Aktenzeichen 411 C 976/18
Leitsatz
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, der Hundehaltung für einen Hund der Kläger in der Mietwohnung …, für eine Hunderasse Magyar Vizsla, Deutsch-Drahthaar/Deutsch-Kurzhaar, Weimaraner oder entsprechende Mischlinge dieser Rassen mit einer Widerristhöhe von ca. 52-64 cm zuzustimmen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits haben samtverbindlich die Beklagten zu tragen.
4. Das Urteil ist in Ziffer 3 vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist in der Hauptforderung begründet und war bzgl. der Nebenforderung als unbegründet abzuweisen.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München örtlich und sachlich ausschließlich zuständig, da streitgegenständlich Ansprüche aus einem Wohnmietverhältnis in München sind, §§ 29 a ZPO, 23 Nr. 2a GVG.
Der Klageantrag ist auch ausreichend bestimmt. Die Kläger können nicht gezwungen werden, den gewünschten Hund schon vor Erteilung der Zustimmung durch die Vermieter zu erwerben, um ihn für den Klageantrag genauer bestimmen zu können. Sie haben den Hundetyp und dessen Größe durch Angabe bestimmter Rassen oder Mischlingen hieraus sowie cm-Angaben ausreichend klar bestimmt.
Die Klage ist im Übrigen im Wesentlichen begründet.
Den Klägern steht ein Anspruch auf Genehmigung der gewünschten Haltung eines Hundes, der eine der im Antrag begehrten Rassen (mit Ausnahme der Rasse Rhodesia Ridgeback) aufweist, oder eines entsprechenden Mischlings mit einer im Antrag genannten Größe zu.
Zwar ist eine Allgemeine Klausel in einem Mietvertrag, die – wie hier – regelt, dass die Tierhaltung in den Mieträumen ohne Einwilligung des Vermieters nicht gestattet ist, es sei denn, es handelt sich lediglich um Kleintiere im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zulässig und wirksam, da hierbei nicht die Tierhaltung generell verboten ist, sondern eine vertragsgemäße Haltung von Kleintieren zulässig ist und sich der Vermieter im Übrigen, d.h. bei größeren Haustieren wie Hunde und Katzen lediglich vorbehält, über die Frage einer Zustimmung zu entscheiden. Diese Regelung bedeutet aber andererseits, dass der Vermieter auch im Einzelfall eine Haltung von Katzen und Hunden nicht generell verbieten darf, sondern nur nach interessengerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen von Vermietern und Mietern zu entscheiden hat, denn eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Mietvertrag über Wohnräume, die den Mieter verpflichtet, „keine Hunde und Katzen zu halten“ wäre wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 20.03.2013, in WuM 2013, 295 ff.).
Vorliegend liegen keine ausreichenden sachlichen Gründe vor, die es den Vermietern erlauben, die Zustimmung zu der begehrten Hundehaltung den Klägern zu verweigern.
Unstreitig bewohnen die Kläger eine sehr große Wohnung mit mehreren Zimmern. Zwar verfügt die Wohnung nicht über einen Garten, aber es entspricht eher der Ausnahme, dass Hunde – auch größere – tagsüber und nachts nur im Freien gehalten werden. Zudem sind von der Wohnung aus größere Grünflächen leicht und schnell zu erreichen, insbesondere Hirschgarten und der Schlosspark Nymphenburg. Auch besteht vielfältig die Möglichkeit, an Hundetrainingsprogramme teilzunehmen und so den Hund artgerecht zu fordern.
Wie aus dem Parallelverfahren 411 C 17585/16, in dem um Mängel der streitgegenständlichen Wohnung gestritten wird, u.a. aus einem Ortstermin gerichtsbekannt ist, befinden sich in der Wohnung sehr alte Böden mit vielen Gebrauchspuren sowie zum Teil ein bei Einzug der Kläger verlegter Laminatboden, der von den Klägernn großteils mit Teppichen abgedeckt ist.
Auch die Treppe außerhalb der Wohnung befindet sich nicht in einem neuen, von Gebrauchsspuren freien Zustand.
Bei artgerechter Haltung, d.h. wenn der Hund ausreichend Ausgang erhält, richtig erzogen ist und nicht wiederholt längere Zeiten allein in der Wohnung gelassen wird, ist in der Regel nicht davon auszugehen, dass der Hund durch verstärktes Jaulen oder Gebell auf sich aufmerksam macht oder großen Schaden an der Wohnung anrichtet. Die Kläger haben im Übrigen im vorliegenden Verfahren bereits zugesagt, eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Konkrete Anhaltspunkte, dass diese Zusage nicht eingehalten wird, liegen dem Gericht nicht vor.
Unbestritten ist der Kläger freiberuflich als Fotograf tätig, was ihm nach seinen eigenen Ausführungen viel Spielraum für seine Einteilung seiner Zeit lässt. Soweit die Beklagten diesbezüglich behaupten, der Kläger sei oft im Ausland, ist dieser Vortrag sehr unpräzise und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Eine Vernehmung des angebotenen Zeugen, … würde in diesem Zusammenhang eine unzulässige Ausforschung darstellen. Die Arbeitsgeräte des Klägers waren beim Ortstermin im Parallelverfahren in der Wohnung sichtbar. Auch wenn die beiden Töchter der Kläger auf Grund ihres Alters derzeit noch nicht in der Lage wären, allein auf einen größeren Hund der genannten Rassen oder einen entsprechenden Mischling auszupassen, ist nachvollziehbar, dass die beiden Kläger dies arbeitsteilig handhaben können. Offenkundig möglich ist das Ausführen des Hundes morgens und abends durch die Kläger. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung am 12.06.2018 anschaulich erläutert, dass sie den Hund sowohl ins Notariat mitnehmen könne, als auch das Angebot ihrer Eltern habe, den Hund ersatzweise zu betreuen.
Auch die Wohnlage spricht nicht gegen eine Hundehaltung. Die Wohnung liegt in dem Stadtteil … Die …zählt nach dem Mietspiegel für München 2107 zu einer Lage, die definiert ist als Innenstadtrandlage mit ausreichender Infrastruktur. Es gibt dort auch ruhige Wohngegenden mit Gartenstadtcharakter. Das streitgegenständliche Anwesen grenzt mit einer Seite an eine nicht verkehrsberuhigte Seiten straße. Geschäfte und öffentliche Verkehrsmittel befinden sich in unmittelbarer Nähe.
Auch die Mieterschaft des Anwesens besteht nicht ausschließlich aus älteren, besonders ruhebedürftigen Personen. Selbst die Beklagten tragen nur vor, dass zum Teil ältere Personen dort wohnen. Als weiteres Argument gegen die Hundehaltung geben sie an, dass es Konflikte mit sich dort aufhaltenden Kleinkindern ergeben könnten. Die Behauptung der Kläger, dass dort viele Familien leben, wurde nicht substantiiert bestritten. Auch von daher kann also nicht auf eine besonders ruhige Zone geschlossen werden, die verstärkt durch die Haltung eines Hundes gestört wird.
Zwar ist nachvollziehbar, dass die Beklagten durch eine Genehmigung nicht riskieren wollen, dass sich erst bei der konkreten Haltung herausstellt, dass die Kläger zur Hundehaltung ungeeignet sind oder der Hund für eine Haltung in einem solchen Haus nicht geeignet ist. Es kann aber nicht ausreichen, die Ablehnung auf bloße allgemeine Befürchtungen zu stützen, sondern es müssen ausreichend konkrete Anhaltspunkte für eine zu erwartende unzumutbare Belästigung vorliegen.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Kläger nicht, wie es einige Mieter handhaben, einfach ungefragt einen Hund erworben haben und jetzt über die nachträgliche Genehmigung streiten, sondern sich bereits lange um die Zustimmung der Vermieter bemühen.
Auch im Parallelverfahren haben sie wegen der behaupteten Mängelbeseitigung nur vorübergehend gemindert, zahlen aber mittlerweile unter Vorbehalt, während sie in einem Prozess ihre behaupteten Rechte geltend machen. Die Kläger bemühen sich also, sich rechtstreu zu verhalten.
Zwar ist dem Gericht aus dem Parallelverfahren auch bekannt, dass ein sehr hohes Konfliktpotential zwischen den Parteien besteht, und eigentlich nichtige Anlässe, wie die Behauptung des Hausverwalters, die Klägerseite füttere Tauben, vom Anwesen aus, so dass dort erhöhtes Taubenaufkommen festzustellen sei, bereits zu Reaktionen wie Hausverbot und Strafanzeige führen.
Dies spricht aber nicht per se dafür, dass eine Hundehaltung nicht konfliktfrei erfolgen kann.
Die Beklagten bestreiten zwar, dass die Nachbarn mit einer Hundehaltung der Kläger einverstanden sind und tragen vor, dass sich viele Befragte überrumpelt gefühlt hätten. Auch hier bieten die Beklagten aber lediglich den Hausverwalter als Zeugen vom Hörensagen an, ohne konkret anzugeben, welche Bewohner im Haus konkret wann ihm gegenüber erklärt haben sollen, dass sie mit einer Hundehaltung nicht einverstanden seien.
Auch hierzu wurde der angebotene Zeuge daher nicht zu Ausforschungszwecken vernommen.
Auch bzgl. der Behauptung, die Kläger hätten sich über ein lediglich in Zimmerlautstärke ausgeführtes Klavierspiel eines neu eingezogenen Mieters unter ihnen beschwert, tragen die Kläger hierauf konkret vor, dass unter ihnen gar kein neuer Mieter eingezogen ist, sondern langjährig die Familie Weißflog wohnt, die über kein Klavier verfügt. Auf diesen konkreten Vortrag der Kläger erfolgen keinerlei konkretere Angaben der Beklagten.
Mit Schreiben vom 16.05.2018 haben die Kläger noch eine Zustimmung zur Hundehaltung vom 14.05.2018 mit der Unterschrift von … sowie eine weitere Zustimmung vom 12.05.2018 mit der Unterschrift von Frau vorgelegt (Bl. 65 der Akten).
Weiter wurde ein Schreiben vom 20.11.2017 (K 3, Bl. 68) vorgelegt, in dem eine Frau … erklärt, dass sie Trainerin der Hündin sei, die die Kläger gerne aus dem Tierheim übernehmen würden. Mit der Hündin seien bereits mehrere Trainerstunden durchgeführt worden. Auch die Familie Kernchen habe bereits erfolgreich derartige Trainerstunden durchgeführt. Weiter wurde ein Schreiben des Tierschutzvereins vom 17.11.2017 (K 4, Bl. 69) vorgelegt, in dem bestätigt wird, dass die Familie Kernchen Hundetrainingseinheiten mit dieser Hündin erfolgreich absolviert hat.
Bloße allgemeine Befürchtungen und Gerüchte reichen für eine Verweigerung der Zustimmung nicht aus.
Auch die von den Klägern begehrten Hunderassen weisen keine auffallenden Merkmale auf, die für eine besonders schwierige Haltung bzw. auf einen aggressiven Charakter schließen lassen.
Die Beklagtenseite hatte hierzu wesentliche Einwendungen nur gegen die Hunderasse Rhodesia Ridgeback. Diesebezüglich haben die Kläger aber ihren Antrag zurückgezogen.
Die Klage war daher bzgl. der Hauptforderung zuzusprechen.
Hinsichtlich der Nebenforderung war die Klage dagegen abzuweisen. Die Kläger haben nicht ausreichend vorgetragen, dass sie die Beklagten vor Einschaltung der Rechtsanwältin hinsichtlich ihrer Forderung in Verzug gesetzt haben. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind vor Fristsetzung und Mahnung angefallen und können daher nicht als Verzugsschaden geltend gemacht werden.
Auch als Schadensersatzforderung wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung war die Forderung nicht zuzusprechen, da die Beklagten lediglich ihre – aus ihrer Sicht richtige – Rechtsposition wahrnahmen. Da diese nicht von vornherein abwegig war, machten sie sich hieraus noch nicht schadensersatzpflichtig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Eine Quotelung war nicht veranlasst, da die Nebenforderung nur geringfügig war und keinen eigenen Streitwert auslöste. Dasselbe gilt bzgl. der zurückgezogenen Hunderasse.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung erging nach § 3 ZPO.