Aktenzeichen 71 O 2493/20
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.380,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Beklagte, jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, weder einen Unterlassungsanspruch, noch Anspruch auf Weiterleitung der Mieteinnahmen hat.
1. Ein Anspruch auf Unterlassung ergibt sich nicht, da nach dem letztlich unstreitigen Sachverhalt der Beklagte zur Vermietung der Wohnung an die langjährige Mieterin aktuell noch berechtigt ist.
a) Zwar ergibt sich ein solches Recht zur Vermietung nicht aus dem dem Beklagten eingeräumten Wohnungsrecht. Dieses berechtigt nämlich grundsätzlich nicht zur Vermietung der Wohnung an Dritte (vgl. § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB).
b) Die Vermietung wurde jedoch von den früheren Eigentümern, dem Ehepaar K., unstreitig i.S.d. § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB genehmigt, wobei eine solche Gestattung formfrei möglich ist (vgl. Palandt-Herrler, BGB, § 1092 RdNr. 7).
Diese Gestattung erfolgte zwar im Verhältnis der früheren Eigentümer zum Beklagten, gilt aber auch gegenüber der Klägerin noch fort. Schon mit Blick darauf, dass sich der Wohnungsberechtigte nur unter den Voraussetzungen des Wohnungsmietrechts von dem zuvor gestatteten Mietverhältnis lösen kann, ist in der Regel eine Kündigung der Gestattung nur mit Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis zu bejahen. Darüber hinaus spricht der Rechtsgedanke des § 566 BGB ebenfalls dafür, kein automatisches Erlöschen der Gestattung anzunehmen.
Eine Eintragung im Grundbuch ist dabei für einen Übergang der Gestattung nicht zwingend erforderlich. Die bei Palandt, BGB, § 1092 RdNr. 13 erwähnte Rechtsprechung des BGH (Rechtspfleger 07, 34) belegt lediglich umgekehrt, dass bei Eintragung einer Gestattung diese auch gegen den Sonderrechtsnachfolger des Eigentümers wirkt, schließt damit aber nicht aus, dass eine (zumindest zunächst) weiter bestehende Gestattungswirkung auch ohne Eintragung besteht.
c) Zwar ist der Klägerin ein Recht zur Kündigung der Gestattung zuzubilligen, eine solche Kündigung hat, falls sie überhaupt vorliegt, aber noch nicht zum Erlöschen der Gestattung geführt.
Eine Lösung der Klägerin von der Gestattung der Vermietung gegenüber dem Beklagten ist unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB, vgl. auch § 314 BGB) und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen möglich, wobei im vorliegenden Fall konkret die Kündigungsvoraussetzungen und Kündigungsfristen des Wohnmietrechts für den konkreten Fall zu berücksichtigen sind.
Zwar kann in der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 24.02.2021 konkludent auch die Kündigung der Gestattung des Vermietens der Wohnung gesehen werden, einerseits fehlt jedoch eine Darlegung der Klägerseite dazu, dass und ab wann ein überwiegendes Interesse ihrerseits vorliegt, die Vermietung nicht weiter zu gestatten, andererseits wäre schon deshalb, weil eine sofortige Unterlassung aus den genannten Gründen der Interessenabwägung nicht verlangt werden könnte, die Klage zum jetzigen Zeitpunkt in jedem Fall unbegründet.
Als Kündigungsfrist wäre nämlich unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen die mietvertraglich vereinbarte Frist der ordentlichen Kündigung von 12 Monaten (§ 2, 1. des Mietvertrags) anzunehmen, weil erst mit dieser Frist auch die Kündigung des Mietvertrags gegenüber der Mieterin möglich ist. Da hier das Mietverhältnis länger als 10 Jahre, seit 1985, lief, beträgt die vertragliche Kündigungsfrist 12 Monate (die aktuell nach § 573 c Abs. 1 BGB bestehende gesetzliche Frist von 9 Monaten wird durch die vertragliche Vereinbarung verdrängt); die am 24.02.2021 erklärte Kündigung kann also erst zum 28.02.2022 wirken.
Entsprechendes gilt für die im nachgelassenen Schriftsatz vom 19.03.2021 erklärte ausdrückliche Kündigung, die gar erst zum 31.03.2022 wirksam wäre.
Eine „Vorverlagerung“ der Kündigung auf die anwaltlichen Schreiben vom 17.07.2020 oder vom 15.09.2020 Anlagen K 3, K 4) ist entgegen dem Vorbringen im nachgelassenen klägerischen Schriftsatz vom 19.03.2021 nicht zu sehen. Diese Schreiben dienten nämlich gerade nicht dem Zweck, die Vermietung zu beenden, sondern – wenn auch unberechtigt – die Mietzahlungen aus der (somit gerade nicht angegriffenen) Vermietung zu erhalten.
2. Ein Anspruch aus Aushändigung der bezahlten Miete besteht schon deshalb nicht, weil diese lediglich im Mietverhältnis zwischen der Mieterin und dem Beklagten fließt, in das die Klägerin nicht einbezogen ist. Daneben bestünde jedenfalls in der Gestattung der Vermietung (vgl. oben 1.) eine Berechtigung im Verhältnis der Parteien, das Geld beim Beklagten zu behalten.
Unabhängig davon könnte aber selbst bei unberechtigter Vermietung die Klägerin die Herausgabe der Miete, auch mit der Begründung einer Nutzungsentschädigung, nicht verlangen (vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Palandt-Herrler, § 1093, RdNr. 12), da sie auch bei ordnungsgemäßer Ausübung des Wohnrechts nicht auf die Wohnung zugreifen und sie nützen bzw. vermieten könnte, ihr somit kein Schaden entstanden ist bzw. nichts auf ihre Kosten erlangt wurde.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1, 2 ZPO.