Aktenzeichen 12 C 16.2411
SGB VIII SGB VIII § 19, § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, Abs. 5, § 93, § 94
BVG BVG § 25f
OEG OEG § 1 Abs.1
Leitsatz
1. Nach der Neufassung des § 25f BVG gehören Ansparungen aus Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz zum verwertbaren und einzusetzenden Vermögen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Berücksichtigung einer angesparten Beschädigtengrundrente, die das Schonvermögen (§ 90 Abs. 2 SGB XII) übersteigt, stellt nur dann eine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar, wenn sich diese aus besonderen, bei anderen Hilfsbedürftigen regelmäßig nicht anzutreffenden Umständen ergibt. (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Heranziehung eines jungen Volljährigen aus seinem Vermögen ist ergänzend zu § 90 SGB XII gemäß § 92 Abs. 5 S. 1 SGB VIII zu prüfen, ob berechtigte Umstände vorliegen, wonach durch seine Heranziehung eine “Destabilisierung”des jungen Volljährigen eintrete, dadurch die Persönlichkeitsentwicklung erheblich beeinträchtigt und eine eigenverantwortliche Lebensführung wesentlich erschwert werde. (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 bzw. § 92 Abs. 5 S. 1 SGB XII kann dann vorliegen, wenn eine posttraumatische Belastungsstörung mit den damit einhergehenden Beeinträchtigungen zu einer besonderen (atypischen) Situation führt, weil die soziale Stellung des Betroffenen infolge Krankheit und Behinderung nachhaltig beeinträchtigt ist und er sich deshalb von anderen Hilfebedürftigen unterscheidet. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 18 K 16.2310 2016-10-31 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 31. Oktober 2016 – M 18 K 16.2310 – wird aufgehoben.
II.
Der Klägerin wird für das Klageverfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt … … aus … beigeordnet.
Gründe
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten einer ihr gewährten Hilfe für junge Volljährige aus ihrem Vermögen.
1. Die am 22. Januar 1998 geborene Klägerin wurde am 10. Dezember 2010 gemeinsam mit ihren beiden jüngeren Geschwistern in Obhut genommen, nachdem ihr Stiefvater an diesem Tag ihre Mutter getötet hatte. Im Anschluss an die Inobhutnahme gewährte der Beklagte ihr ab dem 1. August 2011 Hilfe zur Erziehung durch Übernahme der Kosten für ihre Unterbringung im Kinderhaus … in …. Seit September 2014 besucht die Klägerin die Fachakademie für Sozialpädagogik in … mit dem Ziel der Ausbildung zur Erzieherin.
2. Mit Bescheid vom 14. Januar 2016 gewährte der Beklagte der nunmehr volljährigen Klägerin ab 22. Januar 2016 Jugendhilfe in Form der Übernahme der Heimkosten als Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bis maximal zur Vollendung des 21. Lebensjahres.
3. Aufgrund der Tötung ihrer Mutter erhält die Klägerin, bei der mit Bescheid des Versorgungsamtes vom 26. März 2012 wegen der psychischen Folgen der Gewalttat ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 festgestellt wurde, vom Versorgungsamt eine Waisenausgleichsrente sowie eine Waisengrundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Mit Schreiben vom 10. November 2015 wies der Beklagte darauf hin, dass die Klägerin ab Volljährigkeit zu den Kosten der Jugendhilfe durch einen Kostenbeitrag in Höhe von 75% ihres Einkommens heranzuziehen sei und zusätzlich ihr Vermögen, soweit es einen Freibetrag von 2.600,00 € übersteige, als Kostenbeitrag beansprucht werde. Mit Email vom 14. Dezember 2015 teilte die Vormündin der Klägerin mit, das vorhandene Vermögen in Höhe von 16.466,82 € sei aus ererbtem Schmerzensgeldanteil in Höhe von 3.024,83 €, monatlicher Opferentschädigungsrente in Höhe von 132,00 €, Waisenrente von 220,00 € und Kinderanteil von 46,00 € entstanden.
4. Nach vorheriger Anhörung setzte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25. April 2016 einen aus dem Vermögen der Klägerin zu leistenden Kostenbeitrag in Höhe von 8.652,86 € fest. Er ging dabei von einem durch Kontoauszüge nachgewiesenen Vermögensstand zum 20. Januar 2016 von 16.869,77 € aus, einschließlich einer noch als Barbetrag vorhandenen Abhebung von 3.000,00 €, deren Verwendung nicht erklärt worden sei. Der Vermögensfreibetrag von 2.600,00 € wurde auf das Doppelte erhöht, um der Klägerin einen Einstieg in eine eigenständige Lebensführung zu ermöglichen.
5. Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2016 ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht München (M 12 K 16.2310) mit dem Ziel der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 25. April 2016 erheben. Gleichzeitig beantragte sie Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten. Zur Begründung ließ sie im Wesentlichen vortragen, Waisengrundrenten nach dem OEG seien für Leistungen der Jugendhilfe nicht einzusetzen. Dies gelte auch für angesparte Leistungen. Damit liege ein Härtefall im Sinne des § 92 Abs. 5 SGB VIII vor, weil die Verdoppelung des Schonbetrags nur allgemeine Härtegründe berücksichtige und nicht zwischen der Grund- und Ausgleichsrente unterscheide, die der Abdeckung immaterieller Bedürfnisse diene und nicht als Einsatz für die wirtschaftliche Jugendhilfe verlangt werden könne.
6. Mit Beschluss vom 31. Oktober 2016 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren (M 12 K 16.2310) ab. In der Forderung des Beklagten sei weder eine Härte nach § 90 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) noch gemäß § 92 Abs. 5 SGB VIII zu sehen. Der Gesetzgeber habe in Reaktion auf eine zuvor ergangene, gegenteilige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 27.5.2010 – 5 C 7/09 -, BVerwGE 137, 85) für den Vermögenseinsatz im Bereich der Kriegsopferfürsorge durch Novellierung des § 25f BVG ausdrücklich klargestellt, dass zum verwertbaren Vermögen auch Ansparungen aus Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz, vor allem auch aus angesparter Grundrente, gehörten und insoweit näher ausgeführt, dass die monatlich ausbezahlte Grundrente nicht zur Begründung eines Sparvermögens verwendet werden solle. An der besagten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne nach Änderung bzw. Klarstellung in § 25f Abs. 1 BVG nicht mehr festgehalten werden. Die Verwertung angesparter Grundrenten dürfe nicht mehr automatisch aus Härtegründen unterbleiben. Aufgrund der Parallelen der Leistungen der Kriegsopferfürsorge und des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch müsse diese Wertung des Gesetzgebers auch im Rahmen des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII und damit aufgrund der entsprechenden Verweisung in § 92 Abs. 1a SGB VIII zugleich auch im Kostenbeitragsrecht der Jugendhilfe Berücksichtigung finden. Damit stehe weder die Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII der Forderung des Beklagten entgegen, noch liege einer der Tatbestände des § 90 Abs. 2 SGB XII vor, der einem Einsatz des geforderten Vermögens entgegenstünde. Auch eine Härte im Sinne des § 92 Abs. 5 SGB VIII liege nicht inmitten. Der Beklagte habe der Klägerin, im Hinblick auf das Ziel der Hilfe, ihre Verselbstständigung zu erreichen, sogar den doppelten geschützten Vermögensfreibetrag belassen. Anzeichen dafür, dass durch die Forderung des Beklagten Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden, seien nicht vorhandenen.
7. Mit der Beschwerde verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Gesetzesänderung im Recht der Kriegsopferfürsorge lasse sich nicht ohne Weiteres auf die Vorschriften der Kinder- und Jugendhilfe übertragen. Vielmehr müssten die Maßstäbe aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und aus dem Bundesversorgungsgesetz stets den jugendhilferechtlichen Besonderheiten angepasst werden. Infolgedessen sei zu prüfen, ob durch die Heranziehung Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden (§ 92 Abs. 5 SGB VIII). Die nach der Änderung des § 25f BVG maßgeblichen Rechtsfragen seien vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden und damit höchstrichterlich ungeklärt. Insoweit müsse berücksichtigt werden, dass die Grundrente wesentlich von der Vorstellung des ideellen Ausgleichs eines vom Einzelnen für die staatliche Gemeinschaft erbrachten Sonderopfers geprägt sei und damit immateriellen Zwecken diene. Letzteres habe zur Folge, dass im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe auch das aus der Grundrente angesparte Vermögen zu schützen sei. Insbesondere gelte dies im Fall der Klägerin, die als Folge der Tötung ihrer Mutter durch ihren Stiefvater – wie nunmehr mit Bescheid des Versorgungsamts vom 9. September 2016 festgestellt – an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Dieser Umstand rechtfertige die Abdeckung immaterieller Bedarfe über die monatlichen Leistungen hinaus gerade auch im Prozess der Betreuung, Therapie und Verselbstständigung. Außerdem habe die Antragstellerin ihre Ausbildung zur Erzieherin vor zwei Wochen abgebrochen. Aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung habe sie die Konfrontation mit Kindern in der Ausbildung nicht aushalten können, weil Retraumatisierungen aufgetreten seien. Damit würden die schweren psychischen Folgen der posttraumatischen Belastungsstörung bestätigt, so dass ein individueller Härtefall vorliege.
Der Beklagte tritt dem entgegen und verteidigt die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts. Durch den Einsatz der angesparten Grundrente sei keine besondere Härte erkennbar. Besondere Härtegründe seien auch nicht vorgebracht worden. Insbesondere sei nicht bekannt, dass die Klägerin infolge etwaiger durch die Tötung der Mutter hervorgerufener psychischer Beeinträchtigungen zukünftig nicht in der Lage sein werde, ihren Lebensunterhalt selbstständig zu bestreiten. Der Lebenssituation der Klägerin und der Mittelherkunft sei durch eine Verdoppelung des Freibetrages Rechnung getragen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II. 1. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der beabsichtigten Klage kann – gemessen am spezifischen prozesskostenhilferechtlichen Erfolgsmaßstab einer lediglich summarischen Prüfung – aufgrund des Vorbringens im Beschwerdeverfahren eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht abgesprochen werden (§ 166 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO).
a) Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt bereits eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Klage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 166 Rn. 8 m. w. N.). Mit Blick auf die Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten dürfen die Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten nicht überspannt werden. Vor allem ist es unzulässig, schwierige Sach- oder Rechtsfragen, die in einer vertretbaren Weise auch anders beantwortet werden können, bereits in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren zu erörtern und damit den Zugang zu den Gerichten zu versagen (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.2003 – 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 1857). Gleiches gilt, wenn der vom Kläger eingenommene Standpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung offen steht (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 166 Rn. 26). Ungeachtet dessen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, Prozesskostenhilfe grundsätzlich dann zu bewilligen, wenn im jeweiligen Verfahren eine weitere Sachaufklärung oder gar eine Beweiserhebung in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2013 – 12 C 13.280 – ; B.v. 18.2.2013 – 12 C 12.2105 – ; B.v. 11.3.2014 – 12 C 14.380 – juris, Rn.10 m. w. N.).
b) Gemessen an diesem Maßstab ist der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen. Nach dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren kann nicht mit einer die Versagung von Prozesskostenhilfe rechtfertigenden Gewissheit ausgeschlossen werden, dass im Fall der Klägerin eine besondere Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII bzw. § 92 Abs. 5 SGB VIII vorliegt, die der Heranziehung ihres aus angesparter Grundrente entstandenen Vermögens auch oberhalb des vom Beklagten belassenen Freibetrages entgegensteht:
aa) Gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII sind junge Volljährige zu den Kosten von Jugendhilfemaßnahmen unter anderem der Heimerziehung im Sinne von § 91 Abs. 1 Nr. 8 i. V. m. Nr. 5 SGB VIII aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 SGB VIII heranzuziehen. Bei vollstationären Leistungen haben gemäß § 94 Abs. 6 SGB VIII junge Menschen und Leistungsberechtigte nach § 19 SGB VIII nach Abzug der in § 93 Abs. 2 SGB VIII genannten Beträge 75 v. H. ihres Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen. Gemäß § 92 Abs. 1a SGB VIII sind junge Volljährige und volljährige Leistungsberechtigte nach § 19 SGB VIII zu den Kosten vollstationärer Leistungen zusätzlich aus ihrem Vermögen nach Maßgabe der §§ 90 und 91 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) heranzuziehen.
Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen mit Ausnahme der in § 90 Abs. 2 SGB XII genannten Vermögensgegenstände einzusetzen. Eine Verwertung des Vermögens darf gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII indes dann nicht erfolgen, wenn dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Der Begriff der Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII ist zunächst im Zusammenhang mit den Vorschriften über das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 SGB XII zu sehen (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R -, SGb 2011, 571). Während die Vorschriften über das Schonvermögen typische Lebenssachverhalte regeln, bei denen es als unbillig erscheint, die Sozialhilfe vom Einsatz bestimmter Vermögensgegenstände abhängig zu machen, regelt § 90 Abs. 3 SGB XII atypische Fallgestaltungen, die mit den Regelbeispielen des § 90 Abs. 2 SGB XII vergleichbar sind und zu einem den Leitvorstellungen des § 90 Abs. 2 SGB XII entsprechenden Ergebnis führen. § 90 Abs. 3 SGB XII kommt deshalb nur dann zum Tragen, wenn eine typische Vermögenslage deshalb zur besonderen (atypischen) wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nachhaltig beeinträchtigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R -, SGb 2011, 571).
Der Einsatz des Vermögens der Klägerin stellt daher ohne das Hinzutreten weiterer besonderer Umstände noch keine von § 90 Abs. 3 SGB XII erfasste atypische Fallgestaltung dar. Zwar stammt das Vermögen der Klägerin teilweise aus angesparter Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz, die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes geleistet wird und daher weder zum Einkommen im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gehört, noch gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII als zweckgleiche Leistung zur Deckung von Kosten der Jugendhilfe einzusetzen ist (vgl. hierzu BayVGH, Urteil v. 22.1.2013 – 12 BV 12.2351 -, JAmt 2013, 648). Dieser Umstand vermag die Annahme der Klägerin, dass auch Vermögen, das aus angesparter Grundrente stamme, grundsätzlich nicht einzusetzen sei, jedoch nicht zu tragen. Hätte der Gesetzgeber ein solches Vermögen von einer Verwertung grundsätzlich ausnehmen wollen, so wäre zu erwarten gewesen, dass er dies in § 90 Abs. 2 SGB XII, der typische Lebenssachverhalte erfasst, geregelt hätte. Eine derartige Regelung fehlt jedoch (vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss v. 15.8.2013 – 4 PA 184/13 – juris, Rn. 6).
Der Einsatz von Vermögen, das aus nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch nicht zum Einkommen gehörenden Einkünften wie der Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz stammt, stellt mithin nicht generell eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Erforderlich ist vielmehr auch in diesem Fall, dass sich die Härte aus besonderen, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffenden Umständen ergibt, da § 90 Abs. 3 SGB XII nur atypische Fallgestaltungen erfasst (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 15.8.2013 – 4 PA 184/13 – juris, Rn. 6; siehe zum Ganzen auch Hoffmann, JAmt 2015, 421 [423]). Insoweit liegt, weil sich die Beantwortung der Fragestellung bereits unmittelbar aus dem Gesetz selbst ergibt, entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin kein rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf inmitten, der eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen würde.
bb) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2010 – 5 C 7.09 -, BVerwGE 137, 85. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der Einsatz einer angesparten Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz als Vermögen zur Deckung eines sozialhilferechtlichen Bedarfs grundsätzlich eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII bedeute und deshalb regelmäßig nicht verlangt werden könne. Indes hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. Juli 2011 in § 25f Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVG eigens eine Novellierung vorgenommen, um klarzustellen, dass die Anrechnung angesparter Beschädigtengrundrente als Vermögen in Bezug auf Leistungen der Kriegsopferentschädigung im Grundsatz nicht (mehr) in Betracht kommt. Die Neuregelung in § 25f Abs. 1 Sätze 1 bis 3 BVG i. d. F.v. 20.6.2011 (BGBl I S. 1114) hat folgenden Wortlaut:
„Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. Dies gilt auch für Ansparungen aus Leistungen nach diesem Gesetz. Leistungen der Kriegsopferfürsorge dürfen nicht von dem Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für die Leistungsberechtigten, die das Vermögen einzusetzen haben, und für ihre unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde.“ [Hervorhebung durch den Senat]
Mit dieser Neufassung von § 25f Abs. 1 BVG bestätigt der Gesetzgeber unter ausdrücklicher Verwerfung der gegenteiligen Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts in der Entscheidung vom 27. Mai 2010 – 5 C 7/09 -, BVerwGE 137, 85, dass Ansparungen aus Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz zum verwertbaren und einzusetzenden Vermögen gehören (vgl. BT-Drs. 17/5311, S. 13). Der amtlichen Begründung sind im Hinblick auf die Neuregelung in § 25f Abs. 1 Satz 2 BVG folgende weitere Ausführungen (vgl. BT-Drs. 17/5311, S. 17) zu entnehmen:
„[§ 25 f Abs. 1] Satz 2 regelt, dass alle Ansparungen aus Leistungen nach dem BVG bei nicht ausschließlich schädigungsbedingten Bedarfen als verwertbares Vermögen oberhalb der Vermögensschongrenzen gelten. Dies gilt auch für Ansparungen aus der Grundrente. Diese Regelung entspricht dem in der bisherigen Praxis der Kriegsopferfürsorge und in der bisher langjährigen höchstrichterlichen Rechtsprechung geltenden Grundsatz, dass eine angesparte Grundrente verwertbares Vermögen in der Kriegsopferfürsorge darstellt. Die Klarstellung ist wegen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2010 (BVerwG 5 C 7/09) erforderlich. […] Die in der Urteilsbegründung vorgenommene Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Ansparungen aus Beschädigtengrundrenten in der Kriegsopferfürsorge als Vermögen stets anrechnungsfrei bleiben sollen, verkennt den Willen des Gesetzgebers. Die Grundrente soll Mehraufwendungen ersetzen, die ein gesunder Mensch nicht hätte. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die monatlich gezahlte Grundrente zu diesem Zweck genutzt wird und dem Berechtigten entsprechend zugute kommt. Sie soll weder zur Bestreitung des Lebensunterhalts noch zur Begründung eines Sparvermögens verwendet werden.“ [Hervorhebung des Senats]
Bezogen auf Leistungen der Kriegsopferentschädigung scheidet damit die regelhafte Annahme einer besonderen Härte ausdrücklich aus, sofern angesparte Beschädigtengrundrente oberhalb des Schonbetrags als Vermögen berücksichtigt wird (vgl. Hoffmann, JAmt 2015, 421 [423]). Diese Wertung ist auf die Anwendung von § 90 Abs. 3 SGB XII zu übertragen, so dass die Anrechnung von angesparter Beschädigtengrundrente als Vermögen nicht (mehr) grundsätzlich als besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII angesehen werden kann. Vielmehr ist angesparte Beschädigtengrundrente oberhalb der Vermögensschongrenze regelmäßig einzusetzen (so zutreffend: SG Braunschweig, Urteil v. 19.9.2014 – S 32 SO 198/12 – juris, Rn. 45 ff.; s.a. bereits BayVGH, Beschluss v. 22.2.2016 – 12 C 16.65 – juris, Rn. 3; vgl. zum Ganzen auch Hoffmann, JAmt 2015, 421 [423]). Regelhaft freigestellt ist nur das Vermögen, für das der Gesetzgeber eine entsprechende ausdrückliche Regelung in § 90 Abs. 2 SGB XII getroffen hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 15.8.2013 – 4 PA 184/13 – juris, Rn. 6; ebenso Hoffmann, JAmt 2015, 421 [423]).
Durch die ausdrückliche Inbezugnahme der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2010 hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass es für die Zeit ab dem 1. Juli 2011 rechtlich nicht mehr möglich ist, weiterhin an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts festzuhalten, wonach der Einsatz eines Vermögens aus der Ansparung einer Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz nicht als Vermögen einzusetzen sei. Der Einsatz von Vermögen aus der Ansparung von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz kann infolgedessen seit dem 1. Juli 2011 nicht mehr generell als eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII gewertet werden (ebenso SG Braunschweig, Urteil v. 19.9.2014 – S 32 SO 198/12 – juris, Rn. 45 ff.; Schindler, in: Münder/Meysen/Trenzcek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 92 Rn. 7; Hoffmann, JAmt 2015, 421 [423]; DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2014, 194).
Dies hat zur Folge, dass angesparte Beschädigtengrundrente im Hinblick auf die Berücksichtigung als Vermögen anders als angespartes Schmerzensgeld zu bewerten ist. Die Berücksichtigung von angesparter Beschädigtengrundrente, die das Schonvermögen (§ 90 Abs. 2 SGB XII) übersteigt, stellt mithin nur dann eine besondere Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII dar, wenn sich diese aus besonderen, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffenden Umständen ergibt, mit anderen Worten eine atypische Fallgestaltung vorliegt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 15.8.2013 – 4 PA 184/13 – juris, Rn. 6). Gleiches gilt für die Bewertung des Einsatzes von angesparter Grundrente in Bezug auf die Heranziehung aus dem Vermögen nach § 92 Abs. 1a SGB VIII bei Bezug von vollstationären Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe durch junge Volljährige (ebenso Hoffmann, JAmt 2015, 421 [423]; DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2012, 156 [157] a.E.).
Letzteres folgt unmittelbar aus der (Neu-)Bewertung der Beschädigtengrundrente durch den Gesetzgeber im Rahmen der Novellierung des § 25f Abs. 1 BVG, die der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Grundlage entzieht. Die insoweit aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich anhand des bislang erreichten Klärungsstands in der Rechtsprechung und des dargelegten, allgemein anerkannten Meinungsstands im Schrifttum ohne weiteres beantworten. Eine die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigende grundsätzliche Bedeutung der Sache liegt entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin alleine deshalb nicht inmitten. Soweit in der älteren Fachliteratur unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 2010 – 5 C 7.09 -, BVerwGE 137, 85 noch immer eine abweichende Rechtsauffassung vertreten wird, beruht dies erkennbar darauf, dass Bedeutung und Tragweite der Novellierung des § 25f Abs. 1 BVG noch nicht erfasst wurden.
cc) Ergänzend zu den vorgenannten Bestimmungen des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch ist gemäß § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII bei der Heranziehung eines jungen Volljährigen aus seinem Vermögen zu prüfen, ob durch eine Heranziehung Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Bei Vorliegen einer dieser Voraussetzungen soll von der Heranziehung im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden (vgl. näher OVG Lüneburg, Beschluss v. 22.5.2012 – 4 LC 266/09 – juris, Rn. 34 ff.; OVG Bremen, Beschluss v. 8.11.2011 – 2 A 203/09 – juris, Rn. 16 ff.).
Eine „Gefährdung“ im Sinne des § 92 Abs. 5 Satz 1 1. Variante SGB VIII ist anzunehmen, wenn berechtigter Anlass zu der Befürchtung besteht, dass Ziel und Zweck der Leistung bei der Erhebung eines Kostenbeitrags nicht erreicht werden. Ziel und Zweck der Maßnahme ergeben sich aus der der Leistungsgewährung zugrunde liegenden Rechtsgrundlage und aus den allgemeinen Zielvorstellungen der Jugendhilfe, wie sie insbesondere in § 1 SGB VIII umschrieben sind (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 22.5.2012 – 4 LC 266/09 – juris, Rn. 36 m. w. N.). Nach § 1 Abs. 1 SGB VIII hat jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Jugendhilfe soll zur Verwirklichung dieses Rechts junge Menschen insbesondere in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII). Einem jungen Volljährigen soll Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist (§ 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Es liegt auf der Hand, dass ein bei einem jungen Volljährigen vorhandenes Vermögen eine finanzielle Sicherheit darstellt, die den Start in die Selbstständigkeit erleichtert und die Chancen auf eine Verselbstständigung verbessert (vgl. hierzu OVG Brandenburg, Urteil v. 19.6.2003 – 4 A 4/02 – juris, Rn. 53 ff.; OVG Lüneburg, Beschluss v. 22.5.2012 – 4 LC 266/09 – juris, Rn. 36).
Dieser Umstand rechtfertigt für sich genommen jedoch noch nicht, von einem Einsatz des Vermögens für entstehende bzw. entstandene Kosten wegen der Gewährung von Jugendhilfe für junge Volljährige – gleichsam automatisch – abzusehen, weil dann – entgegen der Entscheidung des Gesetzgebers – eine Heranziehung junger Volljähriger aus ihrem Vermögen regelmäßig ausscheiden würde (so zutreffend OVG Lüneburg, Beschluss v. 22.5.2012 – 4 LC 266/09 – juris, Rn. 36). Es müssen deshalb weitere Umstände in der Person des jungen Volljährigen und in seinem Umfeld hinzutreten, die berechtigten Anlass zu der Befürchtung geben, dass durch eine Heranziehung zu einem Kostenbeitrag aus seinem Vermögen eine „Destabilisierung“ des jungen Volljährigen eintritt, dadurch die Persönlichkeitsentwicklung, die durch die Hilfe für junge Volljährige gefördert werden soll, erheblich beeinträchtigt und eine eigenverantwortliche Lebensführung wesentlich erschwert wird (so zutreffend OVG Lüneburg, Beschluss v. 22.5.2012 – 4 LC 266/09 – juris, Rn. 36).
Letzteres kann etwa der Fall sein, wenn zu befürchten ist, dass die Heranziehung zu den Kosten zu einem Abbruch der Jugendhilfe führt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 10.1.2011 – 4 LA 190/10 – juris, Rn. 2). Eine Gefährdung von Ziel und Zweck der Maßnahme kann aber auch dann vorliegen, wenn diese gerade abgeschlossen ist und berechtigter Anlass zu der Befürchtung besteht, dass eine bereits eingetretene Stabilisierung des jungen Volljährigen durch die (nachträgliche) Heranziehung zu den Kosten (wieder) verloren geht (so zutreffend OVG Lüneburg, Beschluss v. 22.5.2012 – 4 LC 266/09 – juris, Rn. 36).
Damit ist zusammenfassend Folgendes festzustellen: Mit Ausnahme einer Schonung bestimmter Vermögenswerte nach § 90 Abs. 2 SGB XII ist in § 92a Abs. 1a SGB VIII i. V. m. § 90 SGB XII eine Einschränkung des Vermögenseinsatzes weder im Hinblick auf die Herkunft des Vermögens noch auf dessen Zweckbestimmung vorgesehen. Insoweit wird einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Vermögens, die sich im Einzelfall aus der Herkunft oder der Zweckbestimmung des Vermögens ergeben kann, allein im Rahmen der Härtefallregelungen des § 90 Abs. 3 SGB XII und des § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII Rechnung getragen (so zutreffend auch bereits VG Augsburg, Urteil vom 21.7.2015 – Au 3 K 14.1578 – juris, Rn. 40). Diese Möglichkeit stellt das Korrektiv zum umfassenden Vermögensbegriff in § 90 Abs. 1 SGB XII dar. Der Gesetzgeber hat insbesondere keinen oberhalb des sozialhilferechtlichen Schonvermögens nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII liegenden großzügigeren Betrag von der Vermögensanrechnung freigelassen (vgl. hierzu OVG Bremen, Beschluss v. 8.11.2011 – 2 A 203/09 – juris, Rn. 17 bis 20), was den Träger der Jugendhilfe indes – wie vorliegend geschehen – nicht hindert, den sich aus § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1b VO zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII ergebenden Betrag in Höhe von derzeit 2.600,00 € in Anlehnung an § 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) zu erhöhen, um dem jungen Volljährigen eine Verselbstständigung im eigenen Haushalt zu ermöglichen (so zutreffend Hoffmann, JAmt 2015, 421 [425]). Im Ergebnis vermag daher ausschließlich eine besondere individuelle Lage des Leistungsberechtigten eine besondere Härte zu begründen, die eine Heranziehung und Verwertung des Vermögens ausschließt (so auch bereits DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2014, 194 [195]).
c) Entsprechend diesen Maßstäben und Grundsätzen hat die Klägerin im Beschwerdeverfahren eine Sachlage aufgezeigt, die die Annahme einer besonderen, individuellen Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII bzw. § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII nicht von vorneherein als ausgeschlossen erscheinen lässt, so dass eine weitere Sachaufklärung im Hauptsacheverfahren und damit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung geboten ist:
aa) Die Klägerin hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens unter Bezugnahme auf einen entsprechenden Bescheid des Versorgungsamtes vom 9. September 2016 vortragen lassen, sie leide infolge der Tötung ihrer Mutter durch ihren Stiefvater an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Während des laufenden Beschwerdeverfahrens habe sie ihre Ausbildung zur Erzieherin abbrechen müssen, weil Retraumatisierungen aufgetreten seien und sie die Konfrontation mit Kindern in der Ausbildung nicht mehr habe aushalten können. Infolgedessen kann – jedenfalls derzeit – nicht (mehr) ausgeschlossen werden, dass sich die Klägerin aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls, nämlich der vom Versorgungsamt festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung und den damit einhergehenden, bis zur Aufgabe der Ausbildung reichenden Beeinträchtigungen, in einer besonderen Situation befindet, in der eine (zunächst) typische Vermögenslage zu einer besonderen (atypischen) wird, weil die soziale Stellung der hilfebedürftigen Klägerin infolge Behinderung und Krankheit nachhaltig beeinträchtigt ist und sie sich deshalb von anderen Hilfebedürftigen unterscheidet (vgl. BSG, U.v. 25.8.2011 – B 8 SO 19/10 R -, SGb 2011, 571). Ob Letzteres der Fall ist, mit anderen Worten eine besondere Härte nach § 90 Abs. 3 SGB XII vorliegt, ist im Hauptsacheverfahren unter Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den konkreten Auswirkungen der bereits festgestellten posttraumatischen Belastungsstörung zu klären. Erst daran anschließend kann beurteilt werden, ob es aufgrund von § 90 Abs. 3 SGB XII geboten ist, der Klägerin aus der Grundrente angespartes Vermögen auch oberhalb des vom Beklagten bereits eingeräumten Freibetrages zu belassen.
bb) Darüber hinaus besteht gemäß § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII nunmehr zugleich auch hinreichender Anlass zu der Prüfung, ob aufgrund des Ausbildungsabbruchs in der Person der Klägerin besondere Umstände vorliegen, die berechtigten Anlass zu der Befürchtung geben, dass durch eine Heranziehung zu einem Kostenbeitrag aus ihrem Vermögen eine weitere „Destabilisierung“ eintritt, ihre Persönlichkeitsentwicklung hierdurch erheblich beeinträchtigt und eine eigenverantwortliche Lebensführung wesentlich erschwert wird (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 10.1.2011 – 4 LA 190/10 – juris, Rn. 2; Beschluss v. 22.5.2012 – 4 LC 266/09 – juris, Rn. 36). Auch dies ist unter Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären, sofern der Beklagte sich angesichts der dargetanen Umstände nicht bereits selbst in der Lage sehen sollte, auf die Heranziehung des Vermögens der Klägerin in vollem Umfang zu verzichten.
Der Klägerin ist deshalb Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung (§ 121 Abs. 2 ZPO) zu bewilligen. Sie kann die Kosten der Prozessführung ohne Einsatz des streitgegenständlichen, staatlichem Zugriff unterliegenden Vermögens nicht aufbringen. Vermögen unterhalb der vom Beklagten gewährten Freigrenze ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i. V. m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII nicht einzusetzen.
2. Einer Kostenentscheidung bedarf es vorliegend nicht, da das Verfahren gerichtskostenfrei ist § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO und Kosten im Beschwerdeverfahren nach § 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.
3. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.