Aktenzeichen W 10 K 19.671
WBO § 5 Abs. 5, § 6 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die zulässige Verpflichtungsklage in der Gestalt der Versagungsgegenklage ist nicht begründet.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erhöhung seiner für die Dauer von sechs Monaten erteilten Weiterbildungsbefugnis für die ärztliche Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie auf die Höchstdauer von zwölf Monaten zu. Der Ablehnungsbescheid der Bayerischen Landesärztekammer vom 13. Mai 2019 ist deshalb rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Anspruchsgrundlage für die Erteilung der begehrten Weiterbildungsbefugnis ist Art. 31 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 des Heilberufe-Kammergesetzes (HKaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 2002 (GVBl. 2002, 42) i.V.m. mit § 5 Abs. 1 der auf der Grundlage des Art. 35 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 HKaG erlassenen Weiterbildungsordnung der Beklagten (WBO) vom 24. April 2004 in der Fassung der Beschlüsse vom 13. Oktober 2019, in Kraft getreten am 1. Mai 2020. Auf diesen Rechtsstand ist bei der Entscheidung über die vorliegende Verpflichtungsklage abzustellen. Eine zulässige Verpflichtungsklage hat in Ermangelung besonderer materiell-rechtlicher Regelungen Erfolg, wenn nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt besteht (BVerwG, U.v. 23.7.2015 – 7 C 10.13 – juris Rn. 34; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 57; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 113 Rn. 217; jeweils m.w.N.).
Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 HKaG kann die Ermächtigung zur Weiterbildung nach Abs. 1 nur erteilt werden, wenn der Arzt fachlich und persönlich geeignet ist und wenn und soweit die Voraussetzungen nach Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 vorliegen. Gemäß Art. 31 Abs. 4 Satz 1 HKaG setzt die Zulassung einer Krankenhausabteilung (bzw. nach Satz 2 einer anderen Einrichtung, hier der Praxis des Klägers) als Weiterbildungsstätte voraus, dass (Nr. 1) Patienten in so ausreichender Zahl und Art behandelt werden, dass der weiterzubildende Arzt die Möglichkeit hat, sich mit den typischen Krankheiten des Gebiets, Teilgebiets oder Bereichs, auf das sich die Bezeichnung nach Art. 27 bezieht, vertraut zu machen und wenn (Nr. 2) Personal und Ausstattung vorhanden sind, die den Erfordernissen der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen. Nach § 5 Abs. 1 WBO ist Befugnis im Sinn der Weiterbildungsordnung die Ermächtigung im Sinn des Abschnitts IV des Heilberufe-Kammergesetzes, mithin die Ermächtigung zur Weiterbildung. Die Weiterbildung zum Erwerb einer Facharzt- und/oder Schwerpunktbezeichnung wird unter verantwortlicher Leitung der vom Vorstand der beklagten Landesärztekammer befugten Ärzte in einer zugelassenen Weiterbildungsstätte durchgeführt. Gleiches gilt nach Maßgabe des Abschnitts C der WBO auch für den Erwerb einer Zusatzbezeichnung.
Die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis setzt zunächst gemäß § 5 Abs. 2 WBO voraus, dass der weiterbildungsbefugte Arzt die entsprechende Schwerpunkt- bzw. Zusatzbezeichnung führt, fachlich und persönlich geeignet ist und nach Abschluss seiner Weiterbildung mindestens die der Befugnisdauer entsprechende Zeit, jedoch nicht weniger als zwei Jahre in verantwortlicher Stellung einschlägig tätig war. Des Weiteren sind für die Erteilung der Befugnis nach § 5 Abs. 5 WBO unter Berücksichtigung der Anforderungen an Inhalt, Ablauf und Ziel der Weiterbildung folgende Kriterien maßgebend: (1.) Der Versorgungsauftrag, d.h. die Anzahl sowie Erkrankungs- und Verletzungsarten der Patienten, (2.) die Leistungsstatistik, d.h. die Art und Anzahl der ärztlichen Leistungen und (3.) die personelle und materielle Ausstattung der Weiterbildungsstätte. Die Zulassung von Praxen niedergelassener Ärzte als Weiterbildungsstätte setzt des Weiteren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 WBO voraus, dass mindestens einer der dort tätigen Ärzte zur Weiterbildung nach § 5 befugt werden kann. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 WBO werden die Zulassung gemäß Satz 3 und die Befugnis gemeinsam erteilt. Weiterbildungsstätten müssen nach § 6 Abs. 2 WBO insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen: (1.) Die für die Weiterbildung typischen Krankheiten müssen nach Zahl und Art der Patienten regelmäßig und häufig genug vorkommen, (2.) Personal und Ausstattung der Einrichtung müssen den Erfordernissen der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen.
2. Gemessen an diesen Anforderungen hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Weiterbildungsbefugnis für die Gesamtdauer der Weiterbildung für die Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie, welche gemäß Teil C Nr. 41 zwölf Monate bei einem Weiterbilder für Spezielle Schmerztherapie (§ 5 Abs. 1 Satz 3 WBO) beträgt. Zwar verfügt der Kläger über die in Art. 31 Abs. 2 Satz 1 HKaG i.V.m. § 5 Abs. 2 Buchst. b WBO vorausgesetzte fachliche und persönliche Eignung (a)). Er verfügt aber nicht über die durch Art. 31 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 HKaG, § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 2 WBO an eine geeignete Weiterbildungsstätte für den vollen Zeitraum der Weiterbildung in der einschlägigen Zusatzbezeichnung gestellten strukturellen Voraussetzungen (b)), weil er in seiner Praxis keine multimodale Schmerztherapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit anwendet bzw. es an der hierfür erforderlichen personellen Ausstattung fehlt. Des Weiteren bestehen auch keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der einschlägigen Satzungsbestimmungen der WBO (c)).
a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger, der selbst über die Zusatzbezeichnung Spezielle Schmerztherapie verfügt, auch die fachliche und persönliche Eignung zur Weiterbildung im Sinne des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 HKaG i.V.m. § 5 Abs. 2 Buchst. b WBO besitzt. Daran bestehen im Übrigen auch im Hinblick darauf keine Zweifel, dass der Kläger bereits im Besitz einer einschlägigen sechsmonatigen Weiterbildungsbefugnis ist.
b) Gemessen an den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 HKaG, § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 2 WBO verfügt der Kläger aber nicht über eine geeignete Weiterbildungsstätte für die volle Weiterbildungsbefugnis im Umfang von zwölf Monaten, weil er nicht alle nach Abschnitt C der Weiterbildungsordnung vorgeschriebenen Weiterbildungsinhalte in seiner Praxis vermitteln kann. Ziel der ärztlichen Weiterbildung als Prozess der Spezialisierung ist es, die fachliche Kompetenz für die entsprechende Zusatzbezeichnung – hier: Spezielle Schmerztherapie – nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte zu erlangen. Die Erteilung einer vollen Weiterbildungsbefugnis für die gesamte Dauer der Weiterbildung setzt deshalb voraus, dass der Kläger an seiner Weiterbildungsstätte sämtliche Weiterbildungsinhalte der Zusatzbezeichnung, die im Abschnitt C, Nr. 41 WBO geregelt sind, lückenlos vermitteln kann.
aa) Maßgeblich sind hierfür nach § 5 Abs. 5 WBO die Kriterien des Versorgungsauftrags, der Leistungsstatistik sowie die personelle und materielle Ausstattung der Weiterbildungsstätte. Zwar handelt es sich bei dem Versorgungsauftrag, der Leistungsstatistik sowie der personellen und materiellen Ausstattung der Weiterbildungsstätte in § 5 Abs. 5 WBO i.V.m. Art. 31 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 HKaG um unbestimmte Rechtsbegriffe. Die Auslegung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe durch die Beklagte ist jedoch durch das Gericht voll überprüfbar, ein Beurteilungsspielraum ist der Beklagten – wie noch auszuführen sein wird – nicht eingeräumt (so auch VG Regensburg, U.v. 16.4.2015 – RN 5 K 14.345 – juris Rn. 36; anderer Ansicht: VG Würzburg, U.v. 22.11.2010 – W 7 K 08.2253; VG Osnabrück, U.v. 7.11.2007 – 6 A 96/06 – juris Rn 50 ff.; offen lassend: VG Bayreuth, U.v. 17.4.2013 – B 4 K 11.870 – juris Rn. 38; VG München, U.v. 11.3.2014 – M 16 K 13.1440 – juris Rn. 28). Der von der Beklagten zitierte Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Februar 2015 (Az.: 21 ZB 11.86, juris) kann nicht so verstanden werden, dass darin ein Beurteilungsspielraum der Beklagten angenommen wird. Vielmehr hat der zuständige Senat unter Randnummer 17 des genannten Beschlusses ausgeführt, dass der vom Rechtsmittelführer aufgeworfenen Frage eines Überschreitens des (vom Erstgericht, VG Würzburg, U.v. 22.11.2010 – W 7 K 08.2253, angenommenen) Beurteilungsspielraums durch sachfremde Erwägungen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Ebenso wenig ist der Beklagten ein Ermessensspielraum im Sinne des Art. 40 BayVwVfG i.V.m. § 114 VwGO hinsichtlich der gewählten Rechtsfolge – volle oder beschränkte Befugniserteilung, ggf. in welchem zeitlichen Umfang – eingeräumt. Vielmehr folgt aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG im Falle des Vorliegens der im HKaG und der WBO geregelten Erteilungsvoraussetzungen als Berufsausübungsregelungen in der Gestalt eines präventiven Erlaubnisvorbehalts (siehe dazu unten c)) ein Rechtsanspruch auf die volle Weiterbildungsbefugnis (OVG SH, U.v. 23.7.1992 – 3 L 323/91 – juris Rn. 24; allgemein Grünewald, DÖV 2012, 185/187; anderer Ansicht: VG Ansbach, U.v. 10.5.2006 – AN 9 K 05.04526 – juris Rn. Rn. 28).
Der durch Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) garantierte effektive Rechtsschutz gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt umfasst nicht nur den Zugang zu den Gerichten, sondern darüber hinaus auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes und eine daraus resultierende (grundsätzlich) volle gerichtliche Kontrolle. Deshalb kommt es nur in Ausnahmefällen in Betracht, die gerichtliche Kontrolle bestimmter Verwaltungsakte einzuschränken. Gleichwohl schließt der von Art. 19 Abs. 4 GG geforderte lückenlose Rechtsschutz nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts normativ eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume nicht von vornherein aus, da die verwaltungsgerichtliche Überprüfung nicht weiterreichen kann als die materiell-rechtliche Bindung der Verwaltung (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2019 – 20 BV 17.1507 – juris Rn. 63 mit Verweis auf BVerfG, B.v. 16.12.1992 – 1 BvR 167/87 – BVerfGE 88, 40 ff., juris Rn. 44, 55; BVerfG, B.v. 8.7.1982 – 2 BvR 1187/80 – BVerfGE 61, 82/111 = NJW 1982, 2173; BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34/50). Gerichtliche Kontrolle kann demnach nicht stattfinden, soweit das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das behördliche Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und der Verwaltung einen Beurteilungsspielraum in der Form eines Einschätzungs- oder Auswahlspielraumes belässt (vgl. BayVGH, a.a.O., juris Rn. 63 mit Verweis auf BVerfG B.v. 31.5.2011 – 1 BvR 857/07 a.a.O., juris Rn. 73 m.w.N.).
So sind in der Rechtsprechung derartige Beurteilungsermächtigungen beispielsweise anerkannt bei Prüfungs- oder prüfungsähnlichen Entscheidungen, für beamtenrechtliche Beurteilungen, bei Entscheidungen mit planerischem Einschlag, in Fällen, in denen eine Verwaltungsentscheidung wegen hoher Komplexität oder besonderer Dynamik der geregelten Materie nur schwer nachvollzogen werden kann und die gerichtliche Kontrolle daher an ihre Funktionsgrenzen stößt, oder auch bei Wertungen, die das Gesetz sachverständigen oder pluralistisch zusammengesetzten Gremien anvertraut (vgl. zu den verschiedenen anerkannten Fallgruppen Rennert in: Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 59 ff.). Eine Begrenzung der gerichtlichen Kontrolle setzt aber neben dem Vorliegen eines unbestimmten Rechtsbegriffs jedenfalls voraus, dass die Behörde durch das jeweilige Gesetz dazu ermächtigt worden ist, abschließend darüber zu befinden, ob die durch den unbestimmten Rechtsbegriff gekennzeichneten tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind (sog. normative Ermächtigungslehre). Diese Ermächtigung muss grundsätzlich dem Wortlaut des jeweiligen Gesetzes, der Vorschrift aber jedenfalls im Wege der Auslegung entnommen werden können, da es im Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes die Aufgabe des Gesetzgebers ist, unter Beachtung der Grundrechte die subjektive Rechtsposition zuzuweisen und auszugestalten, deren gerichtlichen Schutz Art. 19 Abs. 4 GG voraussetzt und gewährleistet (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2019 – 20 BV 17.1507 – juris Rn. 65 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 3 C 8/06; Rixen in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 86 Rn. 42 ff.; Rennert in: Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 51; Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 114 Rn. 93 ff.).
Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsvorschriften sehen eine derartige Ermächtigung der Beklagten nicht vor. Dem Wortlaut des Art. 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 HKaG lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass das Vorliegen der darin festgelegten Voraussetzungen nicht der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen soll. Auch durch Auslegung des Gesetzes lässt sich ein derartiger Beurteilungsspielraum nicht ermitteln. Maßgeblich für die Auslegung ist dabei insbesondere der Sinn und Zweck der entsprechenden materiell-rechtlichen Vorschrift, ferner auch die Natur der Sache oder der Gesichtspunkt, dass die Rechtsprechung andernfalls an Funktionsgrenzen stoßen würde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 114 Rn. 24). Es handelt sich hierbei jedoch lediglich um Indizien, die für sich genommen nicht für die Annahme einer behördlichen Letztverantwortlichkeit ausreichen. Entscheidend sind vielmehr konkrete normative Anhaltspunkte, aus denen sich der deutliche Wille des Gesetzgebers zur Einräumung einer behördlichen Letztentscheidungsbefugnis ergibt (vgl. Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 114 Rn. 93).
Den in Art. 31 HKaG durch den Landesgesetzgeber normierten Voraussetzungen für die Ermächtigung zur Weiterbildung liegt das Erfordernis der Qualitätssicherung der ärztlichen Weiterbildung zugrunde. Die genannten unbestimmten Rechtsbegriffe enthalten aber keine prognostischen oder stark wertenden Elemente, die einzig von einer Behörde mit besonderer fachlicher Qualifikation und Legitimation entschieden werden könnten und hinsichtlich derer die gerichtliche Nachprüfbarkeit an ihre Grenzen stoßen könnte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Vorstand der Beklagten selbst nicht über die erforderliche Sachkunde in allen medizinischen Bereichen verfügt, in denen eine Weiterbildungsbefugnis erteilt werden kann (vgl. VG Regensburg, U.v. 16.4.2015 – RN 5 K 14.345 – juris Rn. 36). Vielmehr konsultiert der Vorstand der Beklagten in fachlichen Fragen selbst regelmäßig – und so auch hier – ein Fachberatergremium. Aus diesem Grund ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Verwaltungsgerichte nicht eigenständig beurteilen könnten, ob der betreffende Antragsteller fachlich und persönlich geeignet ist und über eine entsprechende Weiterbildungsstätte im Sinne des Art. 31 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 HKaG verfügt, welche eine umfassende und qualitativ hochwertige ärztliche Weiterbildung in dem entsprechenden Bereich sicherstellen kann. Zur Klärung dieser Frage kann das Gericht bei Bedarf ein Sachverständigengutachten einholen, wenn ihm selbst die ausreichende Sachkunde hierfür fehlt (vgl. dazu auch Grünewald, DÖV 2012, 185/188). Die Gerichte stoßen hierbei keinesfalls an ihre Grenzen, es handelt sich vielmehr um eine originär richterliche Aufgabe, auch komplexe und schwierige Sachverhalte – nötigenfalls unter Zuhilfenahme von Sachverständigen – zu beurteilen und unter das nach Auslegung ermittelte anzuwendende Recht zu subsumieren (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2019 – 20 BV 17.1507 – juris Rn. 89).
Die der Beklagten nach Art. 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 HKaG durch den Landesgesetzgeber verliehene Rechtssetzungskompetenz hinsichtlich der Voraussetzungen für die Erteilung der Weiterbildungsermächtigung lässt ebenfalls nicht auf einen derartigen Beurteilungsspielraum der Beklagten schließen. Auch wenn der eigenständigen Schaffung rechtlicher Voraussetzungen ein gewisser Spielraum innewohnt, kann aus dieser Gestaltungsfreiheit der Beklagten bei der autonomen Rechtsetzung nicht abgeleitet werden, dass auch die Verwaltungsentscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung der Weiterbildungsermächtigung im Einzelfall letztverbindlich sein soll. Denn die Zulässigkeit einer durch die Körperschaft im Rahmen ihrer Satzungsautonomie geschaffenen materiellen Regelung ist von der Frage der gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Entscheidungen in Vollzug dieses Satzungsrechts zu trennen (vgl. Grünewald, DÖV 2012, 185, 189). Zwar kann die Funktionsgrenze der Rechtsprechung dort erreicht werden, wo ein Gericht zwischen verschiedenen jeweils vertretbaren fachwissenschaftlichen Positionen entscheiden müsste, da es nicht die Aufgabe des Gerichts ist, wissenschaftliche Streitfragen zu entscheiden oder eine solche Entscheidung durch die Erteilung von Forschungsaufträgen zu ermöglichen oder zu fördern (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2019 – 20 BV 17.1507 – juris Rn. 89 m.w.N.). Dies kann es im vorliegenden Fall gleichwohl nicht rechtfertigen, der Behörde hinsichtlich der Entscheidung, ob ein Arzt die Voraussetzungen für die Ermächtigung zur Weiterbildung erfüllt, eine Letztentscheidungskompetenz einzuräumen. Denn wissenschaftliche Streitfragen müssten allenfalls auf Ebene der materiellen Rechtmäßigkeit der durch die Beklagte in der Weiterbildungsordnung geregelten Kriterien entschieden werden (siehe dazu unter c)). Die gerichtliche Kontrolle dagegen auch auf der Ebene der Verwaltungsentscheidung über das Vorliegen der in der WBO geregelten Kriterien einzuschränken, würde gegen das in Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte Gebot effektiven Rechtsschutzes verstoßen. Die Entscheidung der Beklagten zur Erteilung der Weiterbildungsbefugnis unterliegt daher uneingeschränkt der gerichtlichen Überprüfung.
bb) Zu Recht geht die Beklagte davon aus, dass der Kläger die genannten Voraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für die gesamte Dauer der Weiterbildung von zwölf Monaten nicht erfüllt, weil er als Weiterbilder in seiner Praxis nicht alle vorgeschriebenen Inhalte nach Abschnitt C, Nr. 41 WBO vermitteln kann. Denn nach der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen vollen Überzeugung der Kammer (§ 108 Abs. 1 VwGO) kann der Kläger die im Abschnitt C, Nr. 41 WBO unter „definierte Untersuchungs- und Behandlungsverfahren“, zweiter Spiegelstrich, sowie in den auf der Grundlage des § 4 Abs. 4 WBO ergangenen norminterpretierenden Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung (Weiterbildungsrichtlinien, Abschnitt B Nr. 39) vorgesehene „multimodale Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ in seiner Praxis nach den Kriterien des § 5 Abs. 5 WBO als Weiterbildungsinhalt nicht vermitteln.
Zwar kann – wie die Fachberater der Beklagten, Frau Dr. B* … und Herr Dr. M* …, in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert haben – der Begriff der „multimodalen Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ in der WBO nicht auf die sog. Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (IMST) verengt werden. Dies überzeugt schon deshalb, weil die IMST bei Erlass der WBO im Jahr 2004 zwar schon in einzelnen Kliniken als Behandlungsmethode eingeführt, jedoch fachlich noch nicht allgemein anerkannt war. Darauf kommt es jedoch zur Überzeugung der Kammer nicht entscheidend an. Denn der Kläger kann den Weiterbildungsinhalt der „multimodalen Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ im Sinne der WBO nicht erfüllen. Im Wortlaut der WBO ist vorangestellt und damit besonders hervorgehoben der Begriff des „Multimodalen“. Unter multimodaler Therapie ist, wie die Fachberaterin Dr. B* … in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargestellt hat und wie sich auch aus verschiedenen allgemein zugänglichen Quellen nachvollziehen lässt, ein Behandlungsansatz zu verstehen, bei dem sich die (Schmerz-)Therapie nicht auf eine Behandlungsmethode beschränkt, sondern aus mehreren Bausteinen verschiedener Fachrichtungen zusammengestellt wird. Des Weiteren hat die Fachberaterin Dr. B* … in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass maßgeblich die Unterscheidung zwischen „multidisziplinärer“ und „interdisziplinärer“ Behandlung sei. Multidisziplinär bedeute in diesem Zusammenhang, dass verschiedene Fachbereiche parallel arbeiteten. Interdisziplinär bedeute hingegen, dass die verschiedenen Fachbereiche präsent seien und gemeinsam, nicht nebeneinander an einen Patienten herangingen. Multimodale Therapie bedeute somit, dass die verschiedenen Bausteine an einem Ort ineinandergreifen.
Diese fachlichen Einschätzungen begegnen keinem rechtlichen Einwand. Zwar dürfen die Ärztekammern und ihre Fachberater nicht außerhalb der WBO eigene Beurteilungsraster und Entscheidungskriterien entwickeln. Sie sind jedoch rechtlich nicht gehindert, auf der Grundlage der WBO bestimmte Kriterien als Auslegungshilfen heranzuziehen und sich bei der Entscheidung im Einzelfall daran zu orientieren (BayVGH, B.v. 18.3.2015 – 21 ZB 14.924 – juris Rn. 22). Die Auslegung des Begriffs der „multimodalen Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ in der WBO durch die Fachberater der Beklagten lässt sich anhand allgemein zugänglicher Quellen nachvollziehen. So wird die multimodale Therapie (von lateinisch multos, d.h. viel, groß, stark und lateinisch modus, d.h. Maß, Ziel, Vorschrift, Art und Weise), auch interdisziplinäre Therapie genannt, allgemein definiert als eine „therapeutische Vorgehensweise, bei der unterschiedliche Behandlungsansätze miteinander kombiniert werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen“ (Wikipedia: Multimodale Therapie). Als multimodale Schmerztherapie wird definiert ein therapeutischer Ansatz, welcher von einer kombinierten Schmerzbehandlung ausgeht, die eine mindestens siebentägige interdisziplinäre Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzzuständen (z.B. Wirbelsäulenleiden, einschließlich Tumorschmerzen) unter Einbeziehung von mindestens zwei Fachdisziplinen, davon eine psychiatrische, psychosomatische oder psychologische Disziplin nach einem ärztlichen Behandlungsplan mit Behandlungsleitung umfasst. Unter dieser Bezeichnung gibt es verschiedene standardisierte Verfahren mit einer Dauer von bis zu fünf Wochen, die teilweise zusätzlich nach einer längeren Behandlungspause eine erneute, kurze Behandlung zur Auffrischung der Behandlungsinhalte einschließen (Wikipedia; Multimodale Schmerztherapie; vgl. auch Dr. med. Arnold, Multimodale Schmerztherapie in Bayern, Bayerisches Ärzteblatt, Heft 3/2005, S. 216).
Das Gericht sieht aufgrund der überzeugenden Ausführungen der von der Beklagten herangezogenen Sachverständigen (Fachberater) keine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung. Die Verwertung eines von den Parteien vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung durch den Sachverständigen erläuterten Sachverständigengutachtens durch das Gericht ist nur dann unzulässig, wenn das Gutachten grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters bestehen (BVerwG, U.v. 9.7.2009 – 4 C 12.07 – juris Rn. 11 m.w.N.; OVG NW, U.v. 30.10.1996 – 21 D 2/89.AK – juris Rn. 154). Die Stellungnahmen der sachkundigen Fachberater der Beklagten, welche im Laufe des Gerichtsverfahrens mehrfach erläutert und präzisiert sowie durch die Einholung von Stellungnahmen von Prof. Dr. A* … (Anlagen B 14, 26) nochmals durch einen dritten Sachverständigen bestätigt wurden, sind uneingeschränkt verwertbar. Sie weisen keine Mängel auf, welche sie im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung des Sachverhaltes ungeeignet erscheinen lassen. Die Beurteilung der Fachberater wurde auch nicht durch substantiierten Vortrag des Klägers ernsthaft erschüttert (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2007 – 4 C 12.05 – juris Rn. 71). Des Weiteren liegen auch keine Hinweise für eine Voreingenommenheit der Sachverständigen vor. Zwar hat der Kläger eingewandt, die Auswahl der Fachberater durch die Beklagte sei tendenziös, da lediglich Fachberater aus dem stationären Bereich ausgewählt worden seien. Dies trifft aber nicht zu, weil die Fachberaterin Dr. B* … auch im ambulanten Bereich tätig ist. Im Übrigen hat die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar das Verfahren der Bestellung der Fachberater erläutert und dem Kläger auch die Möglichkeit aufgezeigt, selbst Personen als Fachberater vorzuschlagen, welche innerhalb kurzer Zeit, d.h. innerhalb von drei Monaten bis zur nächsten Sitzung des Vorstands, bestellt werden könnten. Anhaltspunkte für eine Befangenheit der Fachberater im Sinne des Art. 21 BayVwVfG sieht das Gericht nicht unter dem Aspekt, dass diese eine wissenschaftlich anerkannte – wenn auch nicht unumstrittene – Meinung vertreten, welcher der Kläger nicht folgt. Entscheidend ist, dass die fachlichen Stellungnahmen nachvollziehbar und nicht willkürlich sind. Die Stellungnahmen der Fachberater gehen auch von einem zutreffenden Sachverhalt aus, insbesondere wurden die Ausführungen des Klägers zu seinem Behandlungsansatz ausführlich gewürdigt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Aussagen der Fachberater aus allgemein zugänglichen Quellen nachvollzogen werden können, hat das Gericht deshalb keine Zweifel an der Verwertbarkeit der fachlichen Stellungnahmen.
Somit steht zur vollen Überzeugung der Kammer fest, dass der Begriff der „multimodalen Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ in Abschnitt C Nr. 41 WBO einen Therapieansatz bezeichnet, welcher die gleichzeitige, inhaltlich eng aufeinander abgestimmte und ineinandergreifende Behandlung Schmerzkranker durch ein aus mehreren Vertretern unterschiedlicher therapeutischer Disziplinen, nämlich zumindest der ärztlichen und der psychologischen bzw. psychotherapeutischen Fachrichtung, zusammengesetztes Behandlerteam in ineinandergreifender Zusammenarbeit beinhaltet.
cc) Die so verstandene „multimodale Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ wendet der Kläger in seiner Praxis nicht an, weshalb er sie einem in der Weiterbildung befindlichen Arzt nicht vermitteln kann. Nach den Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung sowie in den vorbereitenden Schriftsätzen arbeitet dieser in seiner Praxis als Therapeut alleine. Zwar findet einmal im Monat eine vom Kläger moderierte Schmerzkonferenz statt, in welcher schwierige Fälle aus dem Blickwinkel verschiedener Fachrichtungen diskutiert werden. Der Kläger hat auch erläutert, dass er Patienten, bei welchen seine eigene Behandlung nicht zufriedenstellend anschlage, zunächst an Kollegen anderer Fachrichtungen im ambulanten Bereich, beispielsweise aus der psychiatrischen Fachrichtung, überweise, bevor er soweit erforderlich eine Überweisung in eine stationäre Behandlung veranlasse. Damit räumt der Kläger aber ein, dass er selbst in seiner Praxis keinen multimodalen Ansatz in interdisziplinärer Zusammenarbeit anbietet. Die vom Kläger veranstaltete Schmerzkonferenz kann die fehlende Interdisziplinarität seines Behandlungsansatzes nicht ersetzen. Zum einen fehlt es, wie die Fachberaterin Dr. B* … in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat, an der Interdisziplinarität des Behandlungsansatzes, weil nicht alle an der Behandlung beteiligten Fachdisziplinen an einem Ort im Zusammenwirken einen Behandlungsplan für den Patienten erstellen und umsetzen. Zum anderen kann die Beklagte bei der Vorgehensweise des Klägers auch kaum nachprüfen, ob die objektiven Anforderungen an die erforderliche Interdisziplinarität dauerhaft erfüllt werden.
dd) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf die Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten nach § 135 Abs. 2 SGB V (Qualitätssicherungsvereinbarung) bzw. auf die von ihm abgerechneten Behandlungsziffern. Aus § 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung ergibt sich eindeutig, dass diese die Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Schmerztherapie chronisch schmerzkranker Patienten regelt. Es handelt sich somit, ebenso wie bei den vom Kläger angeführten Abrechnungsziffern, um Abrechnungsregelungen im Rechtsverhältnis des Klägers zur Kassenärztlichen Vereinigung bzw. zu den gesetzlichen Krankenkassen. Eine Aussage für die fachliche Eignung der vom Kläger betriebenen Weiterbildungsstätte und damit für das Vorliegen der Voraussetzungen einer vollen Weiterbildungsbefugnis lässt sich daraus nicht ableiten. Maßgeblich für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis sind vielmehr allein die in der WBO aufgestellten fachlichen Kriterien.
c) Die hier maßgeblichen Vorschriften, insbesondere § 5 Abs. 5, § 6 Abs. 2 WBO i.V.m. dem Abschnitt C Nr. 41 sind auch von der Satzungsermächtigung in Art. 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 HKaG gedeckt und im Übrigen mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie verlassen auch nicht den durch das Satzungsermessen der Beklagten gezogenen Rahmen.
aa) Die einschlägigen Vorschriften der Weiterbildungsordnung sind von der Ermächtigung in Art. 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 HKaG gedeckt, welche der Beklagten ausdrücklich die Befugnis überträgt, durch Satzung die Voraussetzungen für die Erteilung der Weiterbildungsermächtigung und -zulassung zu regeln. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigung in Art. 35 Abs. 2 Nr. 4 HKaG bestehen nicht, insbesondere verstößt diese nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. Wie das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, bedarf die Regelung der „statusbildenden Formen“ der Facharztanerkennung in den Grundzügen eines förmlichen Gesetzes, um dem Gesetzesvorbehalt zu genügen (BVerfG, B.v. 9.5.1972 – 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64, Facharztbeschluss – BVerfGE 33, 125, juris Rn. 101 ff., insbesondere Rn. 113). Im vorliegenden Falle geht es nicht um statusbildende Regelungen, d.h. die Voraussetzungen, die Mindestdauer, das Anerkennungsverfahren und Rücknahmegründe für eine Facharztanerkennung, sondern um die Befugnis eines Arztes zur Weiterbildung anderer Ärzte auf dem Gebiet einer Zusatzbezeichnung, hier konkret der Speziellen Schmerztherapie. Der Landesgesetzgeber durfte deshalb in Art. 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 HKaG die Voraussetzungen für die Erteilung der Weiterbildungsbefugnis der Beklagten zur Regelung durch autonomes Satzungsrecht überlassen.
bb) Die einschlägigen Regelungen, insbesondere § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 2 WBO sind auch mit höherrangigem Recht vereinbar, insbesondere sind die damit verbundenen Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt. Indem die Beklagte in ihrer Weiterbildungsordnung die Voraussetzungen für die Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis regelt, regelt sie Aspekte der ärztlichen Berufsausübung. Es handelt sich demgegenüber nicht um subjektive oder gar objektive Zulassungsschranken im Sinne der Drei-Stufen-Theorie des Bundesverfassungsgerichtes, da der ausbildende Arzt auch bei Erteilung nur einer beschränkten Weiterbildungsbefugnis nicht in seiner Berufsausübung gehindert wird und auch weiterhin als Arzt praktizieren kann (vgl. HessVGH, U.v. 12.3.1996 – 11 UE 2853/94 – juris Rn. 29; BayVGH, B.v. 28.2.2014 – 21 ZB 13.1882 – juris Rn. 11). Dass die Beklagte eine bestimmte Behandlungsform als zwingenden Weiterbildungsinhalt fordert, beeinträchtigt nicht die Wahlfreiheit des Klägers zwischen mehreren ihm zur Verfügung stehenden anerkannten Behandlungsmethoden, sondern bestimmt nur die Entscheidung darüber mit, in welchem Umfang ihm eine Weiterbildungsbefugnis zu erteilen ist. Regelungen der Berufsausübung sind gerechtfertigt, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, hier die Sicherung der Qualität der ärztlichen Weiterbildung im Hinblick auf den Gesundheitsschutz der Patienten sowie die Sicherung der Qualität ärztlicher Behandlungen, vorliegen. Im Hinblick auf diese hochrangigen Schutzzwecke sind die einschlägigen Regelungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Dafür spricht auch, dass die Beklagte die Möglichkeit hat, eine zeitlich begrenzte Weiterbildungsbefugnis zu erteilen, wenn zwar nicht alle Weiterbildungsinhalte vermittelt werden können, im Übrigen aber die an Inhalt, Ablauf und Zielsetzung der Weiterbildung gestellten Anforderungen erfüllt werden. Durch diese Möglichkeit einer beschränkten Befugniserteilung wird der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung auf das unbedingt notwendige Maß reduziert. In diesem Sinne wurde dem Kläger auch eine zeitlich beschränkte Weiterbildungsbefugnis erteilt.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen auch nicht im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, da alle Antragsteller für die Erteilung einer vollen Weiterbildungsbefugnis in der einschlägigen Zusatzbezeichnung dieselben Kriterien erfüllen müssen. Jedenfalls liegt aber in der Differenzierung zwischen Weiterbildungsstätten, welche alle vorgeschriebenen Weiterbildungsinhalte vermitteln können, und solchen Weiterbildungsstätten, welche nur einen Teilausschnitt dieser Weiterbildungsinhalte vermitteln können, auch ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vor. Dass diese Kriterien im ambulanten Bereich schwieriger oder gar nicht zu erfüllen sein mögen, liegt in der Natur der Sache, weil im ambulanten Bereich häufig – wie auch im Falle des Klägers – nicht alle einschlägigen Fachrichtungen in einer Praxis vereint sind.
cc) Des Weiteren überschreitet die Beklagte bei der Aufstellung der entsprechenden inhaltlichen Anforderungen an die Weiterbildung, insbesondere der Anforderung der Behandlungsmethode „multimodale Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ in Abschnitt C Nr. 41 WBO, auch nicht das ihr zukommende Satzungsermessen. Bei dem mit der gesetzlichen Ermächtigung, eigenes Satzungsrecht zu erlassen, eingeräumten Normsetzungsermessen handelt es sich nicht um ein Verwaltungsermessen i.S.d. Art. 40 BayVwVfG, § 114 VwGO, sondern um einen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers vergleichbaren Gestaltungsspielraum, mit dem eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle einhergeht (Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 217; Ossenbühl in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Band III § 66 Rn. 47). Das Gericht kann deshalb – neben der Einhaltung des von der Ermächtigungsgrundlage gezogenen gesetzlichen Rahmens sowie der Vereinbarkeit der getroffenen Satzungsregelungen mit sonstigem höherrangigen Recht – nur überprüfen, ob die Beklagte mit der konkreten Satzungsregelung den Rahmen des Vertretbaren verlassen hat. Es handelt sich um eine Willkürkontrolle (Schmidt-Aßmann a.a.O. Rn. 217a; Ossenbühl a.a.O. Rn. 48).
Gemessen daran hat die Beklagte mit der Forderung des Behandlungsverfahrens der „multimodalen Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit“ als zwingendem Weiterbildungsinhalt ihren satzungsrechtlichen Gestaltungsspielraum nicht verlassen. Die Festlegung dieses Kriteriums ist sachlich begründet und damit willkürfrei. Wie die Stellungnahmen der Fachberater der Beklagten deutlich gemacht haben und sich auch anhand allgemein zugänglicher Quellen nachvollziehen lässt, bilden im Bereich der Schmerztherapie multimodale Ansätze den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung ab, auch wenn diese nicht unumstritten sein mögen. Der Fachberater Dr. M* … hat hierzu in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass die Beklagte bei der Aufstellung der fachlichen Weiterbildungsinhalte sich an einschlägige fachliche Richtlinien hält. Demgegenüber äußert der Kläger zwar Zweifel an der wissenschaftlichen Evidenz interdisziplinärer Ansätze, insbesondere der IMST, er vermag damit jedoch die oben genannten sachverständigen Äußerungen nicht zu erschüttern. Dass der Kläger seinerseits auf Studien Bezug nimmt, welche die Wirksamkeit der IMST in Frage stellen sollen, stellt keinen substantiierten Angriff gegen die fachlichen Stellungnahmen dar. Der von ihm in der mündlichen Verhandlung auszugsweise zitierte Artikel aus der Zeitschrift „Der Schmerz“, Jahrgang 2020, Heft 34, S. 127/128, mag dafür sprechen, dass es zur Evidenz der IMST tatsächlich unterschiedliche Auffassungen gibt. Dies führt aber nicht dazu, dass die der multimodalen Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit zugrundeliegenden wissenschaftlichen Meinungen unvertretbar sind. Zum einen ist, wie ausgeführt, der Begriff der multimodalen Therapie in der Weiterbildungsverordnung nicht auf die IMST zu verengen. Zum anderen hat der Fachberater Dr. M* … in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar erläutert, dass der vom Kläger angeführte sich mit einem Einzelfall einer einzelnen Klinik befasst und keine allgemeine wissenschaftliche Tendenz darstellt. Dass vom Kläger konsultierte Fachkollegen ähnliche Erfahrungen haben oder Meinungen vertreten, genügt nicht, um die fachliche Plausibilität der Aussagen der Fachberater zu erschüttern. Es handelt sich somit offensichtlich um eine wissenschaftliche Streitfrage, welche im Verwaltungsprozess nicht abschließend geklärt werden kann und auch keiner Klärung bedarf, da hierdurch nicht die sachliche Begründbarkeit des Kriteriums der multimodalen Therapie entfällt.
3. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.