Aktenzeichen 51 S 644/17
Leitsatz
1. Die Fürsorgepflicht des Vermieters einer Tiefgarage begründet eine Nachrüstungspflicht bei Tiefgaragentoren, die den Sicherheitsstandards nach DIN EN 13 241-1 nicht mehr entsprechen. Dies bedeutet, dass der Vermieter bei Änderungen von Sicherheitsvorschriften nicht sofort reagieren muss, dennoch aber durch positives Tun gefordert ist, die Mietsache so zu erhalten, dass dem Mieter kein Schaden entsteht bzw. Gefahren für das Eigentum des Mieters verhindert oder abgewendet werden.
2. Nach dem Hinweis der Berufungskammer wurde die Berufung zurückgenommen. Das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.
Verfahrensgang
5 C 1232/15 2017-03-15 Endurteil AGKEMPTEN AG Kempten
Tenor
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 15.03.2017, Az. 5 C-1232/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Gründe
Das Erstgericht kam nach Einvernahme der Zeugin K. und nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.lng. … vom 24.11.2016 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 535, 280 Abs. 1,278 BGB hat.
Rechtlich zutreffend hat das Erstgericht ausgeführt, dass der grundsätzlich bestehende Bestandsschutz für den Vermieter auf das vorliegende Verfahren nicht anwendbar ist, da für die Beklagte die Fürsorgepflicht als Unterfall sowohl der allgemeinen Überlassungs- und Erhaltungspflicht als auch der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters zu beachten ist (Schmidt-Futterer Mietrecht 12. Aufl. 2015 § 535 Rn. 99). Dies bedeutet, dass der Vermieter bei Änderungen von Sicherheitsvorschriften nicht sofort reagieren muss, dennoch aber durch positives Tun gefordert ist, die Mietsache so zu erhalten, dass dem Mieter kein Schaden entsteht bzw. Gefahren für das Eigentum des Mieters verhindert oder abgewendet werden (Schmidt-Futterer a.a.O. Rn. 100).
Hierbei muss zum einen gesehen werden, dass die aktuelle Sicherheitsvorschrift DIN EN 13 241-1 Tore bereits am 01.04.2004 in Kraft getreten ist und der Einbau der zweiten Sicherheitseinrichtung nach den für das Berufungsgericht bindenden Feststellungen des Erstgerichts mit vertretbarem Kostenaufwand (ca. 1.100 € brutto) möglich wäre.
Bezeichnend ist, dass die Toranlage bereits heute nicht mehr dem ursprünglichen Bestand aus dem Jahr 1976 entspricht, sondern bereits mehrmals Neuerungen vorgenommen wurden. Der Garagentorantrieb wurde erneuert und eine Sicherheitskontaktleiste neueren Datums wurde an der Torunterkante montiert. Dies zeigt, dass sich auch der Vermieter in der Vergangenheit der Tatsache bewusst war, dass neue Sicherheitsstandards in die Anlage einzubauen sind.
Seit Inkrafttreten der DIN EN 13 2411-1 Tore sind jetzt mehr als 10 Jahre vergangen. Auch bei Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 02. März 2010 – VI ZR 223/09 -, juris; BVT-Merkblatt Juni 2011; LG München I, Urteil vom 05.09.2013 – 30 S 4764/13 – juris) ist es angezeigt, eine entsprechende Nachrüstungspflicht des Vermieters zu fordern. Im übrigen hat das Erstgericht zutreffend ausgeführt, dass es dem Vermieter bei den zu erwartenden Kosten zumutbar ist, die Nachrüstung vorzunehmen. Dies gilt losgelöst von der Tatsache, dass die DIN keine Regelung zu einer Nachrüstungspflicht enthält, da, wie bereits ausgeführt, die Fürsorgepflicht des Vermieters ein Tätigwerden verlangt.
Auch die Ausführungen des Erstgerichts zur Ursächlichkeit und zum Verschulden sind zutreffend. Im Rahmen der Fürsorgepflicht des Vermieters ist nicht nur eine regelmäßige Wartung des Tores durch eine Fachfirma gefordert, sondern auch eine Überprüfung des Tores auf die aktuelle Verkehrssicherheit. Gegebenenfalls hätte die Wartungsfirma bei der Wartung auf die neuesten Sicherheitsvorschriften und eine etwaige Nachrüstung des Tores hinweisen müssen. Sollten diese Hinweise unterlassen worden sein, hat sich dieses Verschulden die Beklagte gem. § 278 BGB zurechnen zu lassen.
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.