Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Fälligstellung eines Zwangsgelds wegen Zweckentfremdung von Wohnraum

Aktenzeichen  M 9 K 18.1034

Datum:
8.1.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 2583
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG § 23 Abs. 1, Art. 31 Abs. 3 S. 2, S. 3
ZeS § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3
ZwEWG Art. 1 S. 2 Nr. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Soweit die Klage für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Soweit die Beteiligten die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 VwGO analog deklaratorisch einzustellen.
Die zulässige Feststellungklage hat keinen Erfolg, da sie unbegründet ist. Das Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € ist fällig geworden.
1. Die Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO auf Feststellung, dass das angedrohte Zwangsgeld nicht fällig geworden ist, ist zulässig.
Da in Bayern keine ausdrückliche Festsetzung des zuvor angedrohten Zwangsgeldes erfolgt, weil die Zwangsgeldandrohung selbst bereits einen aufschiebend bedingten und vollstreckbaren Leistungsbescheid darstellt (Art. 31 Abs. 3 S. 2, 23 Abs. 1 VwZVG), kann der Kläger mit Erhalt der Fälligkeitsmitteilung nur mehr eine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO dahingehend erheben, dass das betreffende Zwangsgeld nicht fällig geworden sei bzw. keine Zahlungspflicht bestehe, was zwischen den Beteiligten auch – was insoweit ausreichend ist für die Annahme eines Feststellungsinteresses – streitig ist (BayVGH, U.v. 24.10.1974 – Nr. 179 I 73 – BayVBl. 1975, 302; VG München, U.v. 24.2.2016 – M 9 K 15.3083 – juris Rn. 16).
2. Die Feststellungsklage ist unbegründet, da das Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € fällig geworden ist. Nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG wird ein Zwangsgeld fällig, wenn die der Zwangsgeldandrohung zugrundliegende Pflicht nicht bis zum Ablauf der Frist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt wird.
In dem gegen die Fälligkeitsmitteilung gerichteten Verfahren nach § 43 VwGO kommen als selbständige Rechtsverletzung im Sinn des Art. 38 Abs. 3 VwZVG nur Umstände im Zusammenhang mit dem Bedingungseintritt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG in Betracht. Von Bedeutung ist namentlich die Frage, ob der Betroffene die Pflicht rechtzeitig und vollständig oder genügend erfüllt hat. Einwendungen zur materiellen Rechtslage als Vorfrage der Fälligkeitsmitteilung sind wegen der Unanfechtbarkeit der Anordnung ausgeschlossen (BayVGH, B.v. 12.4.2010 – 10 ZB 09.2097 – juris Rn. 7; BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 48).
Aufgrund des zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheides vom 28. November 2017 steht bestandskräftig fest, dass der Kläger ein Nutzungskonzept verfolgte, welches eine Zweckentfremdung nach Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS darstellt. Dieses Nutzungskonzept hat er nicht innerhalb der Erfüllungsfrist von sechs Wochen nach Zustellung des Grundbescheides aufgegeben. Die Frist lief am 12. Januar 2018 um 24:00 Uhr ab, da der Grundbescheid am 1. Dezember 2017 zugestellt wurde. Die Aufgabe erfolgte erst mit Räumung der Wohnung zum 30. April 2018 und damit nach Ablauf der Erfüllungsfrist.
a) Die Nichtaufgabe des Nutzungskonzepts steht insbesondere aufgrund der Ortsermittlung vom 25. Januar 2018 fest.
Das Vorgehen der Beklagten – Nachweis des Tatbestands durch Ortsermittlungen mit dokumentierten Beobachtungen des Außendienstes – ist nicht zu beanstanden (vgl. statt aller VG München, U.v. 15.2.2017 – M 9 K 16.4641 – juris und BayVGH, B.v. 7.12.2015 – 12 ZB 15.2287 – juris). An der Richtigkeit des für die Fälligkeit des Zwangsgelds maßgeblichen Berichts über die Ortsermittlung am 25. Januar 2018 bestehen für das Gericht keine Zweifel.
Der Mitarbeiter der Beklagten Herr P. hat diverse Ortsermittlungen an der streitgegenständlichen Wohnung durchgeführt. Bei der Ortsermittlung vom 15. März 2017 und 14. Juli 2017 ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Bericht, dass Herr P. an der richtigen Wohnung die Ermittlung durchgeführt hat. Im Rahmen dieser Ermittlungen ergibt sich bereits aus dem Ermittlungsbericht ein Bezug zum Kläger, sodass es sich nur um die zutreffende Wohnung gehandelt haben kann. Es bestehen deswegen für das Gericht keine Zweifel, dass Herr P. auch am 25. Januar 2018 die Ortsermittlung entsprechend des Vermerkes an der richtigen streitgegenständlichen Wohnung durchgeführt hat. Ein vom Kläger vorgebrachter Widerspruch zum Ergebnis der Ortsermittlung vom 22. November 2017 ist nicht ersichtlich. Herr A. H. A. hat in der Ortsermittlung vom 25. Januar 2018 erklärt, seit dem 18. November 2017 in München zu sein. Er hat nicht mitgeteilt, dass er seit dem in der streitgegenständlichen Wohnung untergebracht sei. Damit besteht kein Widerspruch zum Ergebnis der Ortsermittlung vom 22. November 2017, bei welcher noch ein Herr mit anderem Namen in der Wohnung angetroffen wurde. An der zutreffenden Erfassung auch englischer Aussagen der angetroffenen Personen bestehen ebenfalls keine Zweifel. Die Aussagen der angetroffenen Personen in den diversen Ermittlungsberichten stimmen mit den von diesen vorgelegten Unterlagen überein und sind deswegen plausibel.
b) Auch der Vortrag des Klägers, er wohne schon seit jeher zusammen mit seinem Sohn in der Wohnung, kann nicht dazu führen, dass die Bedingung für die Fälligkeit nicht eingetreten ist. Dieser Vortrag betrifft die Rechtsmäßigkeit des Grundbescheides und kann deswegen nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen ist dieser Vortrag als reine Schutzbehauptung zu werten und steht nicht mit den Ergebnissen der Ortsermittlungen im Einklang.
Bei der Pflicht zur unverzüglichen Beendigung der Zweckentfremdung handelt es sich um eine Unterlassungspflicht (VG München, U.v. 28.8.2019 – M 9 K 16.5910 -, juris Rn. 44; VG München B.v. 26.4 2016 – M 9 S 16.1449 – juris; BayVGH, B.v. 9.5.2016 – 12 CS 16.899 – n.V.). Ausreichend für die Aufgabe des Nutzungskonzepts ist es aber nicht, sich darauf zu berufen, dass die Wohnung weiterhin selbst genutzt wird, wenn während einer Ortsermittlung nach dem Grundbescheid ein Medizintourist angetroffen wurde. Auch wenn es sich primär um eine Unterlassungspflicht handelt, ist gerade deswegen, weil es sich um die Aufgabe des subjektiven Nutzungskonzepts als innere Tatsache handelt, eine nach Außen erkennbare Änderung der Nutzung notwendig. Dem Kläger stand ein Wahlrecht zu, wie er der Grundverpflichtung, Beendigung der Fremdenbeherbergung, nachkommt. Er hätte beispielsweise die gesamte Wohnung dauerhaft untervermieten können (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2016 – 12 CS 16.899 – n.V.; VG München, U.v. 22.2.2017 – M 9 K 16.4248 – juris Rn. 18). Den Kläger treffen bei der Darlegung der nach Außen erkennbaren Umstände, aus denen sich die Aufgabe des Nutzungskonzepts ergibt, gesteigerte Mitwirkungsobliegenheiten. Zwar hat die Behörde nach Art. 24 Abs. 1 und 3 BayVwVfG grundsätzlich den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, aber im Zweckentfremdungsrecht bestehen nach Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG i. V. m. Art. 4 Satz 1 ZwEWG gesteigerte Mitwirkungsobliegenheiten der Beteiligten (VG München, U.v. 29. Juli 2015 – M 9 K 14.5596 – juris Rn. 31). Aufgrund dieser gesteigerten Mitwirkungsobliegenheiten bedarf es einer substantiierten Darlegung der Tatsachen, aus denen sich die Aufgabe des Nutzungskonzepts ergibt. Vorliegend hat sich der Kläger darauf beschränkt, das Ergebnis der Ortsermittlung vom 25. Januar 2018 zu bestreiten und mitzuteilen, dass seit jeher keine Zweckentfremdung vorliege, da der Kläger selbst und sein Sohn die Wohnung nutzen würden. Gegenüber der Beklagten erfolgten innerhalb der Frist für die Zwangsgeldandrohung keine substantiierten Darlegungen mit entsprechenden Nachweisen zur Änderung des Nutzungskonzepts. Die Ortsermittlung der Beklagten am 25. Januar 2018 ergab auch keine nach Außen erkennbare Änderung der Situation gegenüber dem Grundbescheid.
Letztlich läuft die Argumentation des Klägers damit darauf hinaus, dass der Grundbescheid rechtswidrig sei, da eine Eigennutzung durch ihn und seinen Sohn nicht berücksichtigt worden sei. Diese Tatsache hätte aber gegen den Grundbescheid vorgebracht werden müssen. Eine Änderung der Situation (erstmaliger Einzug in die Wohnung) bezüglich der Eigennutzung wurde vom Kläger schon gar nicht vorgetragen. Es ist auch abwegig, dass der Kläger nach dem Grundbescheid in die Wohnung, welche er aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 11. Dezember 2017 bis zum 30. April 2018 räumen musste, noch einmal eingezogen ist. Gleichzeitig steht eine Eigennutzung im eindeutigen Widerspruch zum Ergebnis der Ortsermittlung vom 25. Januar 2018. Der angetroffene A. gab an, dass seine Familie, bestehend aus fünf Erwachsenen und einem Kind, in der Wohnung untergebracht seien. Eine gleichzeitige Eigennutzung durch den Kläger und seines Sohn und die Untervermietung eines Schlafzimmers an Herrn A. B. ist aufgrund der Größe der Wohnung damit faktisch ausgeschlossen.
Anders verhält es sich zwar beim vorgelegten Untermietvertrag vom 15. Dezember 2017, welcher erst nach dem Grundbescheid abgeschlossen wurde. Hier liegt zwar eine nach Außen erkennbare Änderung des Nutzungskonzepts vor. Diese Untervermietung ist für die Aufgabe der Zweckentfremdung aber nicht ausreichend. Nach dem Vertrag wird ein kleines Schlafzimmer an Herrn A. B. vermietet. Voraussetzung für das Fehlen einer Zweckentfremdung nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 ZeS ist, dass die Wohnnutzung überwiegt .Die Wohnnutzung muss mehr als 50 v. H. der Gesamtfläche einnehmen Die Grenze von 50 v. H. wird durch die Untervermietung an A. B. nicht überschritten. Die Wohnung hat eine Größe von 109,28 m2. Das untervermietete kleine Schlafzimmer hat eine Größe von 12,13 m2.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Kosten waren dem Kläger vollständig aufzuerlegen, da nach summarischer Prüfung die Klage auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Satz 2, 31 Abs. 1, 31 Abs. 2 Nr. 1 VwZVG keinen Erfolg gehabt hätte. Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der erneuten Zwangsgeldandrohung sind nicht ersichtlich. Außer dem generellen Bestreiten der Zweckentfremdung, wurde durch den Kläger diesbezüglich nichts vorgetragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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