Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Beschwerde, Anfechtung, Sondernutzungsrecht, Kostenfestsetzungsantrag, Zustimmung, Vertretung, Zustellung, Beschwerdeverfahren, Haftung, Zulassung, Hausverwaltung, Rechtsbeschwerde, Miteigentumsanteile, Mehrheitsbeschluss, sofortige Beschwerde, Zustellung der Klage, Gelegenheit zur Stellungnahme

Aktenzeichen  36 T 2286/19

Datum:
12.6.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49716
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

31 C 2062/16 WEG 2018-11-20 Bes AGAUGSBURG AG Augsburg

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 20.11.2018, Az. 31 C 2062/16 WEG, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte zu 2) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Ablehnung eines Kostenfestsetzungsantrags.
Gegenstand des Rechtsstreits war die Anfechtung eines Negativbeschlusses einer Wohnungseigentümerversammlung, verbunden mit einem Antrag auf gerichtliche Beschlussersetzung. Klageziel der Kläger war es, im Bereich einer Gartenfläche, an denen sie ein Sondernutzungsrecht hatten, einen Brunnen zu schlagen. Der Beschluss auf Zustimmung zu dieser baulichen Maßnahme wurde mehrheitlich abgelehnt, wogegen sich die Beschlussanfechtungsklage der Kläger vom 27.05.2016 (Bl. 1/4 d. A.) richtete.
Eine Besonderheit des Falls bestand darin, dass die mehrheitliche Ablehnung des Beschlussantrags alleine auf den Beklagten zu 2) zurückzuführen war, der Eigentümer von mehr als 50% der Miteigentumsanteile der WEG ist. Alleine dieser lehnte den Beschlussantrag der Kläger ab.
Nach Zustellung der Klage am 08.06.2016 (EB zu Bl. 5/6 d. A.) beauftragte die Hausverwaltung zunächst die Rechtsanwaltskanzlei … mit der Vertetung der übrigen Eigentümer. Diese zeigte deren Verteidungsbereitschaft dem Gericht gegenüber mit Schriftsatz vom 10.06.2016 (Bl. 7 d. A.) an. Der Beklagte zu 2) beauftragte die Rechtsanwaltskanzlei … mit seiner Vertretung und teilte dies der Hausverwaltung, sowie mit E-Mail vom 17.06.2016 den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1), mit. Diese wiederholten ihre Verteidungsanzeige hinsichtlich der beklagten übrigen Eigentümer, nun jedoch mit Ausnahme des Beklagten zu 2), durch Schriftsatz vom 21.06.2016 (Bl. 8 d. A.). Dem Gericht gegenüber erfolgte die gesonderte Verteidigungsanzeige für den Beklagten zu 2) durch die Rechtsanwaltskanzlei … mit Schriftsatz vom 20.06.2016, eingegangen am 21.06.2016 (Bl. 9 d. A.).
Durch Endurteil vom 04.07.2018 hat das Amtsgericht Augsburg die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits den Klägern auferlegt (Bl. 101/113 d. A.).
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 09.07.2018 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1), die Kosten gegen den Verfahrensgegner auf 1.860,45 € festzusetzen. Darin ist eine Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG um 0,6 enthalten. Mit Beschluss vom 20.11.2018 setzte das Amtsgericht Augsburg die von der Klagepartei an die Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten antragsgemäß fest (Bl. 145/149 d. A.)
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 12.07.2018 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2), die Kosten gegen den Verfahrensgegner auf 1.463,70 € festzusetzen (Bl. 116 d. A.). Mit Beschluss vom 20.11.2018 wies das Amtsgericht Augsburg den Kostenfestsetzungsantrag zurück (Bl. 150/155 d. A.). Zur Begründung stützte es sich auf § 50 WEG und führte aus, dass eine Bevollmächtigung der Beklagten durch mehrere Rechtsanwälte vorliegend nicht geboten gewesen sei. Die vom Beklagten zu 2) vorgetragenen Gründe – unterschiedliche Kosten- und Haftungsanteile, unterschiedliches Abstimmungsverhalten und frühere Auseinandersetzungen zwischen den Klägern und dem Beklagten zu 2) rechtfertigten nicht das Vorliegen einer Ausnahme zu der in § 50 WEG normierten Begrenzung der Kostenerstattung. Auch die Befürchtung, dass eigene Interessen des Beklagten zu 2) durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten nicht hinreichend wahrgenommen werden würden, teilte das Amtsgericht im Hinblick auf die Verpflichtung des Beklagtenvertreters, auf Klageabweisung hinzuwirken, nicht. Der Erstattungsantrag des Beklagtenvertreters zu 1) genieße Vorrang, da dieser seitens der Verwalterin für die übrigen Eigentümer gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG mandatiert worden sei.
Gegen den am 26.11.2018 zugestellten Beschluss legte der Beklagte zu 2) durch Schriftsatz vom 07.12.2018, eingegangen am 10.12.2018, sofortige Beschwerde zum Amtsgericht Augsburg ein (Bl. 156/158 d. A.). Zumindest wäre die Mehrvertretungsgebühr gegen die Kläger festzusetzen gewesen. Die Hausverwaltung habe die Kanzlei … nie mit der Vertretung aller Eigentümer beauftragt. Sie sei vom Beklagten zu 2) informiert worden, dass eine Beauftragung der Kanzlei … erfolgen solle und werde. Die Hausverwaltung hätte sich dem anschließen können. Daher gebe es keinen Vorrang; die Quoten hätten mindestens gequotelt werden müssen. Die Beauftragung der Kanzlei … habe dem Willen der Mehrheit, also des Beklagten zu 2), widersprochen. Im Übrigen habe hier eine besondere Situation vorgelegen, die die Hinzuziehung verschiedener Prozessbevollmächtigter als geboten erscheinen lasse. Maßgeblich sei, dass alleine der Beklagte zu 2) mit seiner Stimme den angefochtenen Beschluss herbeigeführt habe. Es würde sich auch die Frage stellen, ob nicht eine Haftung des Beklagten zu 2) gegenüber den übrigen Miteigentümern in Betracht käme, wenn nur aufgrund seiner Stimme ein Beschluss herbeigeführt werde, den die übrigen Eigentümer nicht wünschen. Schon daraus ergebe sich die Frage einer ordnungsgemäßen Beratung und Vertretung dieser beiden Eigentümergruppen, auch wenn diese formal beide auf Seiten der Beklagten stehen mögen. Zudem habe sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) nicht am Schlichtungsverfahren beteiligt.
Das Amtsgericht Augsburg hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 06.02.2019 nicht abgeholfen und die Akten zunächst dem Landgericht Augsburg zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 166/169 d. A.). Dieses hat die Akten gem. § 72 Abs. 2 GKG dem Landgericht München I zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 171 d. A.).
Das BeschwerdegerichtEinzelrichter – hat mit Beschluss vom 10.07.2019 einen rechtlichen Hinweis erteilt und den Beklagten zu 1), die im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren nicht beteiligt worden waren, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (Bl. 176/178 d. A.).
Mit Beschluss vom 11.06.2018 (Bl. 185/186 d. A.) hat der Einzelrichter das Beschwerdeverfahren gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 GKG wegen grundsätzlicher Bedeutung an die Kammer übertragen.
Zur Ergänzung wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die schriftsätzlichen Ausführungen und die Ausführungen in den genannten gerichtlichen Entscheidungen, verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO statthaft. Der gemäß § 567 Abs. 2 ZPO erforderliche Mindestbeschwerdegegenstand in Höhe von 200,00 € ist angesichts der festgesetzten Gesamtsumme erreicht. Weiter ist die sofortige Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die Kammer teilt die sorgfältige und zutreffende Begründung des Amtsgerichts im Beschluss vom 20.11.2018.
Gemäß § 50 WEG sind den Wohnungseigentümern als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. Eine Vertretung der Beklagten durch mehrere Rechtsanwälte war auch unter Berücksichtigung sämtlicher Besonderheiten des vorliegenden Falls hier nicht geboten im Sinne des § 50 WEG. Insbesondere ist die Vertretung der Beklagten durch mehrere Rechtsanwälte nicht deshalb geboten, weil ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Mehrheit der Miteigentumsanteile verfügt und alleine mit dieser Mehrheit entgegen der Stimmen aller übrigen Eigentümer einen Beschluss herbeiführt, gegen den eine Beschlussanfechtungsklage erhoben wird.
2) Dies entspricht dem Ziel des § 50 WEG und dessen Charakter als Ausnahmevorschrift. Weil in wohnungseigentumsrechtlichen Streitigkeiten eine Vielzahl einzelner Parteien als Streitgenossen beteiligt sein können, wurde § 50 WEG vom Gesetzgeber bewusst mit dem Ziel eingeführt, die Kostenlast für unterliegende Wohnungseigentümer gering zu halten, indem von diesen grundsätzlich nur die Erstattung der Kosten eines einzigen Rechtsanwalts auf Seiten der Prozessgegner verlangt werden kann; gerade das Kostenrisiko für anfechtende Wohnungseigentümer sollte damit begrenzt werden, da die Beschlussanfechtungsklage nach derzeitiger Rechtslage gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 WEG zwingend gegen alle übrigen Eigentümer der WEG zu richten ist (BT-Drucks. 16/3843, Seite 28; BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 – V ZB 171/10 -, NJW 2011, 3165, Rn. 8, juris; BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – V ZB 11/09 -, ZWE 2009, 393, Rn. 9, juris; BeckOGK/ Karkmann, 1.3.2020 Rn. 2, WEG § 50 Rn. 2; BeckOK WEG/ Elzer, 41. Ed. 1.5.2020, WEG § 50 Rn. 1; Suilmann in: Jennißen, WEG, 6. Auflage 2019, § 50 WEG, Rn. 1). Daher ist die Frage, ob eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen geboten war, gerade im Falle der Vertretung der Beklagten im Beschlussanfechtungsverfahren, nur in absoluten Ausnahmefällen zu bejahen.
2) Ein solcher Ausnahmefall liegt nach Auffassung der Kammer hier nicht vor.
Insbesondere ist die Vertretung der beklagten übrigen Wohnungseigentümer nicht alleine deshalb geboten, weil ein Eigentümer – hier: der Beklagte zu 2), der vorliegend Kostenerstattung beantragt – über die Mehrheit der Miteigentumsanteile verfügt und mit dieser Mehrheit den angefochtenen Mehrheitsbeschluss im Ergebnis alleine mit seiner Stimme herbeigeführt hat. Eine Ausnahme gilt nur für die Fälle, in denen eine Einzelvertretung der Wohnungseigentümer sachlich geboten ist. Der sachliche Grund muss dabei mit dem Verfahrensgegenstand zusammenhängen (Schultzky in: Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, 4. Auflage 2016, WEG § 50 Rn. 4). Dies ist etwa der Fall, wenn einzelne Eigentümer unterschiedliche Klageziele verfolgen oder sich gesondert gegen jeweils unterschiedliche Streitgegenstände in einer Klage verteidigen müssen (Bergerhoff in: Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Auflage 2017, 11. Teil. § 80 Rn. 79). Bei der hier entschiedenen Beschlussanfechtungsklage ist das gerade nicht der Fall. Denn dabei verfolgen im Ergebnis – und verfolgten auch hier – alle Beklagten das gleiche Ziel, nämlich das Ziel der Klageabweisung. Da eine Beschlussanfechtungsklage zwingend gegen alle anderen Wohnungseigentümer zu richten ist, zählen zu den Beklagten immer auch die von der Mehrheit überstimmten Eigentümer, die den Beschluss nicht angefochten haben. Deren ablehnende Haltung zu dem angefochtenen Beschluss begründet daher nicht die Notwendigkeit einer Vertretung durch mehrere Rechtsanwälte (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – V ZB 11/09 -, ZWE 2009, 393, Rn. 11, juris; BeckOGK/ Karkmann, 1.3.2020, WEG § 50 Rn. 7; BeckOK WEG/ Elzer, 41. Ed. 1.5.2020, WEG § 50 Rn. 15; Bärmann/Pick/ Dötsch, 20. Aufl. 2020, WEG § 50 Rn. 22; Schultzky in: Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, 4. Auflage 2016, WEG § 50 Rn. 4). Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der angefochtene Beschluss mit einer Mehrheit verschiedener, oder der Mehrheit eines einzigen Eigentümers herbeigeführt wurde. In beiden Fällen ist die Sachlage letztlich gleich. Ansonsten wäre in Beschlussanfechtungsverfahren auf Beklagtenseite, wenn nicht alle Beklagten hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses gleich abgestimmt haben, stets mindestens die Bestellung von zwei Rechtsanwälten geboten, nämlich eines Rechtsanwalts für die Eigentümer, die für den Beschluss, und eines weiteren Rechtsanwalts für die Eigentümer, die gegen den Beschluss gestimmt haben, Enthaltungen dabei noch nicht berücksichtigt. Derartiges unterschiedliches Abstimmungsverhalten liegt aber den meisten Beschlussanfechtungsverfahren zugrunde. Würde dies bereits ausreichen, um die Bestellung mehrerer Rechtsanwälte auf Beklagtenseite als geboten zu erachten, würde § 50 WEG leerlaufen. Gerade im Hinblick auf Beschlussanfechtungsverfahren und darin zutage tretende Uneinigkeit innerhalb der WEG sieht § 50 WEG vielmehr bewusst nur die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Rechtsanwalts vor, um den Kläger vor übermäßiger Kostenbelastung im Falle des Unterliegens zu schützen (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – V ZB 11/09 -, ZWE 2009, 393, Rn. 11, juris; OLG Hamburg, Beschluss vom 14. November 2014 – 8 W 111/14 -, ZMR 2015, 324, Rn. 3, juris; BeckOK WEG/ Elzer, 41. Ed. 1.5.2020, WEG § 50 Rn. 2). Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass der von der Verwalterin beauftragte Anwalt verpflichtet war, auf eine Abweisung der Klage hinzuwirken, um dem Willen der Mehrheit der Wohnungseigentümer Geltung zu verschaffen (so bereits BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – V ZB 11/09 -, ZWE 2009, 393, Rn. 11, juris; auch BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 – V ZB 171/10 -, NJW 2010, 3165, Rn. 6, juris). Dies gilt unabhängig davon, wer diese Mehrheit stellt, also auch dann, wenn diese Mehrheit von einem einzigen Eigentümer gestellt wird. Soweit der Beklagte zu 2) im Beschlussanfechtungsverfahren Wert auf besondere Argumente oder besonderen Sachvortrag gelegt hätte, ist nicht ersichtlich, weshalb diese nicht auch der von der Hausverwaltung beauftragte Rechtsanwalt hätte vorbringen können (so ebenfalls BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 – V ZB 171/10 -, NJW 2010, 3165, Rn. 7, juris). Auch bei unterschiedlicher Betroffenheit durch ein bestimmtes Beschlussergebnis – was hier nicht ersichtlich ist – wäre die Beauftragung mehrerer Rechtsanwälte auf Beklagtenseite nicht geboten im Sinne von § 50 WEG (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – V ZB 11/09 -, ZWE 2009, 393, Rn. 9, juris; BeckOGK/ Karkmann, 1.3.2020, WEG § 50, Rn. 8; BeckOK WEG/ Elzer, 41. Ed. 1.5.2020, WEG § 50 Rn. 15). Ob sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) auch im Schlichtungsverfahren beteiligt hat oder nicht, ändert am selben prozessualen Ziel im Beschlussanfechtungsverfahren nichts. Persönliche Gründe, etwa vorangegangener Streit des Beklagten zu 2) mit dem Kläger oder Differenzen zwischen dem Beklagten zu 2) und den übrigen Beklagten, scheiden aufgrund des auf sachbezogene Gründe beschränkten Ausnahmefalls des § 50 WEG ebenfalls aus (Bärmann/ Roth, 14. Aufl. 2018, WEG § 50, Rn. 17; BeckOGK/ Karkmann, 1.3.2020, WEG § 50 Rn. 6; MüKoBGB/ Engelhardt, 8. Aufl. 2020, WEG § 50, Rn. 8). Die Gefahr eines Interessenkonflikts des von der Hausverwaltung beauftragten Rechtsanwalts im Sinne von § 43a Abs. 4 BRAO (vgl. BeckOGK/ Karkmann, 1.3.2020, WEG § 50, Rn. 7) ist vorliegend nicht ersichtlich; insbesondere genügt dafür nicht bereits ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2).
2) Damit war die Beauftragung mehrerer Rechtsanwälte auf Beklagtenseite vorliegend nicht geboten im Sinne von § 50 WEG. Anzumerken ist, dass § 50 WEG dem Beklagten zu 2) nicht die Möglichkeit verwehrte, einen eigenen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen; zum Schutz des Klägers sind danach aber eben nur die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig (BeckOK WEG/ Elzer, 41. Ed. 1.5.2020, WEG § 50 Rn. 2).
2) Da die Hausverwaltung gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG vorliegend die Kanzlei … mit der Vertretung der Beklagten mandatiert hat, sind deren Kosten vorrangig zu erstatten; eine Quotelung kommt nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – V ZB 11/09 -, ZWE 2009, 393, Rn. 16, juris). Eine Willensbildung der Eigentümer, bei welcher der Beklagte zu 2) aufgrund der Mehrheit seiner Miteigentumsanteile im Ergebnis entscheiden hätte können, fand vorliegend gerade nicht statt; die Mandatierung durch die Hausverwaltung nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG war indes auch zulässig, ohne dass es vorher einer Willensbildung der Eigentümer zur Frage der Mandatierung bedurft hätte. Soweit der Beklagte zu 2) sich darauf berufen hatte, die Hausverwaltung habe die Kanzlei … von vorneherein nicht für ihn mandatiert, hat er dafür keinen Beleg vorgebracht. Im Gegenteil hat diese Kanzlei auf den Hinweisbeschluss des Beschwerdegerichts vorgetragen, die Hausverwaltung habe ihr zunächst das Mandat zur Vertretung aller übrigen Eigentümer erteilt. Dies entspricht der für alle übrigen Eigentümer bereits am 10.06.2016 abgegebenen Verteidigungsanzeige. In der Folge sei dann der Hausverwaltung mitgeteilt worden, dass der Beklagte zu 2) bereits selbst einen Prozessbevollmächtigten mandatiert hatte, was die Kanzlei … mit E-Mail vom 17.06.2016 gegenüber der Kanzlei … angezeigt habe. Diese habe anschließend am 21.06.2016 dem Gericht gegenüber klargestellt, dass der Beklagte zu 2) nicht mit vertreten werde. Diesem Vortrag wurde seitens des Beklagten nicht entgegengetreten. Die Frage einer Quotelung stellt sich daher nach Auffassung des Beschwerdegerichts infolge der zunächst unbeschränkten Mandatierung der Kanzlei … nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG nicht. Auch hinsichtlich der Mehrvertretungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV-RVG kommt keine Aufteilung in Betracht, da diese von dem nach § 50 WEG zu erstattenden Höchstbetrag umfasst ist (BGH, Beschluss vom 16. Juli 2009 – V ZB 11/09 -, ZWE 2009, 393, Rn. 17, juris) und vorliegend bereits in der Kostenfestsetzung zugunsten der Beklagten zu 1) enthalten ist.
3. Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Das Verfahren wurde gemäß § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO der Kammer zur Entscheidung übertragen.
3. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 3 S. 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen. Die hier zu entscheidende Konstellation weist die Besonderheit auf, dass ein Eigentümer, der über die Mehrheit der Miteigentumsanteile verfügt, alleine mit seinen Stimmanteilen einen Mehrheitsbeschluss gegen die Stimmen der übrigen Eigentümer herbeigeführt hat, der sodann angefochten wurde, wobei in diesem Beschlussanfechtunsverfahren die übrigen Eigentümer – welche die Minderheit der WEG darstellen – durch einen von der Hausverwaltung nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG bestellten Rechtsanwalt vertreten wurden, der Mehrheitseigentümer hingegen einen eigenen Rechtsanwalt mandatierte. Wenngleich die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze nach Auffassung des Beschwerdegerichts unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft Anwendung finden, ist dies höchstrichterlich, soweit ersichtlich, noch nicht in einer derartigen Konstellation entschieden. Da Wohnungseigentümergemeinschaften, in denen ein Miteigentümer über mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile verfügt, in der Praxis nicht selten und damit vergleichbare Konstellationen bei hiergegen gerichteten Beschlussanfechtungsklagen nicht nur in Einzelfällen denkbar sind, liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 3 S. 1 ZPO nach Auffassung der Kammer sowohl nach § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, als auch nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, vor.
Bei der Kostenfestsetzung gelten die allgemeinen Grenzen aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO (→ Rn. 28). § 50 enthält dann im Übrigen keine Regelung, welche Rechtsanwaltskosten zu erstatten sind, wenn sich die Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte haben vertreten lassen, ohne dass dies geboten war. Grundsätzlich sind die Betroffenen (maximal) so zu stellen, wie sie (fiktiv) bei Einschaltung eines gemeinsamen Anwalts gestanden hätten (Beispiele bei LG Stuttgart ZMR 2017, 208; LG Itzehoe ZWE 2017, 295; LG Berlin ZMR 2011, 493; LG Karlsruhe BeckRS 2011, 11058). Erstattungsfähig sind grundsätzlich neben Auslagen die Verfahrens- und Terminsgebühr (Nr. 3100, 3104 VV RVG) sowie Mehrvertretungsgebühren nach Nr. 1008 KV RVG (LG Düsseldorf ZWE 2011, 183; LG Berlin ZMR 2011, 493: nur soweit tatsächlich anwaltlich vertreten bis zur dortigen Höchstgrenze von maximal 2,0; dazu BGH NJW 2019, 2698 Rn. 11 f.), auch (ggf. fiktive) Reisekosten (zur Berechnung Bärmann/Seuß WE-Praxis/Bergerhoff § 80 Rn. 91) bzw. auch fiktive Kosten für Verkehrsanwalt/Informationsreisen; freilich begrenzt durch die Summe der tatsächlich insgesamt entstandenen Kosten. Andere wenden § 50 nur für die Gebühren an, nicht aber für Auslagen und Verkehrsanwaltskosten, die allein nach der Erforderlichkeit aus § 91 ZPO erstattet werden (Tank MietRB 2018, 380 (383)); das dürfte regelmäßig keinen Unterschied machen.
Der so errechnete Betrag ist mit Blick auf § 420 BGB grundsätzlich quotal nach Köpfen (nicht: § 16 Abs. 1 oder Abs. 2) unter den tatsächlich anwaltlich Vertretenen zu verteilen (LG Frankfurt a.M. ZWE 2019, 232 Rn. 14; LG Stuttgart ZMR 2017, 209; LG Karlsruhe BeckRS 2011, 11058; LG Berlin ZMR 2011, 493; AG Konstanz JurBüro 2008, 596). Es gibt aber eine Ausnahme: Hat der Verwalter über § 27 Abs. 2 einen Anwalt („Hauptanwalt“) für alle (LG Berlin ZMR 2011, 493) übrigen Wohnungseigentümer mandatiert oder hat man – Voraussetzung ist allerdings der vorherige Versuch einer Verständigung unter sämtlichen Wohnungseigentümern mit der Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Willensbildung, sonst bleibt es bei der Quote (BGH NJW 2011, 3165 Rn. 9; recht weitgehend LG Itzehoe ZWE 2017, 295 (296)) – einen Anwalt per Mehrheitsbeschluss ausgewählt, sind dessen Kosten – und dies ungeachtet der zeitlichen Reihenfolge der Beauftragung (Briesemeister GE 2009, 1178 (1179)) – vorrangig zu erstatten (BGH NJW 2011, 3165 Rn. 9; NJW 2009, 3168 Rn. 16; offen bei einem Streit um die Abberufung LG Berlin ZMR 2011, 493). Die (anteilige) Erstattung der Kosten eines bzw. mehrerer daneben von Einzelnen beauftragten Anwalts kommt dann nur hinsichtlich eines nicht verbrauchten „Restbetrages“ in Betracht, etwa wenn der nach § 50 erstattungsfähige Höchstbetrag (→ Rn. 25) mit Blick auf Mehrvertretungsgebühren nicht erschöpft ist (BGH NJW 2009, 3168 Rn. 17; OLG Hamburg ZWE 2015, 339); diese Restverteilung folgt auch aus § 91 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ZPO („insoweit“). (Bärmann/Pick/Dötsch, 20. Aufl. 2020, WEG § 50 Rn. 25, 26)

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