Aktenzeichen W 5 M 17.316
BayLStVG BayLStVG Art. 7
RVG RVG § 32 Abs. 1
Leitsatz
1 Dem Kostenfestsetzungsbeschluss, nach dem sich die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühr richtet (§ 32 Abs. 1 RVG), ist auch dann allein die endgültige Streitwertfestsetzung (§ 63 Abs. 2 GKG) zugrunde zu legen, wenn zuvor eine (abweichende) vorläufige Streitwertfestsetzung (§ 63 Abs. 1 GKG) erfolgt ist. (Rn. 13 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Da die Streitigkeit über die Unterbringung eines Obdachlosen nach Art. 7 LStVG mangels Mietverhältnisses öffentlich-rechtlicher Art ist, ist für die Streitwertfestsetzung nicht die Jahresgrundmiete maßgeblich. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 10. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat der Erinnerungsführer zu tragen.
III. Der Streitwert für das Erinnerungsverfahren wird auf 205,16 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Erinnerungsführer (Kläger des Ausgangsverfahrens W 5 K 16.895) wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 10. Februar 2017, soweit mit diesem die außergerichtlichen Aufwendungen des Beklagten im Ausgangsverfahren höher als 779,57 EUR festgesetzt worden waren.
Erstmals mit Bescheid vom 29. Dezember 2012 brachte der Kläger den Beklagten (als Obdachlosen) nach Art. 7 LStVG in einer Wohnung in … unter. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 sprach er eine „Kündigung“ aus. Die beim Amtsgericht Gemünden am Main erhobene „Räumungsklage“ wurde dem Beklagten am 29. April 2016 zugestellt.
Aufgrund der öffentlichen Sitzung erklärte das Amtsgericht Gemünden am Main mit Beschluss vom 25. Juli 2016 den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens an das zuständige Verwaltungsgericht Würzburg.
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2016 nahm der Bevollmächtigte des Klägers die Klage im Ausgangsverfahren zurück. Der Berichterstatter stellte mit Beschluss vom 23. Dezember 2016 im Verfahren W 5 K 16.895 das Verfahren ein, legte dem Kläger die Kosten des Verfahrens auf und setzte den Streitwert auf 5.000,00 EUR fest.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 4. Januar 2017, beim Verwaltungsgericht Würzburg eingegangen am 9. Januar 2017, beantragte der Bevollmächtigte des Beklagten im Ausgangsverfahren W 5 16.895 die Kostenfestsetzung in Höhe von 984,73 EUR und zwar die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG i.H.v. 393,90 EUR und einer 1,2 Termingebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG i.H.v. 363,60 EUR, jeweils aus einem Gegenstandswert i.H.v. 5.000,00 EUR, sowie einer Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG und der Reisekosten i.H.v. 50,00 EUR, jeweils zuzüglich 19% Mehrwertsteuer.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Februar 2017 setzte die Urkundsbeamtin die außergerichtlichen Aufwendungen des Beklagten auf 984,73 EUR zu Lasten des Klägers fest. Der vg. Kostenfestsetzungsbeschluss wurde den Bevollmächtigten des Erinnerungsführers am 15. Februar 2017 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 1. März 2017, eingegangen bei Gericht per Fax am gleichen Tag, beantragte der Erinnerungsführer durch seinen Bevollmächtigten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Februar 2017 die Entscheidung des Gerichts, mit dem Antrag den vg. Kostenfestsetzungsbeschluss aufrechtzuerhalten, soweit die außergerichtlichen Aufwendungen des Beklagten auf 779,57 EUR zzgl. Zins i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 9. Januar 2017 festgesetzt worden sind und im Übrigen den Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben. Er brachte vor: Es habe lediglich ein Termin vor dem Zivilgericht, dem AG Gemünden, am 25. Juli 2016 stattgefunden. Im Rahmen dieses Termins habe der Streitwert korrekt berechnet 2.040,00 EUR betragen und sei mit Beschluss vom 25. Juli 2016 auch so festgesetzt worden. Es habe sich um eine Räumungsklage gehandelt. Maßgeblich für die Bemessung des Streitwerts vor dem Amtsgericht sei die Jahresgrundmiete und die Terminsgebühr sei aus dem Betrag von 2.040,00 EUR zu berechnen. Danach beliefen sich die vom Kläger dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 779,57 EUR, nämlich eine 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR i.H.v. 393,90 EUR, eine 1,2 Terminsgebühr aus einem Gegenstandwert von 2.040,00 EUR i.H.v. 241,20 EUR sowie eine Pauschale für Post und Telekommunikation i.H.v. 20,00 EUR, jeweils zuzüglich 19% Mehrwertsteuer.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab, da sie unbegründet sei und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor.
II.
Die Erinnerung, über die das Gericht in der Besetzung entscheidet, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde – nämlich durch den Berichterstatter – (BayVGH, B. v. 19.1.2007 – 24 C 06.2436 – BayVBI 2008, 417), ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 10. Februar 2017, mit dem die außergerichtlichen Aufwendungen des Beklagten im Ausgangsverfahren auf 984,73 EUR zu Lasten des Klägers festgesetzt wurden, ist nicht zu beanstanden.
Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO werden auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung nach § 154 ff. VwGO auf Antrag die zu erstattenden Kosten festgesetzt. Erstattungsfähig sind nach § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtanwalts sind dabei gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO stets erstattungsfähig, also kraft Gesetzes als notwendig anzusehen. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Vergütung, wird durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geregelt (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3100 VV RVG steht dem Rechtsanwalt grundsätzlich eine 1,3 Verfahrensgebühr zu, gemäß Nr. 3104 VV RVG eine 1,2 Terminsgebühr.
Das Gericht kann die Einwendungen des Erinnerungsführers hinsichtlich der Höhe der außergerichtlichen Aufwendungen nicht teilen. Die Kostenentscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, auch hinsichtlich der Terminsgebühr auf einen Gegenstandswert i.H.v. 5.000,00 abzustellen, ist nicht zu beanstanden. Hängt nämlich – wie hier – die Höhe der festzusetzenden Gebühren vom Streitwert/Gegenstandswert ab, ist der Urkundsbeamte an die vom Gericht vorgenommene Festsetzung gebunden (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 164 Rn. 3).
Das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Beschluss vom 23. Dezember 2016 den Streitwert – endgültig (§ 63 Abs. 2 GKG) – auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Diese Streitwertfestsetzung ist auch für die Festsetzung der Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend (§ 32 Abs. 1 RVG).
Demgegenüber handelt es sich bei der Festsetzung des Streitwerts durch das Amtsgericht Gemünden im Beschluss vom 25. Juli 2016 nur um eine vorläufige (§ 63 Abs. 1 GKG) Streitwertfestsetzung, da zum damaligen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die endgültige Festsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG noch nicht vorlagen.
Wenn der Bevollmächtigte des Einwendungsführers vorbringt, dass für die Bemessung des Streitwerts für die Terminsgebühr die Jahresgrundmiete maßgeblich sei, weil es sich um eine Räumungsklage handele, verkennt er völlig, dass es sich vorliegend gerade nicht um eine Räumungsklage aufgrund Mietrechts handelt, sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über die Räumung einer Obdachlosenunterkunft. Denn es liegt dem Verfahren gerade kein zivilrechtliches Mietverhältnis, sondern ein öffentlich-rechtliches Unterbringungsverhältnis zugrunde. Dies hat auch und gerade das Amtsgericht Gemünden am Main so entschieden, wenn es den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Würzburg verwiesen hat.
Keinerlei Begründung hat der Bevollmächtigte des Einwendungsführers dafür vorgebracht, warum er bei seiner Berechnung die Reisekosten des Beklagtenbevollmächtigten völlig außer Ansatz gelassen hat. Ein sachlich begründeter Ansatzpunkt ist hierfür auch nicht ersichtlich.
Als Unterlegener hat der Einwendungsführer die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts für das Erinnerungsverfahren beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG.