Aktenzeichen M 6 S 16.4069
FeV FeV § 11 Abs. 7, § 46 Abs. 1 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 3
Leitsatz
1 Wenn unter Hinweis darauf, welche Gefahren von Drogen konsumierenden Kraftfahrern für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen, unter Bezug auf den konkreten (Einzel-)Fall ausgeführt wird, es könne nicht hingenommen werden, dass der Betroffene weiterhin am Straßenverkehr teilnehme, bis über die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtskräftig entschieden sei, entspricht dies (noch) den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. (redaktioneller Leitsatz)
2 In dem summarischen Verfahren der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs müssen sich die Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts auf die eilfälligen und innerhalb angemessener Zeit durchführbaren beschränken. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der 19… geborene Antragsteller, ein polnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, ist im Besitz einer polnischen Fahrerlaubnis der Klasse B, erteilt 2006 sowie einer Fahrerlaubnis der Klasse A, erteilt 2007.
Das Ordnungsamt der Stadt Ingolstadt machte mit Eingang … April 2016 an die Fahrerlaubnisbehörde der Antragsgegnerin Mitteilung darüber, dass der Antragsteller durch die Polizei am … März 2016 in das Klinikum A … eingewiesen worden sei. Laut dem beigefügten Einsatzbericht sei beobachtet worden, wie der Antragsteller am … März 2016 gegen 15.00 Uhr auf Höhe der A …straße … in A … ohne erkennbaren Grund zusammenbrach und am Boden regungslos liegen blieb. Seine Lippen hätten sich blau verfärbt. Der herbeigerufene Notarzt habe Narcanti Naloxone verabreicht, das bei einer Opiatintoxikation eingesetzt werde. Daraufhin sei die männliche Person sehr rasch wieder aktiv und zugleich aggressiv geworden, habe sich eine Kanüle aus seiner Vene im Arm gerissen und jeglicher weiterer medizinischer Behandlung widersetzt. Da wegen des verabreichten Medikaments lebenserhaltende medizinische Maßnahmen unabdingbar gewesen seien, habe die Polizei die Einweisung ins Klinikum A … verfügt, wofür der Betroffene auf der Trage habe fixiert werden müssen. Die Einweisung sei am … März 2016 um a … Uhr erfolgt. Wie die Identität dieser Person festgestellt wurde, geht aus diesem Einsatzbericht nicht hervor.
Im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens bestritt der Antragsteller vehement, jene Person zu sein, die am … März 2016 auf der Straße zusammengebrochen und sodann ins Klinikum A … eingeliefert worden war. Nachdem er dies im Rahmen zweier Termine beim Gesundheitsamt der Antragsgegnerin am … Mai und … Juli 2016 geäußert hatte, wandte sich die Fahrerlaubnisbehörde an die Polizeiinspektion A …, deren Einsatzkräfte die Einweisung veranlasst hatten, mit der Bitte um Erläuterung, wie es zur Identitätsfeststellung gekommen sei. Aus dem daraufhin übersandten Bericht über die Unterbringung gemäß Art. 1 Abs. 1, 10 Abs. 2 Unterbringungsgesetz vom … März 2016 ergeben sich hierzu keine weiteren Anhaltspunkte, obschon in den dafür vorgesehenen Feldern der Name des Antragstellers, sein Geburtsdatum, sein Geburtsort, seine Staatsangehörigkeit, sein Familienstand, sein Beruf und seine Wohnanschrift eingetragen sind. Auf Nachfrage der Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom … Juli 2016 teilte die Polizeiinspektion A* … mit Schreiben vom … August 2016 mit, die Identität des Antragstellers sei durch die Streifenbesatzung zweifelsfrei festgestellt worden. Im polizeilichen Bestand seien Lichtbilder des Antragstellers hinterlegt. Diese hätten mit der Person übereingestimmt. Insbesondere aufgrund der Augenpartie des Mannes und den älteren Tätowierungen bestehe kein Zweifel an der Identität der am … März 2016 eingelieferten Person mit dem Antragsteller.
Nach Anhörung mit Schreiben vom … August 2016, auf das keine Reaktion erfolgt war, entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 31. August 2016 seine polnische Fahrerlaubnis mit der Wirkung des Erlöschens des Rechts, von ihr in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (Nr. 1 des Bescheids), gab ihm auf, seinen polnischen Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids bei der Fahrerlaubnisbehörde zum Zwecke der Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen (Nr. 2), drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Vorlage des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR an (Nr. 3) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids an (Nr. 4). Die Nrn. 5 und 6 des Bescheids enthalten die Kostenentscheidung. Begründet ist der Bescheid mit dem Konsum von Betäubungsmitteln (ausgenommen Cannabis), der trotz Bestreitens zur Überzeugung der Behörde ebenso zweifelsfrei feststehe wie die Tatsache, dass der Antragsteller jene Person sei, die am … März 2016 gegen 15.00 Uhr in A* … zusammengebrochen und durch den Notarzt mit einem Mittel behandelt worden sei, das bei Opiatintoxikation verabreicht werde.
Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung wird ausgeführt, es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse daran, ungeeignete Kraftfahrer sofort von einer weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen. Da sie eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hinsichtlich deren Leib, Leben und Gesundheit darstellten, könne mit dieser Maßnahme nicht zugewartet werden und müssten die Interessen des Betroffenen zurückstehen. Auf die Gründe des Bescheids im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog).
Gegen diesem am … September 2016 zugestellten Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom … September 2016, per Telefax zugegangen am selben Tag, bei der Antragsgegnerin Widerspruch einlegen, über den bislang noch nicht entschieden wurde. Mit Verfügung vom … September 2016, über deren Zustellung sich kein Nachweis in der Akte befindet, stellte die Behörde das in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR fällig und setzte dem Antragsteller eine neuerliche Frist bis 19. September 2016 zur Vorlage seines Führerscheins bei der Behörde, die dieser nach Aktenlage wiederum verstreichen ließ. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom … September 2016, der per Telefax am selben Tag einging, ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 31. August 2016 wieder herzustellen.
Zur Begründung wird die Einlassung des Antragstellers, er sei nicht die Person gewesen, die am … März 2016 mit Opiatintoxikation auf der Straße zusammengebrochen und ins Klinikum A … eingewiesen worden sei, nachdrücklich wiederholt.
Zunächst wird auf eine Kurzmitteilung der Polizeiinspektion A … vom … Mai 2016 an das Ordnungs- und Gewerbeamt der Antragstellerin Bezug genommen, aus der hervorgeht, dass der Antragsteller seitens der Polizei anhand zweier Tätowierungen am linken Oberarm und am rechten Unterschenkel identifiziert worden sei. Beide Tätowierungen seien nicht mehr gut zu erkennen, aber weiterhin sichtbar. Entgegen der Angaben der Polizei habe der Antragsteller keine weiteren Tätowierungen am Körper. Eine angebliche Überprüfung der Augenpartie des Antragstellers durch die Polizei lasse sich den Akten nicht entnehmen.
Der Antragsteller könne auch deshalb die fragliche Person nicht gewesen sein, da er sich an diesem Tag mit mehreren Verwandten und Bekannten zwischen ca. 13.00 Uhr und 15.00 Uhr auf dem A …platz in A … befunden habe, wo ein Osterbrunnen aufgebaut gewesen sei und ein kleines Fest stattgefunden habe. In der Anlage werde ein Lichtbild im Original vorgelegt. Beim … März 2016 habe es sich um den Ostersamstag gehandelt. Sodann werden fünf Personen namentlich unter Nennung der Anschrift benannt, die bezeugen könnten, dass es sich bei der rechts sitzenden Person mit blauen Haaren auf dem Foto um den Antragsteller handele und das Bild an selbigem Tag aufgenommen worden sei. Gegen die Richtigkeit der polizeilichen Angaben in der Kurzmitteilung vom … Mai 2016 spreche, dass darin die auffälligen blauen Haare des Antragstellers nicht erwähnt würden.
Mit Schriftsatz vom … November 2016 ließ der Antragsteller seinen Vortrag dahingehend ergänzen, dass er am fraglichen … März 2016 nach dem Besuch des Osterbrunnens in A … ab ca. 15.00 Uhr mit seinem Cousin und dessen Ehefrau sowie deren beiden Kindern bei sich zu Hause gewesen sei. Die beiden Erwachsenen seien auf dem übergebenen Lichtbild zu sehen. In der beigefügten eidesstattlichen Versicherung vom … November 2016 erklärte der Antragsteller erneut, er sei nicht die Person, die am … März 2016 gegen 15.00 Uhr in der A …straße in A … zusammengebrochen sei und danach wegen offensichtlicher Selbstgefährdung ins Klinikum A … verbracht wurde. Wie er dort identifiziert worden sein solle, sei ihm unerklärlich. Eine Abrechnung über die Behandlungskosten sei über seine Krankenversicherung A … erfolgt. Dort habe er jedoch angegeben, nicht die Person zu sein, die am … März 2016 im Klinikum behandelt worden sei. Bei seiner Identifizierung sollen Polizeibeamte festgestellt haben, dass der Antragsteller außer den bekannten Tätowierungen am linken Oberarm und am rechten Unterschenkel noch weitere Tätowierungen gehabt habe. Dies sei nachweislich nicht der Fall. Außerdem weise er darauf hin, dass seine blau gefärbten Haare sowohl der Polizei wie auch dem Notarzt und dem behandelnden Arzt im Klinikum A … hätten auffallen müssen. Der Antragsteller erteilte eine umfangreiche Entbindung von der Schweigepflicht gegenüber dem Notarzt, sowie gegenüber dem behandelnden Arzt im Klinikum A …
Das Gericht übersandte diesen Schriftsatz samt Anlage mit Schreiben vom 30. November 2016 an die Polizeiinspektion A* … zur Stellungnahme. Außerdem wurde beim Klinikum A … um Informationen gebeten.
Mit Schreiben vom … Dezember 2016 übersandte die Polizeiinspektion A … die erkennungsdienstlichen Unterlagen, anhand derer die Identität des Antragstellers am … März 2016 festgestellt worden sei. Die Kleidung des Antragstellers an jenem Tag sei der Unterzeichnerin (Anmerkung: sie war Mitglied der Streifenbesatzung, die zu jenem Vorfall gerufen wurde) nicht mehr bekannt. Gesichert sei, dass die betroffene Person vom … März 2016 keine blauen Haare trug. Mit weiterem Schreiben vom … Januar 2017 legte die Polizeiinspektion A … aktuelle Fotos des Antragstellers vor, die am … Januar 2017 gefertigt wurden und auf denen am linken Oberarm sowie am rechten Unterschenkel zwei Tätowierungen zu sehen sind.
Das Klinikum A … übermittelte mit Schreiben vom … Dezember 2016 eine Stellungnahme der Notfallklinik vom … Dezember 2016 (Leitender Oberarzt), eine E-Mail des den Patienten am … März 2016 aufnehmenden und behandelnden Arztes vom … Dezember 2016 sowie des Notarztes. Aus der Stellungnahme der Notfallklinik ergibt sich, dass der Patient um b … Uhr am … März 2016 dem diensthabenden Oberarzt zur Entlassung vorgestellt wurde, wobei er mittlerweile kooperativ und wach gewesen sei. Da keine Eigen- oder Fremdgefährdung mehr vorlag, sei er nach Hause entlassen worden. Zur Identität des Patienten könne er keine Angaben mehr machen. Die Identitätsfeststellung finde direkt bei Aufnahme des Patienten statt und erstrecke sich nicht auf eine tatsächliche Überprüfung der Identität. Der Patient übergebe lediglich seine Versicherungskarte, die daraufhin im System eingelesen werde. In diesem speziellen Fall habe es sich um eine polizeiliche Einweisung gehandelt, d.h., der Patient sei von der Polizei ins Klinikum gebracht worden. Eine Versicherungskarte habe der Patient nicht dabei gehabt, zumindest sei im System eine solche nicht eingelesen worden. Die Identität sei durch die Polizei A … ermittelt und der Klinik übergeben worden. In ihren Stellungnahmen konnten weder der Notarzt noch der in der Notfallambulanz den Patienten aufnehmende Arzt anhand des ihnen vorgelegten Fotos bestätigen, dass es sich bei dem Patienten um die darauf abgebildete Person handelte.
Ergänzend legte das Klinikum A … mit Schreiben vom … Januar 2017 eine Kopie des Notarzt-Einsatzprotokolls über den Einsatz an jenem … März 2016 vor. Im links oben dafür vorgesehenen Feld sind der Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnanschrift sowie der Name der Krankenkasse des Antragstellers eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 19. September 2016 legte die Antragsgegnerin ihre Akten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Sie hegt – auch nach Übermittlung der im gerichtlichen Verfahren eingegangenen Schriftsätze und Stellungnahmen – keinen Zweifel an der Identität jener Person mit dem Antragsteller, die am … März 2016 ins Klinikum A … eingeliefert worden ist. Auf das Vorbringen der Antragsgegnerin im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).
Am … Januar 2017 ging schließlich eine ärztliche Bescheinigung über die Bestimmung der Blutgruppe beim Antragsteller ein. Auf telefonische Nachfrage durch den Berichterstatter erklärte das Klinikum A …, bei der am … März 2016 eingelieferten Person sei die Blutgruppe nicht bestimmt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).
II.
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache, vorliegend im Widerspruchsverfahren sowie einem eventuell nachfolgenden Klageverfahren, sind als offen anzusehen. Die in einem solchen Fall vorzunehmende Interessensabwägung der für und gegen die Beibehaltung der sofortigen Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte, fällt gegenwärtig zulasten des Antragstellers aus.
1. Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids vom 31. August 2016 gegebene Begründung entspricht (noch) den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Unter Hinweis darauf, welche Gefahren von Drogen konsumierenden Kraftfahrern für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen, wird unter Bezug auf den konkreten (Einzel-)Fall des Antragstellers ausgeführt, es könne vor diesem Hintergrund nicht hingenommen werden, dass er weiterhin am Straßenverkehr teilnehme und eventuell andere Verkehrsteilnehmer gefährde, bis über die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtskräftig entschieden sei. Das entspricht (noch) den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Insbesondere ist es zutreffend, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Inhaber einer Fahrerlaubnis jedenfalls zur Überzeugung der Behörde sog. „harte Drogen“ konsumiert hat, von dessen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen ist und einer weiteren Verkehrsteilnahme zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer durch Anordnung der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung entgegengewirkt werden muss. Insoweit ergibt sich die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs auch aus den Gründen, die maßgeblich für die Grundverfügung (Fahrerlaubnisentziehung) waren.
2. Ob sich die verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis, die vorliegend die Wirkung hat, dass der Antragsteller von seiner polnischen Fahrerlaubnis der Klassen A und B auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keinen Gebrauch mehr machen darf, sich letztlich in einem Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweist, muss offenbleiben. Im vorliegenden summarischen Verfahren konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob der Antragsteller jene Person war, die am … März 2016 nach einem Zusammenbruch infolge einer Alkohol- und Opiatintoxikation ins Klinikum A … eingeliefert worden ist. Über die vom Gericht unternommenen Versuche der Aufklärung hinaus sind weitere Maßnahmen im Rahmen eines summarischen Verfahrens diesem wesensfremd und die weitere Aufklärung daher dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten. Die in einem solchen Fall vorzunehmende Abwägung der für und gegen die Beibehaltung der sofortigen Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte fällt vorliegend (noch) zulasten des Antragstellers aus.
2.1 Die vorliegend allein klärungsbedürftige Frage der Identität des Antragstellers mit jener Person, die am … März 2016 um a … Uhr ins Klinikum A … nach vorherigem Zusammenbruch in der A …straße in A … eingeliefert wurde, lässt sich im vorliegenden summarischen Verfahren nicht mit hinreichender Sicherheit beantworten.
Der Antragsteller hat seine Einlassung, nicht diese Person zu sein, mittels einer eidesstattlichen Versicherung vom … November 2016 glaubhaft gemacht. Dem kommt ohne Frage erhebliches Gewicht zu. Allerdings muss das Gericht den Tatsachenbehauptungen des Antragstellers nicht zwingend folgen, wenn unter Würdigung aller Umstände des Falles gewichtige Zweifel an deren Richtigkeit verbleiben. An diesem Ergebnis ändert auch der Vortrag des Antragstellers im Übrigen nichts. Er benennt zum Beweis dafür, nicht die ins Klinikum A … eingelieferte Person zu sein, mehrere Zeugen, die seine Angaben bezüglich seines Aufenthalts auf dem A …platz in A … am fraglichen Tag zwischen 13.00 Uhr und 15.00 Uhr ebenso bestätigen könnten wie seinen Vortrag, im Anschluss an diesen gemeinsamen Aufenthalt mit Familienangehörigen und Freunden habe er sich zusammen mit seinem Cousin, dessen Frau sowie den beiden Kindern zu sich nach Hause begeben. Eine Erklärung der als Zeugen benannten Personen dieses Inhalts oder gar eine eidesstattliche Versicherung dieser Personen hat der Antragsteller jedoch nicht vorgelegt. Der gerichtlichen Aufforderung, seine Einlassung, er habe bei seiner Krankenkasse der Bezahlung einer für den Klinikaufenthalt am … März 2016 dort eingegangenen Rechnung mit dem Argument widersprochen, nicht die behandelte Person gewesen zu sein, durch Vorlage einer entsprechenden Bestätigung der Krankenkasse zu belegen, ist er nicht nachgekommen. Seine Behauptung, er trage außer den beiden bekannten Tätowierungen keine weiteren an seinem Körper, hat er ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, was etwa durch Anfertigung entsprechender Fotos oder besser durch Bescheinigung über eine entsprechende Untersuchung eines Arztes oder anlässlich einer Vorsprache beim Gesundheitsamt der Antragsgegnerin unschwer möglich gewesen wäre.
Gegen die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers sprechen zunächst die Einlassungen der Polizeibeamten, die am … März 2016 zu dem Geschehen in der A …straße in A … gerufen wurden. Obwohl ihnen das Gericht die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers und den Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom … November 2016 zur Stellungnahme übermittelte und vor diesem Hintergrund um nochmalige Überprüfung der Aussage bat, der Antragsteller sei zweifelsfrei als die seinerzeit eingelieferte Person identifiziert worden, blieben die Polizeibeamten ausweislich des Schreiben vom … Dezember 2016 bei ihrer Darstellung. Mit den in einem Eilverfahren zu Gebote stehenden Mitteln kann dies nicht weiter aufgeklärt werden, ebenso wenig die Frage, wie man seitens der Polizei eine Übereinstimmung der Augenpartie der eingelieferten Person mit dem Antragsteller hatte feststellen können.
Schließlich brachten auch die Nachfragen beim Klinikum A … keine weitere Klärung. Zwar scheint es nicht ausgeschlossen, dass weitere Aufklärungsmaßnahmen auch dort noch Anhaltspunkte zutage fördern, die für oder gegen die Einlassungen des Antragstellers sprechen, diese müssen vorliegend jedoch dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Denn in einem summarischen Verfahren müssen sich die Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts auf die eilfälligen und innerhalb angemessener Zeit durchführbaren beschränken. Andernfalls könnte die Eilentscheidung ihrer Aufgabenstellung, so rasch wie möglich eine vorläufige Regelung zu treffen, nicht mehr gerecht werden. Das gilt umso mehr als die Beteiligten im Falle des Vorliegens neuer Tatsachen jederzeit eine Abänderung der Entscheidung beantragen können.
2.2 Die in einem solchen Fall durch das Gericht vorzunehmende Abwägung der für und gegen die Beibehaltung der sofortigen Vollziehung der in Nr. 1 des Bescheids vom 31. August 2016 verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis fällt zulasten des Antragstellers aus.
Zunächst ist auf die erhebliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hinsichtlich Leben, Gesundheit und Eigentum hinzuweisen, die von Kraftfahrern ausgeht, die ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund des Konsums sog. „harter Drogen“ sind. Ist – wie vorliegend – die Frage weder in der einen noch in der anderen Richtung hinreichend sicher zu beantworten, ob der Betroffene solche Drogen konsumiert hat, so müssten wenigstens erheblich überwiegende Gründe gegen diese Annahme sprechen. Die bloße Behauptung, keine Drogen zu konsumieren, ist nicht ausreichend. Vorliegend hat das Gericht anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls einstweilen die Überzeugung gewonnen, dass mehr gegen als für die Einlassungen des Antragstellers spricht. Deshalb erscheint es zum gegenwärtigen Zeitpunkt notwendig, ihn bis auf weiteres von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr fernzuhalten. Dies mag anders zu beurteilen sein, sobald der Antragsteller weitere gewichtige Gesichtspunkte für die Richtigkeit seiner Einlassungen vorträgt und ggf. auch glaubhaft macht.
Aus den Akten stellt sich der Verlauf der Identitätsfeststellung an jenem … März 2016 zur Überzeugung des Gerichts wie folgt dar: Bis zur Übergabe des Patienten an das Klinikpersonal war dessen Identität noch nicht geklärt. Die Polizeibeamten, die zu dem Vorfall in der A …straße gerufen worden waren, suchten offensichtlich anhand der ihnen vorliegenden Anhaltspunkte im polizeilichen Datenbestand nach Hinweisen auf die Identität der Person, die von ihnen in die Klinik nach dem vorangegangenen Zusammenbruch eingeliefert worden war. Nachdem sie auf die auch dem Gericht vorliegenden erkennungsdienstlichen Unterlagen bezüglich des Antragstellers gestoßen waren, überprüften sie vor Ort im Klinikum, ob es sich bei der eingelieferten Person um den Antragsteller handelte. Dass es eine weitere Person ähnlichen Aussehens gibt, die zum fraglichen Zeitpunkt sich in A … aufhielt, den Zusammenbruch erlitt und ins Klinikum A* … eingeliefert wurde sowie jene auffälligen Tätowierungen am linken Oberarm und rechten Unterschenkel aufweist wie der Antragsteller, erscheint dem Gericht jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt als äußerst unwahrscheinlich.
Was das vom Antragsteller vorgelegte Foto und die dazu vorgebrachten Einlassungen betrifft, so vermag das Gericht nicht mit Gewissheit eine Identität zwischen der auf dem Foto rechts sitzenden Person und dem Antragsteller festzustellen, wenngleich eine große Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen ist. Allerdings kann nicht festgestellt werden, wann das Foto aufgenommen worden ist. Ob die als Zeugen für die Schilderung des Antragstellers hinsichtlich des Geschehens an jenem … März 2016 ab 13.00 Uhr benannten Personen bereit und in der Lage sein werden, diese Schilderung in einem Hauptsacheverfahren im Zeugenstand – ggf. unter Eid – zu bestätigen, bleibt abzuwarten. Glaubhaft gemacht wurden diese Angaben im Rahmen des vorliegenden Verfahrens jedenfalls nicht, so dass sie nicht geeignet sind, die Darstellung des Antragstellers entscheidend zu stützen.
Hinsichtlich des Notarztberichts ist dem Antragsteller zwar zuzugeben, dass augenscheinlich die Angaben über die Personalien des Patienten nicht durch dieselbe Person eingetragen worden sind, die das übrige Formular ausgefüllt hat. Das bedeutet indes nicht, dass – wie die Antragspartei vorträgt – diese Angaben tatsächlich nachträglich eingefügt worden sind. Selbst wenn dem so wäre bleibt die Frage im Raum, woher die Polizei, die nach übereinstimmenden Angaben mit denjenigen des Klinikums dort die erforderlichen Angaben zur Identifizierung des Patienten gemacht hat, die Information gehabt haben soll, dass dieser bei der A … krankenversichert ist.
Aus den Äußerungen des Klinikpersonals geht hervor, dass der Patient in der Nacht vom … auf den …März 2016 von mehreren Personen untersucht und dabei sicherlich auch befragt wurde. Diese Personen dürften dabei den ihnen von der Polizei mitgeteilten Namen des Patienten verwendet haben. Anscheinend hat diese Person dem nicht widersprochen. Warum jemand die Identität des Antragstellers benutzt haben sollte, ist zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt unverständlich. Umgekehrt liegt der Nutzen der Einlassungen des Antragstellers für diesen auf der Hand.
Schließlich hat der Antragsteller entgegen seiner Zusicherung nicht ausreichend an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt, in dem er der gerichtlichen Aufforderung vom … November 2016 zur Vorlage weiterer Unterlagen nur teilweise und nicht zeitnah nachgekommen ist.
Aufgrund all dessen konnte sich das Gericht nicht mit hinreichender Sicherheit eine Überzeugung dahin bilden, dass eine Identität des Antragstellers mit dem am … März 2016 im Klinikum A … gegen c … Uhr eingelieferten Patienten wenigstens überwiegend unwahrscheinlich ist. Deshalb kann es gegenwärtig noch nicht verantwortet werden, den Antragsteller weiterhin am motorisierten Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.
3. Hinsichtlich der Fahrerlaubnis Klasse B kommt das Gericht – selbsttragend und unabhängig von den vorstehenden Ausführungen – nach Prüfung der Akten zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller insoweit auch deshalb von einer weiteren Verkehrsteilnahme mit sofortiger Wirkung auszuschließen ist, weil er nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis mit Gültigkeit in der Bundesrepublik Deutschland verfügt. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung am … Dezember 2012 (Bl. 174 der Behördenakte) im Rahmen eines gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gab der Antragsteller an, er habe sich 2004 nach seiner Heirat in Polen abgemeldet und ab dann nur noch in Deutschland einen festen Wohnsitz gehabt. Seinen Führerschein der Klasse B habe er am … Mai 2006 in Polen gemacht. Er sei dort im Zeitraum von 2006 bis 2007 unter einer Anschrift in B … gemeldet gewesen. Für die Richtigkeit dieser Angaben spricht das Datum auf der Identitätskarte des Antragstellers (Bl. 176 der Akte), ausweislich dessen ihm diese am … Januar 2006 ausgestellt worden ist.
Damit steht aufgrund der eigenen Einlassungen des Antragstellers sowie aufgrund von unbestreitbaren Informationen des Ausstellerstaates seiner Fahrerlaubnis zur Überzeugung des Gerichts zweifelsfrei fest, dass der Antragsteller im Zeitpunkt des Erwerbs seiner Fahrerlaubnis der Klasse B am … Mai 2006 noch keine 185 Tage seinen Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt in Polen begründet hatte, was jedoch Voraussetzung für den rechtmäßigen Erwerb einer EU-Fahrerlaubnis gewesen wäre, die ihn zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß den darin ausgewiesenen Fahrerlaubnisklassen auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigen würde. Dem Antragsteller steht nach § 28 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Fahrerlaubnisverordnung – FeV – folglich das Recht nicht zu, auf Grundlage seiner unter Verstoß gegen das sog. Wohnsitzerfordernis erlangten polnischen Fahrerlaubnis der Klasse B Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland zu führen. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, die hier vorzunehmende Interessensabwägung auch aus diesem Grund – selbsttragend – zulasten des Antragstellers ausfallen zu lassen, da dieser seit der bestandskräftigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch Bescheid vom 24. April 2003 nicht mehr berechtigt ist, Kraftfahrzeuge jedenfalls der Fahrerlaubnisklasse B auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).