Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Beseitigung eines errichteten Carports

Aktenzeichen  132 C 9764/17

Datum:
17.9.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 48138
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 280, § 741 f., § 745 Abs. 1, § 1004
ZPO § 3, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 130a,§ 709

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, den Carport auf dem südwestlichen Teil des Grundstücks FI.Nr. … vorgetragen im Grundbuch des AG München für … entfernen.
2. Die Beklagten werden gesamtverbindlich verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 668,54 Euro zu bezahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2017. Im übrigen wird die Klage insoweit abgewiesen.
3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 13.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A. Eine Sachentscheidung ist zulässig.
Die Klage ist am Wohnsitz der Beklagtenpartei erhoben, das Amtsgericht ist örtlich und schon wegen der erfolgten Verweisung des Landgerichts sachlich zuständig. Der Klageantrag ist ausreichend bestimmt, um den geschuldeten Beseitigungserfolg auch zwangsweise durchsetzen zu lassen. Die Sache ist nach der Verhandlung entscheidungsreif, da abschließend verhandelt wurde.
B. In der Hauptsache ist die Klage begründet.
Die Kläger haben Anspruch gegen die Beklagtenpartei auf Beseitigung des errichteten Carports, gemäß § 1004 Abs. 1 i.V.m. §§ 741 ff. BGB. Als Miteigentümer des Stellplatzgrundstückes können sie von den Miteigentümern Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen, da sie keine Verpflichtung haben, die Errichtung eines Carports zu dulden, § 1004 Abs. 2 BGB.
1. Eine Duldungspflicht entspringt dabei nicht aus § 745 BGB, weil es sich bei der Errichtung des Carports nur für die Beklagten nicht um eine der Beschaffenheit des gemeinschaflichen Stellplatzgrundstücks entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung gehandelt hatte.
a. Schon im Ausgangspunkt stellte die Errichtung des Carports auf dem Stellplatzgrundstück eine allseits zustimmungspflichtige Maßnahme dar, schon weil es sich um eine wesentliche Veränderung des Gemeinschaftsgrundstücks gehandelt hat, weswegen dies einer bloßen Mehrheitsentscheidung entzogen war. Bei der Errichtung eines Carports handelt es sich um eine Bebauung, und hier um die Bebauung einer bisher nicht bebauten Fläche. Darin liegt auch der entscheidende Unterschied zu der von Beklagtenseite aufgeführten Entscheidung des BGH. Dort ging es um die Wiederbebauung eines vorher bestehenden Hauses, das im Krieg zerbombt worden war. Die Maßnahme zielte also auf Wiederherstellung der vorherigen Nutzung. Der Stellplatz ist aber auch ohne Carport weiter als Stellplatz nutzbar.
b. Zudem wäre eine ordnungsgemäße – im gemeinsamen Interesse – liegende Maßnahme nur dann anzunehmen, wenn mit der Maßnahme gemeinschaftliche Interessen verfolgt worden wären. Dies ist aber nicht der Fall, weil die Beklagten einen Carport nur für sich und nicht auch für die dritte Miteigentümerin bauten. Im Effekt erweiterten die Beklagten damit nur das ihnen durch Dienstbarkeit zugesprochene Recht auf Abstellen des Fahrzeugs auf ein Überdachen ihres Fahrzeugs, was so eindeutig nicht Teil der Dienstbarkeit war.
c. Insofern kann offenbleiben, ob der gebaute Carport überhaupt baurechtlichen Bestimmungen entsprach. Dies ist strittig. Beweisbelastet wäre die Beklagtenpartei, da diese sich auf eine Duldungspflicht beruft. Beweisantritt war nicht erfolgt.
d. Insoweit kann ebenso offenbleiben, ob sich ein zusätzlicher Beseitigungsanspruch der Kläger aus dem geltend gemachten Überbau auf ihr Hausgrundstück ergibt.
2. Eine Duldungspflicht entspringt auch nicht aus einer nachträglichen Zustimmung oder Vereinbarung seitens der Kläger. Eine solche ist dem insoweit auch unstreitigen Verhalten der Kläger nach Kenntnis von Baubeginn nicht zu entnehmen.
C. In der Sache ist die Klage in der Nebenforderung zum größeren Teil begründet.
1. Die Anwaltskosten stellen ersatzfähigen Schaden aus der schuldhafter Verletzung der Gemeinschaft als Sonderrechtsverhältnis dar und ist gemäß § 280 BGB zu ersetzen. Das Verschulden ist zu vermuten und liegt auf der Hand, da bei Wahrung der gebotenen Vorsicht keine eigenmächtigen Maßnahmen ergriffen worden wären. Die Pflichtverletzung war auch so weitgehend, dass eine sofortige Einschaltung eines Anwalts gerechtfertigt war.
2. In der Höhe ist die Nebenforderung aber nur berechtigt in einem Umfang, der auf die Beseitigung des Carports gerichtet war und dessen Streitwert umfasste. Dieser beläuft sich aber nur auf 4.000 Euro (s.u.). Insofern ergibt sich nur eine Forderung in Höhe von 668,54 Euro (Gebührensatz 1,3, Erhöhung um 0,3 wegen mehreren Parteien, Pauschale, MWSt).
D. Entscheidungsgründe zur Kostentragung: Die Kostenfolge ergibt sich aus dem weitestgehenden Unterliegen der Beklagtenpartei. Zwar ist ein kleiner Teil der Klage abgewiesen worden. Das Unterliegen der Kläger liegt aber unter 10 % eines fiktiven Gesamtstreitwerts aus Hauptforderung und Nebenforderung und betrifft nur die Nebenforderung, so dass der unberechtigte Teil der Forderung keinen Kostensprung hervorgerufen hat. Eine einseitige Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erscheint angemessen.
E. Entscheidungsgründe zur vorläufigen Vollstreckbarkeit: Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO, wegen des Ausspruchs einer Verpflichtung in der Hauptsache, die zu Kosten der Beklagtenpartei über 1.250 Euro führt. Die Sicherheitsleistung bemisst sich an dem Schaden, den der Beklagtenseite bei Vollstreckung eines falschen Urteils drohen würde, hier der Notwendigkeit, den Carport wieder neu zu bauen und Erstattung von aufgewendete Verfahrenskosten.
F. Entscheidungsgründe zum Streitwert: Der Wert des Streitgegenstands wird vom Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt (§ 3 ZPO). Maßgeblich ist hier das von der Klagepartei verfolgte wirtschaftliche Interesse. Maßgeblich sind dabei bei Beseitigungsansprüchen nicht das Interesse der Beklagtenseite am Behaltendürfen und damit der Wert der Investition, sondern das wirtschaftliche Interesse der Klägerseite an der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Da hierfür keine Gesichtspunkte mitgeteilt wurden oder ersichtlich sind, verbleibt es bei den auch vom Landgericht als Auffangwert angenommenen 4.000 Euro.

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