Aktenzeichen 474 C 3876/18
BGB § 387, § 389, § 823 Abs. 2
Leitsatz
1. Allein die Oberflächenbehandlung der Wände mit einer besonderen Technik (Wisch- und Glättetechnik) führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Mieter annehmen muss, diese Wände nicht überstreichen zu dürfen. Dies bedarf vielmehr einer besonderen vertraglichen Vereinbarung. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Mieter einer Mietwohnung sind während des laufenden Mietverhältnisses grundsätzlich frei in der Gestaltung der Dekoration und der Farbwahl auch bezüglich der mit bestimmter Oberflächenbehandlung versehenen Wände. (Rn. 19 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Beschluss
Der Streitwert wird bis zum 04.03.2018 auf 1.674,40 €, ab 05.03.2018 bis 16.04.2018 auf 1.615,28 € und ab 17.04.2018 auf 1.172,41 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Nach der Erklärung der Klagepartei, sie rechne zunächst mit den Malerkosten auf und sodann mit den Kosten für das Waschbecken gegen den Kautionsrückforderungsanspruch der Beklagten in Höhe von 1.710,34 € auf, ist Streitgegenstand der Klage ein restlicher Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Malerkosten von 620,54 € (Malerkosten netto 2.330,88 € abzüglich 1.710,34 €) und ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Kosten für den Austausch des Waschbeckens von 551,87 €.
1. Die Klagepartei hat keinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Malerkosten von 620,54 €.
1.1. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 303 Abs. 2 StGB besteht nicht, da der Straftatbestand des § 303 Abs. 2 BGB nicht erfüllt ist.
Gemäß § 303 Abs. 2 StGB wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. Voraussetzung einer Strafbarkeit ist das Vorliegen eines zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich der mangelnden Veränderungsbefugnis. Ein solcher bedingter Vorsatz ist vorliegend nicht anzunehmen.
Der Mieter ist grundsätzlich befugt, während eines laufenden Mietverhältnisses die Dekoration und damit die Farbgestaltung einer Mietwohnung als Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs selbst zu bestimmen. Etwas anderes gilt dann, wenn der Vermieter ein anerkennenswertes Interesse daran hat, dass eine bestehende Dekoration nicht verändert wird und die Mietvertragsparteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben. Dass die Parteien vorliegend eine solche Vereinbarung konkludent oder ausdrücklich geschlossen hätten, hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Die Klägerin trägt selbst vor, dass bei Mietvertragsabschluss nicht ausdrücklich mitgeteilt worden war, dass es sich um besondere Anstriche handeln würde und diese nicht überstrichen werden dürften. Für die Annahme einer konkludenten (stillschweigenden) Vereinbarung hat die Klägerin keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen. Zwar trägt die Klagepartei vor, es sei erkennbar gewesen, dass die Wände in Flur und Wohnzimmer mit besonderen Techniken (Wisch- und Glättetechnik) gestrichen waren. Dies kann dahinstehen, denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, genügt dies nicht für die Annahme einer Vereinbarung der Parteien dahingehend, dass die Wände nicht übermalt werden dürfen. Da auch Anstriche in Glätte- bzw. Wischtechnik eine begrenzte Lebensdauer haben, bedeutet das Vorhandensein dieser Anstriche nicht zwangsläufig, dass diese nicht übermalt werden dürften. Dazu hätte es einer besonderen Vereinbarung bedurft.
Der Vortrag der Klägerin, die Parteien hätten bei Abschluss des Mietvertrags als selbstverständlich vorausgesetzt, dass diese Anstriche nicht übermalt werden dürfen und zwischen den Parteien sei „Inhalt des Mietvertrags geworden, dass die Wände im Flur und im Wohnzimmern nicht übermalt werden dürfen, enthält keine ausreichenden Tatsachen, die einem Beweis zugänglich wären. Nicht vorgetragen wurde, aufgrund welcher zusätzlichen Umstände eine stillschweigende Einigung der Parteien angenommen werden könnte. Die Beweisangebote auf Einvernahme der Maklerin als Zeugin sind daher als Ausforschungsbeweisanträge unzulässig.
Auch aus dem Umstand, dass im Übergabeprotokoll bei Einzug vom 17.07.2011 (Anlage K2) vereinbart wurde, dass bei Auszug die Kinderzimmer und Schlafzimmer frisch geweißelt zu übergeben seien, aber hinsichtlich des Flurs und des Wohnzimmers keine Regelung getroffen wurde, kann nicht schlossen werden, dass die Beklagten die Anstriche im Wohnzimmer und Flur nicht verändern durften.
Es liegt daher keine vorsätzliche unbefugte Veränderung des Erscheinungsbilds einer fremden Sache i.S.d. § 303 Abs. 2 StGB vor. Ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB besteht somit nicht.
1.2. Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Malerkosten aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 oder §§ 280 Abs. 3, 281, 546 Abs. 1 BGB.
Das Überstreichen der Wände in Flur und Wohnzimmer stellt keine schuldhafte Verletzung von Vertragspflichten seitens Beklagten dar. Die Mieter einer Mietwohnung sind grundsätzlich während laufenden Mietverhältnisses frei in der Gestaltung der Dekoration und der Farbwahl. Den Abschluss einer hiervon abweichenden Vereinbarung hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen. Die obigen Ausführungen geltend entsprechend.
Auch eine Verletzung der Rückgabepflicht liegt nicht vor. Auch das bei Mietvertragsbeginn gefertigte Übergabeprotokoll vom 17.07.2011 (Anlage K2) enthält keine Regelung darüber, in welchem Zustand die Wände in Flur und Wohnzimmer zurückzugeben sind. Aus dem Umstand, dass nach dem bei Beginn des Mietverhältnisses unterzeichneten Übergabeprotokolls die Kinderzimmer und Schlafzimmer frisch geweißelt zurückgegeben werden sollten, aber hinsichtlich des Flurs und des Wohnzimmers keine Regelung getroffen wurde, kann nicht geschlossen werden, dass Flur und Wohnzimmer unverändert zurückzugeben gewesen wären.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch auf Erstattung von Kosten für den Austausch des Waschbeckens von 375,27 € € aus §§ 280 Abs. 1, 249 f. BGB. Ein weitergehender Anspruch besteht nicht. Der Anspruch ist jedoch durch die eigene hilfsweise Aufrechnung der Klagepartei gem. §§ 389, 387 BGB erloschen.
Das Waschbecken in der streitgegenständlichen Wohnung wurde unstreitig durch die Beklagten beschädigt. Die Kosten für die Schadensbeseitigung gemäß Rechnung vom 02.03.2018 der Kölbl (Anlage K10) sind bis auf die Positionen „Ablaufrohr“ und „Waschtisch-Excentergarnitur“ unstreitig. Bei einem Austausch eines Waschbeckens ist nach allgemeiner Lebenserfahren auch der gleichzeitige Austausch dieser Teile notwendig, so dass auch die Kosten hierfür beansprucht werden können. Der kausale Schaden wird gem. § 287 ZPO auf 375,27 € geschätzt. Nachdem das Waschbecken unstreitig im Jahr 2009 eingebaut wurde, das Waschbecken somit bei Rückgabe der Mietsache rund 8 Jahre alt war und im allgemeinen bei einem Waschbecken durchschnittlicher Qualität von einer Lebensdauer von 25 Jahren auszugehen ist, ist vom Rechnungsbetrag von 551,87 € ein Abzug neu für alt in Höhe von 8/25 (= 176,60 €) vorzunehmen, so dass die Klagepartei lediglich die Erstattung eines Betrags von 375,27 € verlangen kann.
Der Anspruch ist durch Aufrechnung der Klägerin mit dem Kautionsrückforderunganspruch gem. § 387, 389 BGB erloschen. Die Aufrechnungserklärung der Klagepartei ist dahin auszulegen, dass für den Fall, dass kein Anspruch auf Erstattung von Malerkosten von insgesamt 2.330,88 € besteht, die hilfsweise Aufrechnung mit dem Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Austausch des Waschbeckens erfolgen soll.
3. Der Antrag auf Erstattung Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten wurde im Termin vom 07.06.2018 nicht gestellt. Zudem besteht kein Freistellungsanspruch der Klagepartei hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten, weil sich die Beklagte mangels Bestehen des Hauptanspruchs, nicht in Zahlungsverzug befanden.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 269 Abs. 3 S. 2, 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.