Aktenzeichen 33 WF 238/17
Leitsatz
1 Eine Gehörsrüge ist nicht geeignet, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Ablehnungsgründen zu erreichen, nachdem das Ablehnungsgesuch auf Grund einer Bewertung des prozessualen Vorgehens der Antragstellerin als unzulässig verworfen worden ist. (Rn. 4) (red. LS Axel Burghart)
2 Gegen die Verfahrensbeistandsbestellung durch den Rechtspfleger ist die Erinnerung zulässig. (Rn. 26) (red. LS Axel Burghart)
Gründe
A.
Die zulässig erhobene Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 44 FamFG ist unbegründet.
Die Rüge ist unbegründet, weil das Gericht durch die mit der Rüge angegriffene Entscheidung den Anspruch der Rügeführerin auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Die Antragstellerin rügt im Wesentlichen, dass sich der Senat in seinem Beschluss vom 22.6.2017 inhaltlich nicht mit den Ablehnungsgesuchen auseinandergesetzt hat und die dargestellte Verfahrenshistorie unvollständig wiedergegeben sei.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Beschluss hatte der Senat die Befangenheitsanträge der Antragstellerin wegen Verschleppungsabsicht als unzulässig verworfen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfolgte daher keine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Ablehnungsgründen, sondern lediglich eine Bewertung des prozessualen Vorgehens der Antragstellerin in den einzelnen Verfahren bezogen auf die Dauer der Verfahren. Mit der Gehörsrüge versucht die Antragstellerin nunmehr, eine inhaltliche Überprüfung ihrer Anträge zu erreichen. Dies ist aber aus den in dem Beschluss vom 22.6.17 angeführten Gründen, auf die Bezug genommen wird, nicht möglich, so dass darauf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht gestützt werden kann.
Dass der Senat insoweit zu einer anderen Bewertung gelangt als die Rügeführerin, rechtfertigt nicht die Annahme der Verletzung rechtlichen Gehörs. Soweit sie auf eine unvollständige Sachverhaltsdarstellung hinweist, ist das Gericht nicht gehalten, sich in der schriftlichen Begründung seiner Entscheidung mit allen denkbaren Gesichtspunkten auseinanderzusetzen und alle Einzelpunkte des Beteiligtenvorbringens abzuhandeln (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG 18. Aufl. § 38 Rdnr. 66 m.w.N). Der Senat hat die tragenden Gründe für seine Entscheidung in dem Beschluss dargestellt.
B.
Die von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerden sind zulässig, jedoch überwiegend unbegründet.
I. Dem Senat liegen folgende Sachverhalte zur Entscheidung vor:
1. Im Verfahren 564 F 2862/11 = 33 WF 1573/16 und 33 WF 1635/16 beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 8.3.2011 das Umgangsrecht für die gemeinsame Tochter der Beteiligten Rebecca zu regeln; die Antragsgegnerin beantragte, diesen Antrag zurückzuweisen und das Umgangsrecht auszuschließen.
a. 33 WF 1635/16
Am 09.08.2016 lehnte die Antragsgegnerin Richterin am Amtsgericht Dr. M. wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Blatt 1015/1020), wobei sie den Antrag durch weitere Schriftsätze vom 11. 08.2016 und 29.08.2016 erweiterte (Blatt 1023/1025; 1027/1033). Mit Beschluss vom 05.09.2016 wies das Amtsgericht München durch Richterin am Amtsgericht A. dieses Ablehnungsgesuch zurück (Blatt 1034/1035). Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin am 21.09.2016 mit ihrer sofortigen Beschwerde, die beim Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 33 WF 1635/16 geführt wird (Blatt 1037/1051). b. 33 WF 1573/16 Mit weiterem Schriftsatz vom 21.9.16 lehnte sie Richterin am Amtsgericht A. wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Blatt 1052/1062). Diesen Antrag wies Richter am Amtsgericht R. mit Beschluss vom 17.10.2016 zurück (Blatt 1066/1067). Die Antragsgegnerin wendete sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 02.11.2016, die beim Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 33 WF 1573/16 geführt wird (Blatt 1074/1087), gegen diesen Beschluss.
2. In dem Verfahren 564 F 9827/11 = 33 WF 1574/16 und 33 WF 1636/16 beantragte der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung am 09.09.2011 das Umgangsrecht mit seiner Tochter Rebecca zu regeln (Blatt 1/5).Die Antragsgegnerin beantragte am 26.9.2011 Antragabweisung (Blatt 16/26).
a. 33 WF 1636/16
Am 9.8.2016, ergänzt durch Schriftsätze vom 11.8.2016 und 29.8.2016, lehnte die Antragsgegnerin Richterin am Amtsgericht Dr. M. wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Blatt 1142/1176). Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 5.9.2016 wies Richterin am Amtsgericht A. dieses Ablehnungsgesuch als unzulässig zurück (Blatt 1177/1178). Am 21.9.2016 erhob die Antragsgegnerin hiergegen sofortige Beschwerde, die beim Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 33 WF 1636/16 geführt wird (Blatt 1179/1193).
b. 33 WF 1574/16 Mit weiterem Schriftsatz vom gleichen Tag lehnte sie Richterin am Amtsgericht A. wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Blatt 1194/1196). Mit Beschluss vom 17.10.2016 wies Richter am Amtsgericht R. dieses Ablehnungsgesuch zurück (Blatt 1200/1201). Mit Schriftsatz vom 2.11.2016 legt daraufhin die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.10.2016 ein, die beim Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 33 WF 1574/16 geführt wird (Blatt 1205//1225).
3. In den Verfahren 564 F 11849/14 = 33 WF 1575/16, 33 WF 1638/16 und 33 WF 1782/15 hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 23.09.2014 (Bl. 1/6) beantragt, ihm das alleinige Sorgerecht für die Tochter Rebecca zu übertragen, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht, hilfsweise das alleinige Sorgerecht dem Jugendamt M. zu übertragen, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht dem Jugendamt M. zu übertragen.
a. 33 WF 1782/15
Mit Schriftsatz vom 21.10.2014 (Bl. 9/35) ist die Antragsgegnerin den Haupt- und Hilfsanträgen entgegengetreten und lehnte Richter am Amtsgericht Z. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Am 18.11.2015 wies das Amtsgericht München durch Richterin am Amtsgericht Anke das Ablehnungsgesuch betreffend Richter am Amtsgericht Z. vom 21.10.2014 zurück (Bl. 165/166). Am 08.12.2015 legte die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 18.11.2015 ein (Bl. 183/208), welche unter dem Aktenzeichen 33 WF 1782/15 geführt wird. Am 13.04.2016 half das Amtsgericht München dieser nicht ab (Bl. 214/215).
b. 33 WF 1638/16
Mit Schriftsatz vom 09.08.2016 lehnte die Antragsgegnerin Richterin am Amtsgericht Dr. M. als befangen ab, nachdem diese am 16.06.2016 die Referatsnachfolge des bisher zuständigen Richter am Amtsgericht Z. angetreten hatte (Bl. 255/260) und ergänzte diesen Ablehnungsantrag mit Schriftsatz vom 11.08.2016 (Bl. 262/264).Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 05.09.2016 verwarf Richterin am Amtsgericht A. dieses Ablehnungsgesuch (Bl. 273/274).Am 21.09.2016 legte die Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 05.09.2016 sofortige Beschwerde ein (Bl. 288/302), welche beim Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 33 WF 1638/2016 geführt wurde.
c. 33 WF 1575/16
Am 21.09.2016 lehnte die Antragsgegnerin Richterin am Amtsgericht A. wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Bl. 303/313). Dieses Ablehnungsgesuch wies das Amtsgericht München durch Richter am Amtsgericht R. mit Beschluss vom 17.10.2016 zurück (Bl. 316/319).Mit Schriftsatz vom 02.11.2016 legte die Antragsgegnerin hiergegen sofortige Beschwerde ein (Bl. 331/334), welche vor dem Oberlandesgericht unter den Aktenzeichen 33 WF 1575/16 geführt wurde.
4. In dem Verfahren 564 F 6162/16 = 33 WF 1639/16 und 33 WF 1576/16 regte der Antragsteller am 6.6.2016 gegenüber der Antragsgegnerin den Entzug des Sorgerechts für die gemeinsame Tochter Rebecca, geboren am 18.1.2009, an. Diese beantragte mit Schriftsatz vom 23.06.2016 den Antrag zurückzuweisen.
a. 33 WF 1639/16 Mit Antrag vom 9.8.2016 (Blatt 49/54), ergänzt durch Schriftsatz vom 11. 8. 2016 (Blatt 58/60), lehnte die Antragsgegnerin Richterin am Amtsgericht Dr. M. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 5.9.2016 (Blatt 71/72) durch Richterin am Amtsgericht A. wurde das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin wandte sich gegen diesen Beschluss mit der sofortigen Beschwerde vom 21.9.2016 (Blatt 73/87), die bei dem Oberlandesgericht unter dem Aktenzeichen 33 WF 1639/16 geführt wird.
b. 33 WF 1576/16 Mit Schriftsatz vom 21.9.2016 (Blatt 88/98) lehnte die Antragsgegnerin Richterin am Amtsgericht A. wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dieses Ablehnungsgesuch wies das Amtsgericht München durch Richter am Amtsgericht R. mit Beschluss vom 17.10.2016 zurück (Blatt 101/102). Mit Schriftsatz vom 2.11.2016 (Blatt 111/124) wendete sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.10.2016, die unter dem Aktenzeichen 33 WF 1576/16 beim Oberlandesgericht geführt wird.
5. Im Verfahren 564 F 6238/16 = 33 WF 238/17 beantragte der Antragsteller am 6.6.2016 gegenüber der Antragsgegnerin Auskunft über die gemeinsame Tochter Rebecca, geboren am 18.1.2009, in Form der Herstellung und Übergabe eines aktuellen Porträtfotos. Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 8. 7.2016 den Antrag zurückzuweisen.
Durch Beschluss des Amtsgerichts München – Rechtspflegerin – vom 7.10.2016 (Blatt 14/15) wurde dem Kind eine Verfahrensbeiständin bestellt. Hiergegen wendete sich die Antragsgegnerin mit ihrer Gegenvorstellung/Erinnerung vom 20.10.2016 (Blatt 17/18), die das Amtsgericht durch Beschluss vom 5.1.2017 (Blatt 42/44) als unzulässig verworfen hat. Nach der Beschwerde der Antragsgegnerin vom 26.1.2017 (Blatt 46/53) hiergegen, sprach das Amtsgericht mit Beschluss vom 3.2.2017 die Berichtigung eines Schreibfehlers aus (Blatt 55/56), half der Beschwerde nicht ab (Blatt 57/58) und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor. Die Beschwerde wird unter dem Az. 33 WF 238/17 geführt.
6. Wegen des Inhalts der Entscheidungen, der Ablehnungsanträge und der sofortigen Beschwerden wird auf die einzelnen Schriftstücke Bezug genommen.
II. Die zulässigen Beschwerden in den Verfahren 33 WF 1573/16, 33 WF 1635/16, 33 WF 1574/16,33 WF 1636/16, 33 WF 1575/16, 33 WF 1638/16, 33 WF 1782/15, 33 WF 1576/16 und 33 WF 1639/16 sind unbegründet.
Die von der Beschwerdeführerin jeweils erhobenen Ablehnungsanträge waren wegen Verschleppungsabsicht unzulässig. Wegen der Begründung wird auf den in sämtlichen Verfahren ergangenen Senatsbeschluss vom 22.6.2017 Bezug genommen. Soweit das Amtsgericht daher bereits selbst die Ablehnungsanträge als unzulässig verworfen hatte, waren die Beschwerden zurückzuweisen, soweit das Amtsgericht die Anträge als unbegründet zurück gewiesen hatte, waren die angefochtenen Beschlüsse dahingehend zu ändern, dass die Zurückweisung richtigerweise als unzulässig hätte erfolgen müssen.
III. Die sofortige Beschwerde im Verfahren 33 WF 238/17 ist gemäß §§ 11 Abs. 2 RPflG, 567 ff. ZPO statthaft und zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. In der Sache hat die sofortige Beschwerde Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Unrecht ein Rechtsmittel gegen die Verfahrensbeistandsbestellung durch den Rechtspfleger im Hinblick auf die Regelung in § 158 Abs. 3 S. 4 FamFG als unzulässig erachtet. Aufgrund der nach der Entscheidung des Amtsgerichts veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.3.2017 (NJW – RR 2017,578) ist die Erinnerung zulässig. Die angegriffene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Das Amtsgericht hat in der Sache noch nicht entschieden, sodass das Verfahren zur Entscheidung über die Erinnerung zurückzugeben war.
IV. Hinsichtlich des Rügeverfahrens hat die Antragstellerin die Gerichtskosten ihrer erfolglosen Gehörsrügen zu tragen (Nr. 1800 KV zu § 3 Abs. 2 FamGKG). Hinsichtlich der erfolglosen Beschwerde bezüglich der abgelehnten Ablehnungsanträge ergibt sich die Kostenfolge aus § 6 FamFG in Verbindung mit§§ 46 II, 567, 97 ZPO. Soweit die Beschwerde im Verfahren 33 WF 238/17 erfolgreich war, ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst. Die Kosten gelten als solche des Rechtsstreits. Die Festsetzung des Verfahrenswerts war in Ermangelung eines Antrages nach § 33 Abs. 1 RVG nicht veranlasst.