Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Wohnraummiete: Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Überweisungsverkehr; Wirksamkeit einer Formularklausel über die Verlagerung des Verzögerungsrisikos auf den Mieter

Aktenzeichen  VIII ZR 222/15

Datum:
5.10.2016
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2016:051016UVIIIZR222.15.0
Normen:
§ 307 Abs 1 S 1 BGB
§ 543 Abs 1 BGB
§ 556b Abs 1 BGB
§ 573 Abs 2 Nr 1 BGB
Art 1 EURL 7/2011
Art 3 Abs 1 EURL 7/2011
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Leitsatz

1. Gemäß § 556b Abs. 1 BGB, der bestimmt, dass die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten ist, kommt es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung im Überweisungsverkehr nicht darauf an, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist. Es genügt, dass der Mieter – bei ausreichend gedecktem Konto – seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt.
2. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Wohnraummietvertrages, der bestimmt, dass die laufende Miete monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats auf das Konto des Vermieters zu zahlen ist, ist die Klausel
„Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein.“
gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung das Risiko einer durch Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung des Zahlungsvorgangs entgegen der gesetzlichen Regelung dem Mieter auferlegt.

Verfahrensgang

vorgehend LG Köln, 17. September 2015, Az: 1 S 282/14vorgehend AG Köln, 28. August 2014, Az: 209 C 209/14

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17. September 2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist Vermieterin einer in K.  gelegenen Wohnung. Der am 13. Oktober 2008 mit den Beklagten geschlossene Mietvertrag bestimmt unter § 4 („Zahlung der Miete“):
„1. Die Gesamtmiete […] ist monatlich im Voraus, spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter auf das Konto-Nr. […] Sparkasse K. -B.  […] zu zahlen.
[…]
3. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein […].“
2
Mit Schreiben vom 23. August 2013 mahnte die Klägerin die Beklagten unter Hinweis darauf ab, dass die Miete in den Monaten Januar, Februar, März, Mai und Juli 2013 nicht bis zum dritten Werktag des Monats auf ihrem Konto eingegangen sei.
3
In den Monaten März, April und Mai 2014 zahlten die Beklagten die Miete spätestens am dritten Werktag des Monats in bar bei ihrem Zahlungsdienstleister (Deutsche Post AG) ein und erteilten gleichzeitig einen Überweisungsauftrag. Die Klägerin macht geltend, in den vorgenannten Monaten sei die Miete erneut nach dem dritten Werktag auf ihrem Konto eingegangen. Mit Anwaltsschreiben vom 6. Mai 2014, mit der Klageschrift vom 26. Mai 2014 sowie mit Schriftsatz vom 9. Juli 2014 kündigte sie das Mietverhältnis wegen verspäteter Mietzahlungen jeweils fristlos, hilfsweise fristgerecht.
4
Die Kündigung vom 9. Juli 2014 stützte die Klägerin zusätzlich darauf, dass die Beklagte zu 1 in einem gegen ihre Mutter gerichteten Parallelverfahren eine dem Mieterverein erteilte Vollmacht vom 2. Juni 2014 für einen Widerspruch gegen die Kündigung des Mietverhältnisses ihrer Mutter mit deren Namen unterzeichnet habe, ohne dies gegenüber der Klägerin offenzulegen.
5
Die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

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