Medizinrecht

Vorläufiger Rechtsschutz gegen tierschutzrechtliche Anordnung

Aktenzeichen  RN 4 E 16.1556

Datum:
2.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123, § 154 Abs. 1
TierSchG TierSchG § 2

 

Leitsatz

1 Eine Verpflichtung zur Kostenvorlage wegen einer tierschutzrechtlichen Anordnung kann nicht begehrt werden, solange noch keine Kosten für die anderweitige Unterbringung der Tiere geltend gemacht werden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Wird gegen eine tierschutzrechtliche Anordnung im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die Wegnahme und den Verkauf der Tiere rückgängig zu machen, kann nicht in einem weiteren Verfahren die Benennung einer Person, an die die Tiere herausgegeben werden sollen, verlangt werden. Dem steht die anderweitige Rechtshängigkeit entgegen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Wegnahme von 14 Ziervögeln.
Einem Schreiben des Staatl. Veterinäramts beim Landratsamt … vom 23.11.2015 an die Antragsgegnerin ist zu entnehmen: Aufgrund einer Information der Staatsanwaltschaft, dass die Antragstellerin seit 23.10.2015 in Untersuchungshaft ist, habe am 26.10.2015 durch das Veterinäramt des Landratsamtes … ein Augenschein der Tierhaltung der Antragstellerin in der …straße in … stattgefunden. Ein Teil der 14 Ziervögel habe klare Krankheitsanzeichen gezeigt. Nachdem den wiederholten mündlichen Anordnungen zu tierärztlicher Behandlung bis zum 17.11.2015 nicht Folge geleistet worden sei, seien die Tiere an diesem Tag von der Amtstierärztin in die Vogelklinik … gebracht worden, um eine tierärztliche Behandlung sicherzustellen. Erste Befunde in der Vogelklinik hätten ergeben, dass die bisherige tierärztliche Versorgung bei weitem nicht ausreichend gewesen sei. Da die Antragstellerin bzw. die von ihr mit der Pflege der Vögel beauftragten Personen offensichtlich nicht in der Lage seien zu erkennen, wenn die Vögel fundierter tierärztlicher Behandlung bedürften und höchstwahrscheinlich die Haltungsumstände an einem Teil der Erkrankungen ursächlich beteiligt seien, wurde um eine Anordnung gebeten.
Mit Bescheid vom 24.11.2015 bestätigte die Antragsgegnerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die am 17.11.2015 vollzogene Fortnahme, hielt die anderweitige pflegliche Unterbringung aufrecht und traf eine Regelung hinsichtlich der Veräußerung der Ziervögel. Der hiergegen erhobene Antrag gemäß § 123 VwGO, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Wegnahme und den Verkauf der 14 Ziervögel rückgängig zu machen, wurde mit Beschluss vom 31.8.2016 – RN 4 E 16.1267 – abgelehnt, da im vorläufigen Rechtsschutzverfahren in der Regel keine endgültige Vorwegnahme der Hauptsache erfolgen könne. Ein Ausnahmefall läge nicht vor. Auf die Ausführungen in diesem Beschluss wird Bezug genommen.
Auf Anregung des Gerichts, das die Zustellung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 24.11.2015 für unwirksam hält, erließ die Antragsgegnerin unter dem 18.8.2016 folgenden, der Antragstellerin am 22.8.2016 zugestellten Bescheid:
1. Die am 17.11.2015 an Ort und Stelle vollzogene Fortnahme der von Frau … im Anwesen … in … gehaltenen 14 Ziervögel wird bestätigt. Die Vögel werden Frau … fortgenommen und einer pfleglichen Unterbringung zugeführt. Die pflegliche Unterbringung beinhaltet eine tierärztliche Behandlung in dem erforderlichen Umfang.
2. Die anderweitige pflegliche Unterbringung wird solange aufrechterhalten, bis Frau … eine den Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetz entsprechende Haltung sicherstellen kann, längstens jedoch bis 02.09.2016.
3. Wenn Frau … nicht bis 02.09.2016 eine den Anforderungen des § 2 Tierschutzgesetz entsprechende Haltung sicherstellen kann, werden die 14 Ziervögel durch die Stadt … – Fachbereich Naturschutz – veräußert.
4. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 wird angeordnet.
5. Die Kosten für die pflegliche Unterbringung der Vögel hat Frau … zu tragen.
6. Der Frau … wird das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art bis auf weiteres untersagt (Tierhalteverbot).
7. Für diesen Bescheid werden Kosten erhoben. Die Kosten sind von Frau … zu tragen. Die Gebühr wird auf 50,– € festgesetzt, die Auslagen betragen 3,60 €. Der Gesamtbetrag von 53,60 € ist bis 16.09.2016 unter Angabe der Finanzadresse … und der Anordnungsnummer … auf eines der angegebenen Konten der Stadt … zu überweisen.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Klage (RN 4 K 16.1459), Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (RN 4 S 16.1468) und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die im streitgegenständlichen Bescheid behaupteten Mängel lägen nicht vor. Die Vögel seien laufend in tierärztlicher Behandlung gewesen. Der Vollzug sei rückgängig zu machen. Der Bescheid sei unwirksam.
Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
1.Die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Vögel sofort an …, zu übergeben.
2.Die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Kosten vorzulegen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1.Der Antrag wird abgelehnt.
2.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Es stelle sich die Frage mehrfacher Rechtshängigkeit des Streitgegenstands. Auf das Verfahren RN 4 E 16.1267 wird verwiesen. Im Übrigen liege kein Anordnungsanspruch vor, da der Bescheid vom 18.8.2016 rechtmäßig sei. Die tierärztliche Versorgung der fortgenommenen Vögel in der Haltung der Antragstellerin sei bei weitem nicht ausreichend gewesen. Auf Befundberichte der … wird verwiesen. Auch ein Anordnungsgrund liege nicht vor. Es sei nicht vorgetragen, dass der Antragstellerin ein Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung über die Fortnahme nicht zumutbar wäre. In Haft sei die Antragstellerin nicht in der Lage, Tiere zu halten. Das Landratsamt … habe ebenfalls mit Bescheid vom 19.5.2016 ein Tierhalteverbot ausgesprochen. Zudem seien die Vögel bereits vermittelt.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf vorliegende Behördenakte und die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Die Antragsgegnerin verweist hinsichtlich des Antrags Nr. 1 zu Recht auf anderweitige Rechtshängigkeit. Im Verfahren RN 4 E 16.1267 wurde beantragt, die Wegnahme und den Verkauf der Ziervögel rückgängig zu machen. Die Benennung einer Person, an die die Vögel herausgegeben werden sollen, ist kein neues Begehren, sondern könnte in dem genannten Verfahren, das sich im Rahmen der Beschwerde der Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof befindet, vorgebracht werden.
Soweit die Antragstellerin eine Verpflichtung zur Kostenvorlage begehrt, liegt schon kein Anordnungsanspruch vor. Solange die Antragsgegnerin noch keine Kosten für die anderweitige Unterbringung der Vögel geltend gemacht hat, besteht kein Anspruch darauf, Kosten zu ermitteln und weiter zu geben. Dies hat zu erfolgen und ist gegebenenfalls gerichtlich zu überprüfen, wenn die Antragsgegnerin einen Kostenbescheid erlässt.
Der Antrag ist demnach insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Demnach ist auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen (§ 166 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Eilverfahren ist der Auffangwert in Höhe von 5.000,– EUR nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

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