Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Beitrag zur Herstellung einer Wasserversorgungseinrichtung

Aktenzeichen  20 ZB 15.2385

Datum:
15.2.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 43495
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, Nr. 5
BayKAG Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b
AO § 125 Abs. 1, Abs. 4, § 126 Abs. 1 Nr. 2

 

Leitsatz

1 Fehlt es an einer konkreten Angabe, wofür ein Beitrag zu bezahlen ist, ist ein Bescheid nicht hinreichend bestimmt. Er leidet in diesem Fall an einem offenkundigen schwerwiegenden Mangel, der gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b BayKAG, § 125 Abs. 1 AO zur Nichtigkeit führt. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ist einem Beitragsbescheid kein Lageplan beigefügt, aus dem sich die Umgriffsfläche, die jeweils mit dem Beitrag belastet werden soll, ergibt, führt allein dieser Umstand noch nicht zu seiner Nichtigkeit, wenn dem Beitragsschuldner klar ist oder aufgrund der ihm bekannten Umstände klar sein muss, welche Flächen konkret zur Beitragserhebung herangezogen werden. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein nichtiger Bescheid wird durch die Zusammenschau mit einem früheren nichtigen Bescheid nicht wirksam und vermag auch letzteren nicht wirksam zu machen. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Teilnichtigkeit eines Verwaltungsakts führt nur dann zu dessen Nichtigkeit im Ganzen, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 K 14.77 2015-09-09 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 8.941,94 Euro festgesetzt.

Gründe

Der gemäß § 124a Abs. 4 Sätze 1 bis 5 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Ausführungen des Beklagten tragen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des erstinstanziellen Urteils, das die Nichtigkeit der Beitragsbescheide des Beklagten vom 11. Januar 2009 und vom 25. Dezember 2013 feststellt.
Weder der Bescheid vom 11. Januar 2009, noch der vom 25. Dezember 2013 machen nachvollziehbar deutlich, für welche Teilflächen des Grundstücks FlNr. 57/2 der Gemarkung … der jeweilige Beitrag in Höhe von 1.680,00 Euro bzw. 3.069,60 Euro jeweils zuzüglich 16 Prozent Mehrwertsteuer gefordert wird. Dabei weist der Bescheid vom 11. Januar 2009 das Grundstück FlNr. 962/1, Gemarkung …, als beitragsgegenständlich aus, was im Zulassungsverfahren keinen Niederschlag findet. Aber auch sofern man diesen Bescheid auf das Grundstück FlNr. 67/2 der Gemarkung … beziehen wollte (vgl. Bl. 36 der Behördenakte), wäre das dem Begehren des Beklagten nicht dienlich. Fehlt es nämlich an einer konkreten Angabe, wofür ein Beitrag zu bezahlen ist, ist ein Bescheid nicht hinreichend bestimmt. Er leidet daher an einem offenkundigen schwerwiegenden Mangel, der gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 125 Abs. 1 AO zur Nichtigkeit führt.
Beiden Bescheiden war kein Lageplan beigefügt, aus dem sich die Umgriffsfläche, die jeweils mit dem Beitrag belastet werden sollte, ergibt. Allein dieser Umstand führte noch nicht zur Nichtigkeit der Bescheide, wenn dem Beitragsschuldner klar ist oder aufgrund der ihm bekannten Umstände klar sein muss, welche Flächen konkret zur Beitragserhebung herangezogen werden. Aber auch hierfür war bei Erlass der Bescheide nichts ersichtlich und auch der Vortrag des Beklagten im Antragsverfahren gibt hierfür keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Parteien haben sich hiernach bezüglich des Bescheides vom 11. Januar 2009 über das Ausmaß der heranzuziehenden Flächen von 1.400 m² nach einer Verhandlungsbasis von vorher 2.000 m² geeinigt, wobei aber der Beklagte auch im Zulassungsverfahren noch keine konkrete Aussage erbringt, wo die jeweils beitragsbelasteten Flächen auf dem Grundstück gelegen sein mögen.
Nicht hilfreich ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des Beklagten auf einen Lageplan (Bl. 15 der Behördenakte), der der Klägerin zusammen mit einem Beitragsbescheid für ein anderes, hier nicht streitgegenständliches Grundstück, zugegangen sein soll, der aber auch das hier zu betrachtende Grundstück und darauf eine Linienführung darstellt, die durchaus eine Umgriffsbildung um dort vorhandene bauliche Anlagen abbilden könnte. Zumindest unklar wird diese Umgriffsbildung jedoch in Zusammenschau mit dem Plan auf Bl. 65 der Behördenakte, der noch eine weitere bauliche Anlage ohne eigenen Umgriff ausweist und im völligen Widerspruch dazu steht die Darstellung auf Bl. 66 der Behördenakte, die gänzlich andere Flächeneinteilungen vornimmt. Die dann im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz des Beklagten vom 17. August 2015 konkret beschriebene Umgriffsfläche (Bl. 91 der VG-Akte) war nach Aktenlage niemals vorher Betrachtungsgegenstand und schon von daher der Klägerin nicht bekannt. Viel spricht im Übrigen dafür, dass im Hinblick auf früher abweichende Darstellungen auch der Beklagte sich bei Bescheiderlass nicht im Klaren darüber war, wofür er den Beitrag forderte.
Die erstmals fallbezogene Konkretisierung konnte die von Anfang an bestehende Nichtigkeit des Bescheides nicht korrigieren (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO). Dasselbe gilt für die offenbar vom Beklagten angestellte Erwägung, wonach jedenfalls nach Erlass des zweiten Bescheides vom 25. Dezember 2013 unzweifelhaft die gesamte Fläche des Grundstücks der Beitragspflicht unterworfen wäre, denn ein nichtiger Bescheid wird durch die Zusammenschau mit einem früheren nichtigen Bescheid nicht wirksam und vermag auch letzteren nicht wirksam zu machen.
Im Hinblick auf den Bescheid vom 11. Januar 2009 verweist der Beklagte im Ergebnis ohne Erfolg auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG, § 125 Abs. 4 AO, wobei die Teilnichtigkeit eines Verwaltungsakts nur dann zu dessen Nichtigkeit im Ganzen führt, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Für das zu unterstellende behördliche Verhalten trägt der Beklagte aber nichts vor, sondern belässt es lediglich bei dem im Ansatz wohl richtigen Hinweis, dass der für die Geschossfläche geforderte Beitrag in Höhe von 3.197,13 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer einer gesonderten Betrachtung zugeführt werden könnte. Auch eine gleichsam selbstverständliche und nicht darlegungsbedürftige Folgerung, dass der Beklagte den Bescheid für den Geschossflächenbeitrag als gewichtigen Bestandteil auch ohne den nichtigen Grundflächenbeitrag erlassen hätte, ist nicht angezeigt. Denn die Träger von Wasserversorgungseinrichtungen führen – wie dem Senat aus ständiger Praxis bekannt ist – die Beitragserhebung für die zulässige oder vorhandene Geschossfläche und Grundstücksfläche, wenn letztere beitragspflichtig ist, gemeinsam durch, sogar in jenen Fällen, in denen wegen einer noch zu vermessenden Grundstücksfläche die Beitragsforderung noch gar nicht exakt erhoben werden kann.
Das angefochtene Urteil ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil mit der Erkenntnis der Nichtigkeit der Bescheide ein „ungefragter“ Aspekt im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 2002 (9 CN 1.01 – bei juris) entscheidungstragend wurde. Denn im Unterschied zum dortigen Fall handelt es sich hier einerseits um einen offenkundigen Mangel im Sinne des § 125 Abs. 1 AO und andererseits führt dessen Berücksichtigung nicht zu einem Ergebnis, an dem die Klägerin gar nicht interessiert war. Vielmehr war es ihr ersichtliches Klageziel, ihre Zahlungspflicht weitgehend oder – aus ihrer Sicht im günstigsten Fall – gänzlich in Wegfall zu bringen.
Der Vortrag des Beklagten wird der Darlegung besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten, derentwegen die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen wäre, nicht gerecht. Insbesondere ist über die unter dem Aspekt der ersichtlich nicht tragfähigen Ausführungen zu den behaupteten ernsthaften Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Urteils hinaus nicht dargelegt, welche besonders schwierige „Gesamtbetrachtung“ anzustellen wäre.
Eine die Berufungszulassung rechtfertigende Divergenz gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zum Senatsurteil vom 26. Oktober 1994 (23 B 93.2262 – bei juris) und zum Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. März 2015 (6 CS 15.389 – bei juris) ist nicht dargetan. Denn das angefochtene Urteil geht in Übereinstimmung mit der angeführten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs durchaus davon aus, dass eine beitragspflichtige Teilfläche auch ohne Darstellung in einem Lageplan hinreichend konkretisiert sein kann, macht aber auch deutlich, dass notwendige bekannte oder erkennbare Umstände zur Ermittlung der Fläche im konkreten Fall gerade nicht vorliegen. Solche stellt die Beklagte nicht einmal dar.
Der Vorwurf der mangelnden Sachaufklärung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wird schließlich ohne jede Substantiierung erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

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