Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Ungültigerklärung eines Beschlusses einer Eigentümerversammlung – Jahresabrechnung

Aktenzeichen  481 C 28359/15 WEG

Datum:
24.8.2016
Fundstelle:
ZMR – 2017, 201
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG WEG § 46 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Fehlt die Angabe von Kontoständen (hier: Sparkonto), so kann die Jahresabrechnung einer rechnerischen Schlüssigkeitsprüfung nicht unterzogen werden; der entsprechende Beschluss ist auf Anfechtung für ungültig zu erklären. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 26.10.2015 zu TOP 4
„Die Jahresabrechnung 2014 schließt mit einem Überschuss von 68.361,62 €. Die vorliegende Jahresabrechnung und die verschickten Einzelabrechnungen für das Wirtschaftsjahr 2014 mit einem Gesamtvolumen von € 658.866,76 wird genehmigt. Das Guthaben und Nachzahlungen werden zum 01.11.2015 soll gestellt.“
wird für ungültig erklärt.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 12.044,30 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klage ist zulässig.
Das Amtsgericht München ist gemäß § 23 Nr. 2 c GVG und § 43 Nr. 4 WEG örtlich und sachlich ausschließlich zuständig.
II.
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die materiellen Ausschlussfristen des § 46 Abs. 1 WEG sind eingehalten. Die Zustellung wurde demnächst im Sinne des § 167 ZPO bewirkt. Laut Zahlungsanzeige der Landesjustizkasse vom 30.12.2015 ging der Gerichtskostenvorschuss am 28.12.2015 ein – also dem Tag, den auch die Beklagten zu 1 nach eigener Darstellung als ausreichend im Sinne des § 167 ZPO erachten. Unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage ist dies im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen ab Anforderung oder nur geringfügig darüber anerkennt (BGH v. 30.03.2012 – V ZR 148/11, ZMR 2012, 643), gerade noch ausreichend.
2. Zu Recht hat der Kläger ausgeführt, dass schon die rechnerische Schlüssigkeit der Jahresabrechnung für das Jahr 2014/2015 fehlschlage. Der Saldo der Einnahmen und Ausgaben muss mit dem Saldo der Bankkonten übereinstimmen (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 2. Auflage 2012, § 28, Rn. 32 m. w. N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es fehlt bereits an der Angabe der Anfangs- und Endbestände aller Konten der WEG, so dass ein Abgleich der Salden nicht durchgeführt werden kann. Unstreitig fehlt in der vorgelegten Abrechnung die Angabe der Kontenstände des Sparkontos der WEG. Fehlt die Angabe von Kontoständen, so kann die Jahresabrechnung schon deshalb einer rechnerischen Schlüssigkeitsprüfung nicht unterzogen werden (vgl. statt aller Jennißen, in: Jennißen, WEG, 4. Auflage 2015, § 28, Rn. 125 m. w. N.). Fehlt die Angabe aller Kontoanfangs- und Endbestände, so wird die Abrechnung ihrer Funktion, den Wohnungseigentümern die Kontrolle des Verwalters zu ermöglichen, nicht gerecht.
3. In diesem Fall ist nach ständiger Rechtsprechung jeweils der gesamte Genehmigungsbeschluss betreffend die Jahresabrechnung und die daraus abgeleiteten Einzelabrechnungen – hier: Beschluss zu TOP 4 – für ungültig zu erklären (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 13. Auflage 2015, § 28, Rdnr. 130, 135; Jennißen, a. a. O.). Nachträgliche Erläuterungen sind unbehelflich. Die weiteren in der Klageschrift angesprochenen Punkte sind deshalb nicht entscheidungserheblich.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Ob sich die Beklagten bei ihrem Verwalter schadlos halten können und wollen, mögen sie anhand des Verwaltervertrages selber entscheiden. Die Nichtanwendung von § 49 Abs. 2 WEG sperrt insoweit einen Regress nicht (BGH, Beschluss vom 18. August 2010 – V ZB 164/09, WuM 2010, 643).
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf § 709 ZPO.
V.
Der Streitwert wurde gem. § 49 a Abs. 1 GKG entsprechend den Angaben der Kläger festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht München I, Prielmayerstraße 7, 80335 München einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Amtsgericht München, Pacellistraße 5, 80333 München einzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

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