Aktenzeichen 29 C 4128/17 WEG
BGB § 1004
Leitsatz
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung eines Negativbeschlusses, mit dem eine Vergemeinschaftung von Ansprüchen aus § 1004 BGB, § 15 WEG abgelehnt wird, besteht nicht, weil der Einzelne selbst klagen kann. (Rn. 32 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Frage, ob die Eigentümer einen ihnen ggf. zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen, besteht ein weiter Ermessensspielraum, so dass vertretbare Mehrheitsentscheidungen vom Gericht hinzunehmen sind. (Rn. 45 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die nur zum Teil zulässige Klage ist im Übrigen unbegründet.
Hinsichtlich der der Klägerin möglicherweise zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG, ist die Klage unzulässig, weil kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, weil die Klägerin als einzelne Wohnungseigentümerin ihren Individualanspruch ohne die Gemeinschaft durchsetzen kann, was sie auch bereits mit einer rechtshängigen Klage verfolgt. Insoweit ist die Klage unzulässig, als die Beklagte die Aufhebung des Negativbeschlusses auch insoweit verfolgt, dass ein Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche beauftragt werden soll.
Im Übrigen ist die Klage hinsichtlich der Durchsetzung der gemeinschaftsbezogenen Ansprüche unbegründet, weil keine Ermessensreduzierung auf Null dahin zu sehen ist, dass die Ansprüche durch die Gemeinschaft geltend gemacht werden müssten. Gleiches gilt auch insoweit hinsichtlich der Beauftragung eines Rechtsanwalts.
A.
Die Klage ist nur zum Teil zulässig, soweit die Klägerin eine Durchsetzung der gemeinschaftsbezogenen Ansprüche durch die WEG unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts erreichen möchte.
Die Klage ist unzulässig, soweit die Vergemeinschaftung und die Beauftragung eines Rechtsanwalts verlangt wurde hinsichtlich der nicht gemeinschaftsbezogenen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche.
I.
Die Klage wurde fristgerecht erhoben und begründet nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG.
Die Eigentümerversammlung fand am 24.5.2017 statt. Die Klageschrift ging am 26.6.2017 bei Gericht ein. Die Monatsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG endete zwar grundsätzlich am 24.6.2017. Da der 24.6.2017 ein Samstag und der 25.6.2017 ein Sonntag waren, verlängert sich das Fristende nach § 222 Abs. 2 ZPO auf den 26.6.2017. Die Klagebegründung ging am 24.7.2017 vorab per Fax bei Gericht ein.
Der fristgerechten Erhebung der Anfechtungsklage steht nicht entgegen, dass die Klägerin beantragte, den in der Eigentümerversammlung vom 24.5.2015 gefassten Beschluss zu TOP 7 angegriffen hat. Dies war ein offensichtliches Schreibversehen. Gemeint ist der Beschluss aus der Eigentümerversammlung vom 24.05.2017.
II.
Der Klage fehlt zum Teil das Rechtsschutzbedürfnis, soweit die Klägerin eine Vergemeinschaftung der ihr individuell zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG erreichen möchte und hierfür die Beauftragung eines Rechtsanwalts verlangt.
1. Bei den aus dem Eigentum abgeleiteten Schadensersatzansprüchen nach § 823 BGB und den Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen nach § 1004 BGB handelt es sich um Individualansprüche, die den einzelnen Wohnungseigentümern zustehen. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG erfasst nur Rechte und Pflichten, deren Inhaber der einzelne Wohnungseigentümer ist, die aber einen Bezug zur rechtsfähigen Gemeinschaft haben. Diese Regelung erfasst weder Rechte und Pflichten aus dem Sondereigentum noch Rechte und Pflichten, deren Inhaber die rechtsfähige Gemeinschaft unmittelbar ist. Gemeinschaftsbezogene Rechte und Pflichten haben zur Folge, dass eine geborene Wahrnehmungsberechtigung des Verbandes gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 1 WEG gegeben ist. Rechte sind gemeinschaftsbezogen, wenn sie im Interesse der Wohnungseigentümer oder aus Gründen des Schuldnerschutzes eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern. Bei der Annahme der Erforderlichkeit ist Zurückhaltung geboten. Als gemeinschaftsbezogene Rechte, für die eine geborene Ausübungsbefugnis besteht, sind Schadensersatzansprüche angesehen, die auf die Verletzung des Gemeinschaftseigentums gestützt werden, im Gegensatz zu Ansprüchen aus § 1004 BGB (Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 10 Rn. 41, 43).
Soweit die Klägerin damit mit ihrem Beschlussantrag eine Vergemeinschaftung der Ansprüche auf Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Zustandes und Leistung von Schadensersatz begehrt, handelt es sich dabei um gemeinschaftsbezogene Rechtsansprüche.
2. Die Ansprüche aus § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB leiten sich aus dem Eigentum ab, weshalb Anspruchsinhaber nicht der teilrechtsfähige Verband ist, sondern jeder einzelne Wohnungseigentümer. Zur Geltendmachung des Anspruches bedürfen sie keiner Ermächtigung der übrigen Eigentümer. Wenn eine geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft vorliegt oder bei einer gekorenen Ausübungsbefugnis die Gemeinschaft die Ausübung der Rechte durch Beschluss vergemeinschaftet hat, ist nur noch die Gemeinschaft zur Geltendmachung der Rechte befugt und nicht mehr der einzelne Eigentümer. Die Entscheidung darüber, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft den Störer auf Beseitigung in Anspruch nimmt und damit die Durchsetzung des Anspruchs an sich zieht, liegt im Verwaltungsermessen der Gemeinschaft. Lehnt die Gemeinschaft dies ab, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die anderen Wohnungseigentümer auf entsprechende Beschlussfassung, da der einzelne Wohnungseigentümer seinen Individualanspruch ohne die Gemeinschaft durchsetzen kann (Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 15 Rdnr. 20).
So liegt der Fall hier insoweit, als die Klägerin verlangt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die den einzelnen Eigentümern zustehenden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche gemeinschaftlich geltend machen soll. Die Wohnungseigentümer haben diesen Antrag abgelehnt. Die Klägerin kann damit jederzeit die ihr vermeintlich zustehenden Ansprüche selbst ohne die übrigen Wohnungseigentümer geltend machen oder dies sogar in Streitgenossenschaft mit einzelnen Wohnungseigentümern verfolgen. Tatsächlich hat die Klägerin die Wohnungseigentümer der streitgegenständlichen Einheit Nr. 9 bereits nach ihrem eigenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen. Dieses Verfahren ist nach dem Vortrag der Klägerin zwar erstinstanzlich abgeschlossen, jedoch noch nicht rechtskräftig gewesen, jedenfalls zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt damit für eine Klage auf positive Vergemeinschaftung durch einen Beschluss nicht vor und damit auch nicht für die Anfechtung eines Negativbeschlusses wie hier.
Das LG Köln hat ebenso entschieden, dass ein einzelner Wohnungseigentümer nur in engen Ausnahmefällen ein Vorgehen des Verbands verlangen kann, da ihm ohne Vergemeinschaftung ein eigenes Vorgehen möglich ist. Regelmäßig fehlt daher bereits das Rechtsschutzinteresse für die Geltendmachung des Anspruchs (LG Köln, ZWE 2015, 126).
Die Klägerin hat innerhalb der Klagebegründungsfrist zudem keinerlei Tatsachen vorgetragen, die eine Vergemeinschaftung zwingend erforderlich erscheinen lassen und damit eine Ermessensreduzierung auf Null erkennen lassen. Auch deshalb ist die Klage insoweit unzulässig (Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 77 Rn. 20). Der Vortrag hierzu in der mündlichen Verhandlung erfolgte zum einen nach Ablauf der Klagebegründungsfrist und ist im Übrigen auch nicht geeignet, eine Ermessensreduzierung auf Null zu begründen. Ein besserer Informationsfluss lässt sich durch die Vergemeinschaftung nicht erreichen, weil die Klägerin jederzeit die benötigten Informationen von der Hausverwaltung verlangen kann. Zum anderen kommt es auch nicht darauf an, welche und wie viele Gebäudeteile betroffen sind. Dies begründet noch nicht das zwingende Erfordernis, dass eine Vergemeinschaftung erforderlich ist. Die Klägerin hat durch die im eigenen Namen erhobene Klage selbst zu erkennen gegeben, dass sie eine Durchsetzung der Ansprüche im eigenen Namen für möglich hält, ohne eine Vergemeinschaftung zu erreichen.
Hinzuweisen ist noch darauf, dass die Klägerin einen Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung einer Störung des gemeinschaftlichen Eigentums und nicht ihres Sondereigentums gem. § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 WEG vergemeinschaften lassen kann (BeckOK BGB, 43. Edition, § 15 WEG, Rdnr. 16 unter Verweis auf BGH NJW 2014, 2640; 2010, 438; 2006, 2187). Soweit sich die Klägerin daher im Rahmen der Klagebegründung auf Beeinträchtigungen ihres Sondereigentums beruft, kann eine Vergemeinschaftung ohnehin nicht erfolgen. Auch dies spricht für das fehlende Rechtsschutzbedürfnis der Klage im dargestellten Umfang.
3. Offen bleiben kann damit die Frage, ob das Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb nicht besteht, weil die Klägerin selbst im eigenen Namen eine Klage gegen die Eigentümer der Wohnungseinheit 09 eingereicht hat. Das Verfahren war zum Schluss der mündlichen Verhandlung nach Aussage der Klägerin noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die Klägerin hätte sich durch einen Erfolg im hiesigen Verfahren ihre selbst erhobene Klage unzulässig gemacht, da mit der Vergemeinschaftung ihre alleinige Prozessführungsbefugnis entfallen wäre.
4. Hinsichtlich der gemeinschaftsbezogenen Ansprüche, etwa auf Schadensersatz, greift die obige Argumentation nicht. Insoweit hält das Gericht die Klage daher für zulässig.
B.
Soweit die Klage hinsichtlich der gemeinschaftsbezogenen Ansprüche für zulässig gehalten wird, ist sie jedoch unbegründet.
Die Klägerin hat keinerlei Tatsachen innerhalb der Klagebegründungsfrist vorgetragen, die eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend nahelegen, dass die gemeinschaftsbezogenen Ansprüche zwingend durch die WEG als Verband geltend gemacht werden müssen. Das in diesem Punkt sehr weite Ermessen der Wohnungseigentümer wurde hier nicht fehlerhaft ausgeübt. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist, entgegen der Auffassung der Klägerin, hier nicht ersichtlich.
I.
Auch im Rahmen der Begründetheit der Klage ist darauf hinzuweisen, dass Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung einer Störung und damit auch eines Schadensersatzanspruches nur hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums, nicht des Sondereigentums, vergemeinschaften können. Soweit die Klägerin daher Beeinträchtigungen ihres Sondereigentums behauptet, etwa auch dahin, dass sie von Lärm belästigt wird, ist dies für die hier zu treffende Entscheidung irrelevant.
II.
Bei gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen wie Schadensersatzansprüchen, die auf die Verletzung des Gemeinschaftseigentums gestützt werden, sind Anspruchsinhaber die einzelnen Wohnungseigentümer. Bei gemeinschaftsbezogenen Rechten und Pflichten liegt eine geborene Wahrnehmungsberechtigung des Verbandes nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Hs. 1 WEG vor. Bei der Annahme der Erforderlichkeit einer einheitlichen Rechtsverfolgung ist jedoch Zurückhaltung geboten, da der Entzug der materiellen Ausübungsbefugnis mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis jedenfalls bei Individualrechten einen gravierenden Eingriff in die Privatautonomie darstellt. Dies kann nur bejaht werden, wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder des Schuldners an einer einheitlichen Rechtsverfolgung das grundsätzlich vorrangige Interesse des Rechtsinhabers, seine Rechte selbst und eigenverantwortlich auszuüben und prozessual durchzusetzen, deutlich überwiegen (Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 10 Rdnr. 43).
Der Ermessensspielraum der Eigentümer entsteht auch bei der Entscheidung, ob und ggfs. wie Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 6 WEG durch den Verband ausgeübt bzw. erfüllt werden sollen. Im Rahmen des Selbstorganisationsrechts der Eigentümer muss zum einen die sich in einem vertretbaren Rahmen befindliche Mehrheitsentscheidung respektiert werden, zum anderen aber auch der Minderheitenschutz gewährleistet werden. Der Beurteilungsspielraum der Eigentümer ist erst dann überschritten, wenn die Entscheidung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheint, wenn also die Mehrheit aus Sicht eines vernünftigen Dritten gegen ihre eigenen Interessen handelt. Die Nichtdurchsetzung eines vermeintlichen Anspruches der Gemeinschaft widerspricht dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der Anspruch offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet ist. Im Streitfall ist der einen Negativbeschluss anfechtende Eigentümer beweispflichtig dafür, dass ein offenkundig bestehender und durchsetzbarer Anspruch vorliegt. Ein sehr weiter Ermessensspielraum steht den Eigentümern schließlich bei der Entscheidung zu, ob sie durch Beschluss bewirken wollen, dass der Verband gemeinschaftsbezogene Rechte an sich zieht, sie also „vergemeinschaftet“. Insbesondere wenn mit Mehrheitsbeschluss ein „Ansichziehen“ abgelehnt wird, muss beachtet werden, dass die einzelnen Eigentümer als Inhaber der Rechte ihre Individualansprüche unproblematisch auch ohne den Verband weiter durchsetzen können. Nur in Ausnahmefällen wird davon ausgegangen werden können, dass es dem einzelnen Eigentümer nicht zugemutet werden kann, selbst und damit auf alleiniges Kostenrisiko seinen Anspruch durchzusetzen, so dass eine Übernahmepflicht durch den Verband und damit eine „Ermessensreduzierung auf Null“ bejaht werden muss (Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 21 Rdnr. 23). Der vom Gericht grundsätzlich zu beachtende Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer geht sehr weit. Hinzunehmen sind damit alle vertretbaren Mehrheitsentscheidungen. Kommen im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung mehrere Möglichkeiten in Betracht, besteht auch ein Auswahlermessen der Wohnungseigentümer. Entscheidend ist jedoch, dass die Wohnungseigentümer über die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen verfügen, da nur so eine sachgerechte Entscheidung getroffen werden kann (vgl. Spielbauer/Then a.a.O.).
III.
Nach diesen Anforderungen ist das Gericht der Auffassung, dass die Entscheidung der Wohnungseigentümer, die mit vier Gegenstimmen bei zwei Enthaltungen und nur einer Zustimmung getroffen wurde, nicht ermessensfehlerhaft erscheint.
1. Die Klägerin hat innerhalb der Klagebegründungsfrist keinerlei Umstände vorgetragen, die gerade darauf abzielen, dass es der Klägerin als einzelne Wohnungseigentümerin ggfs. mit weiteren unterstützenden Wohnungseigentümern nicht zumutbar wäre, eine eigene Klage zu erheben. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Klägerin bereits alleine eine Klage eingereicht hat und diese derzeit, zumindest zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren, noch rechtshängig und nicht rechtskräftig entschieden ist.
2. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 24.5.2017 wurde die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits in vorherigen Versammlungen zu dem streitigen Thema einbezogen. Die Klägerin hat die entsprechenden Protokolle vorgelegt, damit auch den Beschluss zu TOP 8 vom 13.6.2016, wonach ein Statiker die Wohnungen der Klägerin und der Eigentümer der Wohnungseinheit 09 begutachten solle. Diese Begutachtung wurde damals mit sieben Stimmen beschlossen. Damit haben die Wohnungseigentümer bereits eine Entscheidung über die Untersuchung der Auswirkungen getroffen. Welches Ergebnis dieser Beschluss bzw. diese Begutachtung gebracht hatte, legt die Klägerin nur schemenhaft dar, wenn sie behauptet, dass von einem Weiterbetrieb des Whirlpools abgeraten worden sei.
3. Die Beklagten führen zu Recht an, dass sich die Wohnungseigentümer der Einheit Nr. 09 auf Verjährung und Verwirkung berufen könnten.
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass möglicherweise eine Verjährung deshalb ausscheidet, weil bei dauerhaften Beeinträchtigungen die Verjährung erst zu laufen beginnt, wenn die Beeinträchtigung beendet ist, da diese mit jedem neuen Auftreten die Verjährung neu beginnen lässt.
Allerdings muss berücksichtigt werden, dass eine Verwirkung auch dann in Betracht kommt, wenn die Verjährung des Anspruchs noch nicht einmal begonnen hat. Die Verwirkung wäre von Amts wegen als Einwendung aus Gründen des Vertrauensschutzes auch bei Rechten aus § 15 WEG, § 1004 BGB zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zeitmoments wurde in der jüngeren wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsprechung bereits eine Zeitdauer von 8 bis 10 Jahren als ausreichend angesehen. Bei sehr langen Zeiträumen von etwa 20 Jahren und mehr reichten auch nicht sonderlich gewichtige sonstige Umstände für eine Verwirkung aus. Eine Verwirkung setzt nicht voraus, dass die Verjährung des Anspruchs bereits begonnen hat. Sie kann vielmehr bei Vorliegen der Voraussetzungen auch dann schon vorliegen, wenn der Anspruch noch nicht verjährt ist. Problematisch ist allerdings auch, ob eine Verwirkung hinsichtlich des Zeitmoments beginnen kann, wenn der Gläubiger noch keine Kenntnis von dem Anspruch hat. Der BGH hat in mehreren nicht wohnungseigentumsrechtlichen Fällen entschieden, dass eine Kenntnis nicht zwingend erforderlich ist (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl. § 15 Rdnr. 27 f.).
Angesichts des Vortrags der Klägerin, die einen Einbau der streitigen Anlagen bereits Mitte der 90er Jahre behauptet, steht ein Zeitraum bis 2017 von etwa 20 Jahren im Raum, der für das Zeitmoment der Verwirkung ausreichen würde. Dies muss auch nicht sicher feststehen, weil im Rahmen der Ermessensentscheidung eine Reduzierung auf Null nur anzunehmen ist, wenn der Anspruch offenkundig erfolgreich durchsetzbar wäre.
Dies ist hier auch deshalb fraglich, weil die Beklagtenseite vorträgt, dass die streitigen Anlagen bereits bei Begründung der WEG vom Bauträger eingebaut worden seien. Sollte dies der Fall sein, wäre jedenfalls eine Verwalterzustimmung nach der Teilungserklärung nicht erforderlich gewesen. Zudem würde der Zustand dann bereits seit Beginn der WEG so bestehen, weshalb es dann ausgeschlossen wäre, dass eine Beseitigung der Anlagen bzw. Schadensersatz verlangt werden könnte. Es würde sich dann schon nicht um eine bauliche Veränderung handeln. Diese setzt nämlich voraus, dass der bauliche Zustand tatsächlich verändert wurde gegenüber der ursprünglichen Bauausführung bei Begründung der WEG.
4. Angesichts dieser angeführten Unsicherheiten und auch der streitigen Frage, welche Beeinträchtigungen von den streitgegenständlichen Anlagen überhaupt ausgehen, bestand daher auf der bestehenden Sachverhaltsgrundlage keine Ermessensreduzierung auf Null dahin, die von der Klägerin auch alleine auszuübenden Ansprüche zu vergemeinschaften. Es war daher ermessensgerecht, eine Vergemeinschaftung der Ansprüche abzulehnen.
Soweit die Beklagte P sich den Interessen der Klägerin im Verfahren angeschlossen hat und sie behauptet hat, dass sie voll hinter der Klägerin stehe, so deckt sich dies nicht mit dem Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung vom 24.5.2017, da es nur eine zustimmende Stimme, nämlich die der Klägerin gegeben hat und darüber hinaus zwei Enthaltungen und vier Gegenstimmen. Diese Mehrheitsentscheidung der Wohnungseigentümer ist in keiner Form unvernünftig und daher vom Gericht auch zu respektieren.
IV.
Soweit sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf berufen hat, dass ein besserer Informationsfluss und das Betroffensein weiterer Teile des Gebäudes zu einer erforderlichen Vergemeinschaftung führen sollen, war dieser Vortrag nicht zu berücksichtigen, weil er außerhalb der Klagebegründungsfrist vorgetragen wurde und auch in seinem wesentlichen Tatsachenkern nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist auch nur angedeutet wurde.
Die Klagebegründung befasste sich ausschließlich mit den Beeinträchtigungen, die von den streitigen Anlagen ausgehen sollen, jedoch nicht mit eventuellen Beweisschwierigkeiten oder einem schlechten Informationsstand der Klägerin als einzige Klägerin. Da die Klägerin zudem selbst bereits eine Klage eingereicht hat, kann dieser Tatsachenvortrag auch nicht nachvollzogen werden, da die Klägerin eine Klage doch nur dann erheben wird, wenn sie hierfür ausreichende Erfolgsaussichten sieht, und zwar auch dann, wenn sie diese nur alleine erhebt und nicht die WEG nach einem Vergemeinschaftungsbeschluss.
Sollte die Klägerin die von ihr selbst erhobene Klage auf Unterlassung bereits vor der Eigentümerversammlung erhoben haben, so hätte sie sich bei einem positiven Beschluss auf ihren Antrag hin selbst die Prozessführungsbefugnis in dem von ihr angestrengten Klageverfahren entzogen. Insofern hätte die Klägerin dann auch kein Interesse gehabt, dass die Ansprüche vergemeinschaftet werden. Sollte die Klägerin die Klage nach der Eigentümerversammlung vom 24.5.2017 erhoben haben, so wäre nicht nachvollziehbar, warum sie nicht zunächst eine abschließende Entscheidung auch nach gerichtlicher Überprüfung des Negativbeschlusses und ggfs. auch eine Klage auf Ersetzung des Beschlusses durch das Gericht abgewartet hat, bevor sie selbst in Eigenregie den Anspruch geltend macht.
Im ersten Fall würde die Entscheidung der Wohnungseigentümer möglicherweise schon deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, weil sie der Klägerin die Prozessführungsbefugnis entzogen hätte.
V.
Da schon kein Anspruch der Klägerin auf Vergemeinschaftung der Ansprüche bestand hinsichtlich der gemeinschaftsbezogenen Ansprüche wie einen Schadensersatzanspruch, entspricht es folgerichtig auch ordnungsmäßiger Verwaltung, die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Durchsetzung der Ansprüche abzulehnen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Zum Streitwert wird ausgeführt, dass mangels abschätzbarer Angaben der Einschätzung der Klägerin insoweit gefolgt wird, als der Regelstreitwert von € 5.000,00 anzusetzen ist. Es sind weder die Beseitigungskosten bekannt, noch sind die evtl. behaupteten Schäden für das Gemeinschaftseigentum finanziell abschätzbar. Eine Festsetzung auf € 5.000,00 erscheint daher nicht unangemessen.