a.a.O., Rn 15):
(1) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder wertungsmäßig damit vergleichbaren Erkrankung vor.
(2) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
(3) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine „auf Indizien gestützte“, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin nicht alle erfüllt.
Es liegt bereits keine lebensbedrohliche oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor. Für die dogmatische Erfassung der „wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung“ orientiert sich die Rechtsprechung an der „extremen“ bzw. „notstandsähnlichen“ Situation der krankheitsbedingten Lebensgefahr (vgl. Hauck/Noftz, SGB V, § 2 Rn 76 e). Das BSG ist bei einem akut drohenden Verlust eines wichtigen Sinnesorgans (Augenlicht) von einer vergleichbaren Erkrankung ausgegangen.
Im Falle der Klägerin ist zunächst zu konstatieren, dass eine notstandsähnliche Situation mit akuter Lebensgefahr oder einem drohendem Verlust einer wichtigen Körperfunktion im Zeitpunkt der Antragstellung und danach nicht vorlag. Die Verletzungsfolgen in Gestalt einer inkompletten Tetraparese unterhalb C4 waren bei der Klägerin bereits eingetreten. Mit der beantragten Behandlung sollte nicht die (schon vorliegende) Querschnittslähmung verhindert, sondern eine spürbare Besserung, ja sogar Heilung herbeigeführt werden.
In der oben erwähnten Entscheidung des BSG vom 07.05.2013, B 1 KR 26/12 R, auf die sich der Klägerbevollmächtigte zuletzt berufen hat, hat es das BSG nicht völlig ausgeschlossen, dass die Auswirkungen einer infantilen Zerebralparese mit Bewegungsstörungen, einer spastischen Tetraplegie und einer ausgeprägten statomotorischen Retardierung beim dortigen Kläger eine Ausprägung erreichen, welche allgemein für eine grundrechtskonforme erweiternde Auslegung des Leistungsrechts der GKV zu fordern ist. Im Ergebnis hat es aber offengelassen, ob in dem von ihm zu entscheidenden Fall eine Erkrankung vorliegt, die wertungsmäßig einen Schweregrad etwa wie bei einer völligen Erblindung erreicht.
Im Vergleich dazu stellen sich die bei der Klägerin bestehenden Verletzungsfolgen als weniger schwerwiegend dar. Die Klägerin leidet nicht an einer Tetraplegie, d.h. an einer vollständigen Lähmung der vier Extremitäten, sondern an einer inkompletten Tetraparese, also einer unvollständigen Lähmung der vier Extremitäten. Kopf- und Augenkontrolle sowie die Sprachmotorik sind nicht – wie bei dem Versicherten in dem vom BSG entschiedenen Fall – regelmäßig erschwert.
Dessen ungeachtet steht im Falle der Klägerin eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung (s.o.).
Schließlich ist zu beachten, dass auch im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung der Arztvorbehalt nach § 15 Abs. 1 SGB V zu beachten ist. Nach dem Vortrag der Klägerin hat sie aufgrund eigener Recherchen die Behandlungsmethode „Projekt Walk“ ausfindig gemacht und mit dem Trainingszentrum von „Projekt Walk“ auf eigene Faust Therapiestunden vereinbart. Es ist nicht erkennbar, dass die Behandlung in den USA in irgendeiner Form unter ärztlicher Verantwortung stand. Ärztliche Verordnungen für die in Anspruch genommenen physiotherapeutischen Leistungen im Trainingszentrum „Project Walk“ wurden nicht vorgelegt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Da bereits die Voraussetzungen für eine Erstattung der Kosten nach § 18 Abs. 1 SGB V nicht vorliegen, kommt auch eine Übernahme der weiteren Kosten gemäß § 18 Abs. 2 SGB V nicht in Betracht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.