Miet- und Wohnungseigentumsrecht

VIII ZR 305/19

80331,80333,80335,80336,80337,80339,80469,80538,80539,80634,80636,80637,80638,80639,80686,80687,80689,80796,80797,80798,80799,80801,80802,80803,80804,80805,80807,80809,80933,80933,80935,80937,80939,80992,80993,80995,80997,80999,81241,81243,81245,81247,81249,81369,81371,81373,81375,81377,81379,81475,81476,81477,81479,81539,81541,81543,81545,81547,81549,81667,81669,81671,81673,81675,81677,81679,81735,81737,81739,81825,81827,81829,81925,81927,81929,85540,92275,,,,

Aktenzeichen  VIII ZR 305/19

Datum:
18.3.2021
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:180321UVIIIZR305.19.0
Normen:
§ 555c Abs 1 S 2 BGB
§ 555d BGB
§ 555e BGB
§ 559 BGB
Art 229 § 49 Abs 1 S 2 BGBEG
§ 606 ZPO
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Leitsatz

1. Eine Modernisierungsankündigung nach § 555c Abs. 1 BGB ist in zeitlicher Hinsicht dann zulässig, wenn die Planungen so weit fortgeschritten sind, dass die inhaltlichen Anforderungen des § 555c Abs. 1 Satz 2 BGB eingehalten werden können. Eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen einer Modernisierungsankündigung nach § 555c Abs. 1 BGB und dem dort angekündigten voraussichtlichen Beginn der Modernisierungsmaßnahme im Sinne einer Höchstfrist oder eines fortgeschrittenen Planungsstandes bedarf es dagegen nicht.
2. Art. 229 § 49 Abs. 1 EGBGB stellt an eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung keine weitergehenden Anforderungen als § 555c Abs. 1 BGB und setzt das Vorliegen eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen einer Modernisierungsankündigung und dem Ausführungsbeginn ebenfalls nicht voraus. Vielmehr ist eine Modernisierungsankündigung ordnungsgemäß im Sinne von Art. 229 § 49 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, wenn sie die Voraussetzungen des § 555c Abs. 1 BGB erfüllt. Ist dem Mieter bis zum 31. Dezember 2018 eine in diesem Sinne ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung zugegangen, führt dies zur Anwendung von §§ 555c und 559 BGB in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung.
3. Es ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn ein Vermieter einer großen Wohnanlage seinen Mietern bei umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen eine den Anforderungen des § 555c BGB genügende Modernisierungsankündigung noch vor dem 31. Dezember 2018 und somit mehr als elf Monate vor dem geplanten Ausführungsbeginn zusendet, damit für die nach der Modernisierung beabsichtigte Mieterhöhung nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 49 Abs. 1 EGBGB noch die für ihn vorteilhafte, bis zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung der §§ 555c und § 559 BGB Anwendung findet.

Verfahrensgang

vorgehend OLG München, 15. Oktober 2019, Az: MK 1/19, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Musterbeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München – Senat für Musterfeststellungsklagen – vom 15. Oktober 2019 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussrevision des Musterklägers wird zurückgewiesen.
Der Musterkläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Musterkläger (im Folgenden: Kläger) ist ein unter der laufenden Nummer   seit dem 1. Januar 2001 in der vom Bundesamt für Justiz gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UKlaG geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG eingetragener Mieterverein. Die Musterbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist Eigentümerin eines Wohnblocks mit insgesamt 23 Gebäuden in München.
2
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 kündigte der Verwalter der Immobilie namens und im Auftrag der Beklagten allen Mietern Modernisierungsmaßnahmen an, die im Zeitraum von Dezember 2019 bis Juni 2023 durchgeführt werden sollten. Als durchzuführende Arbeiten werden in dem Schreiben die Anbringung einer Wärmedämmung an den Außenwänden, der Austausch sämtlicher Fenster (mit Ausnahme der Dachflächenfenster), die Anbringung von Rollläden an sämtlichen Wohnungsfenstern (mit Ausnahme der Dachflächenfenster) sowie im Erdgeschoss der Austausch der straßenseitigen Rollläden, der Anbau von Balkonen zum Innenhof hin sowie der Austausch der Wohnungseingangstüren nebst Zargen genannt. Die Baumaßnahmen würden die Einsparung von Energie sowie eine Steigerung des Wohnwertes bezwecken.
3
Zum Durchführungszeitraum heißt es in dem Schreiben, dass die Modernisierungsmaßnahme an den insgesamt 23 Gebäuden erst in etwa einem Jahr ausgeführt werde, da sie einen erheblichen planerischen Vorlauf habe. Sie werde beginnend ab Dezember 2019 in sechs Bauabschnitten durchgeführt, wobei ab Dezember 2019 bis Februar 2021 zunächst Fundamente für Balkone erstellt würden. In dem Schreiben werden die weiteren Bauabschnitte benannt unter Angabe des jeweiligen zeitlichen Beginns und Endes.
4
Inhaltlich nennt das Schreiben getrennt für die verschiedenen Maßnahmen die auszuführenden Arbeiten, die Höhe der Energieeinsparung oder der Steigerung des Wohnwertes, den Anteil der darin eingeschlossenen Instandsetzungsmaßnahmen und die jeweils erforderlichen Arbeiten in der Wohnung und deren Zeitdauer.
5
Das Schreiben enthält für die einzelnen geplanten Maßnahmen eine Angabe und Erläuterung der voraussichtlichen Kosten, die auf die jeweilige Wohnung entfallen, und eine Angabe des den Mieter betreffenden Gesamtumlagebetrags sowie der voraussichtlichen Mieterhöhung. Hierzu wird erklärt, dass sich der angegebene, auf die jeweilige Wohnung entfallende Gesamtumlagebetrag auf Grund der zu erwartenden Preissteigerungen voraussichtlich erhöhen, die Beklagte im Rahmen der Mieterhöhung jedoch höchstens den im Ankündigungsschreiben genannten Betrag umlegen werde.
6
In dem Anschreiben wird sodann auf das Sonderkündigungsrecht nach § 555e BGB hingewiesen, wobei die dort genannte Kündigungsfrist zu Gunsten der Mieter verlängert werde auf bis zu drei Monate vor dem Termin, zu dem die Bauarbeiten an dem Gebäude, in dem sich die jeweilige Wohnung befinde, beginnen würden. Abschließend weist das Schreiben auf Form und Frist des Härteeinwands nach § 555d BGB hin, wobei die Frist zum Vorbringen von Härtegründen betreffend die Duldung und die Mieterhöhung bis zum 30. Juni 2019 verlängert werde.
7
Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Januar 2019 auf, gegenüber einer Reihe seiner Mitglieder zu erklären, dass die angekündigten Mieterhöhungen nicht wie beabsichtigt nach § 559 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2018 gültigen Fassung, sondern nach der ab dem 1. Januar 2019 gültigen Fassung vorgenommen würden. Dem kam die Beklagte nicht nach, weshalb der Kläger die vorliegende Musterfeststellungsklage erhoben hat.
8
Mit seiner Klage hat der Kläger zuletzt die Feststellung beantragt, dass die mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 erfolgten Modernisierungsankündigungen nicht Grundlage einer Mieterhöhung sein könnten. Hilfsweise hat er verschiedene Feststellungsanträge erhoben, die mit unterschiedlichen Formulierungen die Unwirksamkeit der Ankündigung und die Anwendung des seit 1. Januar 2019 geltenden Rechts für die beabsichtigte Mieterhöhung betreffen. Im Einzelnen hat der Kläger mit seinen (gestaffelten) Hilfsanträgen die Feststellung erstrebt, dass aufgrund der Ankündigung vom 27. Dezember 2018 (1) eine Mieterhöhung nach § 559 BGB nicht erfolgen könne, (2) dass die genannte Ankündigung rechtswidrig, (3) unbegründet, (4) rechtsmissbräuchlich, (5) treuwidrig sei, dass sie (6) nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 555c BGB entspreche, dass sie (7) keine Gestaltungswirkung auf die Rechtsverhältnisse der Mieter entfalte, dass (8) eine darauf gestützte Mieterhöhung nach § 559 BGB nur nach dessen neuer, ab 1. Januar 2019 gültigen Fassung erfolgen könne bzw. (9) eine solche Mieterhöhung der Grenze von 8 Prozent gemäß § 559 Abs. 1 BGB nF und der Kappungsgrenze gemäß § 559 Abs. 3a BGB nF nach dem Mietrechtsanpassungsgesetz vom 18. Dezember 2018 unterliege.
9
Das Oberlandesgericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es auf den vorletzten Hilfsantrag festgestellt hat, dass die den Mietern der Beklagten mit Schreiben vom 27. Dezember 2018 angekündigte Mieterhöhung nicht gemäß Art. 229 § 49 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach dem bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Recht erfolgen könne.
10
Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Mit der Anschlussrevision verfolgt der Kläger in erster Linie seinen Hauptantrag sowie hilfsweise den letztrangigen Hilfsantrag weiter. Durch letzteren ersetzt er den vom Oberlandesgericht in abgewandelter Formulierung zugesprochenen vorletzten Hilfsantrag.

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