Aktenzeichen 4 K 644/14
WEG § 8 WEG
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
FGO § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO
Leitsatz
Gründe
Finanzgericht München
Az.: 4 K 644/14
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
17. 2. 2016
Stichwort: Erhöhung des Miteigentumsanteils eines Wohnungseigentümers am Gemeinschaftseigentum als Grunderwerb
In der Streitsache
…
Klägerin
gegen
…
Beklagter
wegen Grunderwerbsteuer
hat der 4. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht die Richterin am Finanzgericht … und den Richter am Finanzgericht …, sowie die ehrenamtlichen Richter . und … ohne mündliche Verhandlung am 17. Februar 2016
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www….de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089 /
92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte wegen der Aufhebung eines Teiles der Wohnungseigentumseinheiten einer Wohnanlage, an der die Klägerin als Eigentümerin zweier Eigentumswohnungen beteiligt ist, zu Recht Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin festgesetzt hat.
Mit notariellen Urkunden vom 15. Juni 1994 und 12. Oktober 1994 wurden auf dem Grundstück Flurstücknummer . der Gemarkung K in G . 71 Wohnungs- und Teileigentumseinheiten begründet. Die ursprüngliche Eigentümerin des Grundstücks, die Fa. N KG ., hatte geplant, hierauf insgesamt 4 Häuser mit jeweils 10 Wohnungen sowie 30 TiefgaragenStellplätze zu erstellen, wobei das Haus Nr. 1 zusätzlich noch einen als Sondereigentum begründeten Hobbyraum erhalten sollte. Das Haus Nr. 3 sollte über den Tiefgaragen errichtet werden. Bislang ist nur der Bau der Häuser Nr. 1 und Nr. 2 mit insgesamt 21 Einheiten sowie der Bau der Tiefgarage mit 30 Stellplätzen erfolgt. Der Bau der Häuser Nr. 3 und Nr. 4 unterblieb. Im Jahre 2001 erwarb W, der selbst zu den Wohnungseigentümern zählte, u. a. das Recht zur Errichtung des Hauses Nr. 3 von der Fa. N KG. Im Zuge seiner diesbezüglichen Bauplanung stellte sich heraus, dass die Überbauung der Tiefgarage wegen erheblicher statischer Mängel nicht möglich war. Schließlich erhielt die Wohnungseigentümergemeinschaft von der Haftpflichtversicherung des Statikerbüros wegen der Mängel der Tiefgarage eine Entschädigung in Höhe von ca. 360.000 €, den erstere in ihr Verwaltungsvermögen einstellte. Um die in der Folgezeit bestehende Unsicherheit, ob der Eigentümer W von seinem Recht zur Erstellung des Hauses Nr. 3 noch Gebrauch machen würde, was anstelle der erforderlichen Sanierung der Tiefgarage deren kostenintensiven Abriss und Neubau bedeutet hätte, für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu beseitigen sowie zahlreiche Rechtstreitigkeiten zwischen W und der Eigentümergemeinschaft abzuschließen, ließen diese am 6. September 2013 eine Änderung der bisherigen Teilungserklärung notariell beurkunden. Unter Abschnitt III. der Urkunde („Nachtrag zur Begründung von Wohnungseigentum gemäß § 3 WEG“) erklärten sich sämtliche Wohnungseigentümer darüber einig, dass die für das Haus Nr. 3 bestimmten 10 Wohnungseigentumseinheiten aufgehoben und die hierdurch freigewordenen Miteigentumsanteile von 252,0910/1000 auf die übrigen Wohnungseigentumseinheiten, nicht hingegen auf die Tiefgaragenstellplätze, übertragen würden. Der Übertrag erfolgte somit auf die insgesamt 21 Einheiten der bestehenden Häuser Nr. 1 und Nr. 2 sowie auf die 10 Einheiten des noch nicht errichteten Hauses Nr. 4. In der Summe ergab sich hierdurch eine Erhöhung der bisherigen Miteigentumsanteile der 31 Eigentümer von 717,909/1000 auf 970,000/1000. Die Miteigentumsanteile der Klägerin in Bezug auf ihre zwei Eigentumswohnungen erhöhten sich dabei von 24,603/1000 um 8,6393/1000 auf 33,2423/1000 bzw. von 35,546/1000 um 12,4818/1000 auf 48,0278/1000. Unter Abschnitt V. Nr. 1. der Urkunde („Gegenleistung,
Abgeltung“) vereinbarte die Gesamtheit der Wohnungseigentümer u. a., dass der Eigentümer W für die Übertragung der Miteigentumsanteile und für die Aufgabe seines Rechtes, Wohnungs- und Teileigentum in einem zu errichtenden Haus Nr. 3 zu haben, sowie zur Abgeltung seiner eventuellen sonstigen Ansprüche im Sinne des Abschnittes V. Nr. 5 der Urkunde einen Betrag von 200.000 € erhalten sollte. Hierbei handelte es sich um eventuelle Ansprüche aus den zwischen dem Eigentümer W und der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen der Fragen der Sanierung der Tiefgarage und der Folgen hieraus für die Errichtung der Häuser Nr. 3 und 4 geführten Rechtsstreitigkeiten, die ebenso wie etwaige Ansprüche gegen den Eigentümer W mit dieser Vereinbarung abgegolten sein sollten. Schließlich bewilligten und beantragten die Vertragschließenden u. a. unter Abschnitt IX. Nr. 1 der Urkunde, die Änderung der Teilungserklärung nach Abschnitt III. der Urkunde und den damit verbundenen Eigentumsübergang in das Grundbuch einzutragen.
Der Beklagte sah die Erhöhung der Miteigentumsanteile u. a. der Klägerin als entgeltliche Grundstückserwerbe an und setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 25. November 2013 auf der Grundlage einer anteiligen Gegenleistung von 16.756 € Grunderwerbsteuer in Höhe von 586 € fest. Die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage ermittelte der Beklagte durch Anwendung des Prozentsatzes der Erhöhung der Miteigentumsanteile der Klägerin auf die vereinbarte Gegenleistung von 200.000 €. Hierdurch ergaben sich in Bezug auf die beiden Eigentumswohnungen der Klägerin Entgeltanteile von gerundet 6.854 € bzw. 9.902 €. Der mit Schreiben der Klägerin vom 26. November 2013 hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 10. März 2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 13. März 2014 erhobene und an demselben Tag bei Gericht eingegangene Klage, die die Klägerin wie folgt begründet: Der Grunderwerbsteuerbescheid sei aufzuheben, weil aufgrund der notariell beurkundeten Vereinbarung vom 6. September 2013 kein steuerbarer Grundstückserwerb erfolgt sei. Hierdurch habe der Eigentümer W lediglich auf das Recht verzichtet, das ursprüngliche Haus Nr. 3 mit den vorgesehenen 10 Eigentumswohnungen zu errichten. Der Wegfall tatsächlich nicht erstellter Wohnungseigentumseinheiten stelle keinen Grundstückserwerb dar. Es handele sich nur um eine proportionale Erhöhung der Miteigentumsanteile, ohne dass die Eigentümer hierdurch einen „Mehrerwerb“ erzielt hätten. Die Vereinbarung der Zahlung an den Eigentümer W sei darauf zurückzuführen, dass die übrigen Eigentümer ihre Ruhe haben und das Kostenrisiko neuer Rechtsstreitigkeiten vermeiden wollten. Durch die Vereinbarung hätte die Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich W dessen „Baurecht“ abgekauft.
Die Klägerin beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 25. November 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. März 2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Ansicht liege ein entgeltlicher Grundstückserwerb vor. Wohnungseigentum sei eine Form von Miteigentum an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einzelnen bestimmten Einheiten. Das Sondereigentum an den für das Haus Nr. 3 geplanten 10 Wohnungen sei durch die Vereinbarung zwar entfallen, die Erhöhung der Miteigentumsanteile der Wohnungseigentümer stelle jedoch eine Erweiterung der Berechtigung am Grundstück dar und unterliege deshalb der Grunderwerbsteuer. Da hierfür ein Betrag von 200.000 € gezahlt worden sei, sei dies die Gegenleistung für den Erwerb gewesen
Auf die richterliche Anordnung vom 16. November 2015 teilte die Klägerin mit, dass durch die Zahlung von 200.000 € keine Kostenerstattungsansprüche des Eigentümers W gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft abgegolten worden sind. Diesbezüglich habe es eine anderweitige Regelung gegeben. Der Zahlungsbetrag sei ausschließlich für den Verzicht auf das „Baurecht“ erfolgt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten und auf die die Klägerin betreffende Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1.) Die fristgerecht erhobene, und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.
a) Ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, unterliegt der Grunderwerbsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes -GrEStG-). Erfasst werden dabei Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Hierzu zählen auch das Wohnungseigentum und das Teileigentum im Sinne des § 1 Abs. 2 bzw. 3 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (WEG), weil es Miteigentum am Grundstück voraussetzt (vgl. Bundesfinanzhof -BFH- Urteil 25. Juni 1980 II R 28/79, BFHE 132, 316, BStBl II 1981, 332). Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört (§ 2 Abs. 2 WEG) und wird entweder durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum gemäß § 3 WEG oder durch Teilung gemäß § 8 WEG begründet. Dabei ist unabdingbar, dass jedem Miteigentümer Sondereigentum bestellt werden muss (vgl. Bärmann/Pick/Merle WEG 11. Auflage 2010, § 3 Rdnr. 18). Der Miteigentumsanteil und das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung sind deshalb untrennbar mit einander verbunden (§ 6 WEG). Im Grundsatz bedingen sich der Miteigentumsanteil und das damit verbundene Sondereigentum wechselseitig (vgl. Palandt/Bassenge 74. Auflage 2015, WEG § 3 Rdn. 3 bzw. 4; vgl. Bundesgerichtshof -BGH- Urteil vom 5. Dezember 2003 V ZR 447/01, NJW 2004, 1798). Zulässig ist jedoch die Vereinbarung einer Änderung der Miteigentumsanteile bei unverändertem Fortbestand des zugehörigen Sondereigentums, weil der Miteigentumsanteil nicht in einem bestimmten Größenverhältnis zum Wert oder Umfang des Sondereigentums stehen muss (vgl. BGH Urteil vom 18. Juni 1976 V ZR 156/75, MDR 1977, 41). Im Fall der Begründung von Wohnungseigentum durch vertragliche Einräumung (§ 3 WEG) oder durch Teilungserklärung (§ 8 WEG) wandelt sich Miteigentum aus Bruchteilen im Sinne des § 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bzw. Alleineigentum an einem Grundstück in Miteigentum in der auf besondere Weise ausgestalteten Form des Wohnungseigentums. Falls die Verschaffung von Wohnungseigentum zu einem steuerbaren Grundstückserwerb führt, ist dieser jedoch nur insoweit der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, als sich hierdurch nach den Grundsätzen der flächenweisen Aufteilung nach § 7 Abs. 1 GrEStG eine Änderung des Umfangs der Eigentumsberechtigung ergibt (vgl. BFH Urteile vom 6. Juli 1977 II R 33/76, BFHE 123, 60, BStBl II 1977, 780 und vom 30. Juli 1980 II R 19/77, BFHE 131,100, BStBl II 1980, 667). Die Begründung von Wohnungseigentum auf einem Grundstück ist auch dann schon zulässig, wenn das Gebäude noch nicht existiert, sondern erst zu errichten ist (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss vom 25. April 2006 I-3 Wx 276/05, 3 Wx 276/05, NZM 2006, 664; BGH Urteil vom 22. Dezember 1989 V ZR 339/87, BGHZ 110, 36). In einem solchen Fall besteht das Wohnungseigentum aus einem Miteigentumsanteil am Grundstück und dem damit verbundenen Anwartschaftsrecht auf den Miteigentumsanteil an den künftig im Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteilen sowie dem Anwartschaftsrecht auf das künftige Sondereigentum gemäß dem Aufteilungsplan (vgl. Palandt/-Bassenge 74. Auflage 2015, WEG § 2 Rdn. 10).
b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall führt die einvernehmliche Erhöhung der Miteigentumsanteile der Klägerin zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Grundstückserwerb.
Durch die Änderung der Teilungserklärung mit notarieller Urkunde vom 6. September 2013 durch sämtliche Wohnungseigentümer ist das Anwartschaftsrecht des Eigentümers W auf den Miteigentumsanteil an den künftig im Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudeteilen des geplanten Hauses Nr. 3 sowie sein Anwartschaftsrecht auf das Sondereigentum an den hierin vorgesehenen 10 Wohnungen erloschen. Allein das Erlöschen des Anwartschaftsrechtes hat jedoch in der Person der Klägerin zu keinem Grundstückserwerb im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG geführt. Hierdurch hat die Klägerin – ebenso wenig wie die übrigen Wohnungseigentümer – weder zu ihrem Sondereigentum an den beiden ihr gehörenden Wohnungen noch zu ihrem Miteigentumsanteil am bestehenden Gemeinschaftseigentum und dem Grundstück etwas dazu erhalten.
Gleichzeitig hat der Eigentümer W durch die Vereinbarung vom 6. September 2013 jedoch seine mit diesen Anwartschaftsrechten verbundenen Miteigentumsanteile am Grundstück proportional auf die übrigen Miteigentümer, einschließlich der Klägerin, übertragen. Hierdurch haben sich dementsprechend die Miteigentumsanteile der Klägerin am bestehenden Gemeinschaftseigentum sowie am Grundstück – ebenso wie die Miteigentumsanteile der übrigen Miteigentümer – erhöht. Es ist zwar – wie oben ausgeführt – zutreffend, dass der einzelne Miteigentumsanteil nicht in einem bestimmten Größenverhältnis zum Wert oder Umfang des dazugehörenden Sondereigentums steht, so dass ohne den Fortbestand des Sondereigentums zu berühren der einzelne Miteigentumsanteil durch Vereinbarung aller Miteigentümer seinem Bruchteil nach verändert werden kann. Die Erhöhung der Miteigentumsanteile der Klägerin am Grundstück hat dennoch ihre eigentumsrechtliche Berechtigung hieran erweitert, auch wenn sie hierdurch weder einen Zuwachs an Grundstücksflächen oder Gebäude- und Wohnflächen dazu gewonnen hat. Der in einem Quotienten am gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer zum Ausdruck kommende Anteil der Klägerin bestimmt nicht nur den Umfang ihrer Nutzungsberechtigung hieran (§ 16 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 WEG) und den Umfang ihrer Verpflichtung, die Lasten hierfür, ebenso wie die Kosten der Instandhaltung, der Instandsetzung, der sonstigen Verwaltung und des Gebrauches, zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG), sondern definiert auch die sachenrechtliche Beteiligung der Klägerin am gemeinschaftlichen Eigentum. In diesem Sinne stellt die Erhöhung des Miteigentumsanteiles der Klägerin am Grundstück sowie am gemeinschaftlichen Eigentum einen steuerbaren Erwerb eines Grundstücksteiles dar. Die notarielle Urkunde vom 6. September 2013 enthält somit im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat.
Soweit die Klägerin vorträgt, die Vereinbarung vom 6. September 2013 gemeinsam mit allen übrigen Wohnungseigentümern nur deshalb getroffen zu haben, um das Recht des Eigentümers W zur Errichtung des Hauses Nr. 3 zu beenden und das Kostenrisiko für einen etwaigen Abriss mit Neuerstellung der Tiefgarage auszuschließen, erklärt sie hierdurch nur die (wirtschaftlichen) Motive zur Änderung der Teilungserklärung. Die Rechtswirkung der Vereinbarung ist hingegen auf das Erlöschen der Anwartschaftsrechte auf das Sondereigentum an den 10 Wohnungen des geplanten Hauses Nr. 3 sowie auf die Übertragung der Miteigentumsanteile gerichtet.
c) Der Beklagte ist auch von der zutreffenden grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage ausgegangen. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich im Regelfall nach der für den Erwerb erbrachten Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Hierunter ist jede denkbare geldwerte Leistung zu verstehen (Pahlke GrEStG 5. Auflage 2014, § 8 Rdn. 29). Es steht außer Zweifel, dass die an den Eigentümer W erbrachte Zahlung – vergleichbar dem in der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG exemplarisch genannten Kaufpreis im Fall eines Grundstückskaufes – die Gegenleistung für den Eigentumserwerb der Klägerin darstellt.
Soweit nach dem Wortlaut der Vereinbarung vom 6. September 2013 die Zahlung von 200.000 € auch der Abgeltung etwaiger Kostenerstattungsansprüche des Eigentümers W aus den gegen die Eigentümergemeinschaft geführten Rechtsstreitigkeiten dienen hat sollen, ist diese Zweckbeziehung nicht ausreichend zur Überzeugung des Senats belegt. Der angebliche Kostenerstattungsanspruch des Eigentümers W ist in der Vereinbarung weder beziffert oder durch Nennung der einzelnen Rechtsstreitigkeiten schlüssig dargelegt. Die Klausel unter Abschnitt V. Nr. 5 der Urkunde erfasst darüber hinaus auch angebliche Gegenansprüche einzelner Eigentümer gegen den Zahlungsempfänger, was allenfalls zu einer Minderung der für den Eigentumserwerb vereinbarten Gegenleistung geführt haben könnte. Nach der Überzeugung des Senats hat die Abgeltungsklausel nur den Zweck verfolgt, die streitige Rechtslage endgültig und für die Zukunft zu befrieden. Da die Klägerin in Beantwortung der richterlichen Anordnung vom 16. November 2015 auch eindeutig erklärt hat, dass durch den im Streit stehenden Zahlungsbetrag keine Kostenerstattungsansprüche des Zahlungsempfängers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft abgegolten worden sind, steht fest, dass der Zahlungsbetrag ausschließlich den Verzicht auf die Eigentumsrechte des Eigentümers W ausgleichen sollte. Die Grunderwerbsteuer ist somit zutreffend ermittelt.
2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
3.) Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.