Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Ansprüche aus Leasingvertrag nach dessen fristloser Kündigung wegen Vertragsverstößen

Aktenzeichen  13 HK O 6503/16

Datum:
16.12.2016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 543 Abs. 1

 

Leitsatz

Kommt die Leasingnehmerin einer vertraglichen Verpflichtung zur Vorführung des Leasingfahrzeugs nicht nach, ist darin ein zur fristlosen Kündigung des Leasingvertrags berechtigender wichtiger Grund zu sehen, wenn das Vertrauensverhältnis gefährdet ist, da die Leasingnehmerin auch in zwei weiteren Leasingverträgen gegen die ihr aus diesen obliegenden Pflichten verstoßen hat und darüber hinaus der Verdacht bestand, dass die Leasingnehmerin das streitgegenständliche und weitere Leasingfahrzeuge unberechtigt an Dritte weitervermietet oder weitergegeben hat. (Rn. 22 – 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 32.282,72 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 19.04.2016 nebst 1.044,91 € Zinsen und 1.239,40 € Kosten zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Klage ist zulässig.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I ergibt sich aus der in Ziff. 3 des Leasingantrags getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung. Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der Klausel sind nicht erkennbar. Die Klausel ist insbesondere nicht überraschend. Es ist nicht ungewöhnlich, dass in den AGB eines Vertrags zwischen Kaufleuten eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines für den Bezirk der Niederlassung einer Partei örtlich zuständigen Gerichts getroffen wird.
Weitere Bedenken an der Zulässigkeit entstehen nicht, wurden von der Beklagten auch nicht gerügt.
II.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang zu.
1. Rechtsgrundlage für den klägerischen Anspruch ist der zwischen den Parteien durch Leasingantrag Nr. 120-89-7546664 vom 07.10.2013 (K1) und Bestätigungsschreiben vom 21.10.2013 (K2) zustande gekommene Leasingvertrag. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Leasing von Kraftfahrzeugen der Klägerin – ergänzt durch die gesetzlichen Regelungen aus Mietvertrag und Verzug – zu Grunde.
Diese regeln in den Abschnitten XIV. fortfolgende die Voraussetzungen der Kündigung und ihre Rechtsfolgen.
Der Leasingvertrag ist durch die Kündigung seitens der Klägerin beendet. Diese Kündigung ist wirksam: Nach Abschnitt XIV Ziffer 2 in Verbindung mit § 543 Abs. 1 BGB kann der Vertrag von beiden Seiten aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden.
Ein wichtiger Grund liegt vor. Das streitgegenständliche Fahrzeug wurde – ebenso wie eine Reihe anderer Leasingfahrzeuge der Klägerin – trotz Aufforderung durch die Klägerin und der Zusage der Beklagten, an einer Vorführung der Fahrzeuge mitzuwirken, nicht vorgeführt, wodurch die Beklagte gegen die ihr gemäß der Regelung in Ziffer VIII.d. der geltenden AGB auferlegten Verpflichtung verstoßen hat.
Eine Vorführung des streitgegenständlichen Fahrzeugs war vorliegend angezeigt, da die Beklagte nachweislich mindestens hinsichtlich zweier weiterer Leasingverträge in erheblichem Umfang gegen die ihr als Leasingnehmerin obliegenden Pflichten verstoßen hatte. Dadurch war das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien gefährdet.
Darüber hinaus bestand der dringende Verdacht, dass die Beklagte weitere, mithin auch das streitgegenständliche, Leasingfahrzeuge unberechtigt an dritte Personen weitervermietet oder diesen unentgeltlich die Nutzung überlassen haben könnte: So wurde das Leasingfahrzeug, … Bestands …, durch die Beklagte unter Verstoß gegen Ziffer VIII. 2. der geltenden AGB unberechtigt an eine dritte Person weitergegeben und sodann unstreitig als Drogentransportfahrzeug genutzt, weswegen es durch den französischen Zoll beschlagnahmt wurde. Ein weiteres Leasingfahrzeug, …, Bestands Nr. … wurde nachweisbar seit dem 30.11.2013 durch die Beklagte an eine Frau … zu einer im Vergleich zu der mit der Klägerin vereinbarten Leasingraten von 615,00 € vollkommen überhöhten Leasingrate in Höhe von 890,00 € weitervermietet. Auch insoweit war die Vertrauensbeziehung zwischen den Parteien gefährdet.
Auch bezüglich weiterer acht Leasingfahrzeuge, hinsichtlich derer zwischen den Parteien Leasingverträge geschlossen waren, bestand der Verdacht, dass diese unter Verstoß gegen das in Ziffer VIII. 2. der geltenden AGB normierte Verbot unberechtigterweise an dritte Personen weitervermietet oder weitergegeben wurden.
Vor diesem Hintergrund forderte die Klägerin die Beklagte mehrfach auf, sämtliche weiteren Leasingfahrzeuge – und damit auch das hier streitgegenständliche – bei einem informierten … Händler vorzuführen. Mit Schreiben vom 17.11.2014 wurde der Beklagten insoweit eine Frist zur Vorführung der Fahrzeuge bis zum 25.11.2014 gesetzt. Die Beklagte führte entgegen ihrer Mitwirkungspflicht weder das streitgegenständliche noch die weiteren Fahrzeuge vor. Auch weitere Termine zur Vorführung der Fahrzeuge beachtete die Beklagte nicht.
Demgemäß war die Klägerin zum Ausspruch der fristlosen Kündigung berechtigt, da ihr aufgrund der gravierenden Vertragsverletzung verbunden mit der damit einhergehenden unmittelbaren Gefährdung des Eigentums ein Festhalten am Leasingverhältnis nicht zumutbar war.
2. Die Klageforderung ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Die Abrechnung des Leasingvertrages ist gemäß AGB Ziff. XV. vorzunehmen.
In Folge der vorzeitigen Vertragsbeendigung steht der Klägerin nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein Ausgleichsanspruch auf volle (Teil-)Amortisation zu. Dieser Schadensersatz berechnet sich aus der Summe der vom Tag der Fahrzeugrückgabe an bis zum regulären Vertragsende noch ausstehenden Leasingraten zuzüglich voraussichtlicher Restwert. Dieser Betrag ist auf den Tag der Fahrzeugrückgabe abzuzinsen abzüglich eines etwaigen Verkaufserlöses des Leasingfahrzeugs nach Rückgabe.
Daraus ergibt sich nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Klagepartei in der Klageschrift auf Seite 5 ff., S. 9 ein Barwert der restlichen Leasingraten von 11.939,82 € zuzüglich eines Barwerts des fiktiven Verkehrswerts in Höhe von 20.120,78 €. Dies ergibt einen Ablösewert von 32.060,60 €. Eine Verwertung des Fahrzeugs kam nicht in Betracht, da die Beklagte das Fahrzeug unbefugt unter Vorlage einer täuschend echt wirkenden, wenn auch gefälschten, Zulassungsbescheinigung an den Streitverkündeten zu 1) weiterveräußerte, der das Eigentum gutgläubig erworben hat, was bereits anderweitig rechtskräftig festgestellt wurde. Damit hat die Beklagte es selbst zu vertreten, dass das Fahrzeug nicht mehr an die Klägerin zur Verwertung herausgegeben werden konnte. Eine der Klägerin vorwerfbare Schadensminderungsobliegenheitsverletzung, die zur Kürzung der geltend gemachten Forderung führen könnte, ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.
Da die monatlichen Leasingraten nach Ziffer V.1. der AGB der Klägerin jeweils am 01. eines Monats im Voraus fällig sind, trat insoweit auch ohne Mahnung Zahlungsverzug ein. Der Klägerin stehen somit hinsichtlich der unbezahlten Leasingraten Verzugszinsen jeweils ab dem Fälligkeitstag zu.
Der Beklagten wurde in der Abrechnung vom 07.12.2015 eine Zahlungsfrist bis zum 14.12.2015 gesetzt. Eine Zahlung erfolgte nicht. Die Zinsen sind auf der als Anlage K 8 vorgelegten Forderungsaufstellung separat verbucht und betragen bis zum 18.4.2016 unstreitig 1.044,91 €.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mahnten im Auftrag der Klägerin vor gerichtlicher Geltendmachung der Klageforderung die Beklagte durch Mahnschreiben vom 14.12.2015. Da sich die Beklagte mit der Zahlung in Verzug befand, können ihr die für dieses Mahnschreiben angefallenen Gebühren in Rechnung gestellt werden. Die Beklagte hat deshalb die entstandene 1,3 Geschäftsgebühr, bezogen auf die Hauptforderung gemäß Nr. 2300 VV RVG zuzüglich Auslagen der Klägerin zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 ZPO.

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