Aktenzeichen M 10 K 15.1791
BGB BGB § 892 Abs. 2
ZPO ZPO § 894
VwGO VwGO § 86 Abs. 1
Leitsatz
1 Die aus dem Grundbuch erwachsende Eigentumsvermutung kann zwar widerlegt werden, allerdings muss hierfür voller Beweis erbracht werden (vgl. BGH BeckRS 2006, 01827). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Eigentumsübertragung auf einen Vermächtnisnehmer erfordert nicht in jedem Fall eine Willenserklärung des Vermächtnisnehmers. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3 Für die öffentlich-rechtliche Frage, ob Wassergebühren verlangt werden können, lässt sich der Regelung des § 892 BGB nichts entnehmen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 31. Januar 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 28. April 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Der Beklagte hat den Kläger für den Abrechnungszeitraum 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014 zu Recht als Schuldner der Grundgebühr bezüglich der Wasserversorgung herangezogen.
1. Wirksame Rechtsgrundlage für die Festsetzung der streitgegenständlichen Wassergebühren ist Art. 8 Kommunalabgabengesetz (KAG) in Verbindung mit der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabensatzung (BGS/WAS) des Beklagten in der Fassung vom 9. Mai 2012 (in Kraft seit 1. Mai 2012). Diese Satzung hat das Gericht bereits in seinem Urteil vom 20. Februar 2014 – 10 K 13.3515 – im Gebührenteil als wirksam erachtet.
2. Rechtsgrundlage für die Erhebung der Grundgebühr ist § 9 BGS/WAS. Diese berechnet sich gemäß § 9a BGS/WAS nach dem Nenndurchfluss Qn der verwendeten Wasserzähler unabhängig vom tatsächlichen Wasserbezug. Dies ist ein zur Bemessung der Grundgebühr geeigneter und von der Rechtsprechung anerkannter Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.2001 – 9 BN 4/01 – NVwZ-RR 2003, 300; BayVGH, U.v. 12.10.2005 – 23 B 05.1155 – juris).
Nach Art. 8 Abs. 2 S. 3 KAG ist die Erhebung einer verbrauchsunabhängigen Grundgebühr zur Deckung der verbrauchsunabhängigen Kosten (Vorhaltekosten) zulässig, soweit neben ihr in der Mehrzahl der Fälle noch eine angemessene Abrechnung nach der tatsächlichen Nutzung stattfindet; hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Grundgebühr nicht entsprechend bemessen ist.
Das streitgegenständliche Anwesen ist an die Wasservorsorgungsanlage des Beklagten angeschlossen. Für den dort verwendeten Wasserzähler der Kategorie Qn bis 2,5m³/h hat der Beklagte gemäß § 9a Abs. 2 S. 1 BGS/WAS zutreffend eine Grundgebühr von netto 18,41 Euro/Jahr angesetzt.
3. Der Kläger ist Schuldner der Wassergebühr. Nach § 12 S. 1 BGS/WAS ist Gebühren* …dner, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld Eigentümer des Grundstücks ist. Für die Gebührenschuld betreffend das Abrechnungsjahr 2014 ist mithin eine etwaige Zwangsversteigerung im Jahr 2015 irrelevant. Entgegen der Ansicht des Klägers ist er Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks. Das Gericht verkennt nicht den Unterschied zwischen einem Vermächtnisnehmer, der – wie der Kläger richtig ausführt – nicht zu Wassergebühren herangezogen werden kann, und einem Eigentümer.
Das Gericht stützt sich auf die Vermutung des Eigentums, welche mit der Eintragung im Grundbuch einhergeht.
Der Kläger wurde am 14. Juni 2011 als Eigentümer des Anwesens …-straße 3 im Grundbuch des Amtsgerichts … für …, Band 5 Blatt 192, eingetragen. Anders als der Kläger denkt, ist eine bestehende Grundbucheintragung selbst dann nicht nichtig, wenn sie fälschlicherweise erfolgte, was hier zudem nicht der Fall war. Das ergibt sich bereits daraus, dass das Gesetz in § 894 BGB eine Möglichkeit vorsieht, die Berichtigung einer falschen Grundbucheintragung einzuklagen.
Die aus dem Grundbuch erwachsende Eigentumsvermutung kann zwar widerlegt werden, allerdings muss hierfür voller Beweis erbracht werden (BGH, U.v. 2.12.2005 – V ZR 11/05 – juris Rn. 11). Der Kläger hat keinen vollen Beweis für die Unrichtigkeit des Grundbuchs erbracht und die Vermutung, dass er Grundstückseigentümer des streitgegenständlichen Anwesens ist, nicht widerlegt oder auch nur erschüttert. Auch in Ansehung des verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatzes, wonach das Gericht von Amts wegen den Sachverhalt erforscht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO), gibt es für das Gericht keine Zweifel, dass der Kläger richtigerweise als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist.
Der Kläger versucht, seine Eigentümerstellung zu widerlegen, indem er angibt, dass er der Eigentumsübertragung nie zugestimmt habe. Dies hat die Beklagte auch nicht bestritten. Dennoch hat der Kläger auf diese Weise nicht nachgewiesen, dass er nicht Eigentümer des Grundstücks ist.
Denn der Kläger unterliegt einem rechtlichen Irrtum, wenn er davon ausgeht, dass eine Eigentumsübertragung auf einen Vermächtnisnehmer in jedem Fall eine Willenserklärung des Vermächtnisnehmers erfordert. Das mag der häufigste Fall sein. Zivilrechtlich besteht aber ebenso die Möglichkeit, dass das Urteil eines Zivilgerichts die Willenserklärung des Vermächtnisnehmers ersetzt (§ 894 ZPO). Der Kläger kann damit auch dann Eigentümer des streitgegenständlichen Anwesens geworden sein, wenn er der Eigentumsübertragung weder ausdrücklich noch konkludent zugestimmt hat.
Zudem geht der Hinweis des Klägers fehl, dass auf seine Situation § 892 BGB Anwendung fände. Diese Norm betrifft die Rechtsfrage, ob jemand Eigentum erwerben kann von einer Person, die fälschlicherweise als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Es geht dabei um rein zivilrechtliche Fallgestaltungen, wenn jemand Eigentum erwerben möchte. Für die öffentlich-rechtliche Frage, ob Wassergebühren verlangt werden können, lässt sich dieser Norm nichts entnehmen.
4. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.