Aktenzeichen B 1 K 18.356
Leitsatz
Tenor
1. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Beklagten vom 26. März 2018 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Für Rechtsbehelfe, die sich wie im vorliegenden Fall gegen die Vollstreckungsmaßnahme einer Gemeinde richten, ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß Art. 26 Abs. 7 Satz 3 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) eröffnet.
2. Der angefochtene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 26. März 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, denn die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht vor.
Art. 26 Abs. 5 VwZVG berechtigt Gemeinden dazu, Geldforderungen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind, selbst zu pfänden und einzuziehen, wenn Schuldner und Drittschuldner wie hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in Bayern haben. Voraussetzung hierfür ist, dass neben den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 19 ff. VwZVG auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gemäß Art. 23 ff. VwZVG gegeben sind.
a) Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 23 Abs. 1 VwZVG nicht gewahrt. Voraussetzung für die Vollstreckung ist zunächst ein Leistungsbescheid im Sinne des Art. 23 Abs. 1 VwZVG. Ein solcher kann weder im Schreiben vom 18. April 2017 noch vom 10. Oktober 2017 gesehen werden.
Hierzu wird Bezug genommen auf die Gründe des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Prozesskostenhilfeverfahren vom 6. April 2020, wonach das Schreiben des Beklagten vom 10. Oktober 2017 keinen Leistungsbescheid darstellt. Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen an. Auch das Schreiben vom 18. April 2017 erfüllt danach die Anforderungen an einen Leistungsbescheid nicht. Auch dieses Schreiben entspricht in seiner Form einer Zahlungsaufforderung und stellt keinen Bescheid dar. Eine Rechtsbehelfsbelehrung:fehlt. Aus dem Wortlaut des Schreibens ist ebenfalls zu entnehmen, dass der Beklagte davon ausging, den Kostenvorschuss in Höhe von 13.050,14 EUR bereits im Bescheid vom 10. März 2015 verbindlich angeordnet zu haben („Den im o.g. Bescheid veranschlagten Kostenvorschuss in Höhe von 13.050,14 EUR bitten wir bis zum 17.05.2017 auf ein u.g. Konto der Gemeindekasse zu überweisen.“).
b) Hinzu kommt, dass die Zahlung des Kostenvorschusses nicht gem. Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG fällig war. Zwar wurde im Ausgangsbescheid vom 10. März 2015 ein vorläufiger Kostenbetrag in Höhe von 13.050,14 EUR veranschlagt (Nr. 1 Satz 2 des Bescheids). Dies war aber ersichtlich nur der Verpflichtung aus Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG geschuldet und stellt keine Erklärung der Fälligkeit dieses Betrags nach Art. 36 Abs. 4 Satz 2 VwZVG dar. In der Begründung des Bescheids wird auf Seite 5 hierzu ausgeführt: „Die Kosten werden ihr dann im Anschluss aufgegeben, ggf. unter Berücksichtigung des Grundstückswerts oder vor der Ersatzvornahme fällig gestellt. Es kann bestimmt werden, dass dieser Betrag vor Durchführung der Ersatzvornahme fällig ist. Hierauf konnte zunächst bei der Androhung verzichtet werden, um etwaige weitere Erkenntnisse berücksichtigen zu können, wenn es erforderlich werden sollte, die Ersatzvornahme anzuordnen. Es bleibt aber vorbehalten, dies mit der Ersatzvornahme-Anordnung nachzuholen.“ Der Beklagte ging im Schreiben vom 18. April 2017 rechtsirrig davon aus, die Fälligstellung schon im Bescheid vom 10. März 2015 vorgenommen zu haben. Eine Fälligstellung nach Erlass des Bescheids vom 10. März 2015 findet sich ebenfalls nicht in der vorgelegten Verwaltungsakte.
II.
Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.