Aktenzeichen VII ZR 121/12
§ 29e WasG BE
Leitsatz
Zwischen den Berliner Wasserbetrieben und einem Grundstückseigentümer kommt kein Abwasserentsorgungsvertrag allein dadurch zustande, dass die Pächter des Grundstücks als Nutzungsberechtigte Abwasser aus abflusslosen Abwassersammelbehältern durch einen Fachbetrieb haben abfahren lassen und an einer von den Berliner Wasserbetrieben bezeichneten Übergabestelle den öffentlichen Abwasseranlagen zugeführt haben.
Verfahrensgang
vorgehend LG Berlin, 27. März 2012, Az: 16 S 12/11vorgehend AG Lichtenberg, 14. April 2010, Az: 16 C 101/09
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 27. März 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Klägerin, eine Anstalt öffentlichen Rechts, beseitigt in Berlin aufgrund landesgesetzlichen Auftrages den Inhalt von dezentralen Abwasseranlagen (abflusslose Abwassersammelbehälter und Kleinkläranlagen). Dies geschieht in der Weise, dass die Nutzer der Abwasseranlagen Fuhrunternehmen beauftragen, die den Inhalt abfahren und bei der Klägerin zur Reinigung anliefern (so genannter “rollender Kanal”). Die Beklagte ist seit 2006 Eigentümerin von Grundstücken in Berlin, die nicht an das zentrale Entwässerungssystem angeschlossen und an unterschiedliche Nutzer verpachtet sind. Das dort anfallende Abwasser wird zunächst in abflusslosen Abwassersammelbehältern gesammelt und sodann von den Nutzern bei der Klägerin angeliefert.
2
Die Klägerin wendet bei der Bemessung der Abwassertarife einen so genannten modifizierten Frischwassermaßstab an, so dass es für die Entgelte nicht auf die tatsächlich angelieferte Abwassermenge ankommt. Sie nimmt die Beklagte als ihre vermeintliche Vertragspartnerin auf Auskunft zur Anzahl der verpachteten Parzellen und bestimmte Einzelheiten zu ihrer Nutzung in Anspruch, um die Entgelthöhe berechnen zu können.
3
Die “Allgemeinen Bedingungen für die Entwässerung in Berlin” der Klägerin enthalten u.a. folgende Bestimmungen:
Ҥ 1
Vertragsverhältnis
(1) Die B. [Klägerin] leiten im Rahmen der Leistungsfähigkeit ihrer Entwässerungsanlagen Abwasser von Grundstücken und Straßen ab und reinigen es, soweit erforderlich. Sie reinigen auch das in abflusslosen Abwassersammelbehältern anfallende Abwasser sowie den nicht separierten Klärschlamm aus Kleinkläranlagen (dezentrale Abwasserentsorgungsanlagen).
(2) Die B. führen die Entwässerung aufgrund eines privatrechtlichen Entsorgungsvertrages durch. Für das Vertragsverhältnis gelten diese Allgemeinen Bedingungen für die Entwässerung in Berlin – ABE -. Der Entsorgungsvertrag kommt durch die Inanspruchnahme der Entwässerungsleistungen zustande. Der Entsorgungsvertrag über die Annahme und Reinigung von Abwasser aus dezentralen Abwasserentsorgungsanlagen beginnt am 01.01.2006; spätestens jedoch mit der Zuführung des in abflusslosen Abwassersammelbehältern anfallenden Abwassers sowie des nicht separierten Klärschlamms aus Kleinkläranlagen an einer von den B. bezeichneten Übergabestelle rückwirkend ab dem 01.01.2006.
Vertragspartner der B. sind der Grundstückseigentümer oder der Erbbauberechtigte. In Ausnahmefällen kann der Entsorgungsvertrag auch mit Nutzungsberechtigten, z.B. Mieter, Pächter, Nießbraucher abgeschlossen werden, wenn der Eigentümer sich zur Erfüllung des Vertrages mitverpflichtet. Dies gilt für alle in den ABE genannten Arten der Abwasserbeseitigung.
…
§ 6
Mitteilungs-, Auskunfts- und Vorsorgepflicht des Grundstückseigentümers
…
(2) Der Grundstückseigentümer ist verpflichtet, alle für die Überprüfung der Entwässerungsverhältnisse und die Berechnung der Entgelte erforderlichen Auskünfte zu erteilen.”
4
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.