Medizinrecht

Leistungen, Grundsicherung, Bescheid, Beschwerde, Krankenversicherung, Mehrbedarf, Erwerbsminderung, Rente, Anordnungsgrund, Widerspruchsbescheid, Ablehnung, Behinderung, Krankheit, Anordnungsanspruch, Leistungen der Grundsicherung, laufende Leistungen, einstweiligen Anordnung

Aktenzeichen  L 18 SO 10/18 B ER

Datum:
19.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31398
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

S 20 SO 138/17 ER 2017-12-13 Bes SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.12.2017 abgeändert.
II. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin mit Wirkung ab 01.03.2018 bis zum 30.06.2018, weitere 41 Euro monatlich wegen Mehrbedarfs für eine aufwendige Ernährung zu gewähren.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
IV. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1/2 zu erstatten.

Gründe

I.
Im vorliegenden Eilverfahren – Beschwerdeverfahren – geht es um die Frage, ob der Antragsgegner (AG) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, Kosten für eine aufwendige Ernährung sowie für eine Bekleidungserstausstattung der Antragstellerin (AS) zu gewähren.
Die 1957 geborene AS bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und bezog vom AG bis 30.04.2015 laufende Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 30.06.2016 beantragte die AS beim AG erneut die Gewährung laufender Leistungen der Grundsicherung, die Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen krankheits- oder behinderungsbedingt aufwendigerer Ernährung infolge einer chronischen Hepatitis C – entsprechende Unterlagen würden nachgereicht – sowie eine komplette Wohnungs-, Haushaltsgegenstände- und Bekleidungserstausstattung. Weitere ärztliche Unterlagen reichte die AS nicht ein.
Mit Bescheid vom 30.08.2016 bewilligte der AG laufende Leistungen der Grundsicherung vom 01.06.2016 bis 30.06.2016 in Höhe von EUR 278,60 monatlich und vom 01.07.2016 bis 30.06.2017 in Höhe von EUR 267,99 monatlich, ohne einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung oder Bekleidungserstausstattung zu erwähnen.
Dagegen legte die AS Widerspruch ein.
Mit weiterem Bescheid vom 09.11.2016 lehnte der AG die Gewährung von Winterbekleidung ab, weil es sich nicht um eine Erstausstattung handele. Vielmehr müsse der Hilfeempfänger aus dem Regelbedarf seine Bekleidung, z.B. durch Bildung von Rücklagen, beschaffen.
Dagegen legte die AS Widerspruch ein. Durch die damalige Räumung seien ihr alle Unterlagen, Hausrat abhanden gekommen.
Mit Bescheid vom 21.12.2016 berechnete der AG die laufenden Grundsicherungsleistungen wegen Regelsatzerhöhung ab dem 01.01.2017 bis 30.06.2017 neu (EUR 272,99 monatlich).
Auch dagegen legte die AS Widerspruch ein, weil kein Mehrbedarf wegen chronischer Hepatitis C gewährt worden sei. Mit weiterem Bescheid vom 27.01.2017 änderte der AG wegen veränderter Rentenhöhe den Bescheid vom 21.12.2016 ab (EUR 273,57 monatlich).
Mit Bescheid vom 07.07.2017 bewilligte der AG vom 01.07.2017 bis 30.06.2018 weiter laufende Leistungen der Grundsicherung in Höhe (EUR 268,61 monatlich) ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs.
Auch dagegen legte die AS Widerspruch ein unter Hinweis auf die höheren Leistungen im Bescheid vom 27.01.2017; an ihrer wirtschaftlichen Lage habe sich nichts geändert. Zudem moniert sie erneut die fehlende Anerkennung eines Mehrbedarfs sowie des Sonderbedarfs Bekleidung etc.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.08.2017 wies die Regierung von Mittelfranken die Widersprüche der AS gegen die Bescheide vom 30.08.2016 und vom 21.12.2016 wegen Nichtberücksichtigung eines Mehrbedarfs und gegen den Bescheid vom 09.11.2016 wegen Ablehnung der Kostenübernahme für eine Bekleidungserstausstattung zurück. Die Ablehnung eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII sei rechtmäßig gewesen. Voraussetzung sei, dass der akute Mehrbedarf tatsächlich vorhanden sei. Aus den vorgelegten Attesten gehe dies nicht nachprüfbar hervor. Auch die Ablehnung einer Erstausstattung von (Winter-) Bekleidung im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII sei rechtens: Bereits aus dem Begriff „Erstausstattung“ sei zu entnehmen, dass es sich um eine grundlegend neue Lebenssituation handeln müsse, so dass so gut wie keine Ausstattung für die jetzige Bedarfssituation vorhanden sein dürfe. Kleidungsbedarf sei aus Ansparung der laufenden Leistungen zu decken.
Dagegen erhob die AS Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG), die dort unter dem Aktenzeichen S 20 SO 139/17 geführt wird.
Ferner hat die AS einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
Mit Beschluss vom 13.12. 2017 hat das SG den Eilantrag abgewiesen und ausgeführt, es sei kein Anordnungsanspruch gegeben. Ein krankheits- oder behinderungsbedingter Mehrbedarf sei nicht glaubhaft gemacht. Ein aktueller Bedarf sei nicht nachvollziehbar und überprüfbar nachgewiesen. Die von der AS vorgelegten Unterlagen seien nicht ausreichend. Das ärztliche Attest des Dr. R. N. vom 10.10.2016 bestätige eine „anamnestische Nahrungsmittelunverträglichkeit“ und verweise darauf, dass Ausweichlebensmittel in der Regel teurer seien. Dies sei viel zu allgemein. Vielmehr sei zu einer Nachvollziehbarkeit eine Diagnosestellung zu fordern, einschließlich Auflistung der jeweiligen Unverträglichkeiten und der Lebensmittel, auf die als Ersatz auszuweichen ist. Streng genommen enthalte das Attest nicht einmal eine durch Untersuchung gesicherte Diagnose, sondern bescheinige lediglich eine anamnestische Nahrungsmittelunverträglichkeit, also lediglich, dass die AS eine Nahrungsmittelunverträglichkeit dem bescheinigenden Arzt gegenüber selbst angegeben habe, ohne dass dieser die Angaben überprüft und nachvollziehbar selbst diagnostiziert hätte. Ein ärztlicher Nachweis einer chronischen Hepatitis C fehle gänzlich. Auch der Hinweis der AS auf den (widerruflichen) Vergleich vor dem Sozialgericht Nürnberg (Az.: S 13 AS 127/05) aus dem Jahre 2006, wonach der AS ein Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung bewilligt werden solle, sei völlig unbehelflich. Einerseits sei seither eine zu große Zeitspanne verstrichen, um hieraus einen auch heute noch konkreten und aktuellen Mehrbedarf ableiten zu können. Andererseits handele es sich um einen Vergleich, dessen Grundlagen nicht erkennbar seien, insbesondere welche Umstände dem Mehrbedarf zugrunde lägen. Zudem besage die Tatsache, dass ein Vergleich geschlossen worden sei, streng genommen nichts darüber aus, ob tatsächlich der AS materiell-rechtlich ein solcher Mehrbedarf zugestanden hätte, also im Falle einer streitigen Entscheidung auch zugesprochen worden wäre. Nach der Aktenlage ergäben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für den geltend gemachten Mehrbedarf. Im Übrigen sei es völlig unverständlich, dass die AS trotz entsprechender Hinweise und Aufforderungen des AG keine (nachvollziehbaren) ärztlichen Bestätigungen für die behauptete Hepatitis C und eine kostenaufwendige Ernährung vorgelegt habe. Ähnliches gelte für den geltend gemachten einmaligen Sonderbedarf hinsichtlich Kleidung. Insofern verweise das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 08.08.2017. Ungeachtet dessen könne auch im Falle der AS eine Situation gegeben sein, die eine Erstausstattung rechtfertige. Wenn die AS tatsächlich infolge der Zwangsräumung im Herbst 2014 all ihre bewegliche Habe verloren haben sollte und erst nach Leistungseinstellung zum Mai 2015 ab Juni 2016 wieder erneut Leistungen bezogen habe, wäre grundsätzlich vorstellbar, dass ihr eine Ansparung aus der laufenden Leistung nicht oder nur unzureichend möglich gewesen wäre, mit der Folge, dass ein Anspruch auf eine vollständige oder zumindest teilweise Erstausstattung gegeben sein könnte. Voraussetzung wäre in diesem Zusammenhang aber, dass die AS nachvollziehbar und nachprüfbar darlege, dass und wie sie ihr bewegliches Vermögen infolge der Räumung verloren habe, dass sie zudem eine nachprüfbare Aufstellung der bei ihr noch oder wieder vorhandenen Habe einreiche und deren Überprüfung gestatte und darüber hinaus darlege, wovon und wo sie in der Zeit von Mai 2015 bis Juni 2016 gelebt habe und warum es ihr ab Juni 2016 aus dem ab diesem Zeitpunkt bewilligten Regelsatz nicht oder in nicht ausreichendem Umfang möglich gewesen sei, entsprechende Ansparungen für z.B. Anschaffung von Bekleidung zu tätigen. Daran fehle es vorliegend. Die schlichte Behauptung der AS, im Rahmen einer Wohnungszwangsräumung im Herbst 2014 alles bewegliche Vermögen verloren zu haben, sei nicht ausreichend. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus einer grundrechtsorientierten Folgenabwägung. Bei Abwägung aller Umstände seien keine unzumutbaren, existenzgefährdenden Folgen im konkreten Falle der AS zu erwarten, wenn das Gericht nicht eine einstweilige Anordnung im Sinne der AS trifft. Insbesondere falle hierbei ins Gewicht, dass es die AS selbst zu verantworten habe, dass aufgrund ihrer fehlenden Mitwirkung hinsichtlich des Nachweises der geltend gemachten Bedarfe nach wie vor im Zusammenhang mit der Leistungsgewährung tatsächlicher Klärungsbedarf bestehe. Zudem sei die AS nicht mittellos, da sie neben ihrer Rente laufend aufstockende Grundsicherungsleistungen erhalte und damit dringend notwendige Bedarfe einstweilen selbst decken könne, selbst wenn der an sich zustehende Bedarf bis zu dessen Nachweis, der einzig von der AS selbst zu erbringen sei, dann nicht ganz abgedeckt sei. Vor diesem Hintergrund erscheine es der AS zumutbar, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Dagegen hat die AS Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt und mit Schreiben vom 02.03.2018 eine ärztliche Bestätigung des Internisten und Diabetologen Dr. N. (N) vorgelegt, wonach sie an einer chronischen Hepatitis C mit nachgewiesener Virämie leidet. Bereits im Verwaltungsverfahren hatte die AS ein ärztliches Attest des N vom 10.10.2016 eingereicht, wonach sie wegen anamnestischer Nahrungsmittelunverträglichkeiten eine Ernährung benötigt, die keine unverträglichen Substanzen beinhaltet; die Ersatzprodukte seien in der Regel teurer als die herkömmlichen Nahrungsmittel.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.12.2017 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab dem 01.06.2016 laufend einen Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung und wegen Hepatitis C sowie einmalig eine Bekleidungserstausstattung für Winterkleidung zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Verwaltungsverfahren hatte der AG die AS mehrfach unter Fristsetzung aufgefordert, zum Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung Stellung zu nehmen (Schreiben vom 06.10.2016, 09.11.2016, 23.01.2017), und dabei auch ein von der AS auszufüllendes Antragsformular übersandt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Antragsgegners und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet. In Bezug auf die geltend gemachte Bekleidungserstausstattung hat es das SG im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den AG im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten. In Bezug auf die Kosten für eine aufwendige Ernährung hat der Eilantrag im Beschwerdeverfahren im Sinne des Entscheidungssatzes dieses Beschlusses Erfolg.
Das SG vermischt bei der Formulierung und Anwendung seines Prüfungsmaßstabs die einfachgesetzlichen Voraussetzungen (Anordnungsanspruch und -grund) und die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Eilrechtsschutzes (zum zutreffenden Prüfungsmaßstab sogleich unter 1.). Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten Eilentscheidung liegen in Bezug auf die Kosten für eine aufwendige Ernährung im Sinne des Entscheidungssatzes dieses Beschlusses bereits unter Zugrundelegung der einfachgesetzlichen Maßgaben vor (dazu unter 2.). In Bezug auf die geltend gemachte Bekleidungserstausstattung kommt eine einstweilige Anordnung unter keinem Aspekt in Betracht (dazu unter 3.).
1. Der zutreffende Prüfungsmaßstab stellt sich wie folgt dar: Gemäß dem hier grundsätzlich einschlägigen § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Hauptsacheerfolgs) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Eilbedürftigkeit). Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad verweist § 86b Abs. 2 S. 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-)Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes (ohne subjektive Beweisführungslast) dar. Der Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG, Urteile vom 08.08.2001 – B 9 U 23/01 B, juris Rn. 4 f. und vom 14.12.2006 – B 4 R 29/06 R, juris Rn. 116). Anders als bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, bei der absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache, etwa in Bezug auf den ursächlichen Zusammenhang, sprechen muss (vgl. dazu BSG, Urteile vom 27.06.2006 – B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), reicht bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer guten Möglichkeit aus, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Schmidt, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 41, 16b, § 128 Rn. 3d).
§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, § 103 SGG (Untersuchungsgrundsatz) und § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO (Glaubhaftmachung als Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne subjektive Beweisführungslast) regeln mithin im Zusammenspiel, dass der Erfolg eines Eilantrags voraussetzt, dass der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (sogenannter Anordnungsanspruch), und dass dem Antragsteller im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, also ein wesentlicher Nachteil, droht (sogenannter Anordnungsgrund; vgl. zum Ganzen Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2017, Rn. 356 – 358, 347, 337 f., jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dieser einfachgesetzliche und für den Richter grundsätzlich bindende (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) Prüfungsmaßstab ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels, d.h. zur Verhinderung entsprechend schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Beeinträchtigungen (vgl. etwa BVerfG vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, juris Leitsatz 2 a und Rn. 25 – 28; vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06 Orientierungssatz 2 – Verhinderung von schweren und unzumutbaren Nachteilen, speziell für den Leistungsanspruch der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung), aus verfassungsrechtlicher Sicht gegebenenfalls zu modifizieren. Werden die einfachgesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht und droht bei Ablehnung des Eilantrags eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind, ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall ist dann durch offene (Güter- und Folgen-) Abwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeits- und Beeinträchtigungsgrade zu gewährleisten. Im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen sind aber unter Beachtung der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, 97 I GG) auch dann die Regelungen des § 86b SGG zur Anwendung zu bringen. Ob der Eilantrag des Antragstellers Erfolg hat, ist daher nach Feststellung (zumindest) der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen (als aus § 86b Abs. 2 SGG abgeleitete und daher wegen der Gesetzesbindung zwingend zu beachtende Abwägungselemente) nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles zu entscheiden. Von der in Vornahmesachen als objektives Beweismaß gesetzlich vorgegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im oben dargestellten Sinn) darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu Gunsten des Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden vom Gericht ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Auf diese Weise kann eine über den einfachgesetzlich geforderten wesentlichen Nachteil hinaus drohende Beeinträchtigung im konkreten Fall in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Im Rahmen des so verfassungskonform ausgelegten § 86b Abs. 2 SGG bedeutet dies zusammenfassend, dass die in die Eilentscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach Beeinträchtigungs- und Wahrscheinlichkeitsgraden im Rahmen einer offenen Abwägung vom Richter zu gewichten sind (vgl. dazu BVerfG vom 25.07.1996 – 1 BvR 638/96: eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage bei entsprechendem Anlass; BVerfG vom 22.11.2002 – 1 BvR 1586/02, juris LS 4 und Rn. 9: besonders intensive und nicht nur summarische Prüfung bei mittelbarer Lebensgefahr; BVerfG vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, juris Rn. 25: abschließende Prüfung bei möglicher Verletzung der Menschenwürde; BVerfG vom 06.02.2013 – 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3 u. vom 06.08.2014 – 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: Pflicht, „desto intensiver (zu) prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist“). Um dem Eilantrag stattzugeben, kann so bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen. Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache abzulehnen, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigung gegebenenfalls schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen.
Die Fachgerichte haben mithin im Rahmen des Eilrechtsschutzes eine verfassungsrechtliche Vorprüfung durchzuführen. Ergibt sich dabei, dass ohne Eilrechtsschutz schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls möglich sind, ist § 86 b SGG gegebenenfalls im oben dargestellten Sinne verfassungskonform auszulegen, um insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Ergibt sich dabei, dass auch ohne Eilrechtsschutz keine schweren Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung möglich sind, verbleibt es bei der einfach-gesetzlichen Regelung des § 86b SGG.
2. Soweit der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auf die vorläufige Übernahme von Kosten für eine aufwendige Ernährung zielt, hat der Eilantrag bereits nach den einfachgesetzlichen Maßgaben im Sinne des Entscheidungssatzes dieses Beschlusses Erfolg, da sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund gegeben sind. Eine Güter- und Folgenabwägung ohne Bindung an die (einfach) gesetzlichen Wahrscheinlichkeitsanforderungen führt zu keinem anderen Ergebnis.
Nach der im Eilverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung (vgl. dazu z.B. BVerfG vom 27.5.1998, 2 BvR 378/98 juris Orientierungssatz 2a = Rn 17) ist ein Anordnungsanspruch gegeben. Denn der AS steht der geltend gemachte Anspruch auf Mehrbedarf für eine aufwendige Ernährung bis zum Ablauf des hier relevanten Bewilligungszeitraums mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu.
Nach §§ 42 Nr. 2, 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
Für eine Entscheidung über die Gewährung eines Mehrbedarfs gelten folgende Grundsätze: Voraussetzung für die Gewährung des Mehrbedarfs ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG vom 10.05.2011, B 4 AS 100/10 R juris Rn 16). Über einen Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung darf die Verwaltung nicht isoliert, also unabhängig von der Prüfung, ob laufende lebensunterhaltssichernde Sozialhilfeleistungen zu bewilligen sind, entscheiden. Zu prüfen sind vielmehr alle Anspruchsvoraussetzungen über Grund und Höhe der Leistungen (sogenannter Höhenstreit, BSG vom 09.06.2011, B 8 SO 11/10 R juris Rn 13). Eine behördliche Ablehnung (nur) eines Teils der vom Anspruch möglicherweise umfassten Leistungen, z.B. eines Mehrbedarfs, ist ohne Aussage über die Höhe des Gesamtanspruchs rechtlich nicht möglich (LSG Niedersachsen-Bremen vom 11.12.2014, L 8 SO 106/14 B juris Rn 7.) Andererseits ist ohne eindeutige Erklärung der Behörde nicht von ihrem Willen auszugehen, sie habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen (LSG Niedersachsen-Bremen, aaO, Rn 7 am Ende; vgl. auch BSG, Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 146/10 R juris Rn 15; vom 14.02.2013, B 14 AS 48/12 R juris Rn 9). Davon unabhängig kann der Betroffene den Streitgegenstand eines Klageverfahrens und in der logischen Konsequenz auch eines Eilverfahrens, das der Sicherung des in der Hauptsache geltend gemachten Anspruchs dient, zulässigerweise auf die Frage begrenzen, ob ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zusteht (zur Abtrennbarkeit eines Anspruchs auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs BSG, Urteil vom 10.11.2011, B 8 SO 12/10 R, Rn. 11 m.w.N.; LSG Bayern vom 22.09.2015, L 8 SO 149/12).
Dies zugrunde legend ist für den vorliegenden Fall im Zusammenhang mit der Prüfung des Anordnungsanspruchs, also der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens des entsprechenden Hauptsacheanspruchs, das Folgende hervorzuheben: Die AS hat zwar die bereits mehrfach erwähnten Atteste vorgelegt, ist aber ihrer Mitwirkungsobliegenheit nicht in vollem Umfang nachgekommen, weil sie trotz entsprechender Aufforderung des AG insbesondere keine Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht abgegeben hat. Auf der anderen Seite hat der AG in seinen Bescheiden, insbesondere in denen vom 30.08.2016 und 07.07.2017 über die Ablehnung des Anspruchs auf Mehrbedarf nicht ausdrücklich entschieden; nach den dargestellten Grundsätzen ist aber davon auszugehen, dass er über die Leistungen der AS für den hier relevanten Bewilligungszeitraum bis 30.06.2018 (Bescheid vom 07.07.2017) insgesamt, also einschließlich des geltend gemachten Mehrbedarfs, entscheiden wollte und dass die AS die Entscheidung des AG auch so verstanden hat. Aus dem Fehlen einer Begründung in Bezug auf den Anspruch auf Mehrbedarf ergibt sich die – inzwischen geheilte (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X) – formelle Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30.08.2016 (§ 35 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X). Der Widerspruchsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 08.08.2017, der im Hauptsacheverfahren gemäß § 95 SGG auch Verfahrensgegenstand ist, nennt dann zwar Gründe für die Ablehnung des Mehrbedarfs unter Einbeziehung des von der AS vorgelegten Attestes des N vom 10.10.2016. Das im Beschwerdeverfahren von der AS vorgelegte Attest des N, wonach diese an einer chronischen Hepatitis C mit nachgewiesener Virämie leidet, wird von der Beklagtenseite trotz entsprechender Aufforderung des Senats jedoch nicht gewürdigt. Nicht nachvollziehbar ist für den Senat auch, dass der AG mit Bescheid vom 30.08.2016 zunächst über den Bedarf der AS entschieden hat und erst nach dieser Entscheidung ein Antrags- und Auskunftsformular wegen Mehrbedarfs übersandt hat (Schreiben vom 06.10.2016, 09.11.2016, 23.01.2017). Vor diesem Hintergrund gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der im Eilverfahren nur zu fordernde herabgesetzte Überzeugungsgrad, der mit dem Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit umschrieben wird, im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (dazu Krodel, aaO, Rn 387) in Bezug auf den geltend gemachten Mehrbedarf gegeben ist.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die pauschalen Bescheinigungen des N zum Nachweis des Mehrbedarfs im Verwaltungsverfahren (und ggf. im gerichtlichen Hauptsacheverfahren) nicht ausreichen, um die dort zu fordernde an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit herbeizuführen (dazu BSG vom 10.05.2011, B 4 AS 100/10 R juris Rn 24). Dies ergibt sich auch daraus, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, 4. Auflage 2014 (im Folgenden Empfehlungen; zur deren rechtlicher Qualität vgl. LSG Baden-Württemberg vom 09.12.2008, L 13 AS 4462/07 juris Rn 21 m.w.N.) die – im vorliegenden Fall von N attestierte – Hepatitis C nicht ausdrücklich als einen Mehrbedarf auslösende Erkrankung nennen (Empfehlungen, Punkt III 3, S. 7). Die Liste der dort genannten Krankheiten ist allerdings nicht abschließend. Vielmehr hat jeweils eine Einzelprüfung zu erfolgen, wenn der ernährungsbedingte Mehrbedarf nach Inhalt und Höhe streitig bleibt (BSG vom 27.02.2008, B 14/7b AS 32/06 R und B 14/7b AS 64/06 R; Empfehlungen, a.a.O.). Das bedeutet, dass weitere Ermittlungen zu einem etwaigen Mehrbedarf anzustellen sind. Der AG wird mithin wegen des auch für ihn geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen haben. Der Senat weist aber die Antragstellerin ausdrücklich darauf hin, dass die Verwirklichung ihrer Ansprüche eine entsprechende Mitwirkung ihrerseits voraussetzt, etwa durch eine Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht (zur entsprechenden Mitwirkungsobliegenheit § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.03.2011, L 12 SO 592/10 juris Rn 35) und/oder durch Benennung etwaiger weiterer behandelnder Ärzte, und dass bei Verweigerung einer entsprechenden Mitwirkung der Antragstellerin auch in eventuellen zukünftigen gerichtlichen Eilverfahren ein Anordnungsanspruch verneint werden könnte.
Auch ein Anordnungsgrund ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats gegeben, weil bei Nichtgewährung des begehrten Eilrechtsschutzes der Eintritt eines wesentlichen Nachteils überwiegend wahrscheinlich ist. Denn der AS droht ohne Eilrechtsschutz eine über Randbereiche hinausgehende Beeinträchtigung. Dies gilt im vorliegenden Fall schon deshalb, weil der AG sich trotz entsprechender Aufforderung durch den Senat nach Vorlage des Attestes des N im Beschwerdeverfahren nicht zu einem eventuellen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geäußert hat. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Verhaltens des AG, ist der AS trotz der im Verhältnis zur Gesamtleistung geringen Höhe des mit dem Eilantrag geltend gemachten Betrags (vgl. zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines „Abschlags“ im Eilverfahren BVerfG vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, juris Rn 26; Krodel, a.a.O., Rn 511 m.w.N.) nach dem derzeitigen Stand der Dinge auch mit Blick auf den in Kürze ablaufenden Bewilligungszeitraum des Bescheides vom 07.07.2017 ein weiteres Zuwarten nicht zuzumuten.
Der Inhalt der Eilanordnung steht im Ermessen des Gerichts, §§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, 938 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf die Rechtsschutzfunktion des § 86 b SGG und unter Berücksichtigung der grundgesetzlichen Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG ist es daher geboten, der AS für einen begrenzten Zeitraum einen bestimmten Geldbetrag für eine eine (mutmaßlich) kostenaufwändige Ernährung zuzuerkennen. Dabei hat sich der Senat an dem auch von den Empfehlungen vorgeschlagenen Betrag von 10% des Regelbedarfs orientiert. Eine Kürzung dieser vorläufigen Leistung (BVerfG, a.a.O.) hielt der Senat schon mit Blick auf die geringe Höhe des Betrages und den in Kürze ablaufenden Bewilligungszeitraum des Bescheides vom 07.07.2017 nicht für angemessen. Was die Dauer der zuerkannten Leistung betrifft, hat der Senat ebenfalls von seinem Ermessen Gebrauch gemacht und die Leistungen mit Blick auf die Aktualität eines Mehrbedarfserfordernisses beginnend erst ab 01.03.2018 festgelegt. Der Senat geht davon aus, dass bis zum 30.06.2018 eine begründete und gegebenenfalls wieder gerichtlich überprüfbare verwaltungsseitige Klärung des Mehrbedarfs für einen zukünftigen Bewilligungszeitraum herbeigeführt sein wird.
Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass Sozialleistungen, die per gerichtlicher Eilentscheidung zugesprochen werden, unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehen, und dass, sollte sich in einem möglichen Hauptsacheverfahren erweisen, dass die einstweilige Anordnung von Anfang an ganz oder teilweise ungerechtfertigt war, die Antragstellerin verpflichtet ist, dem Antragsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung dieser Anordnung entsteht, §§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, 945 ZPO.
3. In Bezug auf die geltend gemachte Bekleidungserstausstattung ist die Beschwerde nicht begründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einstweiligen Rechtsschutz liegen insofern nicht vor. Statthaft ist auch insofern die Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG. Für den Erfolg einer Regelungsanordnung ist jedoch stets ein sicherungsfähiges Recht des Antragstellers zu fordern (vgl. dazu ausdrücklich BVerfG vom 29.7.2003, 2 BvR 311/03 juris Rn 14). Ansonsten geht der Eilantrag ins Leere. Aus der aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Sicherungsfunktion und in Vornahmesachen wie der vorliegenden zusätzlich aus der Bindung des Gerichts an § 86 b Abs. 2 SGG, wo der Hauptsacheanspruch tatbestandlich verankert ist (dazu Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2016, Rn 368 f, 428), ergibt sich von Verfassungs wegen zwingend das Gebot, die Rechtsfragen der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen und der Entscheidung (neben anderen Belangen) zugrunde zu legen; die materielle Rechtslage ist als obligatorisches Prüfungs- und Entscheidungskriterium für das sozialgerichtliche Eilverfahren verfassungsrechtlich und einfach-gesetzlich vorgegeben (vgl. zur VwGO Windoffer, Die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit von Rechtsfragen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, S. 41). Steht bereits im Eilverfahren fest, dass die Hauptsache erfolglos ist, gibt es kein im Eilverfahren sicherungsfähiges Recht. Das gilt selbst in einem gerichtlichen Eilverfahren, das die Gewährung existenzsichernder Leistungen betrifft. Auch hier begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Fachgerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren, wenn sie die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen (BVerfG vom 15.1.2007, 1 BvR 2971/06 juris Rn 14).
Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Ausstattung mit Winterbekleidung nicht besteht. Der Bescheid vom 09.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.08.2017 ist insofern rechtmäßig.
Gemäß § 31 Abs. 1 Nummer 2 SGB XII werden Leistungen zur Deckung von Bedarfen für die Erstausstattung für Bekleidung erbracht. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass es sich vorliegend nicht um eine Erstausstattung im Sinne der genannten Vorschrift handelt. Dass bereits (Winter) Bekleidung vorhanden war, ergibt sich auch aus dem eigenen Vortrag der AS. Von dem Anspruch auf Erstausstattung abgesehen muss der Hilfebedürftige nach der geltenden Rechtslage für einmalige Bedarfe Rücklagen bilden (vgl. zum Ansparprinzip Wahrendorf in Grube / Wahrendorf SGB XII, 5. Auflage 2014, § 28 Rn. 16). Im Übrigen wird nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die AS keine Möglichkeit hatte, Ansparungen für einen eventuellen Neubedarf an (Winter) Bekleidung aus dem Regelsatz vorzunehmen.
Daher war die Beschwerde insofern zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Die erfolgte Quotelung trägt dem teilweisen Obsiegen der AS Rechnung.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

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