Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Optische Beeinträchtigung durch Holzterrasse

Aktenzeichen  482 C 12322/16 WEG

Datum:
14.2.2017
Fundstelle:
GE – 2017, 1352
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1
BGB BGB § 1004 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Entscheidend für das Vorliegen einer optischen Beeinträchtigung durch eine Treppe ist – unabhängig vom Vorhandensein eine festen Verbindung mit dem Untergrund -, dass durch die Verwendung eines anderen Materials mit anderer Farbe und einer anderen Erhöhung der Gesamteindruck der Anlage deutlich verändert wird. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2 Macht die Gemeinschaftsordnung jede bauliche Änderung von der Zustimmung des Verwalters abhängig, kommt es beim Fehlen der Zustimmung auf einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG nicht an. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
3 Den Individualanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB iVm § 22 Abs. 1, § 14 Nr. 1 WEG kann grundsätzlich jeder Wohnugseigentümer geltend machen, auch wenn die Wohnungsanlage aus mehreren weitgehend getrennten Häusern besteht. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, die auf den vor seiner Wohnung Nr. X gemäß Aufteilungsplan, H1 Straße 14 a, P., gelegen im Erdgeschoss rechts, ursprünglich vorhandenen Steinplatten errichtete Holzterrasse zu entfernen/beseitigen.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 14.07.2016 zu bezahlen.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch aus §§ 22 Abs. 1, 14 Nr. 1 WEG, 1004 Abs. 1 BGB analog auf Entfernung/Beseitugung der streitgegenständlichen Holzterrasse. Dabei ist nicht entscheidungserheblich, ob die Holzterrasse fest mit dem Untergrund verbunden ist oder nicht. Entscheidend ist hier, dass durch die Verwendung eines anderen Materials (Holz statt Steinplatten), anderer Farbe und Erhöhung von ca. 10–15 cm eine optische Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Anlage einhergeht. Die übrigen Terrassenbereiche sind jeweils mit Steinplatten belegt. Dabei ist es auch nicht entscheidungserheblich, in welchem Zustand sich diese Steinplatten befinden. Ausweislich § 7 Ziffer 1 und 2 der Gemeinschaftsordnung bedarf in zulässiger Abänderung von § 22 Abs. 1 WEG sogar jede Änderung an den Terrassen der Verwalterzustimmung, sodass es auf einen Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 WEG nicht ankommt. Die erforderliche Verwalterzustimmung liegt nicht vor. Aus dem als Anlage B 3 vorgelegten Schreiben ergibt sich eindeutig, dass keine Verwalterzustimmung erteilt wurde und wird. In der Auslegung von § 7 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung ist auf den ursprünglichen Zustand abzustellen. Änderung ist somit jede Abweichung vom ursprünglichen Zustand, was den ursprünglichen Bauzustand betrifft.
Der Kläger ist auch aktivlegitimiert. Es handelt sich hier um einen Individualanspruch, den jeder Eigentümer geltend machen kann. Die weitgehende Trennung der fünf Häuser in der streitgegenständlichen Anlage beinhaltet nicht, dass jeder Eigentümer Veränderungen am Gemeinschaftseigentum eigenmächtig vornehmen darf. Hierfür gilt § 7 der Gemeinschaftsordnung. Eine Vereinbarung, wonach die einzelnen Eigentümer bauliche Veränderungen ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer oder ohne Verwalterzustimmung durchführen dürfen, liegt gerade nicht vor. Der Beklagte ist außergerichtlich der Beseitigungsaufforderung nicht nachgekommen, sodass die Einschaltung eines Rechtsanwalts geboten war. Er trägt daher auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Als Unterlegener hat er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Als Streitwert wurde der mittlere Regelstreitwert angenommen. Gemäß § 49 a Abs. 1 GKG ist das Interesse aller Beteiligter an der Entscheidung zu berücksichtigen. Daher können hier nicht nur etwaige Rückbaukosten der Streitwertfestsetzung zu Grunde gelegt werden. Die Heranziehung des mittleren Regelstreitwerts ist jedoch auch ausreichend.

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