Aktenzeichen B 1 K 16.51
BayVwVfG BayVwVfG Art. 43 Abs. 2
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Soweit sie sich gegen die Anordnungen in Ziff. 1 und 2 des Bescheids (vorläufige und endgültige Fortnahme der Hunde) richtet, ist die Klage bereits unzulässig. Im Übrigen ist sie zwar zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Die Anfechtungsklage ist nur gegen Verwaltungsakte statthaft, die sich nicht bereits i.S.v. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt haben. Wie das Landratsamt in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, sind die dem Kläger fortgenommenen Hunde bereits vom Tierheim an Dritte veräußert worden, wodurch diese das Eigentum an den Tieren erworben haben und eine Erledigung der Verwaltungsakte eingetreten ist. Da der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung gleichwohl sein Anfechtungsbegehren vollumfänglich, d.h. auch in Bezug auf diese Anordnungen, weiterverfolgt hat, ist die Klage insoweit bereits als unzulässig abzuweisen. Sie ist aber jedenfalls unbegründet, da sich diese Maßnahmen – aufgrund der erheblichen Verstöße gegen die Verhaltenspflichten aus § 2 TierSchG (vgl. dazu unten) und weil der Kläger eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung nicht sicherstellen konnte – als rechtmäßig erweisen.
2. Auch im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und verletzen den Kläger somit nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ergänzend zu den Gründen des Bescheids, auf die gem. § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen wird, ist in der Sache sowie zum Klagevorbringen noch Folgendes auszuführen:
a) Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG kann demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagt werden. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor.
Zu den Pflichten in § 2 Nr. 1 TierSchG gehört es, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen. Die Pflege eines Tieres umfasst allgemein die Fütterung, Reinhaltung, Reinigung, Gesundheitsfürsorge, Heilbehandlung, den Schutz vor Witterungseinflüssen und die Schaffung günstiger Luft- und Lichtverhältnisse (vgl. VG Bayreuth, GB v. 24.10.2012 -B 1 K 10.534 – juris Rn. 16). Dass der Kläger die gehaltenen Hunde füttert und tränkt, ist daher notwendig, aber bei weitem nicht ausreichend. Die an eine bedürfnisgerechte Pflege zu stellenden Anforderungen beinhalten insbesondere auch, dass den hygienischen Bedürfnissen der Tiere Rechnung getragen wird. Wie sich aus den Behördenakten ergibt, erweisen sich die Haltungsbedingungen als völlig ungeeignet. Es sind zahlreiche Vorfälle dokumentiert, bei denen vom Kläger gehaltene Hunde unter tierschutzwidrigen Bedingungen angetroffen worden sind. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang etwa der Vorfall vom 28.03.2009, bei dem vier Hunde in einem völlig vermüllten Pkw in Transportboxen, in denen sich stark mit Kot und Urin verschmutztes Stroh befand, aufgefunden worden sind (vgl. Bl. 314 der Akte I; Lichtbildtafel der PI …*). Am 18.10.2015 wurde erneut festgestellt, dass der Kläger einen Hund in einem vermüllten Fahrzeug untergebracht war (vgl. Akte V mit Lichtbildtafel der PI …*). Der Hund war ausweislich des polizeilichen Aktenvermerks vom 18.10.2015 „verdreckt, verkotet, untergewichtig und ungepflegt“. In der Transportbox befanden sich scharfkantige Blechdosen mit Hundefutter; eine weitere Dose war als Trinkgefäß am Gitter der Box befestigt, ermöglichte jedoch keine Wasserentnahme durch den Hund. Dass eine Transportbox nur für den Transport eines Hundes, nicht jedoch zu einer länger Andauernden Unterbringung geeignet ist (vgl. VG Stuttgart, U.v. 12.03.2015 – 4 K 2755/14 – juris Rn. 17), bedarf keiner näheren Erörterung. Ein Kraftfahrzeug ist generell kein tauglicher Ort, um einen Hund verhaltensgerecht unterzubringen (VG Stuttgart, U.v. 25.07.1997 – 4 K 1532/96 – juris Ls. 1 = NuR 1998, 217). Die konkreten Verhältnisse im Kraftfahrzeug des Klägers und der Transportbox selbst intensivieren den tierschutzrechtlichen Verstoß zusätzlich. Ferner wurden am 09.12.2015 auf dem Anwesen des Klägers in … tierschutzwidrige Zustände festgestellt. Das dortige Haus stellte sich als ebenfalls komplett vermüllt und verdreckt dar (vgl. die Lichtbildtafel der PI Wunsiedel vom 12.12.2015, Akte IV). Im Ersten Obergeschoss fand sich etwa eine mit Urin und Kot durchgeweichte Pappe, die als Bodenbelag diente (Bild 12). Der Vorfall vom 24.12.2015, der zu den hier streitgegenständlichen Anordnungen Anlass gegeben hat, hat gezeigt, dass auch auf dem Anwesen des Klägers in Fattigau keine den Pflichten des Tierhalters nach § 2 Nr. 1 TierSchG entsprechenden Haltungsbedingungen vorliegen (vgl. die Akte III mit Lichtbildtafel der PI Hof vom 27.12.2015). Im „Freilaufgehege“ befanden sich mehrere Scherben zerbrochener Teller. Die Tiere bewegten sich dort auf einer Mischung von Schlamm und eigenen Fäkalien. Auch im Haus, das ebenfalls verdreckt und vermüllt gewesen ist, herrschten Zustände vor, die im eklatanten Widerspruch zu einer artgerechten Tierhaltung stehen.
§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG setzt weiter voraus, dass durch diese wiederholten oder groben Zuwiderhandlungen gegen § 2 TierSchG den gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden. Auch diese Voraussetzung liegt beim Kläger vor. Der im Tierschutzrecht verwendete Begriff des „Leidens“ ist dadurch gekennzeichnet, dass er die von dem Begriff des Schmerzes nicht erfassten Unlustgefühle beinhaltet. Leiden werden durch der Wesensart des Tieres zuwiderlaufende, instinktwidrige und vom Tier gegenüber seinem Selbsterhaltungstrieb oder Arterhaltungstrieb als lebensfeindlich empfundene Einwirkungen und durch sonstige Beeinträchtigungen seines Wohlbefindens verursacht. Der Begriff des Leidens verlangt einerseits keine andauernde oder gar nachhaltige Beeinträchtigung des Wohlbefindens. Andererseits beinhaltet er eine gewisse Erheblichkeit; danach bedeutet Leiden mehr als schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, B.v. 03.11.2004 – 1 S 2279/04 – juris m.w.N.). Die vorstehend genannten Auffindesituationen der Hunde zeigen, dass diese (vor allem) ihren hygienischen Bedürfnissen nicht in ausreichendem Umfang nachgehen können. Mehrfach wurde festgestellt, dass das Fell der Hunde – insbesondere mit Kot und Urin – verunreinigt war. Durch die beim Kläger vielerorts vorherrschenden Zustände entstanden den Hunden länger anhaltende Leiden i.S.v. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG. Ermessensfehlerfrei hat das Landratsamt daher ein Verbot der Tierhaltung beschränkt auf Hunde ausgesprochen. Eine Hundehaltung ist dem Kläger somit auf Antrag (erst) wieder zu gestatten, wenn der Grund für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen ist (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 letzter Hs. TierSchG).
b) Als rechtmäßig erweist sich auch die Anordnung in Ziff. 7 des Bescheids, die dem Kläger die Kosten für die vorläufige Unterbringung sowie die tierärztliche und sonstige Versorgung der Hunde auferlegt. Die Kostentragungspflicht des Klägers folgt unmittelbar aus der Ermächtigungsgrundlage für die vorläufige Unterbringung (§ 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG). Dem steht auch nicht etwa entgegen, dass die (inzwischen erledigte) Maßnahme rechtswidrig gewesen wäre und die Kosten daher bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären (vgl. Art. 16 Abs. 5 des Bayerischen Kostengesetzes – KG). An der Rechtmäßigkeit der vorläufigen anderweitigen Unterbringung der Hunde besteht aus den oben genannten Gründen kein Zweifel, da der Kläger die Tiere mangels Erfüllung der Anforderungen des § 2 TierSchG erheblich vernachlässigt hat (vgl. insoweit die obigen Ausführungen zu § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG).
c) Die Zwangsgeldandrohungen in Ziff. 8 und 9 des Bescheids sind ebenfalls rechtmäßig. Sie basieren auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere hinsichtlich der Höhe der angedrohten Zwangsgelder sind keine Fehler ersichtlich (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwZVG).
d) Auch die Kostenentscheidung in Ziff. 10 hält rechtlicher Überprüfung stand. Gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG i.V.m. Tarif-Nr. 7.IX.10/1.3 des Kostenverzeichnisses (KVz) reicht der Gebührenrahmen von 25,- bis 5.000,- Euro. In diesem Rahmen bewegt sich die festgesetzte Gebühr und berücksichtigt im Einklang mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG den Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger.
3. Somit ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.