Aktenzeichen 2 S 5297/11
Leitsatz
1. Trotz des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung ist über die Kosten des Berufungsverfahrens isoliert zu entscheiden, wenn die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich eines Auskunftsanspruchs, über den das Erstgericht durch ein in die Berufung gelangtes zulässiges Teilurteil entschieden hat, übereinstimmend für erledigt erklären (Anschluss an OLG Frankfurt NJW 1970, 334; vgl. auch BGH BeckRS 2015, 08268). (Rn. 5 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird der Rechtsstreit in der Hauptsache im Rechtsmittelzug für erledigt erklärt, ist darauf abzustellen, ob das Rechtsmittel Erfolg gehabt haben würde, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (Anschluss an BGH BeckRS 2015, 08268). (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
2. Der Streitwert wird auf 4.340,36 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger hat in erster Instanz mit seinem Klageantrag Ziff. 1 in erster Stufe Auskunft begehrt über die Anzahl der Fondanteile und deren Wert bereinigt um die Abschlusskosten, jeweils zum 01.12.2007, für die Verträge mit der Vers.Nr. 316003175 und Nr. 313575524. In zweiter Stufe verlangt der Kläger Zahlung des sich aus der Auskunft ergebenden Nachzahlungsbetrages. Das Amtsgericht Neumarkt i.d.Opf. hat dieser Stufenklage durch Teilurteil zur Auskunftsklage stattgegeben.
Die Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt. Im weiteren Verlauf hat die Beklagte Auskunft gegeben und Nachzahlungen geleistet. Der Kläger hat daraufhin den Klageantrag in Ziff. 1 und den Zahlungsantrag (Ziff. 2) in Höhe von insgesamt 1.979,00 € für erledigt erklärt. Die Beklagte hat dem zugestimmt.
Damit haben die Parteien den Rechtsstreit, soweit der im Berufungsverfahren anhängig war, übereinstimmend für erledigt erklärt: Einziger Gegenstand des Berufungsverfahrens war der Klageantrag Ziff. 1 (Auskunft), da nur insoweit das Amtsgericht (durch Teilurteil) entschieden und das Verfahren durch die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten beim Berufungsgericht angefallen ist.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 ZPO. Dies führt zur Kostenaufhebung hinsichtlich der Kosten des – zulässigen (vgl. BGH, Beschluss vom 28.10.2008 – VIII ZB 28/08, NJW-RR 2009, 422) – Berufungsverfahrens.
1. Trotz des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung war in der vorliegenden Konstellation (übereinstimmende Erledigterklärung des im Berufungsverfahren anhängigen Auskunftsanspruchs nach zulässigem Teilurteil) isoliert nur über die Kosten für das Berufungsverfahren zu entscheiden.
Nach allgemeiner Meinung darf über die Kosten grundsätzlich nur einheitlich in der Schlussentscheidung entschieden werden (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 8.4.2015 – VII ZR 254/14, NJW 2015, 1762; BGH, Beschluss vom 19.3.2013 – VIII ZB 45/12, NJW 2013, 2361 Rn. 19). Nach Ansicht der Kammer kann dieser Grundsatz in der streitgegenständlichen Konstellation aber nicht durchgehalten werden. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Erwägungen des OLG Frankfurt an (Beschluss vom 9.10.1969 – 6 U 10/69, NJW 1970, 334 vgl. auch mit ähnlichen Erwägungen, wenngleich zu einer abweichenden Konstellation BGH, Beschluss vom 8.4.2015 – VII ZR 254/14, NJW 2015, 1762).
Demnach muss die insoweit nach § 91 a ZPO zu treffende Kostenentscheidung die durch das Rechtsmittel verursachten Kosten umfassen. Denn müsste über sie der erstinstanzliche Richter im Rahmen seiner Gesamtkostenentscheidung befinden, so wäre er nicht in der Lage, dabei die Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen, wie sie sich dem Berufungsgericht dargestellt hatte. Mangels irgendwelcher Anhaltspunkte hierfür könnte er versucht sein, die Kosten der Berufung, die wegen des nunmehr erledigten Teils eingelegt war, seiner erstinstanzlichen Teil- oder auch Endentscheidung anzupassen. Das wäre abgesehen von möglichen verfahrensrechtlichen Bedenken wegen der Einbeziehung der Kosten der Berufung mit der materiellen Gerechtigkeit nicht in Einklang zu bringen. Mit der getrennten Kostenentscheidung wird hingegen sichergestellt, dass eine Partei, sollte sie im Endurteil unterliegen, von der Kammer nicht mit Kosten der Berufung belastet wird, die sie im Falle der Durchführung des Rechtsmittels möglicherweise nicht hätte tragen müssen. Hingegen besteht wegen der übrigen Kosten des erledigten Teils kein Grund, über diese bereits jetzt zu entscheiden.
2. Die Kammer hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich der ersten Stufe der Auskunftsklage im Berufungsverfahren zu verteilen sind.
Wird die Hauptsache im Rechtsmittelzug für erledigt erklärt, ist darauf abzustellen ist, ob das Rechtsmittel Erfolg gehabt haben würde, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (BGH, Beschluss vom 8.4.2015 – VII ZR 254/14, NJW 2015, 1762).
Die Kosten sind danach gegeneinander aufzuheben. Dies ergibt sich zum einen aus der Überlegung, dass der den Gegenstand des angegriffenen Urteils bildende Auskunftsantrag in der formulierten Fassung nicht begründet war. Hierzu wird auf den Hinweis der Kammer vom 10.7.2017 Bezug genommen: Der Versicherungsnehmer, der – wie hier der Kläger – einen höheren Rückkaufswert als den vom Versicherer errechneten verlangt, hat grundsätzlich einen Auskunftsanspruch (BGH, Urteil vom 26.6.2013 – IV ZR 39/10, r+s 2014, 295 und BGH, Beschluss vom 7.1.2014 – IV ZR 216/13, r+s 2015, 83). Dieser ist allerdings im Ergebnis beschränkt auf eine Auskunft in geordneter Form durch die Benennung folgender Beträge (BGH aaO):
– Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals bzw. des ungezillmerten Fondsguthabens;
– Rückkaufswert, der sich für den Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsvertrags bei Zugrundelegung der Bestimmungen des jeweiligen Versicherungsvertrags, so wie er geschlossen ist, ergibt („versprochene Leistung“)
– vorgenommener Abzug gem. 176 Abs. 4 VVG a. F. („Stornoabzug“)
– während der Vertragslaufzeit zugewiesene laufende Überschussbeteiligung und anlässlich der Vertragsbeendigung zugewiesener Schlussüberschussanteil, soweit etwaige Überschüsse Bestandteil der Berechnung des ungezillmerten Deckungskapitals und/oder der Berechnung des Rückkaufswerts sind
– an die Finanzverwaltung abgeführte Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschläge auf die vorerwähnte Überschussbeteiligung.
Dem entsprach der (Teil-)Klageantrag erster Instanz aber nicht. Einen „nachvollziehbaren Nachweis“ kann der Kläger nicht beanspruchen. Die Berufung wäre demnach insoweit begründet gewesen, wobei allerdings der Kläger nach entsprechendem Hinweis der Kammer die Klageanträge – wie geschehen – umstellen konnte. Dann allerdings wäre wohl der Anwendungsbereich des § 97 Abs. 2 ZPO eröffnet gewesen (vgl. dazu Musielak/Voit/Flockenhaus, 14. Aufl. 2017, ZPO § 97 Rn. 8).
Des Weiteren ist zu sehen, dass die vorstehend „auskunftsberechtigten“ Beträge – soweit im hiesigen Verfahren relevant – bereits mitgeteilt wurden (zuletzt Schriftsatz vom 30.09.2013) bzw. bekannt sind („versprochene Leistung“). Die Beklagte hat somit im Berufungsverfahren Auskunft an den Kläger erteilt, obwohl sie rein formal dazu nicht verpflichtet gewesen wäre.
In der Gesamtschau hält die Kammer deshalb eine Aufhebung der Kosten des Berufungsverfahrens für angemessen (§ 92 Abs. 1 S. 2 ZPO).
III.
Im Übrigen war die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorzubehalten.
Rein vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass die vorstehende Kostenentscheidung nicht angreifbar ist, da nach § 567 Abs. 1 ZPO die sofortige Beschwerde nur gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen Landgerichte stattfindet (vgl. Musielak/Voit/Ball, 14. Aufl. 2017, ZPO § 567 Rn. 10), während die Kammer die hiesige Kostenentscheidung im zweiten Rechtszug trifft.