Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Aufgegebene Beendigung der Wohnungsnutzung zur Fremdenbeherbung – Fälligkeit eines Zangsgelds

Aktenzeichen  M 9 E 19.381

Datum:
20.4.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6774
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
VwZVG Art. 31 Abs. 3 S. 3
BayVwVfG Art. 24 Abs. 1, Art. 26 Abs. 2 S. 3, Art. 44 Abs. 1 u. Abs. 2
RDGEG § 3, § 5
GKG § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollstreckung eines Zwangsgeldes.
Verfahrensgegenständlich ist die Wohnung Nr. 109 in der S.str. 41 in M. Die Wohnung ist baurechtlich als Wohnraum genehmigt (Bl. 1 d. Behördenakte – i.F. BA). Der Antragsteller hatte die Wohnung mit Mietvertrag vom 15. April 2015 gemietet. Der Mietvertrag ist inzwischen beendet worden und am 13. Dezember 2018 hat der Antragsteller die Wohnung an den Eigentümer zurückgegeben.
Aufgrund eines Hinweises wurde an der Wohnung durch die Antragsgegnerin am 6. Dezember 2017 eine Ortsermittlung durchgeführt. Dabei wurde ein Herr G. angetroffen. Dieser gab an, dass er und eine andere Person seit dem 22. September 2017 für eine medizinische Behandlung in M. seien. Sie seien vom Antragsteller für 90 € am Tag in der Wohnung untergebracht worden. Die Dauer des Aufenthalts sei von der Diagnose des behandelnden Arztes abhängig. Er wies sich durch einen Reisepass aus Bahrain aus (Ermittlungsbericht Bl. 10 d. BA).
Bei einer Ortsermittlung am 11. Juni 2018 wurden die Brüder A. angetroffen. Sie erzählten unter anderem, dass sie seit dem 20. April 2018 zur medizinischen Behandlung in M. seien. Sie seien für 70 € am Tag in der Wohnung untergebracht. Einer der Brüder konnte sich nur durch eine Kopie seines Reisepasses ausweisen, da ihm sein Reisepass gestohlen worden sei (Bl. 22 d. BA).
Bei der Ortsermittlung am 29. Juni 2018 wurde Herr A. angetroffen. Er gab an, dass er von einem Bekannten, Herrn A. M. in der Wohnung untergebracht worden sei. Weitere Angaben machte er nicht. Er wies sich durch einen Reisepass aus Kuweit aus (Bl. 34 d. BA).
Mit bestandskräftigen Bescheid vom 12. Juli 2018 (Bl. 37 d. BA), dem Antragsteller mittels Postzustellungsurkunde am 27. Juli 2018 zugestellt (Bl. 50. d. BA), wurde dem Antragsteller aufgegeben, die Nutzung der Wohnung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Ziffer 1.). Für den Fall, dass der Anordnung in Ziffer 1. nicht innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung des Bescheides Folge geleistet werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.500 € angedroht (Ziffer 2.).
Mit E-Mail vom 17. Juli 2018 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass seit Juni 2018 der deutsche Staatsangehörige A. M. in der Wohnung wohne. Dieser sei nach seinem Kenntnisstand kein Medizintourist und in der Wohnung gemeldet. Nach dem bestehenden Mietvertrag dürfe Herr A. M. die Wohnung nicht untervermieten und lediglich zu Wohnzwecken nutzen. Den Vorwurf der Zweckentfremdung weise er zurück (Bl. 42 d. BA). Ein dazugehöriger Untermietvertrag wurde trotz Anforderung nicht vorgelegt. Mit weiterer E-Mail vom 24. Juli 2018 sendete der Antragsteller der Antragsgegnerin eine Kopie einer Kündigung des Mietvertrages mit Herrn A. M., aufgrund einer unerlaubten Untervermietung.
Bei einer Ortsermittlung am 5. Oktober 2018 konnte Herr A. M. angetroffen werden. Außer seinem Namen macht er keine Angaben.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 2018 (Bl. 57 d. BA) erklärte die Antragsgegnerin das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 3.500 € für fällig (Ziffer I.). Unter II. wurde ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 7.500 € angedroht (Ziffer II. 1.) und festgesetzt, dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens in Höhe von 222,19 € zu tragen hat (Ziffer II. 2.). Die mit E-Mail vom 24. Juli 2018 mitgeteilte Kündigung stelle keinen ausreichenden Nachweis für die Beendigung dar, zumal bei der Ortsermittlung der vermeintliche Mieter noch angetroffen worden sei.
Gegen Ziffer II. des Bescheides erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 14. November 2018 Klage (M 9 K 18.5584) und beantragte die aufschiebende Wirkung dieser Anfechtungsklage anzuordnen (M 9 S 18.5585). Beide Verfahren wurden mit Beschluss des Gerichts vom 29. Januar 2019 eingestellt, nachdem Antragsteller und Antragsgegner das Verfahren für erledigt erklärt hatten.
Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2019 hat der damalige Bevollmächtigte des Antragstellers Feststellungsklage auf Feststellung, dass der Bescheid vom 12. Juli 2018 nichtig sei, hilfsweise die Vollstreckung aus den Bescheiden vom 12. Juli 2018 und 9. Oktober 2018 rechtswidrig sei, und Leistungsklage auf Einstellung der Vollstreckung erhoben.
Im einstweiligen Rechtsschutz beantragt der Antragsteller:
Der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufzugeben, die auf Grund des Bescheides der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2018 sowie Ziffer I. des Schreibens der Antragsgegnerin vom 9. Oktober 2018 und der Zahlungsaufforderung der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2018 betriebene Vollstreckung in das Vermögen des Antragstellers einzustellen.
Der Bescheid vom 12. Juli 2018 sei nichtig, da er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leide und gegen die guten Sitten verstoße. Der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Sachverhalt entspreche nicht den Tatsachen und könne keine Zweckentfremdung begründen. Der Antragsteller sei Vorstand eines gemeinnützigen Vereins, welcher sich um Patienten kümmere, die in M. eine Behandlung wünschten. Nur wegen dieser Tätigkeit habe der Antragsteller Kontakt zu Patienten gehabt. In Ausnahmefällen habe er die Wohnung für kurze Zeit unentgeltlich an Dritte überlassen. Der bei der Ortsermittlung am 6. Dezember 2017 angetroffen Herr G. sei in einer Notlage gewesen und sei deswegen, da der Verein keine Wohnung zur Verfügung gehabt habe, unentgeltlich vom Antragsteller untergebracht worden. Dem am 11. Juni 2018 angetroffen Herr A. sei seine Geldbörse geklaut worden. Wegen seiner Verantwortung als Vorstand des Vereins, habe sich der Antragsteller verpflichtet gefühlt Herrn A., der kein Hotelzimmer mehr zahlen konnte, in der Wohnung unentgeltlich unterzubringen. Später habe Herr A. aus Dankbarkeit 70 € an den Verein gespendet. Ab Juni 2018 sei die Wohnung an Herrn A. M. untervermietet worden. Dieser habe ohne Rücksprache die Wohnung vom 26. Juni 2018 bis zum 30. Juni 2018 an einen Herrn F. A. und dessen Familie überlassen. Der Auszug des Herrn A. M. habe sich verzögert und die Wohnung sei dann vom Antragsteller und Herrn A. M. gemeinsam genutzt worden. Der Bescheid verstoße gegen die guten Sitten, da der Antragsteller aus zutiefst menschlichen und fürsorglichen Gründen die Wohnung Dritten unentgeltlich überlassen habe. Mit der aufgrund einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung unterstellten Zweckentfremdung verletze die Antragsgegnerin das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Aufgrund des nichtigen Grundbescheides sei die Zwangsvollstreckung einzustellen. Ein Nutzungskonzept einer gewerblichen Fremdenbeherbergung habe der Antragsteller nie verfolgt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Bescheid vom 12. Juli 2018 sei bestandskräftig und nicht nichtig. Der dem Bescheid zugrundliegende Sachverhalt sei nicht zu beanstanden und das Vorliegen einer Zweckentfremdung evident. Die Vollstreckung des fällig gestellten Zwangsgelds nach Beendigung der Zweckentfremdung durch Rückgabe der Wohnung am 13. Dezember 2018 sei nicht einzustellen nach Art. 37 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 VwZVG, da es sich um eine Unterlassungspflicht handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg, da weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht wurde.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 VwGO sind dabei der Anordnungsgrund und der Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Ein Anordnungsgrund setzt eine besondere Dringlichkeit voraus. Der Anordnungsanspruch ist der materiell rechtliche Anspruch.
a) Für einen Anordnungsgrund müsste glaubhaft gemacht sein, dass durch die Zahlung des Zwangsgeldes in Höhe von 3.500 € eine ernsthafte wirtschaftliche Beeinträchtigung beim Antragsteller eintreten würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2009 – 10 CS 08.2566 – juris Rn. 21). Irreparable oder schwerwiegende Schäden durch die Zahlung des Zwangsgeldes wurden vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der eher niedrigen Höhe des Zwangsgelds ist hiervon auch nicht auszugehen. Dem Antragsteller ist es deswegen zumutbar, zunächst das Zwangsgeld zu bezahlen und für den Fall, dass in der Hauptsache eine fehlende Fälligkeit festgestellt wird, zurückzufordern.
b) Darüber hinaus besteht auch kein Anordnungsanspruch, da das Zwangsgeld in Höhe von 3.500 € fällig geworden ist. Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG wird ein Zwangsgeld fällig, wenn die der Zwangsgeldandrohung zugrundliegende Pflicht nicht bis zum Ablauf der Frist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt wird.
Grundsätzlich kommen in dem gegen die Fälligkeitsmitteilung gerichteten Verfahren als selbständige Rechtsverletzung im Sinn des Art. 38 Abs. 3 VwZVG nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG in Betracht. Von Bedeutung ist namentlich die Frage, ob der Betroffene die Pflicht rechtzeitig und vollständig oder genügend erfüllt hat. Einwendungen zur materiellen Rechtslage als Vorfrage der Fälligkeitsmitteilung sind wegen der Unanfechtbarkeit der Anordnung ausgeschlossen (BayVGH, B.v. 12.4.2010 – 10 ZB 09.2097 – juris Rn. 7; BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 48).
aa) Die dennoch zu prüfenden allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben. Der zweckentfremdungsrechtliche Grundbescheid vom 12. Juli 2018 ist entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht nichtig. Ein vollstreckbarer Verwaltungsakt nach Art. 19 VwZVG liegt vor.
Der Bescheid leidet nicht unter einem besonders schwerwiegenden offensichtlichen Fehler (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG) und er verstößt nicht gegen die guten Sitten (Art. 44 Abs. 2 Nr. 6 BayVwVfG).
Für einen besonders schwerwiegenden Fehler müsste der Verstoß für die Rechtsordnung schlechthin unerträglich sein und die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung in einem so hohen Maße verletzen, dass von niemanden erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 44 Rn. 104). Offensichtlichkeit bedeutet, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne Weiteres ersichtlich ist, sie sich also geradezu aufdrängen muss, oder dass ihm die Fehlerhaftigkeit gewissermaßen auf die Stirn geschrieben ist (BayVGH, U.v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 44). Eine nur nach Ansicht des Antragstellers unzureichend Sachverhaltsermittlung stellt keinen offensichtlichen besonders schwerwiegenden Fehler dar. Zum einen erfolgte der Vortrag zu den unentgeltlichen Überlassungen erst nach Bescheiderlass, sodass für die Antragsgegnerin schon keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen bestand. Zum anderen sind die Ausführungen des Antragstellers, dass er die Wohnung den Personen immer unentgeltlich überlassen habe, nicht mit den Feststellungen aus den Ortsermittlungen vereinbar. Die angetroffenen Personen gaben mehrmals an, Tagesmieten zahlen zu müssen. Das Gericht geht deswegen von reinen Schutzbehauptungen des Antragstellers aus.
Ein Verstoß gegen die guten Sitten nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 6 BayVwVfG ist ebenfalls nicht ansatzweise erkennbar. Eine Sittenwidrigkeit eines Verwaltungsakts kann sich aus seinem Inhalt ergeben, weil er etwas Sittenwidriges als rechtmäßig feststellt oder weil er dem Bürger ein sittenwidriges Verhalten gebietet oder erlaubt (BVerwG, B.v. 11.2.1987 – 1 B 129/86 – juris Rn. 6). Die Untersagung der Nutzung einer Wohnung für Zwecke der Fremdenbeherbergung ist offensichtlich nicht sittenwidrig.
b) Die Bedingung für den Eintritt der Fälligkeit des angedrohten Zwangsgeldes ist eingetreten. Der Antragsteller hat nicht innerhalb der Erfüllungsfrist die Nutzung der Wohnung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung aufgegeben. Die Erfüllungsfrist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG betrug sechs Wochen ab Zustellung des zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheides. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 27. Juli 2018 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt. Die Erfüllungsfrist lief somit am 7. September 2018 ab.
Maßgeblich ist für die Fälligkeit des Zwangsgeldes, ob zum Zeitpunkt des Fristablaufs der Antragsteller im Rahmen seiner gesteigerten Mitwirkungsobliegenheiten nach Außen erkennbare Umstände der Antragsgegnerin mitgeteilt hat, aus denen sich die Aufgabe des Nutzungskonzepts ergibt oder die Aufgabe für die Behörde auch unabhängig davon ersichtlich ist (BayVGH, B.v. 2.12.2019 – 9 ZB 19.999 – juris Rn. 8).
Bei der Pflicht zur unverzüglichen Beendigung der Zweckentfremdung handelt es sich zwar um eine Unterlassungspflicht (VG München, U.v. 28.8.2019 – M 9 K 16.5910 -, juris Rn. 44; VG München B.v. 26.4 2016 – M 9 S 16.1449 – juris; BayVGH, B.v. 9.5.2016 – 12 CS 16.899 – n.V.). Aber auch wenn es sich primär um eine Unterlassungspflicht handelt, ist gerade deswegen, weil es sich um die Aufgabe des subjektiven Nutzungskonzepts als innere Tatsache handelt, eine nach Außen erkennbare Änderung der Nutzung notwendig. Dem Antragsteller stand ein Wahlrecht zu, wie er der Grundverpflichtung, Beendigung der Fremdenbeherbergung, nachkommt. Er hätte beispielsweise die gesamte Wohnung dauerhaft selbst zu Wohnzwecken nutzen können (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2016 – 12 CS 16.899 – n.V.; VG München, U.v. 22.2.2017 – M 9 K 16.4248 – juris Rn. 18). Den Antragsteller treffen bei der Darlegung der nach Außen erkennbaren Umstände, aus denen sich die Aufgabe des Nutzungskonzepts ergibt, gesteigerte Mitwirkungsobliegenheiten. Zwar hat die Behörde nach Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG grundsätzlich den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, aber im Zweckentfremdungsrecht bestehen nach Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 ZwEWG gesteigerte Mitwirkungsobliegenheiten der Beteiligten (VG München, U.v. 29. Juli 2015 – M 9 K 14.5596 – juris Rn. 31). Aufgrund dieser gesteigerten Mitwirkungsobliegenheiten bedarf es einer substantiierten Darlegung der Tatsachen, aus denen sich die Aufgabe des Nutzungskonzepts ergibt.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt war aufgrund der Ergebnisse der Ortsermittlungen und der fehlenden substantiierten Darlegung einer Änderung des Nutzungskonzepts weiterhin von der Verwirklichung des zweckentfremdungsrechtlichen Tatbestands der Nutzung der Wohnung zur Fremdenbeherbergung nach Art. 1 Satz 2 Nr. 3 Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Satzung der Landeshauptstadt M. über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) in Form der Überlassung an Medizintouristen auszugehen.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bezeichnet „Fremdenbeherbergung im Sinne des Zweckentfremdungsrechts die Überlassung von Wohnraum an Personen, die am Beherbergungsort nur vorübergehend unterkommen und die ihre (eigentliche) Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben. Für einen derartigen Aufenthalt ist ein lediglich beherbergungsartiges Unterkommen ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes prägend. Es fehlt an einer ‘auf Dauer’ angelegten Häuslichkeit im Sinne einer ‘Heimstatt im Alltag’. Der Aufenthalt zeichnet sich vielmehr durch ein übergangsweises, nicht alltägliches Wohnen bzw. ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen aus. Letzteres ist regelmäßig der Fall, wenn eine Wohnung für die Dauer eines zum Zwecke der medizinischen Behandlung erfolgenden Aufenthalts zur Verfügung gestellt wird. Maßgeblich ist insoweit das jeweils zugrundeliegende Nutzungskonzept“ (statt aller BayVGH, B.v. 7.12.2015 – 12 ZB 15.2287 – juris). Das Nutzungskonzept ergibt sich aus den Ortsermittlungen vor dem Grundbescheid und die spätere Ortsermittlung vom 5. Oktober 2018 bestätigt, dass dieses Nutzungskonzept nicht bis zum Ablauf der Erfüllungsfrist geändert bzw. beendet wurde.
Aus der Ortsermittlung vom 5. Oktober 2018 ergab sich, dass die Wohnung von Herrn A. M weitergenutzt wird. Die bloße Angabe, die Wohnung sei nun an Herrn A. M. untervermietet und eine Weitervermietung sei untersagt, reicht nicht aus, da gerade diese Person bereits in der Ortsermittlung vom 29. Juni 2018 als Vermieter von den Medizintouristen genannt wurde. Außerdem wurde trotz Aufforderung kein Untermietvertrag mit Herrn A. M. vorgelegt. Die später mitgeteilte Kündigung ist ebenfalls nicht ausreichend. Zum einem erfolgte die Fremdenbeherbergung nach den Ergebnissen der Ortsermittlungen auch durch den Antragsteller selbst, sodass durch den Antragsteller weiterhin eine Vermietung an Medizintouristen möglich war. Zum anderem erfolgte aufgrund der Kündigung keine Räumung der Wohnung. Der Untermieter A. M. hatte weiter die tatsächliche Möglichkeit die Wohnung zur Fremdenbeherbergung zu nutzen.
c) Die Rückgabe der Wohnung an den Eigentümer erfolgte erst nach Ablauf der Erfüllungsfrist und ist deswegen für die Fälligkeit des Zwangsgeldes unbeachtlich. Die spätere Beendigung steht der Beitreibung des Zwangsgeldes nach Art. 37 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 VwZVG nicht entgegen. Bei der Pflicht zur Beendigung der Zweckentfremdung handelt es sich um eine Unterlassungspflicht, sodass eine Beitreibung auch bei späterer Erfüllung möglich ist.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.7.1, 1.5 Streitwertkatalog.

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