Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zweitwohnungssteuer für fremdenverkehrsgenutzte Eigentumswohnung

Aktenzeichen  4 ZB 15.2544

Datum:
21.3.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 44277
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 3

 

Leitsatz

1 Das Innehaben einer Zweitwohnung kann grundsätzlich und ohne Rücksicht auf die Dauer und den persönlichen Zweck des Gebrauchs Gegenstand einer Aufwandsteuer (Zweitwohnungssteuer) sein. Ausgenommen sind nur Zweitwohnungen, die vom Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in Form des Immobiliarbesitzes, also ausschließlich zur Einkommenserzielung, gehalten werden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die subjektive Zweckbestimmung des Zweitwohnungsinhabers ist nicht maßgeblich, unüberprüfbare innere Absichten müssen auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände überprüft werden können. (redaktioneller Leitsatz)
3 Stellt eine Wohnungseigentümergemeinschaft eine Person als Minijobber an, um die mit der Fremdenvermietung der Wohnanlage im Zusammenhang stehenden Aufgaben zu erledigen, wird dadurch die Möglichkeit der Eigennutzung der Wohnung durch den Wohnungseigentümer nicht beschränkt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

10 K 15.1135 2015-10-08 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 1.106,34 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Befugnis der beklagten Gemeinde, für die Steuerjahre 2011 bis 2014 vom Kläger den vollen Zweitwohnungsteuersatz zu fordern.
Aufgrund ihrer Zweitwohnungsteuersatzung (ZwStS) vom 27. April 2005 forderte die Beklagte von Zweitwohnungsinhabern bis 2014 nur einen ermäßigten Steuersatz, wenn deren Wohnung (auch) an Feriengäste vermietet wurde. Das zuständige Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde der Beklagten wies diese dann darauf hin, dass diese bisherige Praxis rechtswidrig sei. Die zu Unrecht bisher nicht erhobenen Steuern für das laufende und vier zurückliegende Jahre seien im Rahmen der Festsetzungsverjährung nachzuerheben. Bereits die bloße Nutzungsmöglichkeit begründe die volle Steuerpflicht; es sei nicht auf die tatsächlich realisierte Eigennutzung abzustellen, sondern allein auf die rechtlich bestehende Möglichkeit zur Selbstnutzung bzw. zur unentgeltlichen Nutzung durch Dritte.
Der Kläger hatte im Gebiet der Beklagten die streitgegenständliche Wohnung im Haus M. im April 2011 erworben. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2014 informierte die Beklagte die Zweitwohnungsinhaber über die Absicht, die bisher nicht erhobene Zweitwohnungsteuer (voller Steuerbetrag auch für an Feriengäste vermietete Wohnungen ohne Beschränkung der Selbstnutzung durch den Eigentümer) nachzuerheben. Mit Bescheid vom 5. November 2014 verlangte die Beklagte vom Kläger für den Zeitraum vom 1. Mai 2011 bis 21. Dezember 2014 die Differenz zwischen dem bisher vom Kläger verlangten und gezahlten Steuersatz von 25% und dem vollen Zweitwohnungsteuersatz nach.
Der Kläger verwies im Laufe des daraufhin erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahrens darauf, dass er die Wohnung nur für maximal zwei Monate pro Jahr selbst nutzen könne (Angabe im Widerspruchsschreiben vom 17.11.2014) und ein Vertrauensschutz wegen der früheren Festsetzung einer nur ermäßigten Zweitwohnungsteuer bestehe. Er verwies auf einen hinsichtlich der Vermietung der Wohnung abgeschlossenen Vertrag zwischen der Hausverwaltung J. vom 31. Juli 2010 mit den Eheleuten S. und auf eine hierzu ergangene mündliche Nebenabrede (später von der Hausverwaltung J. als „interne Vereinbarung“ bezeichnet), die den Inhalt habe, dass er seine Wohnung nur für maximal einen Monat im Jahr selbst nutzen könne (Angabe des Klägers im Schriftsatz vom 5. Januar 2014). Die Widerspruchsbehörde wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18. Februar 2015 zurück. Die Angaben des Klägers zur Eigennutzungsmöglichkeit seien widersprüchlich, der Vertrag vom 31. Juli 2010 begrenze die Eigennutzungsmöglichkeit nicht.
Das Verwaltungsgericht München wies die daraufhin erhobene Anfechtungsklage mit Urteil vom 8. Oktober 2015 ab. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Zweitwohnungssteuersatzung der Beklagten lägen vor. Der Kläger habe die streitgegenständliche Zweitwohnung in dem im Bescheid angegebenen Zeitraum zur persönlichen Lebensführung innegehabt. Das Innehaben der Zweitwohnung könne grundsätzlich und ohne Rücksicht auf die Dauer und den persönlichen Zweck des Gebrauchs Gegenstand der Aufwandsteuer sein. Ausgenommen seien nur Zweitwohnungen, die vom Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in Form des Immobiliarbesitzes, also ausschließlich zur Einkommenserzielung, gehalten würden. Die Abgrenzung zwischen zweitwohnungsteuerpflichtigem Innehaben und reiner Kapitalanlage erfordere nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine umfassende Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalls. Die subjektive Zweckbestimmung des Zweitwohnungsinhabers sei nicht maßgeblich, unüberprüfbare innere Absichten müssten vielmehr auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände überprüft werden können. Das Innehaben setze ein Mindestmaß an Dispositionsmöglichkeiten des Inhabers voraus. Entscheidend sei die bei der Entstehung der persönlichen Steuerpflicht vorhandene Möglichkeit der Nutzung der Zweitwohnung zur persönlichen Lebensführung. Tatsächliche Anwesenheitszeiten oder die tatsächliche Nutzung seien für die Zweitwohnungsteuer grundsätzlich irrelevant. Die steuererhebende Gemeinde könne zunächst von der tatsächlichen Vermutung der Vorhaltung einer Zweitwohnung auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung ausgehen, solange der Zweitwohnungsinhaber keine entgegenstehenden Umstände vortrage, die diese Vermutung erschütterten. Der mit dem vor Ort tätigen Ehepaar S. abgeschlossene „Betreuungsvertrag“ vom 31. Juli 2010 schließe die Möglichkeit zur Eigennutzung der Wohnung durch den Kläger jedoch nicht aus. Die vom Kläger vorgebrachte mündliche Vertragsergänzung zwischen ihm und dem Ehepaar S., wonach das Recht zur Eigennutzung seiner Wohnung auf zwei Wochen im Jahr beschränkt worden sei, sei nach § 7 des Betreuungsvertrags unwirksam, wonach Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags der Schriftform bedürften. Damit seien die Tage, an denen die Wohnung nicht vermietet sei und leer stehe, der persönlichen Lebensführung des Klägers zuzurechnen. Die Steuer sei von der Beklagten auch in voller Höhe zu erheben gewesen, weil die Voraussetzungen für die Ermäßigung des Steuersatzes nach § 5 Abs. 2 ZwStS nicht vorlägen. Danach müsse die Verfügbarkeit der Zweitwohnung aufgrund eines Vertrages mit einer Vermietungsagentur, einem Hotelbetrieb oder einem vergleichbaren Betreiber zwecks Weitervermietung zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld zeitlich begrenzt sein. Der abgeschlossene Betreuungsvertrag erfülle diese Voraussetzungen nicht, es fehle an einer wirksamen zeitlichen Begrenzung der rechtlichen und tatsächlichen Verfügbarkeit über die Zweitwohnung. Die Festsetzungsverjährung stehe der Steuernacherhebung für den Zeitraum Mai 2011 bis Dezember 2014 nicht entgegen. Die Festsetzung der Nacherhebung sei im Bescheid vom 5. November 2014 und damit für die Veranlagungsjahre 2011 bis 2014 rechtzeitig erfolgt. Vertrauensschutz gegen die Festsetzung bestehe nicht. Eine Nacherhebung von kommunalen Abgaben bis zur materiell-rechtlich richtigen Höhe sei bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung zulässig und sogar geboten. Es bestehe kein schutzwürdiges Vertrauern darauf, dass im Verlauf eines Veranlagungszeitraums, für den bereits eine Festsetzung der Steuer erfolgt sei, die Steuer keine Erhöhung mehr erfahren könne.
Der Kläger beantragt, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen. Die Beklagte ist diesem Antrag entgegengetreten.
II.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. Oktober 2015 bleibt ohne Erfolg.
1. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Vorhandenseins ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, greift nicht durch (vgl. § 124 a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 VwGO).
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird insoweit weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (siehe dazu BVerfG, B. v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – JZ 2009, 850/851; B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/547 m. w. N.). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel.
a) Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend zu der Schlussfolgerung gelangt, dass im streitgegenständlichen Zeitraum eine Eigennutzungsmöglichkeit für den Kläger als Zweitwohnungsinhaber weder wirksam ausgeschlossen noch rechtlich wirksam zeitlich begrenzt worden ist. Der Kläger hat diesbezüglich vorgetragen, das Verwaltungsgericht habe das Wesen der Vereinbarung mit den Eheleuten S. verkannt. Die im Betreuungsvertrag enthaltene Schriftformklausel unterliege der Disposition der Parteien, mündliche Nebenabreden seien weiterhin möglich und wirksam. Eine gesetzliche Schriftform gebe es insoweit nicht. Es liege im Ermessen der Parteien, ob sie die Einhaltung einer Schriftform zu Beweissicherungszwecken für erforderlich hielten. Entscheidend sei die Frage, ob eine rechtlich verbindliche Absprache einer nur eingeschränkten Nutzung der Zweitwohnung vorgelegen habe oder nicht, dies sei gegebenenfalls durch Beweisaufnahme in Form der Vernehmung der Eheleute S. zu klären gewesen.
Mit diesem Vortrag kann der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht aufzeigen. Mit dem Betreuungsvertrag vom 31. Juli 2010 in Verbindung mit der vom Kläger behaupteten mündlichen Nebenabrede mit den Eheleuten S. kann keine für den Kläger rechtlich verbindliche Begrenzung seines Eigennutzungsrechts an seiner Wohnung erfolgt sein. Der bei den Akten befindliche „Betreuungsvertrag“ ist zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft Haus M., vertreten durch die Hausverwaltung J., auf der einen Seite und auf der anderen Seite von den Eheleuten S. geschlossen worden. Vertragsgegenstand ist nach § 1 dieses Vertrages, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Eheleute S. beauftragt, „sie in allen Belangen der Fremdenvermietung der Wohnanlage … zu vertreten und die Regelungen zu übernehmen, soweit diese im Zusammenhang mit der Fremdenvermietung stehen“. Für ihre Aufgaben erhalten die Eheleute S. gemäß § 3 des „Betreuungsvertrages“ als Gegenleistung eine monatliche pauschale Entlohnung. Die Anstellung der Eheleute S. erfolgt jeweils im Rahmen eines Minijobs. Die Abgaben an die Knappschaft werden vor der Wohnungseigentümergemeinschaft getragen. In § 3 des Vertrages wird weiter der Urlaubsanspruch und der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Eheleute S. geregelt, ebenso wie deren wöchentliche Arbeitszeit. § 4 des Vertrages regelt, dass die Eheleute S. bei der Durchführung ihrer Arbeiten einen Büroraum der Wohnungseigentümergemeinschaft samt Ausstattung nutzen. In § 5 des Vertrages wird der „Aufgabenbereich/Betreuungsumfang“ beschrieben. Danach gehören zu den Betreuungs- und Gästevermittlungsaufgaben insbesondere etwa die Aufstellung eines Wohnungsbelegungsplanes, die Begrüßung und Einweisung der Gäste nebst Wohnungsübergabe und Endabnahme der Wohnung sowie der Schlüsseldienst. Weiter erledigen die Eheleute S. danach vor Ort die Abrechnung der Wohnungen mit den Gästen und die Weiterverrechnung der Einnahmen an die Wohnungseigentümer bzw. an die Hausverwaltung nebst Verbuchung aller Einnahmen und Ausgaben in einer ordnungsgemäßen Buchführung. Dass die Eheleute S., die ausweislich dieses „Betreuungsvertrages“, der eigentlich ein Anstellungsvertrag ist, offenkundig von der Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich als Minijobber angestellt wurden, das zur ausschließlichen Ausübung übertragene Recht zur Vermietung der streitgegenständlichen Wohnung hätten, ist dem Vertrag nicht ansatzweise zu entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend bemerkt, dass weiter eine Eigennutzungsmöglichkeit in diesem Vertrag nicht eingeschränkt ist.
Auffallend ist an diesem Vertrag schon, dass nicht die einzelnen Wohnungseigentümer als Vertragspartei genannt sind, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger selbst bemerkt hierzu im Schriftsatz vom 25. Februar 2016 im Rahmen des Zulassungsverfahrens richtig, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ja gar keine Kompetenz habe, Verträge über die Verwaltung des Sondereigentums wirksam einzugehen. Wenn man diesen schriftlichen Vertrag also beim Wort nimmt, sind die einzelnen Wohnungseigentümer für ihre im Sondereigentum befindlichen Wohneinheiten durch ihn ohnehin in keiner Weise gebunden oder gar in ihrem Recht auf Eigenvermietung oder Eigennutzung eingeschränkt.
Der Kläger hat hierzu eingewandt, dass es nicht darauf ankommen solle, wer in dem schriftlichen Vertrag als Partei genannt sei, sondern darauf ankomme, wer zwischen den Parteien als Vertragspartner gewollt gewesen sei. Gewollt seien die Sondereigentümer gewesen, die ihre Wohnungen als Ferienwohnung vermieteten. Dieser Einwand übersieht jedoch, dass die einzelnen Eigentümer nicht unterschrieben und sich damit nicht verpflichtet haben. Selbst wenn man aber diesem Vortrag folgend den Kläger selbst als Vertragspartner des Vertrages vom 31. Juli 2010 ansehen würde, dann wäre der Kläger durch diesen Vertrag (auch) selbst zum Arbeitgeber für die als Minijobber eingestellten Eheleute S. geworden. Wie bereits ausgeführt kann diesem Vertrag jedenfalls nicht entnommen werden, dass den Eheleuten S., die sich in einem offensichtlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Wohnungseigentümergemeinschaft bzw., nach dem Vortrag des Klägers, zu den einzelnen Wohnungseigentümern befunden haben, das ausschließliche Recht zur Vermietung der betreffenden Ferienwohnungen übertragen wurde.
Vor diesem Hintergrund ist auch die vom Kläger behauptete mündliche Nebenabrede, die in einer Bestätigung der Hausverwaltung J. vom 24. November 2014 als „interne Vereinbarung“ bezeichnet wird, nicht geeignet, selbst für den Fall ihres tatsächlichen Bestehens die rechtliche Nutzungsmöglichkeit des Klägers für seine Wohnung in irgendeiner Weise einzuschränken. Denn eine derartige Wirkung der vom Kläger behaupteten mündlichen Vereinbarung setzte voraus, dass die insoweit verpflichteten und berechtigten Eheleute S. auch den ausschließlichen Zugriff und das ausschließliche Vermietungsrecht an der streitgegenständlichen Wohnung innehaben müssten. Daran fehlt es jedoch vorliegend. Die Eheleute S. sind ausweislich der oben beschriebenen Regelungen des Vertrages vom 31. Juli 2010 abhängig beschäftigte Minijobber, die den Weisungen ihrer Arbeitgeber nachzukommen haben. Dass diesen Eheleuten S. irgendeine (durchsetzbare) Rechtsmacht zum tatsächlichen Ausschluss von Eigentümern eingeräumt worden sei (zum wirksamen Ausschluss der Verfügungsbefugnis vgl. OVG Lüneburg, B. v. 14.5.2014 – 9 ME 230/13 – juris Rn. 15), liegt fern, was auch die Tatsache unterstreicht, dass es offensichtlich im tatsächlichen Vollzug der „internen Vereinbarung“ mit anderen Eigentümern zu vom Kläger so bezeichneten „einzelnen Ausreißern“ (also doch zu längerer zeitlicher Belegung durch die Wohnungseigentümer selbst) gekommen ist. Für die Eheleute S. ist das auch wirtschaftlich ohne Belang, weil sie als Gegenleistung für ihre Dienste nicht etwa eine Provision aus der Vermietung, sondern ein monatliches Festgehalt als abhängig beschäftigte Minijobber beziehen. Die vom Kläger beschriebene mündliche Nebenabrede mit den Eheleuten S. geht vor diesem rechtlichen Hintergrund ins Leere und erlangt keine Wirksamkeit.
Auf die Frage, ob die im Vertrag vom 31. Juli 2010 enthaltene Schriftformklausel durch eine mündliche Nebenabrede wirksam umgangen werden kann (dazu Hertel in Staudinger, BGB, Stand 2012, § 125 Rn. 126) kommt es daher entscheidungserheblich nicht mehr an.
Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausführlich und zutreffend dargestellt, dass es auf eine tatsächlich nur geringfügige Nutzung der Wohnung durch den Kläger nicht entscheidend ankommt, weil jedenfalls die Nutzungsmöglichkeit für die Wohnung offengehalten worden ist (vgl. BVerwG, U. v. 27.10.2004 – 10 C 2/04 – juris Rn. 21, 25, 29: Vermietung durch eine Mitarbeiterin der dortigen Klägerin). Dieses Ergebnis gilt auch, wenn der Kläger, der selbst Rechtsanwalt ist, irrtümlich davon ausgegangen sein sollte, dass eine rechtlich verbindliche und durchsetzbare Beschränkung des Eigennutzungsrechts vorgelegen habe.
Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich also zu Recht entschieden, dass der Kläger sich eine rechtliche Eigennutzungsmöglichkeit offengehalten hat und auch ein Ermäßigungstatbestand gemäß § 5 Abs. 2 ZwStS der Beklagten nicht anzunehmen ist, weil die Verfügbarkeit der Zweitwohnung für Zwecke der persönlichen Lebensführung nicht wirksam zeitlich begrenzt war.
b) Der Kläger leitet weiter ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts daraus ab, dass zwischen dem Erlass der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten und deren Anwendung in den konkreten erlassenen Steuerbescheiden es nicht zu einer Rechtsprechungsänderung gekommen sei. Die einschlägige Rechtsprechung sei der Beklagten auch bekannt gewesen. Die Beklagte habe auch keinen Fehler gemacht, sondern nur die ihr bekannten vertraglichen Absprachen zwischen dem Kläger und den Vermietern vor Ort als ausreichend erachtet. Ein Irrtum der Beklagten habe sich höchstens darauf bezogen, welche förmlichen Anforderungen an einen Nachweis der Tatsache zu stellen seien, dass eine rechtlich verbindliche Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Zweitwohnungseigentümers vorliege. Die Beklagte habe unter korrekter Subsumtion unter ihr Satzungsrecht einen entsprechenden ermäßigten Steuerbescheid erlassen. Es sei der Beklagten unbenommen, nunmehr für einen späteren Zeitpunkt ihre diesbezüglichen eigenen „Verwaltungsvorschriften“ zu ändern und nur noch schriftliche Nachweise über die bestehenden rechtlichen Bindungen des Eigentümers zu verlangen. Sähe man dies anders, gäbe es im Bereich des kommunalen Abgabenrechts gleichsam gar keinen Vertrauensgrundsatz mehr. Die Gemeinde habe in der Vergangenheit nicht das Recht falsch angewendet, sondern lediglich ihr Ermessen hinsichtlich der Frage des Nachweises der rechtlichen Bindungen in einer Vielzahl von Fällen, nämlich bei allen vermietenden Eigentümern der Ferienwohnanlage, ausgeübt. Es gehe also darum, dass nunmehr sozusagen die internen Verwaltungsvorschriften zur Ermessensausübung rückwirkend geändert werden sollten, was das Vertrauen des Bürgers und des Steuerpflichtigen in den Bestand hoheitlichen Handelns untergrabe. Dieses Vertrauen sei auch schutzwürdig, weil für den Kläger die bisherige Handhabung des Nachweises seiner rechtlichen Beschränkung handlungsleitend gewesen sei. Es wäre für ihn ein Leichtes gewesen, die angeblich erforderliche Schriftform zu gewährleisten, wäre dies von der Beklagten nur verlangt worden.
Mit diesem Vortrag zum Vertrauensschutz kann der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung aufwerfen. Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich mit ausführlichen und zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte einer Nacherhebung der bisher nicht verlangten Zweitwohnungsteuer im Rahmen der Festsetzungsverjährung nicht entgegenstehen. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 19 Mitte bis S. 21). Der Kläger geht fehl, wenn er meint, dass sich die Gemeinde gar nicht geirrt habe und es nur um die Anwendung von Ermessensleitlinien im Sinne von „Verwaltungsvorschriften“ gegangen sei. Inmitten steht vielmehr die Frage, ob die von den Wohnungseigentümern im konkreten Fall gewählte rechtliche Konstruktion ausreicht, eine Eigennutzungsmöglichkeit der betreffenden Eigentümer in rechtlich wirksamer Weise auszuschließen oder in rechtlich wirksamer Weise zeitlich zu begrenzen. Für die Beurteilung dieser Frage gibt es auf der Seite der steuererhebenden Gemeinde kein „Ermessen“. Die Beklagte hat diese Frage als steuererhebende Behörde zu prüfen und rechtlich zu entscheiden gehabt. Irgendwelche weiteren das Ermessen steuernden „Verwaltungsvorschriften“ gibt es diesbezüglich nicht. Wie die obigen Ausführungen zeigen (und worauf auch bereits die Rechtaufsichtsbehörde der Beklagten zu Recht hingewiesen hat), reicht das bloße Vermieten an Feriengäste für sich alleine nicht aus, von der Zweitwohnungsteuer abzusehen oder die Steuer gemäß § 5 Abs. 2 ZwStS zu reduzieren. Selbstverständlich konnte die Beklagte ihren Rechtsanwendungsfehler in den zeitlichen Grenzen der Festsetzungsverjährung korrigieren. Es gibt keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass eine Steuerbehörde eine bisher rechtswidrig zu niedrig festgesetzte Steuer nur in zukünftigen Steuererhebungszeiträumen wieder richtig und in erhöhtem Maß erheben dürfte. Für den streitgegenständlichen Zeitraum galt die Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten. Ein steuerpflichtiger Zweitwohnungsinhaber musste stets damit rechnen, gemäß den Vorgaben dieser Satzung zur Steuer herangezogen zu werden. Dies gilt zumindest in den zeitlichen Grenzen, die das Recht der Festsetzungsverjährung vorschreibt.
Es mag sein, dass der Kläger die vertraglichen Gestaltungen mit den Eheleuten S. oder mit der Wohnungseigentümergemeinschaft hätte früher verändern können, wenn die Beklagte ihren Rechtsirrtum früher bemerkt und insoweit bereits früher eine höhere Steuer festgesetzt hätte. Es ist indes allein Sache der Wohnungseigentümer, wie sie die Vermietung ihrer Zweitwohnung vor Ort rechtlich regeln und gestalten. Die steuererhebende Gemeinde hat dies hinzunehmen und kann lediglich im zeitlichen Rahmen der Festsetzungsverjährung entsprechende rechtliche Schlüsse daraus ziehen. In einer rechtswidrig zu niedrigen Steuerfestsetzung liegt keine gleichsam steuerrechtliche Genehmigung des rechtlichen Konstrukts der Wohnungseigentümer, die erst für die Zukunft wieder beseitigt werden könnte.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 i. V. m. § 52 Abs. 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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