Aktenzeichen 20 U 3123/19
Leitsatz
1. Ist ein Fahrzeugkäufer auf eine Abgasproblematik mit dem Fahrzeug und Motor hingewiesen worden, so wirkt sich auf den Kaufentschluss eine etwaige konkludente Täuschung durch den Verkäufer nicht aus, die sich aus öffentlichen Mitteilungen des Fahrzeugherstellers oder der Medienberichterstattung ergeben könnte. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Darlegungs- und Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Kaufentschluss liegt beim Käufer. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
71 O 4155/18 2019-06-06 Urt LGLANDSHUT LG Landshut
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 6. Juni 2019, Aktenzeichen 71 O 4155/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Landshut ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.755,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Landshut vom 6. Juni 2019 Bezug genommen. Änderungen oder Ergänzungen im Sachverhalt haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben.
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Abweisung seiner Klage und erstrebt – im Wesentlichen wie in erster Instanz – die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von € 26.515,00 nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung von € 3.760,00 Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer …58. Weiter begehrt er die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeugs seit dem 24. Dezember 2018 in Annahmeverzug befindet sowie ihre Verurteilung zur Zahlung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von € 1.564,26 nebst Zinsen. Auf die Berufungsbegründung vom 13. September 2019 (Bl. 8 ff.) wird verwiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 29. November 2019 (Bl. 151 ff.), dem Kläger zugestellt am 2. Dezember 2019, darauf hingewiesen, dass er die einstimmige Zurückweisung des Rechtsmittels gemäß § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 6. Juni 2019, Aktenzeichen 71 O 4155/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 29. November 2019 (Bl. 151 ff.) Bezug genommen, an dem nach erneuter Überprüfung in vollem Umfang festgehalten wird. Auch die Ausführungen der Klagepartei in der Gegenerklärung vom 18. Dezember 2019 (Bl. 157 ff.) führen zu keiner anderen Beurteilung.
Soweit die Klagepartei dort darauf abstellt, dass die Kausalität zwischen Täuschung und Abschluss des Kaufvertrags nicht durch die ad hoc-Mitteilung, die öffentliche Medienberichterstattung oder durch eine andere Mitteilung der Volkswagen AG durchbrochen worden sei, verkennt sie, dass der Senat bei der Beurteilung der Kenntnis der Klagepartei bzw. der Kausalität der Täuschung weder auf die ad hoc- oder die Pressemitteilung, noch auf die Einrichtung einer Informationsplattform, noch auf die Medienberichterstattung abgestellt hat. Der Senat hat im vorliegenden Fall die Kausalität verneint, weil die Klagepartei in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 7. Mai 2019 (Bl. 323 d. Akte) eingeräumt hat, dass sie auf eine Abgasproblematik mit dem vorliegenden Fahrzeug und Motor hingewiesen worden ist. Eine etwaige konkludente Täuschung durch die Beklagte hat sich deshalb auf ihre Entscheidung für den Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht ausgewirkt. Verbleibende Zweifel gehen zum Nachteil der darlegungs- und beweisbelasteten Klagepartei.
Soweit die Gegenerklärung darauf abstellt, dass das Software-Update nicht zu einer Beseitigung der Abschalteinrichtung führe, ist schon nicht ersichtlich, dass insoweit eine Täuschung durch die Beklagte zum Zeitpunkt des – den möglichen Schaden bildenden – Vertragsschlusses vorgelegen hat.
Die Voraussetzung der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung steht einem Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen, denn ein Fall einer Divergenz ist nur gegeben, wenn ein und dieselbe Rechtsfrage von einem höher- oder gleichrangigen Gericht abweichend beurteilt wird (BGH, Beschluss vom 27. März 2003, V ZR 291/02, NJW 2003, 1943, 1945; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 40. Aufl., § 543 Rn. 4b). Das klägerseits zitierte Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 16. April 2019 (Az.: 1 O 3086/18) begründet bereits mangels Gleichrangigkeit keine derartige Divergenz. Im Übrigen legt der Senat seiner Beurteilung keinen anderen Rechtssatz zugrunde als das Landgericht, denn dieses weist ausweislich des klägerischen Zitats die Darlegungs- und Beweislast für den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Kaufentschluss ebenfalls dem Käufer zu.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt.