Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bedarfe für Unterkunft und Heizung

Aktenzeichen  S 52 AS 3014/15

Datum:
6.2.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 55446
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 22 Abs. 1 S. 1, S. 3
SGG § 99, § 193

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 23. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2015 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung; die Absenkung auf die Angemessenheitsgrenze des Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Streitgegenstand ist hier allein der Zeitraum August 2015 bis Januar 2016 entsprechend dem Bescheid vom 23. Juli 2015. Soweit der Kläger sich in seinem Schriftsatz vom 17. Januar 2018 auch gegen die Bescheide vom 2. Februar, 20. Juli 2016 sowie 17. Januar 2017 wendet, handelt es sich um eine unzulässige Klageerweiterung gemäß § 99 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in die der Beklagte nicht eingewilligt hat, auch nicht durch rügeloses Einlassen, und die vom Gericht auch nicht als sachdienlich erachtet wird.
Sachdienlich kann eine Klageerweiterung sein, wenn sie die Interessen der Beteiligten sowie die Prozessökonomie berücksichtigt und dazu beiträgt, dass der Streit endgültig bereinigt werden kann (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, § 99 Rn. 10). Auch wenn es sich bei den weiteren Bescheiden wieder um die gleiche Fragestellung handelt, ob Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe oder nur anteilig zu übernehmen sind, ist das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zur Überzeugung gelangt, dass diese Klageerweiterung nicht sachdienlich ist. Ungeachtet der Frage, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der neuen Klage (insb. Vorverfahren, Klagefristen) erfüllt sind, ist die Erweiterung auf die genannten drei Bescheide nicht sachdienlich und dient nicht der Prozessökonomie. Zur Prüfung der anderen Bewilligungszeiträume müsste der Sachverhalt zum Teil neu ermittelt werden, jedenfalls hinsichtlich der Neben- und Heizkosten der Wohnung sowie der Mietobergrenzen des Beklagten in den neuen Zeiträumen.
Der Kläger hat überdies den Streitgegenstand im Zeitraum August 2015 bis Januar 2016 auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt, vgl. Schriftsatz vom 21. Oktober 2016. Dies ist nach einhelliger Meinung möglich, denn die Bewilligung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung stellt eine eigene abtrennbare Verfügung dar, gegen die separat geklagt werden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 4. Juni 2014, Az. B 14 AS 42/13 R).
Die Klage führte nicht zum Erfolg, weil der Beklagte zu Recht anteilig nur noch die angemessenen Unterkunftskosten übernommen hatte:
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen den angemessenen Umfang übersteigen, so sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem Leistungsempfänger nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf sonstige Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Welche Aufwendungen angemessen sind, ist nach strengen Anforderungen zu bestimmen. Die Rechtsprechung hat hierfür zahlreiche Kriterien entwickelt. So müssen z. B. bei der Prüfung der abstrakten Angemessenheit die abstrakt angemessene Wohnungsgröße sowie der Wohnungsstandard bestimmt werden. In einem nächsten Schritt muss der räumliche Vergleichsmaßstab festgelegt werden. Schließlich ist zu ermitteln, welche Aufwendungen auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung notwendig sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 10. September 2013, Az. B 4 AS 77/12 R).
Das Konzept der A-Stadt ist nach diesen Anforderungen schlüssig im Sinne von § 22 SGB II. Es wurde in Anlehnung an das dem o. g. Gerichtsurteil zugrunde liegende Gutachten erstellt und erfüllt alle erforderlichen Kriterien (vgl. dazu im Einzelnen: Sozialgericht München, Urteil vom 10. Mai 2016. Az. S 40 AS 2577/15).
Der Beklagte hat hier den Kläger im September und Oktober 2014 darauf hingewiesen, dass er die Kosten senken müsse und dass eine monatliche Miete vom 610,- Euro zuzüglich Heizkosten angemessen sei. Entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung hat er ab dem zweiten Kostensenkungsaufforderungsschreiben die vollen Unterkunftskosten (anteilig) für neun statt sechs Monate übernommen bis Ende Juli 2015.
Der Kläger hat keinen Nachweis erbracht, dass ihm die Kostensenkung unmöglich oder unzumutbar sei. Es ist zwar nachvollziehbar, dass der Kläger weiterhin mit seiner Mutter zusammenleben möchte. Eine Kostensenkung wäre aber möglich gewesen durch einen Umzug beider, durch teilweise Untervermietung der großen Vier-Zimmer-Wohnung oder ggf. durch eine Verhandlung mit dem Vermieter über die Höhe des Mietzinses. Zu allen Varianten hat der Kläger kaum etwas vorgetragen und belegt. Ob der Kläger sich tatsächlich um eine kleinere und kostengünstigere Wohnung ernsthaft bemüht hat, vermag das Gericht bei den wenigen vorliegenden Bewerbungen nicht zu erkennen. Über die Frage der Untervermietung ist jedenfalls mit dem Vermieter offenbar nie gesprochen worden.
Auch eine etwaige längere Krankheit, die nach Aussage des Klägers von November 2014 bis Juli 2015 vorgelegen haben soll, ist nicht nachgewiesen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen betreffen nicht den gesamten Zeitraum. Der Kläger war nicht gehindert, sich in den Phasen zwischen diesen Attesten um eine Kostensenkung zu bemühen.
Insgesamt ist festzustellen, dass es dem Kläger in den vom Beklagten eingeräumten neun Monaten durchaus möglich und zumutbar gewesen wäre, die hohen Mietkosten zu senken und dennoch weiterhin eine Wohnung mit seiner Mutter zu teilen. Der Beklagte hat deshalb zu Recht ab August 2016 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten zuzüglich der anteilig hälftigen tatsächlichen Heizkosten übernommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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