Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Modernisierungserhöhung bei Wohnraummiete: Angabepflicht für Drittmittel aus öffentlichen Haushalten zur Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen; Beendigungszeitpunkt für die Anrechnungspflicht von Drittmitteln

Aktenzeichen  VIII ZR 310/11

Datum:
13.6.2012
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 558 Abs 5 BGB
§ 558a BGB
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Leitsatz

1. Drittmittel, die von öffentlichen Haushalten für Modernisierungsmaßnahmen gewährt wurden, sind in einem Mieterhöhungsverlangen nur dann anzugeben, wenn sie bei der Berechnung der neuen (erhöhten) Miete anzurechnen sind.
2. Die Anrechnungspflicht von Drittmitteln, die von öffentlichen Haushalten für Modernisierungsmaßnahmen gewährt wurden, endet zwölf Jahre nach der mittleren Bezugsfertigkeit des geförderten Objekts (im Anschluss an BGH, Urteile vom 25. Februar 2004, VIII ZR 116/03, NJW-RR 2004, 947; BGH, Urteil vom 23. Juni 2004, VIII ZR 283/03, juris).

Verfahrensgang

vorgehend LG Berlin, 29. September 2011, Az: 67 S 568/10vorgehend AG Tempelhof-Kreuzberg, 4. November 2010, Az: 15 C 120/10

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil der Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin vom 29. September 2011 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 4. November 2010 (Az.: 15 C 120/10) geändert.
Das im schriftlichen Vorverfahren ergangene und am 1. Juni 2010 zugestellte Versäumnisurteil wird aufrechterhalten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagte ist seit dem 1. April 1995 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Berlin.
2
Hinsichtlich des Hauses, in dem die vermietete Wohnung gelegen ist, schlossen das Land Berlin und die Klägerin Ende des Jahres 1993 einen vom Land Berlin vorformulierten “Förderungsvertrag über die Durchführung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen”. Die Klägerin verpflichtete sich in diesem Vertrag, dort näher bezeichnete Baumaßnahmen durchzuführen; das Land Berlin verpflichtete sich, diese Maßnahmen durch einen Baukostenzuschuss, Eigenkapitalersatzmittel und Aufwendungszuschüsse zu fördern.
3
In dem Vertrag ist unter anderem folgendes geregelt:
“§ 2 – Grundlagen
Vertragsbestandteile sind folgende, dem Vertrag als Anlagen beiliegende Unterlagen:
1.- 5. …
6. Auflistung der wohnungsbezogenen Modernisierungs-Baukostenzuschüsse.

§ 7 – Mieten
(1) Der Eigentümer verpflichtet sich, für die Wohnflächen des Objekts im 1. Jahr nach Abschluss der geförderten Baumaßnahmen keine höhere Nettokaltmiete (Kaltmiete ohne Betriebskosten) als folgende zu verlangen (Einstiegsmiete):
– bei Abschluß der Maßnahmen im Jahre 1993: 4,50 DM/qm/monatlich;
– bei Abschluß der Maßnahmen im Jahre 1994: 5,00 DM/qm/monatlich.
Bei Abschluß der Maßnahmen nach dem Jahr 1994 gelten für jedes weitere Kalenderjahr 0,25 DM/qm/monatlich erhöhte Einstiegsmieten.
Betriebskosten (§ 4 MHG) dürfen daneben verlangt werden.
(1a) …
(1b) …
(2) Im Bindungszeitraum der Förderung (§ 10) dürfen für Wohnraum ab dem 2. Jahr nach Abschluss der geförderten Maßnahmen Mieterhöhungen nach §§ 2 und 3 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) verlangt werden. Bei Erhöhungsverlangen nach § 2 MHG ist von der ortsüblichen Miete des jeweils gültigen Mietspiegels auszugehen. Mieterhöhungen nach §§ 2 und 3 MHG dürfen einschl. Mieterhöhungen aus Abbau von Aufwendungszuschüssen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3) zusammen jährlich höchstens bis 0,20 DM/qm monatlich verlangt werden; ab dem 11. Jahr dürfen höhere Mieterhöhungen als 0,20 DM/qm monatlich verlangt werden, soweit der dann im sozialen Wohnungsbau (1. Weg) maßgebliche Förderungsabbau (der bis 1981 0,17 DM/qm monatlich und derzeit 0,20 DM/qm monatlich beträgt) geändert wird. Höhere Mieterhöhungsbeträge dürfen ab dem 11. Jahr auch verlangt werden, soweit Berlin dies gemäß Absatz (4) in Verbindung mit Nummer 5 Abs. 5 der ModInstRL 90 zuläßt. Freie Mietenvereinbarungen und Staffelmietverträge nach § 10 MHG sowie Erhöhungen nach § 5 MHG sind im Bindungszeitraum ausgeschlossen. Für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG gelten die gewährten Baukostenzuschüsse (§ 4 Abs. 2 Nr. 1.) im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG soweit als Baukostenzuschüsse für Modernisierungsmaßnahmen, wie unter Berücksichtigung der anfänglichen Aufwendungszuschüsse die Mieterhöhungen nach § 3 MHG zu einer Überschreitung der für das 1. Jahr vereinbarten Miete führen würden. Die danach auf die einzelnen Wohnungen entfallenden Modernisierungs-Baukostenzuschüsse sind in der Anlage zu § 2 Nr. 6 aufgelistet. Hinsichtlich der Betriebskosten gilt § 4 MHG.
(3) Bei … neuen Mietverträgen darf im Bindungszeitraum der Förderung (§ 10) der vereinbarte Mietzins nach Absatz (1), dem Erhöhungen nach Absatz (2) hinzugerechnet werden dürfen, nicht überschritten werden. …

§ 10 – Geltungsdauer der Verpflichtungen
Die Verpflichtungen nach §§ 7 bis 9 gelten bis zum Ablauf von 20 Jahren nach mängelfreier Schlußabnahme der vereinbarten Baumaßnahmen (§ 1 Abs. 1).
…”
4
Die mängelfreie Schlussabnahme der Baumaßnahmen erfolgte am 16. März 1995.
5
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 26. Oktober 2009 auf, einer Erhöhung der Nettokaltmiete zum 1. Januar 2010 um 30,01 € von 189,42 € auf 219,43 € (= 4,17 €/qm/monatlich) zuzustimmen. Sie bezog sich dabei auf den Berliner Mietspiegel 2009 und erläuterte die Erhöhung im Einzelnen durch Einordnung der Wohnung in das Mietspiegelfeld D2 anhand der nach dem Mietspiegel maßgeblichen Kriterien (Wohnfläche, Altersklasse, Ausstattung und Wohnlage). Weitere Angaben enthält das Schreiben nicht. Die Beklagte stimmte der Mieterhöhung nicht zu. Sie ist der Auffassung, das Mieterhöhungsverlangen entspreche nicht den formellen Anforderungen, da es sich nicht zu den gemäß § 558 Abs. 5 BGB aufzuführenden Kürzungsbeträgen, die sich die Klägerin aufgrund der von dem Land Berlin erhaltenen Fördermittel anrechnen lassen müsse, und den zugrunde liegenden Berechnungspositionen verhalte.
6
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zustimmung zu der im Schreiben vom 26. Oktober 2009 geforderten Mieterhöhung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage zunächst mit im schriftlichen Vorverfahren ergangenem Versäumnisurteil (zugestellt an die Beklagte am 1. Juni 2010) stattgegeben. Nach Einspruch der Beklagten hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zustimmungsbegehren weiter.

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