Medizinrecht

Rechtmäßigkeit der Untersagung der Haltung eines Kampfhundes

Aktenzeichen  B 1 K 17.764

Datum:
26.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28273
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
HundVerbrEinfG § 2 Abs. 1 S. 1
LStVG Art. 7 Abs. 2, Art. 37 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 5 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Die Bayerische Kampfhundeverordnung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Erlaubnispflicht zur Haltung eines Kampfhundes im Sinne des § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung besteht unabhängig davon, ob der Hund individuell aggressiv ist und im konkreten Fall eine Gefahr für Menschen oder Tiere darstellt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 37 Abs. 2 LStVG kann nicht mit der Begründung anerkannt werden, dass von dem Hund keine Gefahr ausgehe. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

I.
Sowohl die gegen den Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft … vom 6. September 2017 geführte Anfechtungsklage als auch die Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung des Hundes Kira sind unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Erlaubnis (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Gericht schließt sich den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid an und sieht deshalb zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend sei zum Vorbringen im Klageverfahren noch Folgendes ausgeführt:
1. Das Gericht hat keine Zweifel an der Gültigkeit der Bayerischen Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 (GVBl. S. 268, BayRS 2011-2-7-I), die durch Verordnung vom 4. September 2002 (GVBl. S. 513, 583) geändert worden ist (nachfolgend: Kampfhundeverordnung).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ging bislang in seinen Entscheidungen unausgesprochen von der Gültigkeit der Kampfhundeverordnung aus. So befasste er sich zuletzt in den Beschlüssen vom 2. Juni 2014 (10 ZB 12.2320 – juris) und vom 12. Januar 2016 (10 CS 15.2239 – juris) ebenfalls mit der Erlaubnispflicht für das Halten eines American Staffordshire Terrier nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG) und sah keinen Anlass, an der Verfassungsgemäßheit der Verordnung zu zweifeln.
Zwar mögen in der Literatur die Ansichten über die Verfassungsmäßigkeit der Kampfhundeverordnung im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2004 auseinandergehen. So vertritt die Kommentierung in Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, TierschHundeV, Einf Rn. 7 (worauf der Klägerbevollmächtigte hingewiesen hat), dass eine Rasseliste in einer Kampfhundeverordnung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würde. Demgegenüber finden sich aber in der Literatur auch andere Stimmen, die von der Verfassungsmäßigkeit einer Rasseliste unter Berufung auf die Rechtsprechung ausgehen. So führt Schwabenbauer in BeckOK, Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 8. Aufl., Stand 01.04.2018, Art. 37 LStVG Rn. 31-33 aus: „An der Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigung wie der KampfhV BY hatte die Rechtsprechung nie Zweifel. Sie hält es für zulässig, an die im genetischen Potential bestimmter Hunderassen begründete abstrakte Gefährlichkeit, die sich bei Hinzutreten weiterer Umstände zu einer Gefahr verdichten kann, anzuknüpfen (BVerwG BeckRS 2001, 30210648 Rn. 13; VGH München BeckRS 2006, 20424 Rn. 18). Es handelt sich demnach bei Art. 37 um ein zulässigerweise „in die Gefahrenvorsorge hineinreichendes Regelungssystem“ (VGH München BeckRS 2006, 20424 Rn. 18; vgl. auch BVerfGE 110, 141 (163)). Zwar hat die (Hunde-)Fachwissenschaft „keine gesicherten Erkenntnisse […], dass das aggressive Verhalten eines Hundes und seine darauf beruhende Gefährlichkeit allein genetisch bedingt ist“. „Da andererseits aber auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gefährlichkeit genetische Ursachen haben kann […], konnte der Gesetzgeber das vorhandene ‚Besorgnispotential‘ oder den ‚Gefahrverdacht‘ zum Anlass nehmen, […] das Halten von Kampfhunden einer Erlaubnispflicht zu unterwerfen bzw. bei Hunden der Kategorie II [ggf.] auf die Erlaubnis zu verzichten“ (VGH München BeckRS 2010, 55982 Rn. 23; vgl. BVerfGE 110, 141; ausf. zur Rspr. Bengl/Berner/Emmerig/Luderschmid, EL 33, Stand: 1/2011, Rn. 3 ff. und Jahn BayVBl 1995, 746 (747 ff.)).“
Das Bundesverfassungsgericht führte in seinem Urteil vom 16. März 2004 (1 BvR 1778/01 – juris Rn. 97 ff.) aus:
„Der Gesetzgeber ist im Rahmen seines Einschätzungs- und Prognosespielraums verfassungsrechtlich unbedenklich davon ausgegangen, hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür zu haben, dass Hunde der in § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG genannten Rassen für Leib und Leben von Menschen in besonderer Weise gefährlich sind, und zwar insbesondere deshalb, weil sie in den Jahren vor Erlass des angegriffenen Gesetzes im Verhältnis zu ihrem Bestand überproportional häufig an Beißvorfällen beteiligt waren (unter C I 1 c bb ). Er hat außerdem angenommen, dass bei Hunden anderer Rassen, die wie Deutscher Schäferhund, Deutsche Dogge, Dobermann, Rottweiler oder Boxer nicht in gleicher Weise auffällig geworden sind, eine geringere Gefährlichkeit gegeben ist. Diese Annahme ist in der mündlichen Verhandlung nicht widerlegt worden, und es gibt auch im Schrifttum keine ausreichenden Anhaltspunkte für ihre Unrichtigkeit.
Auch die Gleichbehandlung derer, die einen im Einzelfall gefährlichen Hund im Sinne dieser Vorschrift aus dem Ausland einführen oder in das Inland verbringen wollen, und derjenigen, bei denen die Gefährlichkeit des Hundes durch eine Einzelfallprüfung ausgeschlossen werden könnte, ist im Blick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Nach der Einschätzung des Gesetzgebers wäre es in der Praxis nicht zu gewährleisten, die Einordnung eines Hundes als gefährlich oder nichtgefährlich aufgrund einer Einzelfallüberprüfung an den Grenzkontrollstellen vorzunehmen (vgl. BTDrucks 14/4451, S. 12 f.). Diese Einschätzung ist nachvollziehbar (vgl. oben C I 1 c bb ) und begegnet von Verfassungs wegen keinen Bedenken. Die in Rede stehende Gleichbehandlung ist deshalb durch den Gesichtspunkt eines effektiven Gesetzesvollzugs verfassungsrechtlich hinreichend gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber ist allerdings auch im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gehalten, die weitere Entwicklung zu beobachten. Dabei geht es hier in erster Linie darum, ob die unterschiedliche Behandlung derer, deren Hunde unter § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG fallen, und derjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist, auch in der Zukunft gerechtfertigt ist. Sollte sich bei der Beobachtung und Überprüfung des Beißverhaltens von Hunden ergeben, dass Hunde anderer als der in dieser Vorschrift genannten Rassen im Verhältnis zu ihrer Population bei Beißvorfällen vergleichbar häufig auffällig sind wie Hunde, auf die § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG bisher beschränkt ist, könnte die angegriffene Regelung in ihrer gegenwärtigen Fassung nicht länger aufrechterhalten werden. Sie wäre vielmehr aufzuheben oder auf bisher nicht erfasste Rassen zu erstrecken.“
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führte in einem Urteil vom 26. September 2012 (4 B 12.1389 – juris Rn. 41 f.) zur Einstufung des Bullterriers als Kampfhund aus, dass allein durch eine Verletzung der Beobachtungspflicht eine Rechtswidrigkeit der Verordnung nicht begründet werden kann:
Eine auf ungesicherter Tatsachengrundlage getroffene Regelung kann daher nicht allein wegen einer fortdauernden Verletzung der Beobachtungspflicht rechtswidrig werden, sondern nur wegen einer unterbliebenen inhaltlichen Nachbesserung, die aufgrund nachträglich zu Tage getretener Umstände zwingend geboten gewesen wäre. Eine Verletzung der Nachbesserungspflicht kann dabei erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass die ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich untragbar geworden ist (vgl. BVerfG vom 24.1.2007 NVwZ 2007, 805 m.w.N.). Ein derart grundlegender Wandel kann aber bezüglich der Einschätzung des Gefahrenpotentials von Bullterriern nicht angenommen werden, da sich der Stand der Forschung über mögliche rassebedingte Einflüsse auf das Aggressionsverhalten dieser Hunde, wie bereits dargelegt (oben, c), in den letzten Jahren nicht entscheidend geändert hat.
Soweit vor allem das Bundesverfassungsgericht darauf hinweist, dass auch das Beißverhalten der als gefährlich eingestuften Hunderassen weiter zu beobachten und überprüfen ist, kann dies nicht dahingehend verstanden werden, dass ein an rassespezifische Merkmale anknüpfender Normgeber – hier also die Beklagte bzw. der Freistaat Bayern als Urheber der Kampfhundeverordnung – von Verfassungs wegen gehalten wäre, eigene empirische Untersuchungen über das aggressive Verhalten von Hunden und dessen Ursachen durchzuführen oder derartige Studien in Auftrag zu geben. Einen möglichen Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft muss der Normgeber lediglich registrieren und bewerten, nicht dagegen selbst herbeiführen (vgl. BVerfG vom 24.1.2007 NVwZ 2007, 805). Dies gilt insbesondere für noch ungeklärte naturwissenschaftliche Wirkungszusammenhänge, an deren Erforschung ein über den räumlichen Geltungsbereich der Norm hinausgehendes allgemeines Interesse besteht. Auch der kommunale Satzungsgeber ist daher nicht verpflichtet, die Einstufung von bestimmten Hunderassen als abstrakt gefährlich stets aufs Neue durch entsprechendes Erfahrungsmaterial, insbesondere durch aktuelle Erkenntnisse über die Häufigkeit konkreter Vorfälle bei den verschiedenen Hunderassen abzusichern (ebenso RhPf OVG vom 21.4.2010 Az. 6 A 10038/10 RdNr. 32). Die Nachbesserungspflicht schließt also nicht generell eine fortlaufende Kontrolle der Norm durch den jeweiligen Normgeber ein; sie aktualisiert sich vielmehr grundsätzlich erst dann, wenn die Rechtswidrigkeit der Norm erkannt oder jedenfalls deutlich erkennbar wird (BVerfG vom 28.5.1993 BVerfGE 88, 203/310 = NJW 1993, 1751/1767).“
Dieser Einschätzung schließt sich die Kammer an. Auch durch das vom Bevollmächtigten des Klägers vorgelegte Gutachten von Frau Dr. … vom 5. Januar 2018 kann nicht davon ausgegangen werden, dass es auf Grund neuer Erkenntnisse zwingend geboten wäre, von der verfassungsrechtlichen Untragbarkeit der Regelung auszugehen. Das vorgelegte Gutachten geht selbst davon aus, dass die Frage, ob Hunde bestimmter Hunderassen gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen, gerade nicht sicher zu beantworten sei (Seite 6). Weder seien Beißstatistiken repräsentativ (da nicht alle Beißvorfälle gemeldet würden, die Hunde in verschiedenen Bundesländern einmal „gefährlicher“ und einmal „ungefährlicher“ seien und auch der Anteil der Deutschen Schäferhunde beachtlich sei), noch könne man sich auf Wesenstests stützen, da diese nur wenige groß angelegte Untersuchungen betreffen würden und die Frage nach den Rasseunterschieden statistisch schwer zu beantworten sei. Fragebogenauswertungen seien ebenfalls schwierig, da das Risiko falscher Angaben bestünde. Es werden hauptsächlich alte Studien aus den Jahren 2002, 2003, 2005 oder 2008 zitiert, neue wissenschaftliche Erkenntnisse wurden nicht unterbreitet. In einer Studie aus Frankreich aus dem Jahr 2017 (Seite 4 des Gutachtens) sollen die Mehrzahl der Opfer von einem bekannten Hund gebissen worden sein – dabei seien „DSH die häufigsten Verursacher von Bissen.“ Der American Staffordshire Terrier kam aber immerhin auch auf Rang 11. Zur Frage, ob es Gene gibt, die für gesteigerte Aggression sprechen, führt das Gutachten auf Seite 8 aus, dass „Untersuchungsergebnisse der letzten Jahre (von denen einige hier zitiert wurden) vermuten lassen, dass es derartige Gene auch nicht gibt.“ Eine Anknüpfung an Vermutungen führt aber nicht zu neuen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Frage 3 (gibt es körperliche Merkmale) wird ebenfalls mit alten wissenschaftlichen Abhandlungen aus den Jahren 2002 und 1987 begründet. Auffällig ist hier ebenfalls folgende Formulierung „Beisskraft: auch hierbei scheint es sich um einen Mythos zu handeln.“ (Seite 9; Hervorhebung nicht im Original).
Das Gericht kann dem Gutachten daher keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse entnehmen, die gesichert belegen, dass nicht von einer abstrakten Gefahr der gelisteten Hunde auszugehen ist. Dass die wissenschaftliche Auswertung schwer ist, hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof festgestellt und im Urteil vom 26. September 2012 (4 B 12.1389 – juris Rn. 44) ausgeführt:
„Zum anderen kann aber solchen Statistiken ohnehin nur ein sehr geringer Erkenntnis- und Beweiswert zugesprochen werden. Bereits die geringe Zahl der insgesamt erfassten (Kampf) Hunde, die fehlende Differenzierung nach der Schwere der Beißvorfälle und die Abhängigkeit ihrer Erfassung von der Anzeigebereitschaft der Geschädigten begründen erhebliche Zweifel an der Repräsentativität der Statistik. Zudem muss bei der Würdigung der Fallzahlen berücksichtigt werden, dass die (legale) Haltung von Kampfhunden in aller Regel einer sowohl tier- als auch halterbezogenen Präventivkontrolle unterliegt, so dass eine Art Positivauswahl erfolgt, auf deren Grundlage sich keine empirischen Erkenntnisse über das angeborene Aggressionspotential der betreffenden Rasse gewinnen lassen. Häufiger als bei anderen Hunden besteht zudem bei Kampfhunden, worauf die Landesanwaltschaft zu Recht hinweist, ein behördlich angeordneter oder sogar gesetzlich vorgesehener Leinen- und/oder Maulkorbzwang, der die Wahrscheinlichkeit von Beißvorfällen erheblich verringert und damit den Vergleich mit anderen Hunderassen wegen der unterschiedlichen Ausgangssituation von vornherein ausschließt (vgl. VG Minden vom 20.9.2010 Az. 5 K 241/09 ).“
Da das vorgelegte Gutachten nicht auf zwingend neue wissenschaftliche Erkenntnisse hindeutet, war auch nicht ein weiteres Sachverständigengutachten durch das Gericht anzufordern. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich die wissenschaftliche Einschätzung seit der vorgenannten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2012 geändert hat, liegen nicht vor. Es ist somit weiterhin vertretbar, anzunehmen, dass die Rassezugehörigkeit der Hunde zumindest als mitursächlich für deren Gefährlichkeit anzusehen ist. Zudem können im Rahmen eines vom Gericht in Auftrag zu gebenden Gutachtens eines Sachverständigen keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gewonnen werden, da von diesem keine breit angelegten Studien durchgeführt werden. Ein Sachverständigengutachten ersetzt keine wissenschaftliche Studie, die im Übrigen nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht vom Normgeber und somit erst Recht nicht durch das Gericht herbeigeführt werden muss.
2. Da es sich bei dem Hund Kira um einen Kampfhund nach § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung handelt, bedarf das Halten einer Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 LStVG. Die Erlaubnispflicht zur Haltung eines Kampfhundes im Sinne des § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung besteht unabhängig davon, ob der Hund individuell aggressiv ist und im konkreten Fall eine Gefahr für Menschen oder Tiere darstellt.
Die Erlaubnis darf nach Art. 37 Abs. 2 LStVG nur bei Nachweis eines berechtigten Interesses und bei Zuverlässigkeit des Halters erteilt werden. Ein berechtigtes Interesse konnte der Kläger nicht geltend machen.
Ein berechtigtes Interesse an der Kampfhundehaltung kann nicht mit der Begründung anerkannt werden, dass von dem Hund keine Gefahr ausgehe. Dem steht bereits der Wortlaut des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 LStVG entgegen. Kampfhunde im Sinne von § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung sind nämlich nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG Hunde, bei denen aufgrund rassespezifischer Merkmale, Zucht oder Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist (vgl. BayVGH B.v.18.12.2000 – 24 ZS 00.3326 – juris).
Ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 37 Abs. 2 LStVG ergibt sich auch nicht aus Gründen des Tierschutzes (z.B. wegen entstandener Bindungen des Tiers). Dem Tierschutz kann nicht nur dadurch Rechnung getragen werden, dass ein Kampfhund dem Halter belassen wird, sondern auch dadurch, dass der Halter ihn an einen Berechtigten abgibt (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2004 – 24 ZB 03.2116 – juris).
Auch auf die Bewachung des gefährdeten Besitztums als ein berechtigtes Interesse nach Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 LStVG kann sich der Kläger nicht berufen. Zwar kann sich dieses Interesse aus der Lage des Besitztums ergeben (Nr. 37.4.1 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren über den Vollzug des Landesstraf- und Versorgungsgesetztes – VollzBekLStVG). Es ist nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung zur örtlichen Situation des klägerischen Grundstücks in der Gemeinde … aber nicht davon auszugehen, dass sich dieses von den übrigen dortigen bewohnten Grundstücken abhebt. … ist ein kleiner Ort, in dem die Lage nahezu jedes Grundstücks mit der des Klägers vergleichbar ist. Hinzu kommt, dass es nach der Rechtsprechung nicht genügt, wenn größere Mengen Bargeldes zu Hause gelagert werden, da in diesem Fall dem Sicherheitsbedürfnis auch durch eine Alarmanlage oder einen anderen Schutzhund Rechnung getragen werden kann. Dieses Sicherheitsbedürfnis liegt bei zahlreichen Inhabern von Gewerbebetrieben vor. Das Tatbestandsmerkmal ist nach der Vollzugsbekanntmachung streng zu handhaben und auf wenige Ausnahmetatbestände zu beschränken. Der Kläger hat hier nicht vorgetragen, dass ein derartiger Ausnahmefall, der über das Interesse eines Gewerbetreibenden hinausgeht, vorliegt (zum Ganzen auch VG Ansbach, U.v. 6.12.2001 – AN 5 K 00.01170 – juris).
3. Nachdem die Beklagte die Erlaubnis zum Halten des Hundes rechtmäßig abgelehnt hat, die Haltung des Hundes damit eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 4 LStVG darstellt, war die Beklagte jedenfalls gem. Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG im Ermessenswege berechtigt, wenn nicht sogar im Wege eines den Entscheidungsspielraum auf Null reduzierten Ermessens verpflichtet, dem Kläger die Haltung des Hundes zu untersagen. Das Verbot der Hundehaltung ergibt sich schon aus dem Fehlen der erforderlichen Erlaubnis.
Auch die Anordnung zur Abgabe des Hundes (Nr. 3 des Bescheides der Beklagten) gem. Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Alleine die Ablehnung der Erlaubnis des Haltens sowie die Untersagung der Haltung führen nicht dazu, dass die durch die Existenz des Kampfhundes bestehende Gefahr beseitigt wird. Um dieses Ziel zu erreichen, war deshalb die unter Nr. 3 des Bescheides der Beklagten getroffene Entscheidung zur Abgabe des Hundes erforderlich und verhältnismäßig (Art. 8 LStVG). Die Anordnung eines Leinen- oder Maulkorbzwanges stellt im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers kein geeignetes und evtl. milderes Mittel zur Gefahrenabwehr dar. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vertritt darüber hinausgehend die Ansicht, dass das Ermessen der Sicherheitsbehörde, ob sie einschreitet und welche Maßnahmen sie trifft, in diesen Fällen grundsätzlich bis zur Reduzierung auf Null eingeschränkt ist (vgl. BayVGH, B.v.18.12.2000 – 24 ZS 00.3326 – juris).
Schließlich begegnet auch die Verpflichtung, die Abgabe des Hundes der Beklagten nachzuweisen, keinen rechtlichen Bedenken. Diese Maßnahme ist erforderlich, aber auch verhältnismäßig (Art. 8 LStVG), um die Beendigung der unerlaubten Hundehaltung kontrollieren zu können.
Die dem Kläger eingeräumte Frist für die Abgabe des Kampfhundes von zwei Wochen ist ausreichend, zumal die Beklagte auch nicht die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
Geht man von der Rechtmäßigkeit der Anordnung zur Aufgabe der Hundehaltung aus, ergibt sich daraus auch die Rechtmäßigkeit der in Nr. 4 des Bescheides getroffenen Anordnung, dass der Kläger die Abgabe des Kampfhundes innerhalb der gesetzten Frist gegenüber der Beklagten nachzuweisen hat. Dies folgt aus dem Gesichtspunkt einer effektiven Gefahrenabwehr, ohne dass es weiterer Ausführungen hierzu bedürfte.
Gegen die Rechtmäßigkeit der angedrohten Zwangsgelder in Nr. 5 und Nr. 6 des Bescheides bestehen keine Bedenken. Rechtsgrundlage der Zwangsgeldandrohungen sind die Art. 18, 29, 31 und 36 VwZVG. Den gewählten Formulierungen lässt sich hinreichend konkret entnehmen, unter welchen Voraussetzungen ein Zwangsgeld fällig wird. Für jede Verpflichtung wurde jeweils ein eigener Betrag festgesetzt. Auch die Höhe der angedrohten Zwangsgelder ist nicht zu beanstanden.
II.
Die Klage ist daher insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
III.
Die Berufung war nach § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Kampfhundeverordnung wurde vom 10. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bislang nicht entschieden.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel