Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zulässige Bezugnahme auf einen Lageplan bei der Bezeichnung eines Sondernutzungsrechts

Aktenzeichen  34 Wx 396/15

Datum:
4.2.2016
Fundstelle:
ZfIR – 2016, 289
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG WEG § 1 Abs. 5, § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, Nr. 8, § 13 Abs. 2 S. 1
RPflG RPflG § 11 Abs. 1
GBO GBO § 71 Abs. 1, § 73

 

Leitsatz

1. Zur Bezeichnung einer bestimmten zur Sondernutzung zugewiesenen Fläche kann auf einen Lageplan Bezug genommen werden, der nicht der Aufteilungsplan ist. (amtlicher Leitsatz)
2. Auch wenn der Lageplan für die zugewiesene Fläche vom Aufteilungsplan abweicht, bedingt dies im Bereich gemeinschaftlichen Eigentums nicht die Unzulässigkeit der Vereinbarung (hier: in Gemeinschaftseigentum stehender Keller mit Raum in nachträglich ausgekragtem Gebäude). (amtlicher Leitsatz)

Gründe

Oberlandesgericht München
34 Wx 396/15
Beschluss
vom 4.2.2016
AG Ebersberg – Grundbuchamt
34. Zivilsenat
Leitsatz:
In der Wohnungsgrundbuchsache

Beteiligte:
… GmbH & Co. KG,
– Antragstellerin und Beschwerdeführerin
Verfahrensbevollmächtigter: Notar Dr. S.
wegen Änderung der Teilungserklärung (Zuweisung von Sondernutzungsrechten)
erlässt das Oberlandesgericht München – 34. Zivilsenat – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lorbacher, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwegler und den Richter am Oberlandesgericht Kramer am 04.02.2016 folgenden
Beschluss
I.
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Ebersberg -Grundbuchamt – vom 17. November 2015 aufgehoben.
II.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag vom 5. Oktober 2015 (Eingang) nicht aus den in dem Beschluss vom 17. November 2015 bezeichneten Gründen abzulehnen.
Gründe:
I. Die Beteiligte, eine Bauträgerin, teilte mit Erklärung vom 30.3.2015 ein Grundstück gemäß § 8 WEG in Wohnungs- bzw. Teileigentum auf. Nach § 4 der Gemeinschaftsordnung (Anlage II) werden die folgenden Bereiche des Gemeinschaftseigentums von der gemeinschaftlichen Nutzung ausgenommen und ziffernmäßig bestimmten Einheiten zur Sondernutzung zugewiesen:
3. Die gemäß dem beigefügten Aufteilungs- bzw. Sondernutzungsplan mit Nrn. 1 – 12 bezeichneten Abstellräume im Keller.
Der teilende Grundstückseigentümer hat das Recht der Zuordnung der Sondernutzungsrechte an den Abstellräumen zu den einzelnen Sondereigentumseinheiten. Dieses Recht endet mit Umschreibung des Eigentums an der letzten Sondereigentumseinheit auf einen Erwerber. …
Im Nachtrag vom 11.5.2015 (§ 3 a. E.) bestimmte die Beteiligte, dass für die Sondernutzungsrechte an den Abstellräumen im Keller nunmehr der amtliche Aufteilungsplan gelte. Entsprechend wurde die Aufteilung am 22.9.2015 im Grundbuch vollzogen.
Der von der Beteiligten bewilligte Nachtrag vom 24.9.2015 hat neben hier nicht interessierenden Änderungen der Gemeinschaftsordnung folgende weitere Regelung zum Gegenstand:
§ 2 Sondernutzungsrechtsplan
Für die Sondernutzungsrechte an den Abstellräumen im Keller gilt nunmehr nicht mehr der amtliche Aufteilungsplan, sondern der Plan in der Anlage zu dieser Urkunde. Auf diesen wird verwiesen; er wurde zur Durchsicht vorgelegt.
In dem anliegenden Plan befindet sich abweichend von der Bauzeichnung im ursprünglichen Aufteilungsplan (Kellergeschoss) im nördlichen Gebäudebereich eine Auskragung, in dem nun der sogenannte Abstellraum 6 („Abst. 6“) platziert ist.
Den Vollzugsantrag vom 5.10.2015 hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 17.11.2015 zurückgewiesen. Begründet wird dies im Wesentlichen damit, dass der Raum „Abst. 6“ sich außerhalb der Umgrenzung des Kellergeschosses befinde, wie diese im Aufteilungsplan zur Teilungserklärung dargestellt sei. Danach sei anzunehmen, dass jedenfalls dort abweichend vom Aufteilungsplan gebaut worden sei. Es gehe hier nicht um Fragen der Abgeschlossenheit oder der Entstehung von Sondereigentum. Wesentlich sei, ob zum einen dem Aufteilungsplan hinsichtlich der Darstellung des gemeinschaftlichen Eigentums eine Bedeutung zukomme, die davon abweichende Regelungen hinsichtlich der Sondernutzungsrechte ausschließe. Zum anderen müsse das Sondernutzungsrecht an sich inhaltlich überhaupt zulässig sein. Hier bestehe ein Widerspruch insofern, als ein Sondernutzungsrecht in einem Bereich begründet werden solle, der nach der Teilungserklärung keine derartigen Räume enthalte. Mit diesem Widerspruch könne ein Sondernutzungsrecht nicht entstehen.
Ein Sondernutzungsrecht, das auch die Befugnis umfasse, das Gebäude als solches durch teilweise Entfernung der Außenmauer, mithin durch Eingriffe in die Statik, zu verändern, werde aber als unzulässig erachtet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 30.11.2015. Diese vertritt die Ansicht, dass der amtliche Aufteilungsplan nur die Abgrenzung von Sondereigentum zum Gemeinschaftseigentum sicherzustellen habe. Darum gehe es hier nicht; vielmehr gehe es darum, am Gemeinschaftseigentum Sondernutzungsrechte zu begründen. Das Objekt stehe weiterhin im Alleineigentum des aufteilenden Eigentümers; im Verhältnis zu den bisherigen Käufern und Vormerkungsberechtigten sei der Eigentümer zu Änderungen der Gemeinschaftsordnung berechtigt und bevollmächtigt. Es müsse möglich sein, bestehende bauliche Anlagen des Gemeinschaftseigentums im Weg eines Sondernutzungsrechts zu erweitern.
Tatsächlich bestehe auch kein Widerspruch zwischen dem Sondernutzungsplan und dem Aufteilungsplan, da der amtliche Aufteilungsplan keine bindende Aussage zur Abgrenzung der bebauten von den nicht bebauten Teilen des Gemeinschaftseigentums treffe.
Hilfsweise wird darauf hingewiesen, dass das Grundbuchamt vor Zurückweisung im Rahmen einer Zwischenverfügung die Vorlage eines geänderten Aufteilungsplans mit Abgeschlossenheitsbescheinigung hätte aufgeben müssen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 und § 73 GBO zulässige Beschwerde gegen die versagte Eintragung hat Erfolg. Der Eintragung des Nachtrags zur Teilungserklärung stehen nicht die vom Grundbuchamt angeführten Gründe entgegen.
1. Die Sondernutzungsrechte lassen sich entsprechend der Planbeilage den einzelnen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten widerspruchsfrei zuordnen. Auf Abweichungen vom Aufteilungsplan kommt es im gegebenen Fall nicht an. Ob und in welcher Weise dieser dem tatsächlichen Bauzustand anzupassen wäre, bedarf keiner Klärung.
a) Ein Sondernutzungsrecht ist das durch Vereinbarung begründete Recht eines Wohnungs- oder Teileigentümers, abweichend von der Regel des § 13 Abs. 2 Satz 1 WEG Teile des Gemeinschaftseigentums unter Ausschluss der übrigen Eigentümer allein zu benutzen (BGH vom 10.5.2012, V ZB 279/11 juris Rn. 11; NJW 1979, 548; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 11. Aufl. § 13 Rn. 29). Soll es als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen werden, muss der Gegenstand des Sondernutzungsrechts wegen des Bestimmtheitsgebots zweifelsfrei bezeichnet sein (BGH MDR 2012, 702). Dabei genügt es, dass der Ausübungsbereich unter Heranziehung der örtlichen Verhältnisse (vgl. BayObLGZ 1985, 204/207; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten § 13 Rn. 42) bestimmbar ist; zur Bezeichnung der betroffenen (Grundstücks-)Fläche kann dann auf einen Plan Bezug genommen werden. Dies muss nicht der Aufteilungsplan sein; das ergibt sich schon aus dessen eingeschränkter Zweckbestimmung (siehe § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG), welche die Darstellung von Sondernutzungsflächen nicht umfasst (BayObLG DNotZ 1994, 244/245; OLG Hamburg OLGZ 1990, 308/313; OLG Hamm NZM 2000, 659/660).
b) In diesem Sinne ist es unbedenklich, wenn der für die Sondernutzungsrechtszuweisung der Kellerräume verwendete Plan nicht der amtliche Aufteilungsplan ist. Der dem Nachtrag vom 24.9.2015 beigefügte Plan weist für sich auch hinreichende Bestimmtheit auf, weil er für die Ebene des Kellergeschosses vermessene und untereinander abgegrenzte Flächen darstellt, die sich in natura feststellen und eindeutig einem bestimmten Wohnungs- oder Teileigentum zuordnen lassen. Das gilt namentlich auch für die mit „Abst. 6“ bezeichnete und vermaßte Fläche, auch wenn sie sich abweichend vom Aufteilungsplan außerhalb der dort ausgewiesenen Außenmauern befindet und nun als von neuen Außenmauern umfasst dargestellt ist. Dass mit der Einbeziehung dieser Fläche in den Zuordnungsbereich des teilenden Eigentümers das Recht des Erwerbers verbunden sein könnte, das Bauwerk zu erweitern, ist fernliegend und wird auch mitnichten vorgetragen. Denn Inhalt des Sondernutzungsrechts war und ist ersichtlich die (bloße) Nutzung eines Teils eines Bauwerks im vorgegebenen Umfang als (Keller-) Abstellfläche.
c) Die Bestimmtheit wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Plan für die Zuweisung des Sondernutzungsrechts am Keller vom Aufteilungsplan abweicht. Unabhängig davon, ob das Gebäude nun so errichtet wurde oder erst noch errichtet werden soll, wie dies im verwendeten Kellergeschossplan ausgewiesen ist, lässt sich der Raum und seine flächenmäßige Begrenzung hinreichend fixiert und eindeutig bestimmen.
Der Widerspruch zum Aufteilungsplan ist insoweit nicht erheblich. Dieser hat eine andere Zweckbestimmung, die es damit auch nicht ausschließt, dass an einer dort als unbebaut ausgewiesenen Fläche durch bauliche Änderungen ein Sondernutzungsrecht in der beschriebenen Art begründet werden kann. Soweit teilweise vertreten wird, der Aufteilungsplan treffe auch die Standortbestimmung des Gebäudes selbst (OLG Hamm Rpfleger 1976, 317/319; offen gelassen in BayObLG Rpfleger 1993, 398/399), trifft das jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu (Weitnauer/Briesemeister WEG 9. Aufl.§ 1 Rn. 8; Demharter Rpfleger 1983, 133/135). Deshalb ist es auch nicht ausgeschlossen, im Bereich der nach dem Aufteilungsplan unbebauten Grundstücksfläche ein Sondernutzungsrecht der beschriebenen Art, welches an dieser Stelle zwingend ein unterirdisches Bauwerk voraussetzt, zu begründen, ohne dass es eine Rolle spielt, dass die betroffene Räumlichkeit aufteilungsplanwidrig erstellt ist oder wird.
d) Die dem Aufteilungsplan zugewiesene Abgrenzung von Sondereigentum untereinander und zum Gemeinschaftseigentum ist nicht betroffen. Auch durch die Einbeziehung der Fläche in den Kellerbereich des Gebäudes bleibt diese eine Gemeinschaftsfläche. Stand sie nach dem Aufteilungsplan als Fläche außerhalb des Gebäudes im Gemeinschaftseigentum (§ 1 Abs. 5 WEG, § 905 Satz 1 BGB), so erfährt deren rechtliche Zuordnung durch die Einbeziehung in das Gebäude hier keine Veränderung (ebenso für die Außenmauer: § 5 Abs. 2 WEG; Elzer/Schneider in Riecke/Schmid WEG 4. Aufl. § 3 Rn. 104; siehe auch OLG Stuttgart OLGZ 1979, 21). Der dadurch geschaffene, nicht einem Sondereigentum zugeordnete (Keller-)Raum kann als Gemeinschaftseigentum grundsätzlich einem Wohnungseigentum zur Sondernutzung zugewiesen und dadurch zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden.
2. Mit der Erweiterung des Kellergeschosses verbunden ist die Ausweitung der für die Abstellräume im Keller ursprünglich vorgesehenen Flächen, deren Zuordnung sich der teilende Eigentümer in der Gemeinschaftsordnung vorbehalten hat. Dies erfordert als Eingriff in dort für die Zuordnung nicht vorbehaltenes Gemeinschaftseigentum eine entsprechende Vollmacht des Bauträgers für die vormerkungsberechtigten Käufer und sonst dinglich Berechtigten. In dem Bauträgervertrag für die Wohnung Nr. 1 – andere liegen dem Senat nicht vor – findet sich eine entsprechende, nach außen hin – gegenüber dem Grundbuchamt – unbeschränkte, nicht offensichtlich unwirksame (BayObLG OLG-Report 2003, 149) Abänderungsvollmacht (§ 11 Nr. 2 a) mit internen Bindungen („…soweit das Vertragsobjekt nicht wesentlich nachteilig berührt wird und dessen jeweiligem Eigentümer keine wesentlichen zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden …“), die nicht offensichtlich überschritten sind (siehe dazu Senat vom 20.2.2013, 34 Wx 439/12 = FGPrax 2013, 111). Allerdings ist die Änderung auch für inzwischen eingetragene Grundpfandgläubiger – mit Ausnahme derjenigen, zu deren Pfandobjekt der Raum „Abst. 6“ gehört – zustimmungspflichtig, weil die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 4 Satz 3 WEG nicht greift. Denn es wird ein Sondernutzungsrecht (an der ausgekragten Kellerfläche) begründet und damit ein Teil des Gemeinschaftseigentums entzogen, ohne dass hierbei gleichzeitig die je damit belasteten Wohnungseigentumsrechte selbst mit einem Sondernutzungsrecht verbunden werden.
Das Grundbuchamt wird sich mit diesen bislang nicht geprüften Eintragungsvoraussetzungen an Hand der einzelnen Wohnungsgrundbücher nun zu befassen haben.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.

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