Medizinrecht

Zur beihilfenrechtlichen Erstattungsfähigkeit von Behandlungskosten (hier: CT-gesteuerte Steroidapplikation)

Aktenzeichen  14 ZB 16.2202

Datum:
6.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 136948
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1 – 3, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4
BayBhV § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung von Beweismitteln rechtfertigt die Zulassung der Berufung im Hinblick auf die Eignung eines Sachverständigengutachtens zur richterlichen Überzeugungsbildung nicht (Anschluss an BayVGH BeckRS 2011, 32362). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Begriff der medizinischen Notwendigkeit, der kein spezieller Begriff des Beihilferechts ist, ist nach objektiven Maßstäben auszufüllen; der Beihilfeberechtigte trägt insoweit die materielle Beweislast. (Rn. 7und 10) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Kosten lediglich nützlicher, aber nicht notwendiger Behandlungen muss der Beihilfeberechtigte grundsätzlich auch dann selbst tragen, wenn sie eine Linderung der Symptome mit sich bringen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
4 Der im Ermessen des Gerichts liegende Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung im Sinne des § 86 Abs. 1 VwGO bestimmt sich nach der materiell-rechtlichen Sicht des Tatsachengerichts, selbst wenn diese Rechtsauffassung rechtlichen Bedenken begegnen sollte. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
5 Es ist bereits dem Wortlaut der Bayerischen Beihilfeverordnung zu entnehmen, dass eine amtsärztliche Stellungnahme grundsätzlich ein höherer Beweiswert zukommt als einem privatärztlichen Attest und die Festsetzungsstelle die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen trotz ärztlicher Verordnung oder Stellungnahme durch eigene Entscheidung verneinen kann (Anschluss an BayVGH BeckRS 2015, 56199). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 1 K 14.900 2016-09-27 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.538,34 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 sowie Nr. 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
I.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich die Klägerin dagegen, dass das Verwaltungsgericht die von ihr erhobene Verpflichtungsklage auf Gewährung von Beihilfe für eine bei ihr durchgeführte CT-gesteuerte Facetteninfiltration (CT-gesteuerte Steroidapplikation) abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, ausweislich der von der Beihilfestelle eingeholten amtsärztlichen Stellungnahmen in Verbindung mit den vorgelegten ärztlichen Leitlinien folge zu seiner Überzeugung, dass es sich bei der durchgeführten Behandlung nicht um eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handele. Wissenschaftlich allgemein anerkannt sei eine Therapieform dann, wenn sie von der herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für die Behandlung der jeweiligen Krankheit als wirksam und geeignet angesehen werde. Die amtsärztlichen Stellungnahmen seien in sich schlüssig, nachvollziehbar und stützten die gefundenen Ergebnisse, so dass eine weitere Sachaufklärung nicht geboten sei. Die vorgelegte Stellungnahme der Privatärztlichen Verrechnungsstelle Baden-Württemberg könne die amtsärztliche Einschätzung nicht entkräften. Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine rechtliche Einschätzung, nicht jedoch um ein fachliches Gutachten handele, hätten amtsärztliche Stellungnahmen gegenüber privatärztlichen Attesten grundsätzlich einen höheren Beweiswert. Diesem Ansatz trügen die Beihilfevorschriften insoweit Rechnung, als die Klärung der Frage der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung in Zweifelsfällen einem neutralen Amtsträger vorbehalten sein solle. Das Gericht habe auch kein Sachverständigengutachten zur medizinischen Notwendigkeit der streitgegenständlichen Behandlungsmethode einholen müssen. Den von ihr angekündigten Beweisantrag habe die Klägerin nach ihrem Verzicht auf mündliche Verhandlung nicht gestellt. Auch habe sie keine fachlichen Gutachten oder Stellungnahmen vorgelegt, die geeignet gewesen wären, das amtsärztliche Gutachten zu erschüttern. Angesichts der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der Amtsärztin, die im Einklang mit den vorgelegten ärztlichen Leitlinien stünden, habe sich eine Beweisaufnahme daher auch nicht aufdrängen müssen. Da weder dem klägerischen Vortrag noch den amtsärztlichen Stellungnahmen Anhaltspunkte dafür zu entnehmen seien, dass allgemein anerkannte Behandlungsmethoden bei der Klägerin von vornherein keinen Erfolg versprochen hätten, seien die streitgegenständlichen Aufwendungen auch nicht deshalb beihilfefähig, weil die angewendete wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode im Falle der Klägerin ausnahmsweise doch als medizinisch notwendig angesehen werden könne.
II.
Die Klägerin rügt im Zulassungsverfahren nicht, dass das Verwaltungsgericht die wissenschaftliche Anerkennung der streitgegenständlichen Behandlungsmethode abgelehnt hat. Vielmehr wendet sie gegen dessen vorstehende Ausführungen im Wesentlichen ein, das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Frage, ob die von ihr geltend gemachten Aufwendungen beihilfefähig sind, den im Verwaltungsverfahren eingeholten amtsärztlichen Stellungnahmen vom 30. Mai und 29. Juli 2014, wonach es sich bei der streitgegenständlichen CT-gesteuerten Facetteninfiltration aus amtsärztlicher Sicht nicht um eine medizinisch notwendige Maßnahme handele, mehr Bedeutung beigemessen als den von ihr vorgelegten privatärztlichen Stellungnahmen. Die hierzu von der Klägerin im Einzelnen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Sie können weder im Hinblick auf die Beweiswürdigung (vgl. § 108 Abs. 1 VwGO) die inhaltliche Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Frage stellen (dazu 1.) noch einen Verfahrensmangel begründen (dazu 2.). Auch zeigt die Klägerin keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (dazu 3.) oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf (dazu 4.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Auch die Entscheidung darüber, ob ein – weiteres – Gutachten eingeholt werden soll, steht im Rahmen der freien Beweiswürdigung im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO). Dieses Ermessen wird nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn die bereits vorliegenden Gutachten nicht den ihnen obliegenden Zweck zu erfüllen vermögen, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. In diesem Sinn kann ein Sachverständigengutachten für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder jedenfalls unzureichend sein, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2014 – 14 ZB 11.2115 – juris Rn. 6 m.w.N.). Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung von Beweismitteln rechtfertigt die Zulassung der Berufung dagegen nicht (BayVGH, B.v. 6.9.2011 – 14 ZB 11.409 – juris Rn. 5 m.w.N.). Gemessen hieran ist die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden.
a) Soweit die Klägerin kritisiert, die amtsärztlichen Stellungnahmen beschränkten sich darauf, auf die Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie „Zervikale Radikulopathie“ Bezug zu nehmen, ohne weitere selbständige fachliche und auf den konkreten Fall bezogene Ausführungen zu machen, beruht dieser Einwand bereits auf falschen Annahmen. Denn die begutachtende Amtsärztin hat ihren Stellungnahmen neben der von der Klägerin genannten Leitlinie auch die DEGAM Leitlinie Nackenschmerz, Stand 2009, zugrunde gelegt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der Amtsärztin vom 29. Februar 2016, das dem Verwaltungsgericht mit Anlagen mit Schreiben des Beklagten vom 7. März 2016 vorgelegt wurde. Auch begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass sich die Amtsärztin bei der Bewertung der medizinischen Notwendigkeit der streitgegenständlichen Behandlungsmethode auf einschlägige medizinische Leitlinien gestützt hat. Denn der Begriff der medizinischen Notwendigkeit (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV alte und neue Fassung) ist nach objektiven Maßstäben auszufüllen (vgl. schon BVerwG, U.v. 22.2.1968 – II C 11.67 – Buchholz 238.91 BGr 1942 Nr. 10) und zudem kein spezieller Begriff des Beihilferechts. Er findet sich beispielsweise auch in der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. etwa § 12 Abs. 1 SGB V). Ist die beauftragte Gutachterin, deren Fachkunde die Klägerin nicht in Frage gestellt hat, von der wissenschaftlichen Aussagekraft einschlägiger Behandlungsleitlinien überzeugt, kann sie bei der Entscheidung über die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung ohne weitere Begründung auf diese zurückgreifen. Dass die herangezogenen Leitlinien wissenschaftlich zweifelhaft wären, hat die Klägerin nicht dargelegt.
b) Auch der Einwand der Klägerin, die Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie „Zervikale Radikulopathie“ hätten bei der Diagnose der Klägerin „akute Zervikobrachialgie“ nicht angewendet werden können, ist nicht durchgreifend. Zum einen ist die Amtsärztin ausweislich ihrer Stellungnahme vom 30. Mai 2014 nicht von der im Schreiben des behandelnden Arztes vom 21. März 2013 sowie in der Rechnung über die streitgegenständliche Behandlung vom 2. Mai 2014 genannten Diagnose „akute Zervikobrachialgie“ ausgegangen, sondern hat ihrer Stellungnahme das angegebene Beschwerdebild der Klägerin zugrunde gelegt, wie es sich vor allem aus dem in den Behördenakten befindlichen Schreiben des behandelnden Arztes vom 21. März 2013 ergibt. Einwände dagegen, dass das Beschwerdebild dort unzureichend beschrieben gewesen wäre und daher der amtsärztlichen Stellungnahme nicht hätte zugrunde gelegt dürfen, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Zudem war das Schreiben vom 21. März 2013 für eine „abstrakte Bewertung“ der klägerischen Beschwerden gefertigt worden, da es ursprünglich dazu verfasst worden war, im Vorfeld der konkreten Anwendung eine Zusage zur Kostenübernahme für die streitgegenständliche Behandlungsmethode zu erreichen.
Ungeachtet dessen, hat die Klägerin auch nicht substantiiert aufgezeigt, warum die Heranziehung der Leitlinie für Diagnostik und Therapie in der Neurologie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie „Zervikale Radikulopathie“ bei einer Diagnose „akute Zervikobrachialgie“ medizinisch fehlerhaft und daher ausgeschlossen war. Aus den unterschiedlichen Bezeichnungen „zervikale Radikulopathie“ und „akute Zervikobrachialgie“ ergibt sich dies nicht zwingend. Der Einführung der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (vgl. S. 1) ist zu entnehmen, dass bei Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule mit Ausstrahlung nach okzipital und in die Schulter-Arm-Region zwischen akut auftretenden Wurzelreiz- und/oder Wurzelausfallsyndromen und chronischen Zervikobrachialgien unterschieden wird. Voraussetzung für das Vorliegen einer zervikalen Radikulopathie sind nach den Begriffsdefinitionen Symptome und Beschwerden, die einer zervikalen Nervenwurzel zuzuordnen sind (vgl. S. 2). Auch die von der Klägerin im Zulassungsverfahren vorgelegte und von ihr als Leitlinie „Zervikobrachialgie“ bezeichnete Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie ist mit „Leitlinie: Zervikales Wurzelkompressionssyndrom“ überschrieben und behandelt die durch eine Nervenkompression hervorgerufene Schmerzsymptomatik (vgl. Nr. 1 Einleitung). Ausweislich der in dieser Leitlinie beschriebenen Definition (vgl. Nr. 2) ist unter einem „zervikalen Wurzelkompressionssyndrom“ die Irritation oder Kompression zervikaler Nervenwurzeln durch in den Spinalbzw. Wurzelkanal ausgetretenes Bandscheibengewebe oder durch Spondylophyten zu verstehen. Die Vorlage dieser Leitlinie zeigt somit, dass die Klägerin selbst davon ausgeht, dass es sich auch bei der Zervikobrachialgie um eine im Zusammenhang mit einer Nervenwurzelkompression stehende Erkrankung handelt. Zwar ist die streitgegenständliche Behandlungsmethode nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie als Therapie zur Behandlung des zervikalen Wurzelkompressionssyndroms anerkannt (vgl. S. 8). Dies stellt jedoch die gegenteiligen Empfehlungen der von der Amtsärztin u.a. herangezogenen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie deshalb nicht in Frage, weil die von der Klägerin vorgelegte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie nur bis Ende 2006 gültig war (vgl. S. 11 der Leitlinie) und deshalb zum Zeitpunkt der Begutachtung keine Aussagekraft mehr hatte. Sie ist daher nicht geeignet, die amtsärztlichen Stellungnahmen in Zweifel zu ziehen. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die amtsärztlich herangezogenen Leitlinien ihr Beschwerdebild nicht erfassen, hat die Klägerin nicht vorgebracht.
c) Auch das im Verwaltungsverfahren vorgelegte Schreiben der Privatärztlichen Verrechnungsstelle Baden Württemberg e.V. vom 18. Juni 2014 ist nicht geeignet, die gutachterliche Bewertung der Amtsärztin zu erschüttern. Ungeachtet dessen, dass die Privatärztliche Verrechnungsstelle Baden Württemberg e.V. die streitgegenständlichen Aufwendungen im Auftrag des behandelnden Arztes in Rechnung gestellt hat, lässt sich dem Schreiben – neben umfangreichen, lediglich allgemeinen Ausführungen zur medizinischen Notwendigkeit von Behandlungsmethoden – nur entnehmen, dass bei der Klägerin „Erkrankungen diagnostiziert wurden“, bei denen die „PRT/CT gestützte Facetteninfiltration geeignet ist“. Eine konkrete Aussage dazu, dass die streitgegenständliche Behandlungsmethode medizinisch notwendig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV (alte und neue Fassung) zur Behandlung der bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankung(en) war, enthält dieses Schreiben nicht. Für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – wozu nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auch die medizinische Notwendigkeit der streitgegenständlichen Behandlung zählt – trägt die Klägerin die materielle Beweislast (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2015 – 14 ZB 15.1012 – juris Rn. 6 m.w.N.). Nicht jede Therapie, die zur Behandlung einer Krankheit eingesetzt und ärztlich abgerechnet wird, ist medizinisch notwendig und beihilfefähig. Die Kosten lediglich nützlicher, aber nicht notwendiger Behandlungen muss der Beihilfeberechtigte grundsätzlich auch dann selbst tragen, wenn sie eine Linderung der Symptome mit sich bringen.
Aus den zuvor genannten Gründen geht auch der Einwand der Klägerin fehl, das Verwaltungsgericht habe der amtsärztlichen Stellungnahme einen „überhöhten“ Beweiswert beigemessen.
2. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Ein Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht ersichtlich.
Nachdem hier bezogen auf die medizinische Notwendigkeit der streitgegenständlichen Behandlungsmethode fachliche Stellungnahmen vorlagen, die das Verwaltungsgericht als sachverständige Äußerung heranziehen konnte, läge ein Verfahrensmangel – mangels förmlichen Beweisantrags der Klägerin – nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Stellungnahmen hätte aufdrängen müssen. Dies ist hier nicht der Fall. Wie unter Nr. 1 bereits ausgeführt, hat die Klägerin durchgreifende Mängel der vom Verwaltungsgericht herangezogenen amtsärztlichen Stellungnahmen nicht aufgezeigt. Damit geht auch ihr Einwand fehl, das Verwaltungsgericht hätte den amtsärztlichen Stellungnahmen gegenüber privatärztlichen Attesten keinen höheren Beweiswert beimessen dürfen.
Auch soweit die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht hätte – wie von ihr angeregt – ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur medizinischen Notwendigkeit der streitgegenständlichen Therapie einholen müssen, ist kein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht erkennbar. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichts bestand kein Grund für eine weitere Aufklärung durch ein weiteres Sachverständigengutachten. Denn Anlass für gerichtliche Ermittlungen besteht immer nur dann, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen aus der Sicht des Gerichts unklar sind (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 10). Der im Ermessen des Gerichts liegende Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung im Sinne des § 86 Abs. 1 VwGO bestimmt sich nach der materiell-rechtlichen Sicht des Tatsachengerichts, selbst wenn diese Rechtsauffassung rechtlichen Bedenken begegnen sollte (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 1.6.1979 – 6 B 33.79 – DÖV 1979, 793 m.w.N.; allgemein zu Verfahrensfehlern: Geiger in Eyermann a.a.O. § 124 Rn. 48 m.w.N.). Wie unter Nr. 1 ausgeführt, bestand aus der Sicht des Verwaltungsgerichts weder im Hinblick auf die bei der Klägerin gestellte Diagnose noch wegen ihrer Beschwerden Anlass für eine weitere Sachaufklärung.
3. Wie sich aus den Ausführungen in Nr. 1 ergibt, weist die Rechtssache auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
4. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht dargelegt.
Um eine solche zu begründen, muss der Rechtsmittelführer (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt; Darlegungen zu offensichtlichen Punkten sind dabei entbehrlich (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72 m.w.N.; BayVGH, B.v. 24.6.2015 – 14 ZB 15.568 – juris Rn. 14).
Die Klägerin meint, der vorliegende Fall werfe die Rechtsfrage auf, in welchem Verhältnis eine amtsärztliche Stellungnahme zu privatärztlichen Stellungnahmen stehe. Ungeachtet dass die Frage bereits nicht klärungsfähig ist, weil sie für den vorliegenden Rechtsstreit aus den unter Nr. 1 genannten Gründen nicht entscheidungserheblich ist, ist die Frage nicht klärungsbedürftig. Klärungsbedürftigkeit bestünde nur, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der obergerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln nicht eindeutig beantwortet werden könnte (stRspr; vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2014 – 2 B 60.14 – NVwZ-RR 2015, 50 Rn. 7). Nach § 7 Abs. 1 Satz 6 BayBhV (alter und neuer Fassung) entscheidet die Festsetzungsstelle über die Notwendigkeit und Angemessenheit von geltend gemachten Aufwendungen. Obwohl Beihilfen nach § 48 Abs. 2 Satz 1 BayBhV (alter und neuer Fassung) grundsätzlich nur zu den Aufwendungen gewährt werden dürfen, die durch Belege nachgewiesen sind, kann die Festsetzungsstelle gemäß § 48 Abs. 8 Satz 1 BayBhV a.F. (entspricht dem heutigen § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV) zur Überprüfung von Notwendigkeit und Angemessenheit einzelner geltend gemachter Aufwendungen Gutachterinnen bzw. Gutachter, Beratungsärztinnen bzw. Beratungsärzte und sonstige geeignete Stellen unter Übermittlung der erforderlichen Daten beteiligen. Damit ist bereits dem Wortlaut der Bayerischen Beihilfeverordnung zu entnehmen, dass eine amtsärztliche Stellungnahme grundsätzlich ein höherer Beweiswert zukommt als einem privatärztlichen Attest und die Festsetzungsstelle die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen trotz ärztlicher Verordnung oder Stellungnahme durch eigene Entscheidung verneinen kann (vgl. in diesem Sinne auch BayVGH, B.v. 17.11.2015 – 14 ZB 15.1283 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Die Klägerin hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel