Aktenzeichen S 17 AS 886/14
Leitsatz
1. Der gesamte Landkreis W. scheidet mangels verkehrstechnischer Verbundenheit als Vergleichsraum im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus (Einzelfallentscheidung zum Vorliegen eines schlüssigen Konzepts zur Bestimmung der Mietobergrenzen).
2. Eine Wohnungsmarkttypbildung durch Clusteranalyse soll und kann der Vergleichsraumbildung schon nach ihrer immanenten Zielrichtung nicht dienen. (Rn. 35)
Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern unter Abänderung des Bescheides vom 14.08.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2014 für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 monatlich um 85,20 € höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bezahlen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben im Zeitraum vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 Anspruch auf höhere Kosten für Unterkunft und Heizung in der tenorierten Höhe.
I.
Die Zulässigkeit der subjektiven Klagehäufung ergibt sich aus § 74 SGG i.V.m. §§ 59, 60 Zivilprozessordnung (ZPO), da die Kläger, die das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft im streitgegenständlichen Zeitraum nicht bestreiten, hinsichtlich der Kosten für Unterkunft aus demselben tatsächlichen Grund berechtigt sind.
Streitgegenstand sind aufgrund der ausdrücklich vorgenommenen Beschränkung hierauf allein Leistungen für Unterkunft und Heizung, wobei Bedarfe für selbst zu beschaffende Brennstoffe im streitgegenständlichen Zeitraum nicht entstanden sind.
Zeitlich betrifft der Streitgegenstand Unterkunftsbedarfe für den Zeitraum 01.06.2014 bis 30.11.2014. Dies ergibt sich daraus, dass mit dem ursprünglichen, mit Widerspruch vom 10.06.2014 angegriffenen Bescheid vom 30.05.2014 Leistungen für diesen Zeitraum bewilligt worden waren. Der Aufhebungsbescheid ab 01.08.2014 ist mit Abhilfebescheid vom 19.08.2014 beseitigt worden, so dass die ursprüngliche Leistungsbewilligung vom 30.05.2014 insoweit wieder auflebte und sich die neue Bewilligungsentscheidung für den längeren Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.01.2014 vom 14.08.2014 ex post für den Zeitraum 01.08.2014 bis 30.11.2014 lediglich als wiederholende Verfügung darstellte. Somit ist der Bescheid vom 14.08.2014 für den genannten Zeitraum gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens W geworden.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist statthaft als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Kläger neben der Abänderung der angegriffenen Verwaltungsakte gleichzeitig eine Leistung begehren, auf die ein Rechtsanspruch bestehen kann.
II.
Die Begründetheit der Klage folgt daraus, dass die Kläger im Zeitraum vom 01.08.2014 bis 30.11.2014 einen Anspruch auf Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung haben, und zwar in Höhe von insgesamt 387,20 € monatlich.
1. Beide Kläger erfüllen je in ihrer Person die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch das 67. Lebensjahr (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 7a Satz 2 SGB II), sind nach den zutreffenden Ermittlungen des Beklagten erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Die Kläger haben im streitgegenständlichen Zeitraum über anrechenbares Einkommen oder Vermögen nicht verfügt.
2. Für die Kläger sind im streitgegenständlichen Zeitraum weitere Kosten für Unterkunft in der tenorierten Höhe zu übernehmen. Soweit die Bescheide vom 30.05.2014 und 14.08.2014 sowie der Widerspruchsbescheid vom 20.08.2014 dem entgegenstehen, sind sie rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Den im Einzelfall angemessenen Umfang übersteigende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es […] der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Die Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft ist unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren. Es ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Sodann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind (st. Rspr. des BSG, vgl. nur die Urteile vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R und vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R). Der Begriff der „Angemessenheit“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG, Urteile vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R und vom 16.06.2015, B 4 AS 44/14 R).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. zuletzt Urt. vom 16.06.2015, B 4 AS 45/14 R) ist die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu bestimmen. Bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Bedarfs für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen (a). Dann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen (b) und unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards (c) festzustellen, welche Nettokaltmiete pro m² Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist (d). Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen. Kann kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben durch die Tabellenwerte der rechten Spalte zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10%.
a) Zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat nach ständiger Rechtsprechung eine Orientierung an den landesrechtlichen Vorschriften zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu erfolgen (vgl. BSG, Urt. vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R; BSG, Urt. vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; BSG, Urt. vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R; Urt. vom 16.06.2015, B 4 AS 45/14 R). In Bayern ist orientiert an Nr. 22.2 Satz 1 der Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 (Bekanntmachung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.01.2012, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 01.12.2015, AllMBl. S. 545) eine Wohnfläche von bis zu 65 m² für zwei Personen als angemessen anzusehen. Der Bedarfsdeckungsgrundsatz erfordert allenfalls die Berücksichtigung eines besonderen, etwa behinderungs- oder pflegebedingten Raumbedarfs (vgl. Bayer. Landessozialgericht, Urt. vom 20.12.2011, L 11 AS 608/09). Hierfür ist im Fall der Kläger jedoch nichts ersichtlich oder vorgetragen. Somit überschritte die Gesamtfläche des angemieteten Zweifamilienhauses mit 108 m² die in diesem Sinn definierte angemessene Wohnfläche, soweit eine Bewohnbarkeit des gesamten Hauses zwischenzeitlich angenommen werden kann. Dies würde für sich betrachtet jedoch noch nicht zur Unangemessenheit der Unterkunftskosten führen, weil auf das Produkt von Wohnfläche und Quadratmetergröße abzustellen ist.
b) Vorliegend genügt bereits das der Indexfortschreibung zugrunde liegende Konzept des Beklagten aus Dezember 2013 (im Folgenden: ursprüngliches Konzept) nicht den Anforderungen des BSG an die Festlegung eines Vergleichsraums als örtlichem Referenzraum der Datenerhebung. Für die Festlegung des räumlichen Vergleichsmaßstabes entscheidend ist die Bildung ausreichend großer Räume der Wohnbebauung, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl. BSG, Urt. vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; Urt. vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R). Das Konzept von A & K deklariert als Vergleichsraum, welcher der Datenerhebung zugrunde liege, den Landkreis W.; die Datenerhebung innerhalb dieses Vergleichsraums ist sodann durch Abfrage bei großen Wohnungsunternehmen und durch eine schriftliche Befragung kleiner, privater Vermieter erfolgt. Unter dem Gesichtspunkt der Clusteranalyse ist weiter eine „empirische Differenzierung innerhalb des Vergleichsraumes, d.h. des Landkreises W.“ erfolgt (vgl. S. 8 des Konzepts); das als Vergleichsraum definierte Gebiet wird hierdurch weiter unterteilt in Gebiete gleicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen, welche als „Wohnungsmarkttypen“ bezeichnet werden. Im Konzept selbst ist dargelegt, dass es sich bei den Wohnungsmarkttypen nicht um einen homogenen Wohn- und Lebensbereich (also im Sinne der obigen Definition um einen Vergleichsraum) handele, sondern dass der homogene Wohn- und Lebensbereich selbst immer sowohl Teile des eigenen Wohnungsmarkttyps als auch anderer Wohnungsmarkttypen umfassen könne.
Diese Argumentation ist bereits unter Anwendung denkgesetzlicher Grundsätze selbstwidersprüchlich: Es kann nicht gleichzeitig der Landkreis W. insgesamt einen Vergleichsraum bilden, und andererseits im Wege der Clusteranalyse gefundene Wohnungsmarkttypen, welche notwendig kleinere Ausschnitte aus dem angenommenen Vergleichsraum darstellen, mangels Erfüllung der hierfür vom BSG vorgegebenen Kriterien keinen Vergleichsraum darstellen. Die Überlegungen auf S. 10 f. des Konzepts führen somit zu Ende gedacht zu der Schlussfolgerung, dass es sich beim Landkreis W. schon zur Auffassung der Verfasser des Konzepts eben nicht um einen homogenen Wohn- und Lebensbereich, vulgo einen Vergleichsraum, handelt.
Zur Auffassung der Kammer ist diese Einschätzung auch zutreffend. Der gesamte Landkreis W. bildet schon mangels infrastrukturellen Zusammenhangs keinen Vergleichsraum im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Bei Betrachtung des Liniennetzplans der Verkehrsgemeinschaft erschließt sich nicht, wie etwa S. mit M. oder A. mit B. als dergestalt verkehrstechnisch verbunden angesehen werden könnten, dass von einem homogenen Wohn- und Lebensbereich gesprochen werden könnte. Zwar können nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in kleineren Landkreisen gegebenenfalls größere Gebiete zusammengefasst werden als nur die unmittelbare Wohnsitzgemeinde. Grenzen ergeben sich aber bei nach § 140 Abs. 4 Satz 2 SGB III zu bestimmenden unzumutbaren Pendelzeiten; die Unzumutbarkeitsgrenze liegt danach bei zweieinhalb Stunden Pendelzeit hin und zurück. Pendelzeiten zwischen an entgegengesetzten Grenzen des Landkreises W. liegenden Gemeinden wie etwa zwischen F. und C. betragen aktuell mindestens 1:45 Stunden einfach, hin und zurück damit dreieinhalb Stunden.
Die unzutreffende Vergleichsraumbildung wird auch nicht durch die Clusteranalyse geheilt, denn hier werden gerade Gemeinden zu Wohnungsmarkttypen zusammengefasst, die ihrerseits teils an genau entgegengesetzten Grenzen des Flächenlandkreises liegen. Die Clusteranalyse soll nach dem Gutachten wie nach ihrem Zweck als statistische Methode auch nicht der Zusammenfassung homogener Lebensbereiche, sondern der Verbreiterung einer möglicherweise ansonsten unzureichenden Datenbasis dienen, da mit ihrer Hilfe solche Gebiete zusammengefasst werden, von denen unter statistischen Gesichtspunkten aufgrund der Ähnlichkeit bestimmter Indikatoren wie Bevölkerungsdichte, Bevölkerungsentwicklung, Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Neubautätigkeit, Bodenpreis, Entfernung zum nächsten Oberzentrum und Tourismus vergleichbare Wohnungsmärkte und damit vergleichbare Mietpreisstrukturen zu erwarten sind. Mit Hilfe des statistischen Verfahrens der Clusteranalyse könnten auch Gebiete ähnlicher Struktur in Oberfranken und etwa Brandenburg oder Sachsen-Anhalt zu Zwecken der Datenerhebung zusammengefasst werden, falls die Datenbasis in einem Gebiet nicht ausreichend wäre, naturgemäß ohne dass damit eine Vergleichsraumbildung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bewerkstelligt wäre.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der gesamte Landkreis W. mangels verkehrstechnischer Verbundenheit als Vergleichsraum ausscheidet und dass die Wohnungsmarkttypbildung durch Clusteranalyse nach ihrer Zielrichtung weder der Vergleichsraumbildung dienen soll noch kann.
Nachdem nach den Darlegungen zum Datenschutz im Konzept von A & K alle personenbezogenen Daten (Adressdaten) umgehend gelöscht worden sind (vgl. S. 6 des ursprünglichen Konzepts), ist es dem Gericht auch nicht möglich, neue Vergleichsräume zu bilden und die vorhandenen Daten sodann etwa diesen Vergleichsräumen zuzuordnen. Fehlen die Adressdaten, kann eine Zuordnung zu homogenen Räumen der Wohnbebauung naturgemäß im Nachhinein nicht mehr erfolgen.
c) Bei der Bestimmung des Wohnungsstandards ist auf solche Wohnungen abzustellen, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen.
d) Vorliegend ist der pro Quadratmeter für eine Wohnung der genannten Größe mit einfachem Wohnstandard im homogenen Wohn- und Lebensumfeld der Kläger zu zahlende Bruttokaltmietpreis jedoch nicht auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ermittelt worden.
Bei der Ermittlung des angemessenen Mietwertes pro Quadratmeter muss der Beklagte nach einem Konzept vorgehen, das die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse auf dem relevanten örtlichen Mietwohnungsmarkt abbildet.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts muss ein solches „schlüssiges“ Konzept – bei grundsätzlicher Methodenfreiheit vgl. BSG, Urt. vom 18.11.2014, B 4 AS 9/14 R) – folgenden Kriterien genügen (st. Rechtsprechung des BSG, vgl. exemplarisch Urt. vom 23.03.2012, B 4 AS 16/11 R; Urt. vom 11.12.2012, B 4 AS 44/12 R):
– Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,
– Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen einbezogen sind, differenziert nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettokaltmiete,
– Es müssen Angaben über den Beobachtungszeitraum gemacht werden,
– Die Art und Weise der Datenerhebung muss festgelegt werden,
– Der Umfang einbezogener Daten muss repräsentativ sein,
– Die Datenerhebung muss valide sein,
– Es müssen anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung eingehalten werden und
– Angaben über die gezogenen Schlüsse müssen gemacht werden, etwa ob ein Spannoberwert oder eine Kappungsgrenze bestimmt worden ist.
Für das ursprüngliche Konzept fehlt es bereits am ersten Kriterium, dass nämlich die Datenerhebung ausschließlich in einem dem Begriff des BSG vom örtlichen Vergleichsraum genügenden Bereich erfolgt wäre. Hierzu und zur praktischen Unmöglichkeit der Neuordnung der erhobenen Daten wird auf die Ausführungen oben unter a) verwiesen. Schon aus diesem Grund kann eine Indexfortschreibung des ursprünglichen Konzepts nicht als schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angesehen werden.
Die Kammer teilt darüber hinaus die erheblichen Zweifel anderer Gerichte daran, dass eine Fortschreibung eines Konzepts auf der Grundlage eines bayernweiten Preisindex, und handele es sich auch um einen mietpreisbezogenen Spezialindex, grundsicherungsrechtlich zur Bestimmung angemessener örtlicher Unterkunftskosten herangezogen werden kann. Hierzu wird auf die Argumentation der 4. Kammer des Sozialgerichts Bayreuth (Urt. vom 26.05.2015, S 4 AS 102/15) und des SG Augsburg (Urt. vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15, Urt. vom 15.06.2016, S 11 AS 92/16) verwiesen, dass die Fortschreibung der zum 30.06.2012 ermittelten Richtwerte mittels eines bayernweiten Preisindex nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG genüge. Ein solches Vorgehen bietet auch zur Auffassung der 17. Kammer des Sozialgerichts Bayreuth nicht die Gewähr, dass die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes abgebildet werden (vgl. hierzu insbesondere die Erwägungen des Sozialgerichts Augsburg, Urt. vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15, juris, Rdnr. 54 – 58).
Nicht entschieden werden muss vorliegend die zwischen den genannten Gerichten streitige Frage, ob es sich bei einem schlüssigen Konzept um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift handele, welche der Veröffentlichung bedürfe (so SG Bayreuth, Urt. vom 26.05.2015, S 4 AS 102/15; dagegen SG Augsburg in den genannten Urteilen). Die 17. Kammer des Sozialgerichts Bayreuth hat jedoch gewisse Zweifel an der Einordnung eines Konzepts zur Bestimmung als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift gleich denen, die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) im Urteil vom 05.11.2004 zugrunde lagen (Az. 5 CN 1.03). Dort war es um Ausführungsbestimmungen zur Sozialhilfepauschalierung gegangen, durch welche grundsätzlich allen Empfängern von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen für die Bedarfe Wohnen, Bekleidung und Schule, von Härtefällen abgesehen, nicht als einmalige Leistungen, sondern als monatliche Pauschale (für Erwachsene 29,00 €) gewährt werden sollten. Anders als in dem vom BVerwG entschiedenen Fall gibt das Konzept zur Bestimmung der örtlich angemessenen Vergleichsmiete zur Auffassung der Kammer dem Anspruch eines Leistungsberechtigten nach dem SGB II in Bezug auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 22 SGB II noch keine abschließende Gestalt. Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II resultiert eine Kostensenkungsaufforderung erst, wenn die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen. Die Kostensenkungsaufforderung ist damit auch unter Einbeziehung von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gerade nicht zwingende Folge eines Überschreitens der im Konzept dargelegten Angemessenheitsgrenze; vielmehr ist in einem logisch vorgängigen Schritt individuell die konkrete Angemessenheit zu prüfen. Erst als Resultat dieser Prüfung ergeht – möglicherweise – eine Kostensenkungsaufforderung. An einer unmittelbaren, gesetzesgleichen Wirkung des Konzepts als grundsätzliches Verwaltungsbinnenrecht für Dritte bestehen aus diesem Grund zumindest Zweifel (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. vom 19.10.2010, B 14 AS 2/10 R, Rdnr. 20 und jetzt Berlit in: Münder, SGB II, 6. Aufl. 2017, Rdnr. 84 zu § 22 mit Hinweis auf die normlogische Differenzierung zur Satzungslösung nach § 22a SGB II).
In der Konsequenz liegt jedenfalls weder ein schlüssiges Konzept des Beklagten zur Bestimmung des für die Kläger anzuwendenden abstrakt angemessenen Quadratmetermietpreises vor, noch ist das Gericht in der Lage, die Referenzmiete durch eigene Ermittlungen zu überprüfen.
Damit sind für die Bestimmung der Mietobergrenze im Falle der Kläger die Werte nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% an-zusetzen (zur Anwendung des Sicherheitszuschlages auch für die Tabellenwerte nach § 12 WoGG vgl. BSG, Urt. vom 12.12.2013, B 4 AS 87/12 R und für die ab 01.01.2016 geltenden Tabellenwerte Bayer. LSG, Beschl. vom 18.01.2016, L 7 AS 869/15 B ER).
Dass im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die tatsächliche Bruttokaltmiete anzusetzen ist, ergibt sich daraus, dass den Klägern eine Kos-tensenkung möglich und zumutbar war. Sie waren mit gesondertem Schreiben vom 16.01.2014 zur Senkung ihrer Unterkunftskosten unter Verweis auf die vom Beklagten für angemessen gehaltenen Werte aufgefordert worden. Es ist von den Klägern auch nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass eine angemessene Unterkunft für sie nicht verfügbar gewesen wäre. Sie haben nicht konkret dargelegt, dass sie sich intensiv, aber vergebens um eine Unterkunftsalternative bemüht haben. Darüber hinaus haben die Kläger auch nur Unterkunftskosten in der tenorierten Höhe beantragt, so dass auf Basis des Grundsatzes ne eat iudex ultra petita partium höhere Leistungen auch nicht hätten zugesprochen werden können.
Hinsichtlich der Heizkosten besteht im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch, weil kein Bedarf an selbst beschafftem Heizöl entstanden ist.
Der Leistungsbewilligung des Beklagten sind damit für den Zeitraum von August bis November 2015 Bedarfe für Unterkunft in Höhe von insgesamt 387,20 € zugrunde zu legen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; sie entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
IV.
Da der potentielle Wert des Beschwerdegegenstandes 340,80 € beträgt (Differenz zwischen den bewilligten und den beantragten sowie im Urteil tenorierten Kosten der Unterkunft in Höhe von 85,20 € monatlich, multipliziert mit vier Monaten), bedürfte die Berufung gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung. Gründe für eine Zulassung der Berufung bestehen zur Überzeugung der erkennenden Kammer nicht; insbesondere handelt es sich bei der vorliegend streitentscheidenden Frage, ob das vom Beklagten angewandte Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von Unterkunftskosten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darstellt, um eine Tatsachenfrage.