Aktenzeichen 14 S 772/18 WEG
WEG § 10 Abs. 6 S. 3, § 15 Abs. 3
Leitsatz
1. Einen Anspruch auf eine positive Beschlussfassung zu einem Vergemeinschaftungsantrag hat der einzelne Sondereigentümer nicht, denn der einzelne Wohnungseigentümer kann stets selbst klagen, wenn die Eigentümerversammlung die Ausübung der Rechte durch den teilrechtsfähigen Verband ablehnt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch bezüglich der Durchsetzung von der Gemeinschaft zustehenden Schadensersatzansprüchen hat die Gemeinschaft einen weiten Ermessensspielraum. (Rn. 30 – 34) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
29 C 4128/17 WEG 2017-12-29 Endurteil AGNUERNBERG AG Nürnberg
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.12.2017, Az. 29 C 4128/17 WEG, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Nürnberg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft …. Die Klägerin ist Eigentümerin der unterhalb der Wohnungseigentumseinheit Nr. 09 gelegenen Wohnung. In die Wohnung Nr. 09 war noch bevor die derzeitigen Eigentümer das Eigentum an der Wohnung erwarben und bevor die derzeitigen Mieter einzogen eine Badewanne mit Whirlpoolfunktion und ein WC mit einer Hebeanlage samt eingebauter Zerhackerfunktion eingebracht worden.
Durch Endurteil des Amtsgerichts Nürnberg, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, wurde die Klage auf Ungültigerklärung des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 24.05.2017 zu dem Tagesordnungspunkt 7 zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Erstgericht zusammengefasst aus, hinsichtlich der der Klägerin möglicherweise zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG, sei die Klage unzulässig, weil kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, da die Klägerin als einzelne Wohnungseigentümerin ihren Individualanspruch ohne die Gemeinschaft durchsetzen könne. Insoweit sei die Klage unzulässig, als die Beklagte die Aufhebung des Negativbeschlusses auch insoweit verfolge, dass ein Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche beauftragt werden solle.
Im Übrigen sei die Klage hinsichtlich der Durchsetzung der gemeinschaftsbezogenen Ansprüche unbegründet, weil keine Ermessensreduzierung auf null dahin zu sehen sei, dass diese Ansprüche durch die Gemeinschaft geltend gemacht werden müssten. Gleiches gelte auch insoweit hinsichtlich der Beauftragung eines Rechtsanwalts.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 04.01.2018 zugestellte Endurteil des Amtsgerichts Nürnberg legte die Klägerin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 02.02.2018, eingegangen bei Gericht per Telefax am Montag, den 05.02.2018, Berufung ein.
Mit der nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 04.04.2018 eingegangenen Berufungsbegründung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Ziel auf Ungültigerklärung der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vom 24.05.2017 zu dem Tagesordnungspunkt 7 weiter.
Ihr könne vorliegend weder das Rechtsschutzbedürfnis noch die Rechtsausübungsbefugnis abgesprochen werden.
Sie habe zwischen den Instanzen in Erfahrung gebracht, dass die in die Toilettenschüssel integrierte Hebeanlage äußerst störanfällig sei. Dies könne insbesondere bei einer Holzbalkendecke zu erheblichen Schäden führen.
Wie der abgelehnte Beschlussantrag zu erkennen gebe, halte sie Beseitigungs- und Unterlassungspflichten lediglich für gut möglich. Alle Mitglieder seien sich stets der Tatsache bewusst gewesen, dass erst einmal die Lage vor Ort sachverständigenseits festgestellt werden müsste. Die vom Amtsrichter vorgenommene Unterscheidung zwischen Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen sei wenig hilfreich. Hier gehe es um bauliche Veränderungen, die aus statischer Sicht das Gemeinschaftseigentum und damit sämtliche Eigentümer gefährden/beträfen, auch wenn schalltechnisch möglicherweise allein sie beeinträchtigt sei.
Unabhängig davon könne ihr jedenfalls mit dem Argument, sie könne ja selbst klagen, die Forderung nach einem gemeinschaftlichen Vorgehen nicht abgeschnitten werden. Es liege auf der Hand, dass ein gemeinsames Vorgehen, schon im Hinblick auf die Kostenlast, für sie erhebliche Vorteile hätte.
Neben Schall- und Erschütterungsstörungen rüge sie die statische Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums. Hierzu verweise sie auf gravierende Rissbildungen im Putz der Wohnungswände sowie im Mauerwerk der Gebäudefassade. Derartige Erscheinungen müssten bei den Eigentümern und deren Verwaltung die Alarmglocken schrillen lassen. Zumindest sei die Überprüfung der Ursache für diese Rissbildung durch einen Sachverständigen zwingend geboten. Mit anderen Worten liege eine Ermessensreduzierung auf null vor. Im Übrigen hätten die Eigentümer bei Fragen, die die Sicherheit berühren, von vornherein keinen „weiten Ermessensspielraum“. Jeder einzelne Eigentümer habe einen Anspruch darauf, dass Gefahren für Leib und Leben abgewendet würden.
Nach § 7 der Gemeinschaftsordnung bedürften bauliche Änderungen am Sondereigentum der schriftlichen Einwilligung des Verwalters. Wenn aber schon bauliche Änderungen am Sondereigentum einer vorherigen Zustimmung des Verwalters erforderlich machen, gelte dies erst recht für bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums. Unstreitig sei zu keinem Zeitpunkt seitens der Verwaltung zum Einbau eines zweiten Bades eine Einwilligung erteilt worden. Zwar ergebe sich daraus allein kein Beseitigungsanspruch, da die Beseitigung nicht verlangt werden könne, wenn der betroffene Eigentümer einen Anspruch auf Erteilung der Verwaltungszustimmung habe. Ein solcher Anspruch stehe den Eigentümer der Einheit 09 aber nicht zu.
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.12.2017 wird aufgehoben. Der in der Eigentümerversammlung vom 24.05.2017 zum Tagesordnungspunkt 7 gefasste Beschluss wird für ungültig erklärt, soweit die gemeinschaftliche Geltendmachung der den Wohnungseigentümern aus ihrem Eigentum möglicherweise zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen der erfolgten Errichtung und Nutzung des Whirlpools sowie des zusätzlich eingerichteten Zerhacker-WC jeweils in der Wohnungseigentumseinheit Nr. 09 im Objekt … sei es gegenüber den betreffenden Eigentümer und/oder aber gegen deren Mietern, durch den teilrechtsfähigen Verband abgelehnt wurde, sowie soweit die gemeinschaftliche Geltendmachung der hiermit zusammenhängenden gemeinschaftsbezogenen Ansprüche auf Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes, hilfsweise Leistung von Schadensersatz aus der erfolgten Errichtung und Nutzung des genannten Whirlpools und des Zerhacker-WC an die Wohnungseigentümergemeinschaft abgelehnt wurde, als auch soweit die Beauftragung eines Rechtsanwalt durch die Verwaltung mit der außergerichtlichen, notfalls gerichtlichen Durchsetzung dieser Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche zu den gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG abgelehnt wurde.
Die Beklagten beantragen:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufung wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Gemäß § 513 ZPO kann eine Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Eine Rechtsverletzung nach § 546 ZPO ist gegeben, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
Solches ist nicht ersichtlich.
Die Kammer teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der Klägerin vorliegend kein Anspruch auf Vergemeinschaftung der Individualansprüche der Eigentümer zur Geltendmachung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zusteht und macht sich diese ausdrücklich zu Eigen. Gleiches gilt für die Beurteilung des Erstgerichts, dass vorliegend bei der Entscheidung über den Antrag zur Geltendmachung von Wiederherstellungs- und Schadensersatzansprüchen den Eigentümern grundsätzlich ein Ermessensspielraum zusteht, und eine Ermessensreduzierung auf null nicht vorliegt.
Nur ergänzend ist anzumerken:
Zu Recht hat das Erstgericht im Rahmen seiner Entscheidung zwischen dem auf Vergemeinschaftung der auf Beseitigung und Unterlassung der Nutzung der umstrittenen Anlagen gerichteten Individualansprüche der Eigentümer zur Ausübung durch die Wohhungseigentümergemeinschaft als Verband gerichteten ersten Beschlussteil und dem Teil des Beschlusses, der auf Geltendmachung gemeinschaftsbezogener Ansprüche auf Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes (des Gemeinschaftseigentums im Wege der Naturalrestitution), hilfsweise Schadensersatz (in Geld) unterschieden. Denn diese Unterscheidung ergibt sich bereits aus dem Gesetz.
§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG sieht vor, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer ausübt und die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahrnimmt, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind.
Zu den Ansprüchen, für deren Geltendmachung die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG in jedem Fall berufen ist (sogenannte geborene Ausübungsbefugnis) gehören insbesondere Schadensersatzansprüche der Wohnungs- oder Teileigentümer, die auf die Verletzung des Gemeinschaftseigentums gestützt werden, wobei dies gerade auch für Wiederherstellungsansprüche gemäß § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 249 Abs. 1 BGB gilt (grundlegend: BGH, 07.02.2014, V ZR 25/13, zitiert nach juris).
Eine Geltendmachung der auf Beseitigung oder Unterlassung störender Einwirkungen auf das Gemeinschaftseigentum gerichteten Individualansprüche der jeweiligen Sondereigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG im Wege der Prozessstandschaft durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband erfordert dagegen einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümerversammlung, durch den die Geltendmachung dieser Ansprüche an den Verband „herangezogen“ werden (sogenannte Vergemeinschaftung, gekorene Ausübungsbefugnis).
Danach gilt Folgendes:
1. Soweit von der Nutzung der Hebeanlage und der Badewanne mit Whirlpoolfunktion störende Einwirkungen direkt auf das Sondereigentum der Klägerin ausgehen sollten, kommt eine Heranziehung etwaiger Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche zur gemeinschaftlichen Geltendmachung durch den Verband nicht in Betracht. Auch liegt keine geborene Ausübungsbefugnis der WEG als Verband vor. Denn § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG bezieht sich – wie das Erstgericht richtig gesehen hat (Endurteil vom 29.12.2017, Seite 10 unten) – ausschließlich auf gemeinschaftsbezogene Rechte und Pflichten bzw. Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können. An diesen Voraussetzungen fehlt es, wenn sich eine Störung ausschließlich auf das Sondereigentum eines Eigentümers auswirkt. Eine entsprechende Beschlussfassung wäre daher mangels Beschlusskompetenz nichtig.
2. Zwar kann die Geltendmachung der auf Beseitigung oder Unterlassung störender Einwirkungen auf das Gemeinschaftseigentum gerichteten Individualansprüche der Sondereigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer an die Gemeinschaft herangezogen werden. Einen Anspruch auf eine positive Beschlussfassung zu einem entsprechenden Antrag hat der einzelne Sondereigentümer jedoch nach allgemeiner Auffassung, die auch von der Kammer geteilt wird, nicht (siehe AG Solingen ZMR 2014, 580; LG Itzehoe, 15.04.2014, 11 S 37/13, zitiert nach juris; LG Köln, ZWE 2015, 126; AG Pinneberg, ZMR 2018, 381). Denn der einzelne Wohnungseigentümer kann stets selbst klagen, wenn die Eigentümerversammlung die Ausübung der Rechte durch den teilrechtsfähigen Verband ablehnt. Die Mehrheit hat somit ein nicht überprüfbares Ermessen, ob sie die Durchsetzung von Individualansprüchen auf Unterlassung oder auf Beseitigung von Störungen des Gemeinschaftseigentums zur gemeinschaftlichen Sache macht oder eben nicht (Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Aufl., § 10 WEG Rn. 116).
Für Billigkeitserwägungen dahingehend, dass ein gemeinsames Vorgehen, schon im Hinblick auf die Kostenlast, für die Klägerin erhebliche Vorteile hätte, ist kein Raum. Es besteht keine Verpflichtung der übrigen Sondereigentümer Kostenrisiken der Klägerin (die im Übrigen nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2018 rechtsschutzversichert ist) für die Geltendmachung ihrer Individualansprüche gegen einen anderen Sondereigentümer zu übernehmen.
Soweit das Erstgericht deswegen entschieden hat, die Klage sei bereits unzulässig, teilt die Kammer diese Auffassung zwar nicht. Vielmehr ist von der Unbegründetheit der Anfechtungsklage auszugehen. Indessen vermag dies der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen, für die Zurückweisung der Berufung ist ohne Bedeutung, ob die Klage bereits unzulässig war oder „nur“ unbegründet ist.
Da schon kein Anspruch auf Zustimmung der Klägerin gegen die übrigen Sondereigentümer auf eine Beschlussfassung zur Vergemeinschaftung der auf Beseitigung oder Unterlassung störender Einwirkungen auf das Gemeinschaftseigentum gerichteten Individualansprüche der Sondereigentümer besteht, widerspricht auch die Ablehnung der Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung.
3. Zu Recht hat das Erstgericht auch entschieden, dass die Klage auch im Übrigen unbegründet ist.
3.1 Dies ergibt sich für den zweiten Teil der Beschlussfassung, der auf Geltendmachung gemeinschaftsbezogener Ansprüche auf Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes (des Gemeinschaftseigentums im Wege der Naturalrestitution), hilfsweise Schadensersatz (in Geld) gerichtet ist, schon daraus, dass – ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 24.05.2017 – nur ein einheitlicher Beschlussantrag zur Abstimmung gestellt worden war. Den Eigentümern blieb damit nur die Wahl, dem Beschlussantrag insgesamt zuzustimmen oder diesen insgesamt abzulehnen. Da aber keine Verpflichtung bestand, der Vergemeinschaftung von Individualansprüchen zuzustimmen (siehe oben 2.) und eine solche Zustimmung auch nicht dadurch erzwungen werden kann, dass ein solcher Antrag auf Vergemeinschaftung in einem einheitlichen Beschlussantrag mit einem weiteren Antragsinhalt verknüpft wird (unterstellt, die Eigentümer müssten diesem zustimmen), kann es schon nicht als der ordnungsgemäßen Verwaltung widersprechend angesehen werden, einen solchen kombinierten Beschlussantrag insgesamt abzulehnen.
3.2 Im Übrigen hat das Erstgericht richtig gesehen, dass auch hinsichtlich dieses Beschlussteils keine Zustimmungspflicht bestand.
Zutreffend hat das Erstgericht darauf hingewiesen, dass den Wohnungseigentümern im Rahmen ihres Selbstorganisationsrechts bei der Beschlussfassung ein weiter Ermessensspielraum zusteht und dies auch hinsichtlich der Frage gilt, ob und gegebenenfalls wie die gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 1 WEG durch den Verband ausgeübt werden sollen.
Richtig ist zwar auch, dass sich, für die Eigentümer eine Verpflichtung zur Zustimmung zur Durchführung einer bestimmten Maßnahme ergeben kann, wenn eine Ermessensreduzierung auf null vorliegt, weil nur der Beschluss der beantragten Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (vgl. BGH, 23.02.2018, V ZR 101/16, zitiert nach juris, für die Nichtdurchführung von Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum bei von dem mangelbehafteten Zustand des Gemeinschaftseigentums ausgehenden Beeinträchtigungen des Sondereigentums).
Dies kann aber nur dann angenommen werden, wenn die Eigentümer mit der Einberufung zur Eigentümerversammlung in hinreichend deutlicher Weise über die ihre Stimmpflicht begründenden Umstände in Kenntnis gesetzt worden sind oder ihnen die konkreten Umstände, die die Stimmpflicht begründen, bereits bekannt waren oder sie während der Teilnahme an der Eigentümerversammlung über diese unterrichtet wurden (vgl. BGH, 23.2.2018, V ZR 101/16, a.a.O.).
Für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Beschlussfassung über die Frage der Geltendmachung oder Nichtgeltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Sondereigentümer wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums ist also auf den Kenntnisstand der Eigentümer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen. Maßgebend ist der Kenntnisstand, den ein besonnener Wohnungseigentümer unter Ausschöpfung aller zu diesem Zeitpunkt zugänglichen Erkenntnisquellen ermittelt haben konnte (vgl. OLG Köln, ZMR 2007, 641; OLG Hamm, ZMR 2008, 156; LG Itzehoe NZM 2016, 899).
Auf die erstmals in der Berufung geltend gemachte Störanfälligkeit der Hebeanlage kommt es schon von daher nicht an.
Wie der gesamte Sachvortrag der Klägerin in der Berufung im Übrigen zeigt, fehlte zum Zeitpunkt der Eigentümerversammlung am 24.05.2017 jegliche Grundlage für die Geltendmachung von Wiederherstellungs- und Schadensersatzansprüchen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband. Selbst zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung liegen entsprechende Erkenntnisse nicht vor. Der Sachvortrag der Klägerin beruht nach wie vor nur auf bloßen Mutmaßungen. Unumwunden räumt die Klägerin ein, sie halte Beseitigungs- und Unterlassungspflichten lediglich für gut möglich. Es gehe um bauliche Veränderungen, die aus statischer Sicht das Gemeinschaftseigentum und damit sämtliche Eigentümer gefährden/beträfen. Zumindest sei die Überprüfung für die Ursache der Rissbildung durch einen Sachverständigen geboten.
Aus dem gesamten Vorbringen der Beklagten ergibt sich daher nur, dass sie eine weitere Überprüfung der Gegebenheiten, gegebenenfalls durch einen Sachverständigen, für erforderlich hält. Eine entsprechende Beschlussfassung hat die Klägerin indes nicht beantragt.
Eine Beschlussfassung über die unmittelbare Geltendmachung von Wiederherstellungs- und Schadensersatzansprüchen gegen die derzeitigen Eigentümer und/oder Mieter, die unstreitig weder die Hebeanlage noch die Badewanne mit Whirlpoolfunktion in die Wohnung-Nr. 09 eingebaut haben, ist bei dieser unklaren Sachlage nicht zwingend veranlasst.
Schadensersatzansprüche auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands im Wege der Naturalrestitution bzw. ein auf eine Geldzahlung gerichteter Schadenersatzanspruch gegen die derzeitigen Eigentümer bzw. aktuellen Mieter wegen der Einbringung der Badewanne mit Whirlpoolfunktion und des WC mit Hebeanlage scheitern schon daran, dass diese Anlagen – unstreitig und bekanntermaßen – nicht von diesen eingebaut wurden. Auf den Vortrag, der Einbau sei ohne Genehmigung des Verwalters erfolgt und auch auf die Frage, ob nach § 7 der Gemeinschaftsordnung sogar eine Genehmigung der baulichen Veränderung des Sondereigentums durch den Verwalter erforderlich war, kommt es von daher in diesem Zusammenhang nicht an.
Ausreichende Erfolgsaussichten für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen der fortgesetzten Nutzung der Anlage gegen die derzeitigen Eigentümer bzw. aktuellen Mieter waren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung aufgrund der unklaren Sachlage nicht erkennbar.
Insoweit ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass unstreitig bereits im Jahre 2015 aufgrund des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 23.05.2015 eine statische Überprüfung der Wandrisse im 3. OG stattgefunden hatte. Wie den Eigentümern bei der Beschlussfassung am 24.05.2017 ebenfalls bekannt war, kam der damit beauftragte Dipl.-Ing. (FH) … dem Ergebnis, die Standsicherheit des Gebäudes sei nicht gefährdet. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass es durch den Betrieb des Whirlpools zu Schwingungen der Holzbalkendecke komme. Dass die Wandrisse in der darunter liegenden Wohnung daher rührten sei sehr unwahrscheinlich, wenn auch nicht auszuschließen (Anlage K 7 a).
Zusammengefasst bedeutet dies, dass die Frage der Verursachung der von der Klägerin monierten Schäden am Gemeinschaftseigentum zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 24.05.2017 völlig ungeklärt war. Die an der Richtigkeit dieser Feststellungen seitens der Klägerin geäußerten Zweifel rechtfertigen jedenfalls nicht die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Eigentümer oder Mieter. Von einer Ermessensreduzierung auf null dahingehend, dass gleichwohl Wiederherstellungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Eigentümer der Wohnung Nr. 09 oder deren Mieter geltend gemacht werden sollten, kann keine Rede sein. Auch von daher verstieß es nicht gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung, den Beschlussantrag der Klägerin zurückzuweisen.
Bei dieser Sachlage ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Einer Rechtssache kommt dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dabei dann, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (Zöller-Heßler, ZPO, 32. Aufl., § 543 ZPO Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht gegeben. Dass der einzelne Sondereigentümer grundsätzlich keinen Anspruch auf Vergemeinschaftung der Individualansprüche der Eigentümer hat, ist in Literatur und Rechtsprechung völlig unumstritten. Ob in einer konkreten Situation eine Verpflichtung der Eigentümer besteht, die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu beschließen, ist eine Frage des Einzelfalls.