Aktenzeichen 8 S 4978/11
BGB § 280, § 286, § 558, § 985, § 987 Abs. 1, § 990 Abs. 1
BayBO Art. 45 Abs. 2
WoFlVO § 2 Abs. 3
Leitsatz
1 Fehlt es an einem Mietverhältnis, muss der Besiter Nutzungsentschädigung nach § 987 BGB leisten. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2 Kann der Eigentümer nicht die Unwirksamkeit einer Nutzungsvereinbarung beweisen, ist Nutzungsentschädigung erst nach Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs geschuldet. (Rn. 28 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Gebrauchsvorteile der Eigennutzung einer Immobilie sind nach dem üblichen Mietzins für diese Immobilie oder eine vergleichbare Immobilie zu bemessen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
4 Bei einem Mietwertgutachten ist es nicht erforderlich, dass der Sachverständige die als Vergleichswohnungen herangezogenen Immobilien offenlegt. (Rn. 42 – 48) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
5 C 366/10 2011-09-29 Urt AGGARMISCHPARTENKIRCHEN AG Garmisch-Partenkirchen
Tenor
1. Auf die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 29.09.11, AZ. 5 C 366/10, wird das erstinstanzliche Urteil aufgehoben.
Die Beklagte wird über das bereits ergangene Teilurteil vom 12.03.2015 hinaus verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 54.948,20 zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 812,62 seit 05.06.2010 sowie aus monatlich jeweils zusätzlichen EUR 812,62 seit 05.07.2010, 05.08.2010, 05.09.2010, 05.10.2010, 05.11.2010, 05.12.2010
sowie aus monatlich jeweils zusätzlichen EUR 846,24 seit 05.01.2011, 05.02.2011, 05.03.2011, 05.04.2011, 05.05.2011, 05.06.2011, 05.07.2011, 05.08.2011, 05.09.2011, 05.10.2011, 05.11.2011, 05.12.2011,
sowie aus monatlich jeweils zusätzlichen EUR 864,00 seit 05.01.2012 bis einschließlich 31.12.2014
sowie aus weiteren EUR 3.012,47 seit 01.02.2016.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 65.204,35 € festgesetzt.
Gründe
I. Die Berufung der Kläger ist zulässig. Die im Hinblick auf die geltend gemachte Nutzungsentschädigung mit Schriftsätzen vom 16.11.11, 02.12.14 und 20.01.16 in der Berufungsinstanz erfolgten Klageerweiterungen sind sachdienlich gem. § 533 Nr. 1 ZPO und damit zulässig.
Die Berufung ist zudem neben dem bereits mit Teilurteil vom 12.03.15 ausgeurteilten Räumungsanspruch im Hinblick auf den geltend gemachten Nutzungsentschädigungsanspruch gemäß § 987 BGB in Höhe von EUR 54.948,20 begründet.
1. Anspruchsgrundlage für die Nutzungsentschädigung der Kläger ist nicht § 546 a BGB, da diese Vorschrift ein beendetes Mietverhältnis voraussetzt (vgl. Weidenkaff in Palandt, 74. Aufl, Rz 5 zu § 546 a BGB). Zwar werden die Kläger mit Zuschlag nach der Zwangsversteigerung als Ersteher Eigentümer der streitgegenständlichen Immobilie (§§ 57 ZVG, 566 BGB). Der Ersteher tritt grundsätzlich als neuer Eigentümer auch in ein bestehendes Mietverhältnis mit dem Mieter ein. Voraussetzung ist aber, dass der Mietvertrag vor Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungstermin besteht. Dies wurde vorliegend im rechtskräftigen Teilurteil, auf dessen Entscheidungsgründe an dieser Stelle verwiesen wird, verneint. Der Beklagten ist der Nachweis eines vor Zuschlag bestehenden Mietverhältnisses nicht gelungen.
2. Anspruchsgrundlage für die begehrte Nutzungsentschädigung ist vielmehr § 987 BGB als Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen, die an der vindizierten Sache gezogen wurden. Danach hat der unredliche oder verklagte Besitzer dem Eigentümer die gezogenen Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Kenntnis, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, zieht.
a) Auf die Ausführungen der Kammer im rechtskräftigen Teilurteil vom 12.03.15 zur bis zur Räumung vom 31.07.15 bestehenden Vindikationslage wird zunächst Bezug genommen. Die Kläger sind durch Zuschlagsbeschluss vom 14.12.09 Eigentümer der streitgegenständlichen Immobilie geworden, § 90 ZVG. Der Beklagten ist es nicht gelungen, ein Recht zum Besitz an der Wohnung nachzuweisen. Unstreitig hat sie die Immobilie im Zeitraum vom 14.12.09 bis zum 31.07.15 als Ferienwohnung genutzt.
b) Nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs gem. § 985 BGB, der vorliegend mit dem im Klageweg geltend gemachten Räumungsanspruch der Kläger zusammenfällt, muss grundsätzlich auch der gutgläubige Besitzer mit einem für ihn ungünstigen Prozessausgang rechnen und sich deshalb „gewissermaßen als Verwalter einer fremden Sache betrachten“ (vgl. Raff in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, 2017, Rz 1 zu § 987). Deshalb muss er die nach Eintritt der Rechtshängigkeit gezogenen Nutzungen herausgeben. Die Klagezustellung erfolgte vorliegend am 04.06.10.
Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist in diesem Zusammenhang nicht auf eine eventuelle Kenntnis der Beklagten erst mit dem Erlass des Teilurteils vom 12.03.15, sondern auf die Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs gem. § 987 BGB abzustellen.
Für den Zeitraum vom 15.12.09 bis zum 04.06.10 besteht kein Anspruch der Kläger auf Zahlung von Nutzungsentschädigung. Ein entsprechender Anspruch bestünde nur unter der Voraussetzung der Bösgläubigkeit der Beklagten im Hinblick auf ihr Recht zum Besitz gem. § 990 I BGB. Die insoweit beweisbelasteten Kläger haben den Nachweis, dass die Beklagte von vornherein im Hinblick auf ihr Besitzrecht bösgläubig war oder zum 14.12.09 wurde, nicht geführt. Genausowenig wie der Beklagten der Beweis einer wirksamen Nutzungsvereinbarung gelungen ist, kann den Klägern der Beweis des Gegenteils gelingen. Der Beweis, dass die sog. Nutzungsvereinbarung nachträglich erstellt, gefälscht oder aus anderen Gründen unwirksam war, konnte insbesondere mit den angebotenen und erholten schriftvergleichenden Gutachten des Sachverständigen … vom 02.02.10 und dem drucktechnischen Gutachten des Sachverständigen … vom 02.01.14 nicht erbracht werden. Der Sachverständigen … hat unangegriffen festgestellt, dass die untersuchte Unterschrift wahrscheinlich vom Vater der Beklagten stammt. Der Sachverständige … hat unangegriffen festgestellt, dass es keine Hinweise auf eine kopier- und drucktechnische Manipulation der in Kopie vorgelegten Nutzungsvereinbarung gibt.
Auch die ohne Angabe von Gründen erfolgte Kündigung der Kläger vom 14.12.09 macht die Beklagte nicht bösgläubig. Die Kündigung ist unwirksam. Ein ordentliches Kündigungsrecht stand den Klägern nicht zu, allenfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht gem. § 57 a ZVG, von dem sie mangels Darlegung des berechtigten Interesses im Kündigungsschreiben keinen Gebrauch gemacht haben.
c) (1) Gemäß § 987 BGB hat die Beklagte ab Rechtshängigkeit am 04.06.10 bis zur Räumung für die von ihr genutzte Wohnung den Wert dieser Eigennutzung herauszugeben. Gebrauchsvorteile wie auch der vorliegende können in der Regel nicht in natura herausgegeben werden, so dass nur Wertersatz in Betracht kommt (vgl. Fritzsche in Beck OK, BGB, 41. Edition, Rz 67 zu § 987). Der Wert dieser Eigennutzung ist nach dem objektiven Wert des Gebrauchsvorteils zu bemessen.
Dieser ist gleichzusetzen mit dem Betrag, der durchschnittlich für eine vertragliche Gebrauchsgestattung zu entrichten gewesen wäre (vgl. Münchener Kommentar a.a.O. RZ 18,27 zu § 987). Dies hat die Kammer mit Beweisbeschluss vom 20.11.14 (Bl 198 d.A.) so dem gerichtlichen Sachverständigen … vorgegeben, der daraufhin den objektiven Mietwert der streitgegenständlichen Immobilie, nämlich die jeweilige Nettokaltmiete, mit Gutachten vom 19.11.15 (Bl 287 ff d.A.) bestimmt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite war vorliegend nicht die ortsübliche Vergleichsmiete gem. § 558 BGB zu ermitteln, sondern wie ausgeführt, der objektive Mietwert.
Die Gebrauchsvorteile der Eigennutzung einer Immobilie sind nach dem üblichen Mietzins für diese Immobilie oder eine vergleichbare Immobilie zu bemessen (vgl. Stresemann in Münchener Kommentar a.a.O. Rz 11 zu § 100; BGH NJW 06, 1582). Maßgeblich ist der Wert der Nutzung des Besitzes, den der Besitzer erlangt hat. Eine Bewertung nach einem zeitanteiligen linearen Wertverlust scheidet schon deshalb aus, weil ein Grundstück im Allgemeinen eine unbegrenzte Nutzungsdauer hat und deshalb durch die Nutzung keinen messbaren Wertverlust erfährt (vgl. BGH NJW 06, 1582/Stresemann in Münch Komm a.a.O. Rz 11). Die von Beklagtenseite angestrebte Bemessung der Gebrauchsvorteile nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung kommt bei Immobilien ausnahmsweise nur im Rahmen der Berechnung des sog. großen Schadensersatzanspruchs statt der Leistung in Betracht, wenn die Gebrauchsvorteile der zurückzugewährenden Sache lediglich im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sind (vgl. Stresemann in Münch Komm a.a.O., BGH NJW 06, 1582). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend nicht. Es ist daher nicht zutreffend, dass vorliegend wegen der Wertsteigerung der Immobilie die Zahlung eines Nutzungsausfalls ausscheidet.
Weiter sind die von Beklagtenseite zitierten Grundsätze der Entscheidung BGH vom 20.02.14 AZ. VII ZR 172/13 iuris online zur Bemessung der Nutzungsentschädigung im Rahmen eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verzugs gem. §§ 280, 286 BGB auf den streitgegenständlichen Wertersatzanspruch im Hinblick auf gezogene Nutzungen gem. § 987 BGB nicht anwendbar. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Kläger die streitgegenständliche Immobilie als Wohn- oder Ferienimmobilie für sich oder für ihren Sohn nutzen wollten bzw ob sie über Alternativimmobillien zur Eigennutzung verfügten. Ob die Kläger als Eigentümer die herauszugebenden oder zu ersetzenden Nutzungen selbst gezogen hätten, spielt im Rahmen der Anspruchs auf Nutzungsherausgabe gem. § 987 BGB keine Rolle. § 987 Abs. 1 BGB ist kein auf den Schaden des Eigentümers abstellender Ersatzanspruch im Gegensatz zu §§ 280, 286 BGB (vgl. Raff in Münchener Kommentar a.a.O. Rz 29 zu § 987).
(2) Die Begutachtung durch den Sachverständigen … und die Feststellung der objektiven Marktmiete als Netto-Kaltmiete zu den jeweiligen Stichtagen von Dezember 2012 bis Januar 2015 begegnet keinen Bedenken. Das Gericht folgt grundsätzlich den Angaben des Sachverständigen im Hinblick auf seine gutachterlichen Feststellungen in den schriftlichen Gutachten vom 19.11.15 und 25.11.16 sowie im Rahmen seiner mündlichen Anhörungen vom 23.06.17 und 17.07.18. Die Sachkunde des Gutachters ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt. Der Sachverständige ist seit über 20 Jahren als öffentlich bestellter Sachverständiger für Mieten und Pachten für Grundstücke und Gebäude tätig.
Die Einwendungen der Beklagtenseite gegen die Feststellungen des Sachverständigen zur objektiven Marktmiete sind aus den folgenden Gründen nicht stichhaltig:
Wie unter Punkt I.2.c) (1) ausgeführt hat der Sachverständige grundsätzlich korrekt entsprechend den Vorgaben der Kammer im Beweisbeschluss vom 20.11.14 den objektiven Mietwert der streitgegenständlichen Immobilie ermittelt. Es begegnet keinen Bedenken, den Mietwert jährlich neu zu bestimmen, da dieser im streitgegenständlichen Zeitraum Änderungen unterworfen war und sich die von der Beklagten gem. § 987 BGB herauszugebenden Nutzungen nach dem jeweils aktuellen Mietwert zum Zeitpunkt der Nutzungsziehung bestimmen. Der Nutzungsersatz für den streitgegenständlichen Zeitraum von 2010 bis 2015 bestimmt sich nicht lediglich nach dem Mietwert für das Jahr 2010 oder 2011. Weiter begegnet es keinen Bedenken, dass der Sachverständige im Rahmen der jährlichen Stichtagermittlung das arithmetische Mittel der ihm aus diesem Jahr jeweils zur Kenntnis gebrachten Neuvertragsmieten zu Grunde gelegt hat.
Soweit die Beklagtenseite weiter erstmals in den Schriftsätzen vom 21.12.17, 06.04.18 und 09.04.18 Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen vom 19.11.15 erhebt, sind diese nach Ablauf der mit gerichtlicher Verfügung vom 23.12.15 bis zum 20.01.16 unter Hinweis auf §§ 411 Abs. 4 S. 2, 296 Abs. 1, 4 ZPO gesetzten und bis 31.01.16 antragsgemäß verlängerten Stellungnahmefrist erfolgt und daher vorliegend verspätet. Unabhängig von der verspäteten Geltendmachung kann die Beklagtenseite mit ihnen nicht durchdringen.
In seinem Gutachten vom 19.11.15 hat der Sachverständige die Lage der Wohnung als „tendenziell durchschnittliche Makrolage“ und in seinen Anhörungen vom 23.06.16 sowie 17.07.18 als „im oberen Bereich von durchschnittlich“ bewertet. Dies hat er begründet mit der Lage im Hinblick auf Lärmemissionen, der umgebenden Bebauung und Begrünung sowie der Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten, öffentlichen Institutionen, der Verfügbarkeit ärztlicher Versorgung und des öffentlichen Nahverkehrs sowie der Lage zum Zentrum. All dies begegnet keinen Bedenken und ist umfassend und sorgfältig begründet. Entgegen den Ausführungen der Beklagten hat der Sachverständige die Lärmessionen von der Bundesstraße 2 und der in 400 Metern Luftlinie entfernten Bahnlinie berücksichtigt und auch in seine Überlegungen einbezogen, dass die zu bewertende Immobilie durch vorgelagerte Häuser teilweise abgeschirmt wird. Er hat seine Gesamteinschätzung der Wohnung als „durchschnittlich bis gut“ weiter mit den Kriterien „Größe, Ausstattung und Art der Wohnung“ begründet.
Die in der Wohnung zum Zeitpunkt des Zuschlags vorhandene Küche hat der Sachverständige zutreffend bei der Ausstattung berücksichtigt. Diese ist vorliegend als Zubehör zu bewerten und ihr Eigentum gem. § 55 II ZVG auf die Kläger als Ersteher übergegangen (vgl. OLG Nürnberg AZ. 3 U 4158/01 juris online). Im Hinblick auf die Ausstattung der streitgegenständlichen Wohnung hat der Sachverständige weiter berücksichtigt, dass diese weder über einen Aufzug noch Tiefgaragenplatz oder Stellplatz verfügt.
Der Einwand der Beklagten, der Sachverständige beantworte nicht die Fragen nach der Herkunft der Daten zu den von ihm im Gutachten vom 19.11.15 und in der Aufstellung vom 27.09.15 angegebenen Vergleichswohnungen, ist unzutreffend. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner Anhörung vom 23.06.16 angegeben, dass ihm für den Ortsraum … ungefähr 300-400 Datensätze von Vergleichsmietverträgen vorliegen. Diese erhalte er von Hausverwaltern auf entsprechende Anfragen, Maklern, privaten Vermietern oder im Rahmen seiner Sachverständigentätigkeit. Die für das vorliegende Gutachten herangezogenen Objekte seien ihm zum großen Teil aus eigener Anschauung bekannt. Der Sachverständige hat diese Angaben im Rahmen seiner Anhörung vom 17.07.18 bekräftigt. Das Gericht hat keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln.
Soweit die Beklagte allgemein mit Schriftsatz vom 21.12.17 beanstandet, dass der Sachverständige die Wohnungsstandorte der von ihm als Vergleichswohnungen herangezogenen Immobilien nicht offenlege und deren genaue Identifizierung fordert, ist darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige bereits mit Übernahme des Gutachtensauftrags vom 25.03.15 (Bl 245 d.A.) erklärt hat, er könne die Daten des Vergleichsmaterials nicht offenlegen und auch bei einer geforderten anonymisierten Wohnbeschreibung keine Straßenzüge nennen, da es sich vorliegend um eine Kleinstadt handele. Dieses Schreiben wurde der Beklagtenseite sowohl durch den Sachverständigen selbst wie auch durch das Gericht mit einer Stellungnahmefrist zugeleitet. Die Beklagte hat die Begutachtung in Kenntnis dieser Vorgaben des Sachverständigen und seiner datenschutzrechtlichen Verpflichtungen gewünscht.
Unabhängig davon ist es grundsätzlich erforderlich, dass das Gutachten zum Mietwert dem Richter die Überzeugung der Richtigkeit der verwendeten Daten vermittelt und den Parteien hinreichende Ansatzpunkte für eine kritische Würdigung an die Hand gibt (vgl. BVerfGE 91, 176). Daneben ist insbesondere in einer Kleinstadt nicht erforderlich, dass der Sachverständige die Lage der einzelnen Vergleichswohnungen weitergehend, etwa durch Angabe der Straße erläutert, weil ansonsten in einer Kleinstadt die Identifizierung der Vergleichswohnungen unschwer möglich ist (vgl. BVerfG AZ. 1 BvR 860/97 iuris online). Vorliegend hat der Sachverständige aus anerkennenswerten Gründen die genaue Lage der Wohnungen nicht offenbart. Er hat insoweit darauf hingewiesen, dass er gem. § 15 SDO, § 203 StGB zur Geheimhaltung verpflichtet ist und er durch einen Verstoß den Widerruf seiner öffentlichen Bestellung riskieren würde. Er hat weiter ausgeführt, dass bislang kein Vermieter, der ihm Daten zur Verfügung gestellt habe, mit der Offenlegung der genauen Wohnungsanschrift und Miethöhe einverstanden gewesen sei.
Das Gericht ist in der Lage, aufgrund der mit Schreiben des Sachverständigen vom 14.03.17 und 27.09.17 zu jedem Stichtag vorgelegten drei anonymisierten Wohnungsbeschreibungen das Datenmaterial des Sachverständigen zu prüfen. Der Beklagtenseite ist die kritische Würdigung möglich. Der Sachverständige hat die von ihm zur Ermittung der Marktmiete des streitgegenständlichen Objekts herangezogenen Wohnungen innerhalb von … zumindest nach Stadtteil näher beschrieben und das ungefähre Baujahr angegeben, das dem der untersuchten Wohnung mit einer Abweichung von bis zu 5 Jahren entspricht. Er hat weiter neben der Höhe des Wohnhauses die Quadratmetergröße der vergleichsweise betrachteten Wohnungen angegeben, die alle zwischen ca 70 qm bis ca 90 qm liegen und die Art der Wohnung angegeben wie auch die Ausstattung, die er allein nach ca. 65 verschiedenen Merkmalen differenziert. Angesichts der Fülle der vom Sachverständigen genannten Details zu den vergleichsweise betrachteten Wohnungen ist die Auffassung der Beklagten, eine objektive Prüfung, ob die vom Sachverständigen herangezogenen Datensätze mit der streitgegenständlichen Immobilie vergleichbar seien, sei nicht möglich, nicht nachvollziehbar.
Wie bereits ausgeführt, hat das BVerfG für Kleinstädte, zu denen auch … gehört, ausdrücklich ausgesprochen, dass die Angabe der Straße im Rahmen der Begutachtung von Vergleichsmieten nicht erforderlich ist (vgl. BVerfG AZ. 1 BvR 860/97). Auf die einzelnen Einwendungen der Beklagten gegen die vom Sachverständigen mit Schreiben vom 14.03.17 zum Stichtag September 2009 vorgelegten Datensätze zu Vergleichswohnungen kommt es nicht streitentscheidend an, da das Gericht Wertersatz für gezogenen Nutzungen gem. § 987 BGB vorliegend erst ab Rechtshängigkeit im Jahr 2010 zuspricht.
Soweit die Beklagtenseite sich gegen die Heranziehung der vom Sachverständigen mit Schreiben vom 27.09.17 verwendeten Vergleichsdatensätze ausspricht, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige für die Anfang der 90 er Jahre errichtete streitgegenständliche Immobilie auf Wohnungen mit einem Baujahr zwischen 1987 und 1996 zurückgreift. Wohnungen, die in diesem Zeitraum erbaut wurden, sind durchaus vergleichbar. Die Beklagtenseite hat insoweit auch kein Argument vorgetragen, das gegen eine Vergleichbarkeit spricht. Soweit die Beklagte weiter einwendet, die vom Sachverständigen zur Wohnungsbeschreibung gewählten Beschreibungen „östlich B2 und gleichzeitig südliche …“ sowie „östlich B2 und gleichzeitig südlich B23“ würden sich gegenseitig ausschließen, ist dieser Einwand aufgrund des von Beklagtenseite gleichzeitig mit Schriftsatz vom 21.12.17 vorgelegten Lageplans nachvollziehbar. Der Sachverständige hat seine geographischen Angaben im Rahmen seiner Anhörung vom 17.07.18 dahingehend korrigiert, dass er ausgeführt hat, es handele sich bei der Angabe „östlich B2“ um eine Verwechslung. Tatsächlich gemeint habe er „westlich B2“. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner Anhörung den hier von ihm gemeinten geographischen Quadranten auf dem Lageplan als Anlage zum Schriftsatz vom 21.12.17 gezeigt. Diese Aussage war überzeugend. Die Kammer hat keine Zweifel, dass dem Sachverständigen hier in der geographischen Bezeichnung eine Verwechslung der Himmelsrichtungen „Osten“ und „Westen“ unterlaufen ist, die sich nicht ausgewirkt hat, da der Sachverständige tatsächlich den geographischen Bereich westlich der B2 meinte und untersuchte.
Vor diesem Hintergrund sind seine Beschreibungen sind nachvollziehbar und befinden sich alle im näheren Umkreis der zu begutachtenden Wohnung. Warum im übrigen hinsichtlich der konkret mit Schreiben des Sachverständigen vom 27.09.17 vorgelegten Datensätze keine Vergleichbarkeit besteht, wurde von Beklagtenseite nicht konkret vorgetragen. Der Sachverständige hat zu Recht darauf hingewieser, dass es nicht darauf ankomme, identische Wohnungen zu finden, sondern vergleichbare. Dies schließt Abweichungen in Lage, Ausstattung und Baujahr nicht aus, was der Sachverständige durch entsprechend vorgenommene kumulierte Zu- und Abschläge bewertet hat sowie aufgrund eines von ihm im Rahmen des sachverständigen Ermessens aufgrund seiner jahrzehntelangen Marktbeobachtung eingestellten Faktors. Dass diese Bewertung der angegebenen Kriterien unzutreffend erfolgte, wird von der Beklagten nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Der Beklagten ist es in diesem Zusammenhang auch nicht gelungen, nur eine einzige vergleichbare Wohnung anzugeben, die zu einer geringeren Marktmiete als die vom Sachverständigen ermittelte, auf dem Wohnungsmarkt in Garmisch Partenkirchen im streitgegenständlichen Zeitraum angeboten wurde.
Soweit die Beklagte weiter einwendet, die vom Sachverständigen herangezogenen Vergleichswohnungen würden nicht in der Nähe des Objekts liegen, ist dies aufgrund der Lagebeschreibung durch den Sachverständigen unsubstantiiert. Der Sachverständige hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vom 17.07.18 darüberhinaus angegeben, dass sich sämtliche betrachteten Vergleichswohnungen im Stadtgebiet … befänden und eventuelle Lageunterschiede zur streitgegentständlichen Wohnung von ihm mit vorgenommenen Zu- oder Abschlägen kompensiert worden seien.
Dass der Sachverständige im übrigen über einen ausreichenden Datensatz verfügt, hat er im Rahmen seiner Einvernahme vom 23.06.16 angegeben. Das Gericht hat keine Zweifel an den Angaben des Sachverständigen, wonach ihm für den Raum … ca. 300-400 Wohnungsdatensätze vorlägen. Dass er zur Beurteilung der streitgegenständlichen Fragen über genügend Vergleichsdatensätze verfügt, belegen seine mit Schreiben vom 14.03.17 und 27.09.17 vorgelegten Daten.
Soweit die Beklagte bemängelt, der Sachverständige habe keine Angaben zu Raumaufteilung, Ausrichtung der Wohnung und Zuschnitt der Zimmer gemacht, ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Angaben geeignet sind, über die Fülle von Angaben des Sachverständigen hinaus, eine Vergleichbarkeit von Wohnungen aufzuzeigen. Der Sachverständige hat die Vergleichswohnungen nach Anzahl der Räume, Baujahr und Zuschnitt der Häuser, Lage und weiteren Kriterien aus einem 65 verschiedenen Ausstattungsmerkmale umfassenden Katalog spezifiziert. Es ist unklar, was er demgegenüber über die Angaben der Anzahl der Wohnräume, Bad und Küche hinaus konkret über die „Raumaufteilung“ und den „Zuschnitt der Zimmer“ an Informationen hätte erteilen sollen und welche Angaben die Beklagte hier konkret erwartet, Nach Auffassung der Kammer ist die Beschreibung der Wohnungen durch den Sachverständigen angesichts der Fülle der genannten Informationen ausreichend und eine Prüfung der Vergleichbarkeit der Wohnungen damit gewährleistet. Das Vorhandensein von Kammern, Nebenräumen und Speichern hat der Sachverständige durchaus berücksichtigt. Auch wurden vom Sachverständigen durchweg Dachgeschosswohnungen zum Vergleich herangezogen.
Der Vorwuf, dem Sachverständigen sei die örtliche Situation nicht konkret bekannt, ist durch den Sachverständigen widerlegt, der im Rahmen seiner Anhörungen vom 23.06.16 und 17.07.18 übberzeugend angegeben hat, die meisten der Wohnungen persönlich zu kennen und nicht nur in Form von zur Verfügung gestellten Datensätzen.
Dass der Sachverständige vorliegend von einer „3-Zimmer-Wohnung“ bzw „Mehrraumwohnung“ ausgeht, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Wohnung besteht ausweislich des Grundrisses aus drei Zimmern, einem Bad/WC, einer Küche, zwei bekriechbaren Speichern und einem Balkon. Dass dies fehlerhaft sein soll aufgrund von „öffentlich-rechtlichen Gegebenheiten“, ist nicht hinreichend substantiiert vorgetragen und folgt nicht aus der Tatsache, dass Teile dieser drei Räume möglicherweise bekriechbare Speicher und als solche nicht beheizbar sind. Der Sachverständige hat insoweit ausgeführt, dass der Nutzwert der Wohnung faktisch der einer „3-Zimmer-Wohnung“ ist und es insoweit keine Rolle spielt, ob man sie als „3 Zimmer-Wohnung“ oder „1 Zimmer Wohnung mit 2 Nebenräumen“ bezeichnet. Tatsächlich kommt es auf die konkrete Art der Nutzung und Nutzbarkeit der Wohnung an. Dass man die sog. Nebenräume tatsächlich nicht zum Wohnen nutzen kann, hat auch die Beklagte nicht vorgetragen, die sich im übrigen im Schriftsatz vom 16.07.18 darauf bezieht, dass die Wohnung sogar als 2-Zimmer-Wohnung genehmigt wurde. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass sämtliche Räume außer dem Flur sowohl belichtet als auch beheizt sind. Er hat ausgeführt, dass die natürliche Belichtung und Belüftung dieser Räume gut ist. Die drei als Wohn- und Schlafräume genutzten Zimmer verfügen alle über Sprossenfenster, Bad und Küche verfügen über Dachflächenfenster. Die Frage, ob eine baurechtliche Genehmigung hier möglicherweise zu Unrecht erteilt wurde, ist für die Frage, inwieweit eine Nutzungsentschädigung zu bezahlen ist, nicht ausschlaggebend. Nach dem Vortrag der Beklagtenseite ist auch nicht erkennbar, in welcher Weise genau die streitgegenständliche Immobilie gegen die Baugenehmigung verstößt und in welcher Form hier ein Rückbau droht. Letzteres ist nach der Darstellung der Beklagten nicht ersichtlich. Entscheidend ist insbesondere, dass ggfs vorhandene öffentlich-rechtliche Beschränkungen der Räume im Dachgeschoss die Nutzbarkeit dieser Räume mangels Einschreiten der zuständigen Behörden nicht beeinträchtigten (vgl. BGH VIII ZR 275/08 iuris online). Der Sachverständige verweist in seiner Stellungnahme vom 20.02.18 zu Recht darauf, dass auch für baurechtlich ungenehmigte Wohnungen Mieten zu bezahlen sind. Die Frage, ob es sich vorliegend um eine „1-Zimmer-Wohnung mit 2 Nebenräumen“ oder eine „3-Zimmer-Wohnung“ handelt, ist zudem nicht nach Art. 45 Bay BO zu beurteilen. Diese Vorschrift regelt den Begriff des sog. Aufenthaltsraumes. Dieser muss nicht identisch sein mit dem Begriff des „Zimmers“. Die Beklagte bemängelt eine fehlende Auseinandersetzung des gerichtlichen Sachverständigen mit dem Sachverständigengutachten … vom 07.10.08 sowie dessen ergänzender Stellungnahme vom 08.12.08 (Anlage K13). Der Sachverständige … hat jedoch im Einklang mit dem gerichtlichen Sachverständigen … (insbesondere ergänzende Stellungnahme vom 14.03.17) erklärt, dass sich das Wohnempfinden potentieller Mieter oder Eigentümer nicht an den Bestimmungen der BayBO orientiere und gerade das Zimmer im Nordosten faktisch Aufenthaltsqualität besitze, ohne baurechtlich Aufenthaltsraum zu sein. Auf die Frage, ob sämtliche Räume der streitgegenständlichen Wohnung die gem. Art. 45 II BayBO erforderlichen Fenstermaße besitzen, kommt es nicht maßgeblich an, soweit die Räume gut nutzbar sind, die Belichtung und Belüftung insgesamt als gut zu bewerten ist und ein Einschreiten der Bauordnungsbehörden nicht konkret bevorsteht.
(3) Dem Anspruch auf Wertersatz für gezogene Nutzungen ist nach Überzeugung der Kammer eine Wohnfläche der streitgegenständlichen Immobilie von 82,13 qm Grunde zu legen. Die Kammer orientiert sich hierbei an den Feststellungen des Sachverständigen … im Ergänzungsgutachten vom 19.11.15 sowie an den gesetzlichen Vorgaben der Wohnflächenverordnung. Dass der Sachverständige … wie von ihm angegeben, auch die Räume zwischen den Sparren in die Wohnfläche miteinberechnet hat, begegnet keinen Bedenken und widerspricht nicht den Vorgaben der Wohnflächenverordnung.
Der Sachverständige … hat im Rahmen der von ihm durchgeführten Vermessung, die auch in sein Bestallungsgebiet als öffentlich bestellter Sachverständiger fällt, folgende Zimmergrößen festgestellt:
-Wohnzimmer: 38,9 qm (abzüglich Kriechspeicher: 36,9 qm),
-Küche: 7,4 qm,
-Flur: 5,9 qm,
-Bad/WC: 6,7 qm,
-Balkon: 11,4 qm (inclusive Lagerraum 1,28 qm),
-Schlafen 2: 7,5 qm,
-Schlafen 1: 16,3 qm (abzüglich Kriechspeicher: 15,2 qm).
Die Kammer geht von folgenden Wohnflächen aus:
-Wohnzimmer: 36,9 qm (ausgemessene Fläche abzüglich des Kriechspeichers von 2 qm),
-Küche: 7,4 qm,
-Flur: 5,9 qm,
-Bad/WC: 6,7 qm
-Balkon: 25 % der ausgemessenen Fläche abzüglich des Lagerraums von 1,28 qm: 2,53 qm,
-Schlafen 1: 7,5 qm,
-Schlaffen 2: 15,2 qm (ausgemessene Fläche abzüglich des Kriechspeichers von 1,1 qm).
Dies ergibt insgesamt eine Wohnfläche von 82,13 qm.
Maßgeblich orientiert sich die Kammer zunächst an den Vermessungsergebnissen des Sachverständigen sowie an den rechtlichen Vorgaben der Wohnflächenverordnung. Danach sind Räume oder Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern vollständig zur Grundfläche zu rechnen (§ 4 Nr. 1 WoFlVO). Räume oder Raumteile mit einer lichten Höhe von 1 Meter bis zu 2 Metern sind zur Hälfte mit einzuberechnen (§ 4 Nr. 2 WoFlVO). Balkone und Loggien sind in der Regel zu einem Viertel anzurechnen (§ 4 Nr. 4 WoFlVO).
Der Sachverständige … hat sich ausweislich seiner Ausführungen auf S. 4 ff des Ergänzungsgutachtens vom 19.11.15 an diese Vorgaben der Wohnflächenverordnung gehalten. Dies betrifft die Vorgaben gem. § 4 Nr. 1, 2 WoFLVO sowie § 2 Abs. 3 Nr. 2 WoFlVO. Insbesondere ist der im Grundriss genannte „Abstellraum“ trotz der Einwendungen der Beklagtenseite, wonach hier die gem. Art. 45 Abs. 2 BayBO erforderliche Belichtung nicht gewährleistet sei, dennoch zur Wohnfläche zu rechnen. Dies gilt auch für den weiteren Schlafraum. Es ist in diesem Zusammenhang darauf abzustellen, ob der betroffene Raum als Wohnraum genutzt werden kann. Dies hat der Sachverständige in seiner Anhörung vom 17.07.17 überzeugend bejaht und ausgeführt, dass beide Räume jeweils über Fenster verfügen und damit die natürliche Belichtung gewährleistet ist. Beide Räume sind mit Teppichboden ausgestattet und werden tatsächlich als Schlafräume genutzt. Dies belegen auch die vom Sachverständigen als Anlage zum Ergänzungsgutachten vom 19.11.15 gefertigten Lichtbilder.
Weiter ist in diesem Zusammenhang relevant, dass die Fläche anzurechnen ist, solange die Nutzbarkeit nicht durch Einschreiten der zuständigen Behörden eingeschränkt ist (vgl. BGH VIII ZR 275/08 iuris online; BGH VIII ZR 231/06 iuris online), wie bereits ausgeführt. Beides, sowohl die Nutzung als Wohnraum bzw Schlafraum wie auch das fehlende Einschreiten der Bauordnungsbehörde liegt hier vor, so dass beide als „Schlafen 1“ und „Schlafen 2“ vom Sachverständigen bezeichneten Räume zutreffend im Rahmen der Flächenberechnung zu berücksichtigen sind (vgl. auch Langenberg, Betriebskostenrechnung, 6. Auflage, 2016, Rz 79). Es kommt, wie bereits ausgeführt, gerade nicht darauf an, ob die Wohnung als „1-Zimmer-Wohnung“ oder als „3-Zimmer-Wohnung“ zu bezeichnen ist. Weiter hat der Sachverständige den Kellerraum und die Kriechspeicher gem. § 2 Abs. 3 WoFlVO zutreffend nicht in die Berechnung einbezogen. Im Hinblick auf die im Wohnzimmer und im Schlafraum (Schlafen 1) ausgemessenen Kriechspeicher hat er die Berücksichtigung offengelassen. Die Kammer kommt aufgrund der Wertungen der §§ 4, 2 Abs. 3 WoFLVO zu dem Ergebnis, die nur bekriechbaren Flächen bei der Ermittlung der Wohnfläche nicht zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für die Einbauschränke, die der Sachverständige zu Recht im Einklang mit der Wohnflächenverordnung bei der Wohnfläche berücksichtigt.
Bis auf den Balkon und die unmittelbar vor diesem aus begehbaren Abstellräume sind sämtliche Räume der Wohnung mit Heizkörpern ausgestattet und beheizbar. Allein die Tatsache, dass ein Teil eines Raumes, wie hier ein Teil des Schlafzimmers hinter der abgetrennten Wand, nicht beheizt wird, lässt die Berücksichtigung dieses Raums bei der Wohnfläche nicht entfallen. Dies ist nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 WoFlVO nur bei Abstellräumen außerhalb einer Wohnung der Fall. Die Kriechspeicher in Wohnzimmer und im Raum „Schlafen 1“ hat das Gericht im übrigen genauso wenig berücksichtigt wie die beiden Abstellkammern auf dem Balkon. Es besteht auch kein Anlass, die Bereiche unterhalb der schrägen Dachflächenfenster in Küche und Bad von der Wohnflächenberechnung auszunehmen.
Bezüglich des Balkons geht die Kammer gem. § 4 Nr. 4 WoFlVO davon aus, dass die hier vom Sachverständigen berechnete Fläche (abzüglich der nicht beheizten und belichteten Abstellfläche von 1,28 qm gem. Stellungnahme des Sachverständigen vom 14.03.17, die das Gericht gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 a WOFLVO nicht zur Wohnfläche zählt,) nach der gesetzlichen Regelwertung lediglich zu 25 % zu berücksichtigen ist. Gründe, hiervon nach oben abzuweichen, liegen nach Auffassung der Kammer allein aufgrund der westlichen Ausrichtung des Balkons und seiner teilweisen Überdachung nicht vor. Insbesondere ist hier auch zu berücksichtigen, dass der Balkon zur Straßenseite liegt, was seine Attraktivität nicht erheblich über den Regelfall steigert. Dies gilt auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Balkon seinerseits über zwei Abstellkammern verfügt, denn diese sind unbeheizt und als Abstellräume außerhalb der Wohnung einzuordnen. Sie unterfallen damit gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 b WoFlVO nicht der Wohnfläche. Insgesamt sind keine Gründe ersichtlich, warum der Balkon abweichend von der gesetzlichen Regel mit mehr als 25 % in die Wohnflächenberechnung einzustellen wäre.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass gemäß der mit Schriftsatz der Beklagten vom 25.10.16 vorgelegten Nebenkostenabrechnung für die streitgegenständliche Wohnung die Hausverwaltung für die Betriebskostenabrechnung lediglich von einer Fläche von 44,1 qm ausgeht. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, wie dieser Wert zustandegekommen ist. Eine Wohnflächenvermessung hat sie offensichtlich nicht vornehmen lassen. Der Bruder der Beklagten als ehemaliger Eigentümer hat im übrigen ausweislich des ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen … vom 08.12.08 (Anlage K13) im Zwangsversteigerungsverfahren erklärt, die Wohnfläche der streitgegenständlichen Wohnung betrage 60,09 qm, so dass auch vor diesem Hintergrund die nicht begründete Behauptung der Beklagten, die Wohnung weise eine Fläche von 40,1 qm auf, nicht nachvollziehbar ist. Die Sachverständigen … und …, die unabhängig voneinander die Wohnfläche vermessen haben, liegen hier trotz der schwer zu vermessenden Dachgeschosswohnungen nur wenige Quadratmeter von 4 qm bis 6 qm auseinander.
(4) Die Kammer geht, wie ausgeführt, von einer Wohnfläche von gerundet 82 qm aus. Dies entspricht nahezu der Wohnfläche, die der gerichtliche Sachverständige vor Streitigstellen der Wohnfläche durch die Beklagtenseite dem Mietwertgutachten vom 19.11.15 zu Grunde gelegt hat (ca 78 qm). Es ist daher auch vor dem Hintergrund der konkreten Wohnfläche von den im Gutachten vom 19.11.15 ermittelten Nettomarktmieten durch den Sachverständigen auszugehen. Die monatliche Marktmiete pro Quadratmeter beträgt damit im Jahr 2010 EUR 9,91, im Jahr 2011 EUR 10,32, im Jahr 2012 EUR 10,69, im Jahr 2013 EUR 11,08 und im Jahr 2014 bis 2015 EUR 11,35.
Die Nutzungsentschädigung für den Zeitraum ab Rechtshängigkeit der Klage vom 04.06.10 bis zum 31.12.10 beläuft sich danach auf EUR 5.688,34. Die Nutzungsentschädigung für das Jahr 2011 beträgt EUR 10.154,88. Für das Jahr 2012 beläuft sie sich auf EUR 10.518,96. Für das Jahr 2013 beläuft sie sich auf EUR 10.902,72. Für das Jahr 2014 beträgt sie EUR 11.168,40 und für das Jahr 2015 bis zur Räumung durch die Beklagte am 31.07.15 beträgt sie EUR 6.514,90.
3. Die Beklagte als verklagte Besitzerin kann die von ihr vierteljährlich bezahlten Betriebskosten im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gem. § 994 Abs. 2 BGB als Verwendungen auf die vindizierte Sache im Wege der Saldierung geltend machen. Grundsätzlich kann der verklagte Besitzer über § 994 Abs. 2 BGB und die Rechtsfolgenverweisung auf die Grundsätze der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nur Ersatz derjenigen Verwendungen verlangen, die dem mutmaßlichen Willen der Kläger als Eigentümer entsprechen. Dies ist offensichtlich nicht der Fall, soweit die Beklagte im Rahmen der Betriebskosten die eigenen Verbrauchskosten zu bezahlen hat. Diese betrugen monatlich ca EUR 130. Dass die Beklagte diese Kosten im streitgegenständlichen Zeitraum bezahlt bzw. nachentrichtet hat, ist zwischen den Parteien unstreitig. Einer Beweisaufnahme durch Einvernahme des Zeugen … bedurfte es hierzu nicht.
Dem mutmaßlichen Willen der Kläger als Eigentümer entsprechen nur diejenigen Verwendungen, die dem Erhalt der Wohnung als solcher dienen. In diesem Zusammenhang ist nicht das möglicherweise von der Beklagten bezahlte Hausgeld per se saldierungsfähig. Berücksichtigungsfähig sind in diesem Zusammenhang nur nicht umlagefähige Betriebskosten, wie beispielsweise Zahlungen auf eine Instandhaltungsrücklage. Diese können im Rahmen des § 994 Abs. 2 BGB unter der Voraussetzung, dass keine Aufrechnungserklärung erforderlich ist, ggfs im Weg der Saldierung geltend gemacht werden. Diese wurden jedoch entgegen dem Hinweis der Kammer vom 15.02.17 Ziffer 2) von der Beklagten nicht substantiiert aufgeschlüsselt oder dargestellt. Die pauschale Behauptung, „Hausgeld“ bezahlt zu haben, was die Beklagte auch nur für den nicht relevanten Zeitraum 2006-1009 durch Anlagen zum Schriftsatz vom 08.10.14 belegt hat, genügt hier gerade nicht. Die Beklagte bezieht sich weiter insoweit auf die Nebenkostenabrechnungen, die als Anlage zum Schriftsatz vom 25.10.16 und 06.04.18 vorgelegt wurden. Diese weisen jedoch lediglich Warmwasser- und Heizungskosten aus. Bei beiden Positionen handelt es sich nicht um Verwendungen i.S.d. § 994 BGB, die dem Erhalt der Wohnung dienen und im mutmaßlichen Willen der Eigentümer stehen. Weiter wären etwaige, hier nicht ausgewiesene Kosten für Steuer und Versicherung beispielsweise im Rahmen eines Mietverhältnisses auf den Mieter umlegbar (BetrKV), so dass hier bereits kein Ersatz der Verwendungen nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgt.
4. Der Anspruch auf Bezahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.
II. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
III. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 3 ZPO. Der Streitwert hinsichtlich des Räumungsanspruchs wird auf EUR 10.154,88 gemäß der Nutzung für das erste vollständige Nutzungsjahr 2011 festgesetzt. Der Wert einer Räumungsklage, die zumindest auch auf Eigentum gestützt wird, bemisst sich gem. § 41 Abs. 2 S. 2 GKG nach dem Wert der Nutzung für ein Jahr (vgl. KG AZ. 12 W 28/10 juris online).
Der Streitwert für den Antrag auf Nutzungsentschädigung beträgt entsprechend seiner Bezifferung EUR 55.049,47.
Die Streitwerte beider Anträge addieren sich auf EUR 65.204,35.
IV. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.