Medizinrecht

Zuständige Behörde für die Zuordnung von Versicherungszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung

Aktenzeichen  L 1 RS 6/14

Datum:
2.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 69569
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
AAÜG AAÜG § 2 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5, § 8 Abs. 1 S. 1
SGG SGG § 75 Abs. 5
SGB VI § 137

 

Leitsatz

1. Für die Entscheidung über die Zuordnung von Versicherungszeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung ist auch für Zeiten der Zugehörigkeit des Versicherten zu einem Zusatzversorgungssystem der für die Feststellung der Leistungen zuständige Rentenversicherungsträger und nicht der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme zuständig. (amtlicher Leitsatz)
2 Eine Entscheidung nach § 75 Abs. 5 SGG gegenüber einem Beigeladenen scheidet aus, wenn der Kläger eine Verurteilung des Beigeladenen ausdrücklich ablehnt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 3 RS 1/12 2014-09-03 GeB SGBAYREUTH SG Bayreuth

Tenor

I.
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 3. September 2014 wird zurückgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen die Beklagte zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unzulässig.
Der 1. Senat, nicht der 13. Senat des Bayerischen Landessozialgerichts ist zur Entscheidung berufen. Für den 13. Senat ist in der Ziff. 2c) des Geschäftsverteilungsplans A des Bayer. Landessozialgerichts unter „Sonstiges“ zwar folgende Zuständigkeit angegeben: „Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (gesetzliche Rentenversicherung) Eingänge ab 01.01.2005“. Der 13. Senat des Bayerischen Landessozialgerichts ist damit jedoch nur dann zuständig, wenn Beklagte (oder Klägerin) die DRV Knappschaft-Bahn-See ist. Dies ist in diesem Verfahren jedoch nicht der Fall, Beklagte ist hier die Bundesrepublik Deutschland, die DRV KBS ist Beigeladene. Im Übrigen verbleibt es bei den allgemeinen Regelungen des Geschäftsverteilungsplans A, woraus sich eine Zuständigkeit des 1. Senats ergibt.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Soweit der Kläger von der Beklagten die Zuordnung des Zeitraums 1. April 1967 bis 24. März 1970 zur knappschaftlichen Rentenversicherung begehrt, ist die Klage unzulässig. Insoweit enthält der angefochtene Bescheid vom 26. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Januar 2012 keine Regelung.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hat die Beklagte als zuständiger Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung (hier: der Beigeladenen) unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehört auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet (vgl. § 8 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 AAÜG). Der Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme hat gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 AAÜG dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung bekannt zu geben, die gem. § 8 Abs. 2 AAÜG dem zuständigen Rentenversicherungsträger zu übermitteln ist. Diese Mitteilung beinhaltet nach dieser Bestimmung die Zeiten der Zugehörigkeit des Berechtigten zu einem Zusatzversorgungssystem und das daraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen. Mitzuteilen sind auch die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (vgl. §§ 6, 7 AAÜG i. V. m. § 8 Abs. 2 AAÜG) sowie schließlich die Summe der Arbeitsausfallstage nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 S. 3 AAÜG.
Der für die Feststellung der Leistungen zuständige Träger der Rentenversicherung (hier: die Beigeladene) ist für die Erfüllung der Aufgaben der Rentenversicherung zuständig. Er ist an den Bescheid des Versorgungsträgers gebunden (§ 8 Abs. 5 Satz 1, 2 AAÜG).
Dies bedeutet, dass die Beigeladene als Rentenversicherungsträger zwar ohne Änderungsbefugnisse die von der Beklagten mit angefochtenem Bescheid vom 26. Oktober 1999 festgestellten Entgelte der Rentenberechnung zugrunde zu legen hat, jedoch allein die Beigeladene als Rentenversicherungsträger in eigener Zuständigkeit über die Frage zu entscheiden hat, ob die betreffenden Zeiten der knappschaftlichen Rentenversicherung oder der allgemeinen Rentenversicherung zuzurechnen sind. Weder in der Mitteilung gegenüber dem Rentenversicherungsträger noch in dem Bescheid an den Versicherten, hier den Kläger, hat der Versorgungsträger Aussagen darüber zu treffen, welchem Versicherungszweig die betreffenden Zeiten zugehören. Das AAÜG enthält hierfür keine Rechtsgrundlage.
Die Beklagte hat dementsprechend in dem angefochtenen Bescheid vom 1999 zu der Frage, ob der strittige Zeitraum der knappschaftlichen Rentenversicherung oder der allgemeinen Rentenversicherung zuzuordnen ist, – zu Recht – keine Entscheidung gefällt, sondern vielmehr nur die oben wiedergegebenen, im AAÜG vorgesehenen Feststellungen getroffen. Eine dennoch unmittelbar auf Zuordnung dieser Zeiten zur knappschaftlichen Rentenversicherung gerichtete Klage ist damit unzulässig. Zunächst müsste der Kläger jedenfalls eine Entscheidung der Beklagten insoweit abwarten, wobei diese notwendigerweise dahingehend ausfallen müsste, dass die Beklagte sich insoweit für unzuständig erklärt.
Vom Senat war nach der eindeutigen Antragstellung in der mündlichen Verhandlung nicht zu entscheiden, ob der Kläger gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Zuordnung des Zeitraums 1. April 1967 bis 24. März 1970 zur knappschaftlichen Rentenversicherung hat.
Grundsätzlich war der Senat auch gemäß § 75 Abs. 5 SGG zu einer Entscheidung darüber berufen, ob ein entsprechender Anspruch des Klägers gegen die Beigeladene besteht. Nach dieser Bestimmung kann ein Versicherungsträger nach Beiladung und damit hier die Beigeladene verurteilt werden. Die hieraus resultierende Zuständigkeit des angegangenen Gerichts ist jedenfalls vorrangig gegenüber der allgemeinen Zuständigkeitsregelung des Geschäftsverteilungsplanes A des Bayerischen Landessozialgerichts, wonach der 13. Senat zuständig ist, wenn die DRV KBS Beklagter (oder Klägerin) ist. Einer Entscheidung nach § 75 Abs. 5 SGG gegenüber der Beigeladenen stünde auch nicht entgegen, dass vor dem Sozialgericht München insoweit bereits ein Verfahren gegen diese anhängig ist. In dem prozessualen Antrag auf Verurteilung der Beklagten ist darüber hinaus grundsätzlich auch der Hilfsantrag enthalten, die Beigeladene wegen der begehrten Leistung in Anspruch zu nehmen (vgl. zum Ganzen BSG, Urteile vom 30. November 1977, Az. 4 RJ 23/77, und vom 19. Mai 1982, Az. 11 RA 37/81, beide in juris).
Eine Entscheidung nach § 75 Abs. 5 SGG gegenüber der Beigeladenen scheidet jedoch dann aus, wenn der Kläger eine Verurteilung der Beigeladenen ausdrücklich ablehnt (BSG, a. a. O.). Dies ist hier der Fall. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2016 erklärt, ein Hilfsantrag auf Verurteilung der Beigeladenen werde ausdrücklich nicht gestellt, nachdem der Vertreter der Beigeladenen erklärt hatte, es bestehe kein Zweifel, dass es die Aufgabe der Beigeladenen sei, über die Anerkennung der strittigen Zeit als knappschaftliche Versicherungszeit zu entscheiden.
Über das Bestehen eines Anspruchs des Klägers auf Zuordnung der strittigen Zeit zur knappschaftlichen Rentenversicherung gegenüber der Beigeladenen wird daher in dem noch anhängigen Verfahren vor dem Sozialgericht München (Az. S 4 KN 124/14) zu befinden sein. Hier wird also insbesondere auch zu klären sein, ob sich ein dementsprechender Anspruch – wie vom Kläger behauptet – aus § 17 Abs. 1 der Förderungsverordnung ergibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel