Patent- und Markenrecht

2 Ni 26/20 (EP)

Aktenzeichen  2 Ni 26/20 (EP)

Datum:
16.11.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:161120U2Ni26.20EP.0
Spruchkörper:
2. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache
betreffend das europäische Patent 2 357 678
(DE 501 16 325)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Hartlieb sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Friedrich, Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Zebisch, Dr. Himmelmann und Dr.-Ing. Kapels
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 2 357 678 B1 wird in vollem Umfang mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
I. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
II. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beklagten sind Inhaber des am 19. November 2001 in der Verfahrenssprache Deutsch international angemeldeten, die Priorität AT 21542000 vom 28. Dezember 2000 beanspruchenden und am 28. August 2013 unter dem Titel “Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht” mit der Patentschrift EP 2 357 678 B1 veröffentlichten europäischen Patents 2 357 678 (Streitpatent). Das Streitpatent ist eine Teilung aus der als EP 2 211 392 A1 veröffentlichten Teilanmeldung der als EP 1 352 431 A1 bzw. WO 02/054 502 A1 am 19. November 2001 international angemeldeten und die obige österreichische Priorität beanspruchenden Stammanmeldung, die beide ebenfalls zu einem Patent geführt haben (EP 1 352 431 B1 (bzw. EP 1 352 431 B2 nach Einspruchsverfahren) und EP 2 211 392 B1). Das Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 501 16 325.5 geführt und umfasst 11 Ansprüche, von denen die Ansprüche 2 bis 11 direkt oder indirekt auf den Sachanspruch 1 rückbezogen sind.
2
Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung des deutschen Teils des Streitpatents in vollem Umfang. Die Beklagten verteidigen das Streitpatent nach Rücknahme des ursprünglichen Hauptantrags beschränkt mit 14 Hilfsanträgen.
3
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet gemäß EP 2 357 678 B1:
 
4
Zur Stützung ihres Vorbringens hat die Klägerin die folgenden Dokumente genannt:
5
V1 parallele Verletzungsklage der Beklagten zu 4),NK 1 Thomas L. Barry; Fluorescence of Eu2+-Activated Phases in Binary Alkaline Earth Orthosilicate Systems; In: J. Electrochem. Soc.: Solid State Science, November 1968, S. 1181-1184,NK 2 G. Blasse et al.; Fluorescence of Eu2+-Activated Silicates; In: Philips Res. Repts 23, 1968, S. 189-200,NK 3 US 2 297 108,NK 4 US 3 505 240,NK 5 EP 0 550 937 A2,NK 6 EP 0 552 513 A1,NK 7 EP 2 357 678 B1 (Streitpatentschrift),NK 7a Registerauszug des DPMA zum Aktenzeichen 501 16 325.5,NK 7b Registerauszug des EPA zum Streitpatent EP 2 357 678,NK 7c Merkmalsgliederung des erteilten Anspruchs 1,NK 8 WO 00/19 546 A1,NK 8a Beschluss des EPA zur Stammanmeldung betreffend die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents EP 1 352 431,NK 9 WO 00/63 977 A1 (= NK 19),NK 10 DE 197 30 006 A1,NK 11 WO 01/89 001 A2,NK 12 S.H.M. Poort, W. Janssen, G. Blasse; Optical properties of Eu2+-activated orthosilicates and orthophosphates; In: Journal of Alloys and Compounds 260, 1997 S. 93-97,NK 13 M. S. Waite; Luminescence of Alkali-Alkaline Earth-Phosphates Activated with Eu2+; In: J. Electrochem. Soc.: Solid State-Science and Technology, August 1974, S. 1122-1123,NK 14 US 4 220 551,NK 15 WO 98/39 805 A1,NK 16 WO 00/33 390 A1,NK 17 WO 97/50 132 A1,NK 18 Hoang-Duy Nguyen, In-Hyeong Yeo, and Sun-il Mho; Identification of The Two Luminescence Sites of Sr2SiO4:Eu2+ and (Sr,Ba)2SiO4:Eu2+ Phosphors, In: ECS Transactions, 28 (3), 2010, S. 167-173,NK 19 WO 00/63 977 A1 (= NK 9),NK 20 EP 2 017 901 A1,NK 21 WO 02/11214 A1,NK 21a DE 10036940.5 (Priorität zu NK 21),NK 22 EP 1 447 853 A1,NK 23 DE 198 06 213 A1.
6
Die Klage stützt sich auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit aufgrund fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit, sowie auf den Nichtigkeitsgrund, dass das Streitpatent über den Umfang der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgeht und den Nichtigkeitsgrund, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die Klägerin hat außerdem geltend gemacht, dass das Streitpatent die Priorität nicht wirksam beanspruchen könne.
7
Die Klägerin stellt den Antrag,
8
das europäische Patent EP 2 357 678 B1 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
9
Die Beklagten beantragen,
10
das europäische Patent dadurch teilweise für nichtig zu erklären, dass seine Patentansprüche die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 4 vom 11. September 2020, 5 bis 8 vom 22. Oktober 2020 und 9 bis 13 vom 6. November 2020, sowie in der Fassung des Hilfsantrags 1a, überreicht in der mündlichen Verhandlung, erhalten.
11
Die Beklagten erklären, dass sie die Patentansprüche gemäß Hilfsanträgen als jeweils geschlossene Anspruchssätze ansehen, die jeweils insgesamt beansprucht werden.
12
Sie treten der Argumentation der Klägerin in allen wesentlichen Punkten entgegen und vertreten die Auffassung, dass die Lichtquelle der Ansprüche in der Fassung der Hilfsanträge hinsichtlich der vorgelegten Druckschriften neu seien und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Zudem seien auch die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und fehlenden Ausführbarkeit nicht gegeben. Das Streitpatent sei in der Fassung einer der Hilfsanträge 1 bis 13 patentfähig.
13
Die Klägerin rügt die Hilfsanträge 1a und 5 bis 13 als verspätet.
14
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 hat folgenden Wortlaut:
15
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1a hat folgenden Wortlaut:
16
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 hat folgenden Wortlaut:
17
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3 hat folgenden Wortlaut:
18
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 4 hat folgenden Wortlaut:
19
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 5 hat folgenden Wortlaut:
20
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 6 hat folgenden Wortlaut:
21
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 7 hat folgenden Wortlaut:
22
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 8 hat folgenden Wortlaut:
23
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 9 hat folgenden Wortlaut:
24
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 10 hat folgenden Wortlaut:
25
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 11 hat folgenden Wortlaut:
26
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 12 hat folgenden Wortlaut:
27
Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 13 hat folgenden Wortlaut:
28
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche der Hilfsanträge 1 bis 4 wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 11. September 2020, wegen des Wortlauts der Unteransprüche der Hilfsanträge 5 bis 8 wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 22. Oktober 2020, wegen des Wortlauts der Unteransprüche der Hilfsanträge 9 bis 13 wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 6. November 2020 sowie hinsichtlich des Hilfsantrags 1a auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2020 verwiesen.
29
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

30
Die Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit nach Artikel II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und 56 EPÜ, der Nichtigkeitsgrund, dass das Streitpatent über den Umfang der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgeht nach Artikel II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ, und der Nichtigkeitsgrund, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann nach Artikel II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Abs. 1 lit. b) EPÜ geltend gemacht werden, ist zulässig.
31
Soweit die Beklagte das Streitpatent im Wege der zulässigen Beschränkung nicht mehr verteidigt, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 – Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 82 Rdn. 119 f. m. w. Nachw.; Schulte/Voit, PatG, 10. Aufl., § 81 Rdn 127).
32
Die Klage ist auch begründet. Das Streitpatent hat weder in der beschränkten Fassung des Hilfsantrags 1 als Hauptantrag noch in der Fassung eines der Hilfsanträge Bestand, da dem Gegenstand des Patents in der Fassung der Hilfsanträge 1 und 1a der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit entgegensteht und in der Fassung der Hilfsanträge 2 bis 13 der Nichtigkeitsgrund, dass das Streitpatent über den Umfang der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgeht.
I.
33
Die Hilfsanträge 5 bis 8 vom 22. Oktober 2020, 9 bis 13 vom 6. November 2020 sowie der in der mündlichen Verhandlung am 16. November 2020 eingereichte Hilfsantrag 1a waren trotz Rüge der Klägerin nach § 83 Abs. 4 Satz 1 PatG nicht als verspätet zurückzuweisen.
34
Damit ist auch über die Verteidigung des Streitpatents nach den Hilfsanträgen 1a und 5 bis 13 in der Sache zu entscheiden.
35
Gemäß § 83 Abs. 4 Satz 1 PatG kann das Patentgericht zwar eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents zurückweisen und bei seiner Entscheidung unberücksichtigt lassen.
36
Hierfür ist es aber stets erforderlich, dass dieser Vortrag tatsächliche oder rechtliche Fragen aufkommen lässt, die in der mündlichen Verhandlung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu klären sind (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts, BlPMZ 2009, 307, 315). Kann das an sich verspätete Vorbringen dagegen noch ohne Weiteres in die mündliche Verhandlung einbezogen werden, ohne dass es zu einer Verfahrensverzögerung kommt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 83 Abs. 4 PatG nicht vor. So liegt der Fall hier, weil das Streitpatent auch in den beschränkt verteidigten Anspruchsfassungen nach sämtlichen Hilfsanträgen für nichtig zu erklären ist und die Berücksichtigung dieser Hilfsanträge auch zu keiner Verzögerung des Rechtsstreits geführt hat (vgl. Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 7. Aufl., Rdn. 223).
II.
37
1. Das Streitpatent betrifft gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 eine Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht, umfassend eine Licht-Emittierende-Diode (LED) zur Emission einer blauen Strahlung und mindestens einen Luminophor, der einen Teil der blauen Strahlung absorbiert und selbst Strahlung in einem anderen Spektralbereich emittiert.
38
Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung können insbesondere breitbandige Emissionsfarben nur ineffizient mittels der intrinsischen Lichtemission von LEDs realisiert werden, weshalb zu deren Bereitstellung Materialien zur Farbkonversion eingesetzt würden. Dazu werde zumindest ein Luminophor (Leuchtstoff) über dem LED-Halbleiterchip angeordnet, der einen Teil der vom LED-Chip emittierten Strahlung absorbiert, dabei zur Photolumineszenz angeregt wird und infolgedessen Strahlung emittiert. Die Emissions- bzw. Lichtfarbe der Lichtquelle ergebe sich dann aus der Mischung der transmittierten Strahlung des LED-Chips und der emittierten Strahlung des Leuchtstoffes. Dabei liege der wesentliche Vorteil anorganischer Leuchtstoffe in der höheren chemischen als auch Temperatur- und Strahlungsstabilität im Vergleich zu organischen Systemen, so dass langlebige anorganische Luminophore zusammen mit der hohen Lebensdauer der anorganischen LEDs eine hohe Farbortstabilität der aus beiden Komponenten bestehenden Lichtquelle gewährleisten könnten. Solle die Strahlung von blaues Licht (450-490 nm) emittierenden LEDs in weißes Licht konvertiert werden, würden Leuchtstoffe benötigt, die das blaue Licht wirkungsvoll absorbieren und mit hoher Effizienz in größtenteils gelbe Lumineszenzstrahlung umwandeln, so dass als Farbkonversionspigmente für blaue LEDs zumeist Materialien aus der YAG (Yttrium-Aluminium-Granat)-Leuchtstoffklasse eingesetzt würden. Jedoch könnten mit der Kombination von YAG-Leuchtstoffen und blaues Licht emittierenden LEDs aufgrund der Lichtemissionseigenschaften von YAG-Pigmenten nur kalt-weiße Lichtfarben mit Farbtemperaturen zwischen 6000 und 8000 K und mit vergleichsweise niedriger Farbwiedergabe im Bereich von 70 bis 75 realisiert werden. Daraus ergäben sich stark eingeschränkte Anwendungsmöglichkeiten, da in der Allgemeinbeleuchtung meist wärmere Lichtfarben mit Farbtemperaturen zwischen 2700 und 5000 K bevorzugt und auch höhere Anforderungen an die Farbwiedergabequalität der Leuchtmittel gestellt würden, vgl. Abs. [0001] bis [0008] des Streitpatents.
39
In den nachfolgenden Absätzen [0009] bis [0014] erläutert das Streitpatent weitere Leuchtstoff- und Beleuchtungssysteme, insbesondere unter Bezugnahme auf die von der Klägerin genannten Dokumente NK1, NK 8, NK11, NK12 und NK16.
40
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent gemäß Absatz [0015] als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine derartige Lichtquelle so abzuändern, dass mit ihr bei gleichzeitig hoher Lichtausbeute und hoher Farbwiedergabequalität Weißlichtfarben mit wärmeren Farbtemperaturen erzeugt werden können, insbesondere diejenigen Farborte, die innerhalb der von der CIE für die Allgemeinbeleuchtung festgelegten Toleranzellipsen liegen.
41
2. Gelöst wird diese Aufgabe durch die Lichtquelle nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, mit dem das Streitpatent beschränkt verteidigt wird und der mit einer Merkmalsgliederung folgenden Wortlaut hat (Änderungen zum erteilten Anspruch 1 sind durch Fettdruck hervorgehoben):
42
1. Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht,
43
1.1 umfassend eine Licht-Emittierende-Diode (LED) zur Emission einer blauen Strahlung,
44
1.2 und mindestens einen Luminophor, der einen Teil der blauen Strahlung absorbiert und selbst Strahlung in einem anderen Spektralbereich emittiert,
45
dadurch gekennzeichnet, dass
46
1.2.1 – der Luminophor ein mit zweiwertigem Europium aktiviertes Erdalkaliorthosilikat einer der nachfolgenden Zusammensetzungen oder einer Mischung aus diesen Zusammensetzungen ist:
47
a) (2-x-y)SrO – x(Bau, Cav)O – (1-a-b-c-d)SiO2 – aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2: yEu2+
48
wobei
49
0<x<1,6 0,005
50
0 0
51
gilt,
52
b) (2-x-y)BaO – x(Sru, Cav)O – (1-a-b-c-d)SiO2 – aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2: yEu2+
53
wobei
54
0,01
55
0=0,4 gilt;
56
1.2.2 – der Luminophor Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittiert,
57
1.2.3 – wobei das weiße Licht durch Mischung des transmittierenden Lichts der LED und des emittierten Lumineszenzlichts des Luminophors generiert wird.
58
Gegenüber der erteilten Fassung ist der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dahingehend beschränkt, dass in der Variante a) des Merkmals 1.2.1 der x- und der u-Wert größer als Null sein müssen und der Luminophor somit BaO enthält.
59
3. Als hier zuständiger Fachmann ist ein mit der Entwicklung weißer Leuchtdioden betrauter Physiker oder Ingenieur mit Hochschulabschluss zu definieren, der über mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von Halbleiterleuchtdioden verfügt und grundlegende Kenntnisse von dort eingesetzten Leuchtstoffen besitzt.
60
4. Ausführungsbeispiele der beanspruchten Lichtquelle sind in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 7 bis 10 des Streitpatents dargestellt.
61
einem Einkapselungsmittel (3) verkapselt und in einen oder mehrere Reflektoren (4) eingesetzt, vgl. Abs. [0049] bis [0053]. Zur Farbkonversion sind der oder die Luminophore (6) in eine streuende Lichtscheibe (5) eingemischt (Fig. 7, 9), auf den Reflektor (4) aufgebracht (Fig. 8) oder in der Vergussmasse (3) dispergiert (Fig. 10).
62
Gemäß den Merkmalen 1, 1.1, 1.2, 1.2.2 und 1.2.3 des Anspruchs 1 ist die beanspruchte Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht geeignet und sie umfasst neben einer zur Emission einer blauen Strahlung geeigneten LED mindestens einen Luminophor, der einen Teil der blauen Strahlung absorbiert und selbst Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittiert, wobei das weiße Licht durch Mischung des transmittierenden Lichts der LED und des emittierten Lumineszenzlichts des Luminophors generiert wird. Wesentlich ist dabei die Zusammensetzung des Luminophors aus einem mit zweiwertigem Europium aktivierten Erdalkaliorthosilikat entsprechend Merkmal 1.2.1.
63
Aus dem Wortlaut des Oberbegriffs (“umfassend eine Licht-Emittierende-Diode”) und den Ausführungsbeispielen ergibt sich, dass die beanspruchte Lichtquelle eine oder mehrere LEDs umfassen kann. Dabei müssen nach den Ausführungen in der Beschreibung nicht alle LEDs blaues Licht emittieren, vgl.:
64
o Abs. [0001]: “Die vorliegende Erfindung betrifft eine Lichtquelle mit einem Licht emittierenden Element, das in einem ersten Spektralbereich, vorzugsweise im blauen und/oder ultravioletten Bereich des optischen Spektrums, emittiert, […].”,
65
o Abs. [0049]: “In einer bevorzugten Variante der Erfindung wird die Farbkonversion folgendermaßen durchgeführt: […] Das blaue Licht (oder die ultraviolette Strahlung), das durch die Lichtscheibe 5 hindurchtritt, wird beim Durchgang anteilig durch den Luminophor 6 in einen zweiten Spektralbereich konvertiert, so dass sich insgesamt ein weißer Farbeindruck ergibt. […]”.
66
Die beanspruchte Weißlichtquelle umfasst demnach eine oder mehrere LEDs, von denen zumindest eine zumindest blaues Licht emittiert, sowie den Luminophor, der Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittiert. Dabei versteht das Streitpatent unter blauem Licht insbesondere einen Wellenlängenbereich zwischen 450 nm und 490 nm (vgl. den erteilten Anspruch 2) und unter dem “gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich” einen Wellenlängenbereich von 510 nm bis 600 nm (vgl. Abs. [0033]). Das weiße Licht der Weißlichtquelle wird dann durch Mischung des transmittierenden Lichts der LED und des emittierten Lumineszenzlichts des Luminophors generiert.
67
Diese Lichtmischung lässt sich anhand der CIE-Normfarbtafel (vgl. Wikipedia, CIE-Normvalenzsystem) nachvollziehen. Bei dieser sind die Mischfarben durch die Spektralfarblinie und die Purpurlinie (Verbindungslinie zwischen Violett und Rot) eingegrenzt, wobei die Black-Body-Kurve die Temperaturabhängigkeit des Maximums der Schwarzkörperstrahlung und das eingezeichnete Dreieck den Rot-Grün-Blau-Farbraum wiedergeben. Werden statt Rot-Grün-Blau nur zwei Farben gemischt, erhält man die möglichen Mischfarben aus der Verbindungslinie zwischen den beiden Farben, so dass die Farbmöglichkeiten deutlich eingeschränkt sind. Schneidet die Verbindungslinie die Black-Body-Kurve, lässt sich mit den beiden Farben Weißlicht der jeweiligen Farbtemperatur generieren. Wenn die Weißlichtquelle bspw. lediglich blaues Licht im Wellenlängenbereich von 450 nm und 490 nm emittierende LEDs umfasst und der Luminophor Licht im Wellenlängenbereich von 510 nm bis 600 nm emittiert, ergibt sich das Weißlicht somit aus der Schnittmenge der entsprechenden Verbindungslinie zwischen beiden Spektralfarben und der Black-Body-Kurve.
68
Die Lösungen nach den Ansprüchen 1 der weiteren Hilfsanträge präzisieren die Lichtquelle hinsichtlich der Lichtemission von LED und Lichtquelle sowie der Zusammensetzung des Luminophors und des Vorhandenseins weiterer Komponenten der Lichtquelle.
69
5. Die Summenformeln der in Merkmal 1.2.1 beanspruchten mit zweiwertigem Europium aktivierten Erdalkaliorthosilikate sind erklärungsbedürftig, denn nach den Formeln in den Varianten a) bzw. b) von Merkmal 1.2.1 des Anspruchs 1 müsste ein zweiwertiges Europiumion (Eu2+) das Strontiumoxid (SrO) bzw. Bariumoxid (BaO) ersetzen, was im Endeffekt aber dazu führen würde, dass im Widerspruch zum Wortlaut des einleitenden Teils von Merkmal 1.2.1 keine Erdalkaliorthosilikate vorlägen und außerdem die Leuchtstoffe elektrisch stark geladen wären. Diesen offensichtlichen Widerspruch löst der Fachmann auf, indem er den Fehler in den Formeln entsprechend den Beispielen in Abs. [0048] des Streitpatents und anhand der im Streitpatent beschriebenen Druckschrift NK1, wo im einleitenden Teil hervorgehoben wird, dass das zweiwertige Europiumion an die Stelle des Strontiums bzw. Bariums tritt, korrigiert und das Merkmal 1.2.1 folgendermaßen auslegt:
70
– der Luminophor ein mit zweiwertigem Europium aktiviertes Erdalkaliorthosilikat einer der nachfolgenden Zusammensetzungen oder einer Mischung aus diesen Zusammensetzungen ist:
71
a) Sr(2-x-y)(Bau, Cav)x O2 (1-a-b-c-d)SiO2 – aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2: Eu2+
y
72
wobei
73
0
74
0 0
75
gilt,
76
b) Ba(2-x-y)(Sru, Cav)x O2 (1-a-b-c-d)SiO2 – aP2O5 bAl2O3 cB2O3 dGeO2: Eu2+
y
77
wobei
78
0,01
79
0=0,4 gilt.
80
Demnach ersetzt das zweiwertige Europiumion (Eu2+) in Variante a) das Strontium (Sr(2-x-y)) und in Variante b) das Barium (Ba(2-x-y)) im Bereich von 0,005 < y < 0,5, wobei gemäß dem zweiten Teil der Formeln Siliziumdioxid (SiO2) anteilsmäßig durch Diphosphorpentoxid (P2O5), Aluminiumoxid (Al2O3), Boroxid (B2O3) und/oder Germaniumdioxid (GeO2) ersetzt werden kann, wobei allerdings das SiO2, auch wenn dies nach der chemischen Formel rechnerisch möglich wäre, nicht vollständig ersetzt wird, da es sich sonst um kein Orthosilikat mehr handeln würde.
81
In der Aufzählung von Absatz [0048] des Streitpatents finden sich folgende Beispiele für anspruchsgemäße Luminophore:
82
Sr1,4Ca0,6SiO4:Eu2+,
83
Sr1,9Ba0,08Ca0,02SiO4:Eu2+,
84
Sr1,9Ba0,02Ca0,08SiO4:Eu2+,
85
Sr1,6Ca0,4SiO4:Eu2+,
86
Sr0,4Ba1,6SiO4:Eu2+,
87
Sr1,6Ba0,4(Si0,98B0,02)O4:Eu2+
88
Sr0,6Ba1,4SiO4:Eu2+
89
Sr1,6Ca0,4(Si0,99B0,01)O4:Eu2+
90
Sr1,4Ca0,6(Si0,95B0,05)O4:Eu2+
91
Sr1,4Ca0,6(Si0,98P0,02)O4,01:Eu2+
92
Sr1,4Ca0,6(Si0,98Al0,02)O4:Eu2+
93
Laut diesen Summenformeln müsste bei allen Beispielen der Europiumanteil bei Null liegen, denn die Summe der Suffixe von Sr, Ca und Ba ist bei allen Beispielen 2 und infolgedessen der den Europiumanteil vorgebende Wert y gleich Null. Gleiches trifft für die in den Absätzen [0043] bis [0047] angeführten Luminophore zu, bei denen der Europiumanteil ebenfalls bei Null liegen müsste. Dies ist aber nach Merkmal 1.2.1 gerade ausgeschlossen, wonach 0,005 < y < 0,5 gilt. Der Fachmann muss folglich auch bei den Ausführungsbeispielen Widersprüche auflösen, indem er die Summenformeln anhand seines Fachwissens interpretiert. So weiß er, dass in vielen Fällen der Europiumanteil, obwohl vorhanden, in der Summenformel vernachlässigt wird und in der Regel nur der Anteil der Erdalkalimetalle (bspw. Strontium Sr, Barium Ba und Calcium Ca) angegeben wird, und dass dadurch, dass das Europium nach dem Doppelpunkt aufgezählt wird, zum Ausdruck kommt, dass der entsprechende Luminophor durch das Europium aktiviert bzw. dotiert wird, indem das Europium das jeweilige Erdalkalimetall des Erdalkaliorthosilikats zu einem geringen, aber nicht näher spezifizierten Anteil im unteren Prozentbereich oder darunter ersetzt, vgl. bspw. die Schreibweise in Druckschrift NK2.
94
Dementsprechend legt der Fachmann die in der Beschreibung des Streitpatents verwendete und zum Anspruch 1 an sich widersprüchliche Schreibweise der Summenformeln der Luminophore anhand seines Fachwissens dahingehend aus, dass der Luminophor den Aktivator Europium im unteren Prozentbereich oder darunter enthält und der genaue Anteil des Europiums ggf. anhand der angegebenen Emissionswellenlängen und Farborte zu bestimmen ist.
95
6. Die Ansprüche 1 bis 9 des Hilfsantrags 1 sind ursprünglich offenbart und beschränken den Schutzbereich des Streitpatents ohne ihn zu erweitern.
96
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 geht zurück auf den ursprünglichen Anspruch 1 (vgl. die internationale Offenlegungsschrift WO 02/054 502 A1), wobei fakultative bzw. alternative Merkmale in zulässiger Weise gestrichen oder zu notwendigen Merkmalen gemacht wurden. Zusätzlich wurden das Licht emittierende Element als LED und die Lichtquelle als Weißlichtquelle spezifiziert, deren weißes Licht durch Mischung des transmittierenden Lichts der LED und des emittierten Lumineszenzlichts des Luminophors generiert wird. Diese Präzisierungen sind in der ursprünglichen Anmeldung auf Seite 1, Zeilen 14 bis 18 und Seite 4, Zeilen 20 bis 34 offenbart und zulässige Beschränkungen. Die Offenbarung der Zusatzmerkmale des abhängigen Anspruchs 2 ist durch die ursprünglichen Ansprüche 5 und 7 gegeben, wobei sich die Zulässigkeit der Spezifizierung des Wellenlängenbereichs auf 450 bis 490 nm auch durch den Hinweis auf vorzugsweise blaues Licht im ursprünglichen Anspruch 1 i. V. m. der Wellenlängenangabe auf Seite 2, Zeile 21 der ursprünglichen Anmeldung ergibt. Die Ansprüche 3 bis 9 sind die angepassten ursprünglichen Ansprüche 4 und 9 bis 14 und daher ursprünglich offenbart.
97
Zudem ist der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 gegenüber dem erteilten Anspruch 1 in zulässiger Weise dahingehend beschränkt, dass der Luminophor nach Variante a) des Merkmals 1.2.1 Barium enthalten muss.
98
Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents im Umfang des Hilfsantrags 1 als Hauptantrag ist daher zulässig.
99
7. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 kann die Priorität der Voranmeldung (österreichische Anmeldung mit dem Aktenzeichen A2154/2000) zurecht beanspruchen, denn entgegen der Auffassung der Klägerin sind der Luminophor gemäß Merkmal 1.2.1 und dessen Emissionsbereich in der Voranmeldung offenbart.
100
Zwar ist in Anspruch 1 der Voranmeldung nicht angegeben, dass die Parameter a, b, c und d jeweils Null sein können, doch findet sich eine Offenbarung für dieses Merkmal auf Seite 4 durch die und/oder-Kombination in den Zeilen 29 bis 34 i.V.m. der Ausführung auf Seite 7, Zeilen 7 bis 12, wonach ein Teil des Siliziums durch Germanium, Bor, Aluminium oder Phosphor ersetzt werden kann.
101
Da die Schreibweisen (Ba, Ca)O und (Bau,Cav), u+v=1 in chemischer Hinsicht gleichbedeutend sind (ebenso wie (Sr, Ca)O und (Sru,Cav), u+v=1), ergibt sich auch diese Änderung unmittelbar und eindeutig aus der Voranmeldung. Dass zudem der Luminophor Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittiert, ist ebenfalls im Prioritätsdokument offenbart, denn nach Abs. [0033] des Streitpatents ist darunter ein Wellenlängenbereich von 510 nm bis 600 nm zu verstehen, was in gleicher Weise auf Seite 7, Zeilen 14 bis 16 der Prioritätsschrift offenbart ist und was auch innerhalb des auf Seite 5, Zeilen 17 bis 19 der Prioritätsschrift genannten größeren Bereichs von 430 bis 650 nm liegt. Weil auch die weitere Angaben in Variante a) und in Variante b) des Merkmals 1.2.1 zulässige Beschränkungen der in der Voranmeldung angeführten Wertebereiche von x und y sind, können auch diese Präzisierungen die Priorität der Voranmeldung zurecht beanspruchen.
102
8. Wie bereits ausgeführt, verfügt der Fachmann über grundlegende Kenntnisse von Leuchtstoffen für Weißlicht-LEDs und behebt angesichts seiner Fachkenntnisse die offensichtlichen Fehler im Streitpatent und gelangt folglich zu einer ausführbaren Lehre.
103
Der weitere Einwand der Klägerin, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nicht über die gesamte beanspruchte Breite ausführbar sei, weil im Widerspruch zu Merkmal 1.2.2 nicht alle Luminophore des Merkmals 1.2.1 Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittieren würden, ist bereits deshalb unzutreffend, weil ja nur die Schnittmenge beider Merkmale beansprucht wird, d. h. nur die Luminophore des Merkmals 1.2.1, die Strahlung entsprechend Merkmal 1.2.2 emittieren. Luminophore mit einer anderen Lichtemission werden nicht beansprucht.
III.
104
Die Lichtquellen der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 1a sind nicht patentfähig, da sie dem Fachmann ausgehend von Druckschrift NK8 in Verbindung mit seinem durch Druckschrift NK12 belegten Fachwissen nahegelegt sind und die Lichtquelle des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nicht neu bezüglich der in der nachveröffentlichten älteren Anmeldung NK21 offenbarten Lichtquelle ist (Artikel II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und 56 EPÜ).
105
Die Ansprüche 1 der weiteren Hilfsanträge 2 bis 13 sind unzulässig, da die darin beanspruchten Lichtquellen ursprünglich nicht offenbart sind (Artikel II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 IntPatÜG, Artikel138 Abs. 1 lit. c) EPÜ).
106
1. Die Lichtquelle des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 wird dem Fachmann durch die im Streitpatent als Stand der Technik angeführten Druckschriften NK8 und NK12 nahegelegt.
107
Nach den Ausführungen in der Beschreibungseinleitung von NK8 werden Beleuchtungssysteme auf Basis Lichtemittierender Dioden (LEDs) als Quelle von weißem Licht für allgemeine Beleuchtungszwecke eingesetzt, wobei zur Erzeugung von weißem Licht üblicherweise drei LEDs als Primärlichtquelle erforderlich seien, nämlich eine blaue, eine grüne und eine rote LED (RGB-LED). So seien im Rahmen der Entwicklung leistungsstarker LEDs neben rotes Licht emittierenden Leuchtdioden auf GaP-Basis auch LEDs auf GaN-Basis entwickelt worden, die Licht im blauen und grünen Bereich emittierten. Ein Nachteil solcher Beleuchtungssysteme bestehe aber darin, dass eine Kombination aus drei LEDs als Primärlichtquelle nicht immer zu der gewünschten Farbwiedergabe führe. Insbesondere seien ausreichend energieeffiziente LEDs mit spektralen Maxima in den gewünschten Spektralbereichen schwer oder gar nicht verfügbar gewesen. Ausgehend davon soll ein Beleuchtungssystem mit verbesserter Farbwiedergabe und Lichtleistung bereitgestellt werden (vgl. Seite 1 der NK8), was nach Anspruch 1 der NK8 durch ein Beleuchtungssystem erreicht wird, aufweisend mindestens zwei LEDs, die jeweils sichtbares Licht in einem vorgewählten Wellenlängenbereich emittieren, und Umwandlungsmittel zum Umwandeln eines Teils des von einer der Licht emittierenden Dioden emittierten, sichtbaren Lichts in sichtbares Licht in einem weiteren Wellenlängenbereich, um dadurch die Farbwiedergabe des Beleuchtungssystems zu optimieren.
108
Ein zugehöriges Ausführungsbeispiel wird auf den Seiten 6 und 7 der NK8 i. V. m der nachfolgend wiedergegebenen Fig. 1A erläutert. Demnach ist das Beleuchtungssystem in einer ersten Variante als eine einen üblichen E27-Sockel aufweisende (lamp cap 4) Lampe ausgebildet, die zentral angeordnete, blaues bzw. rotes Licht emittierende LEDs (blue LEDs 6, 6‘, 8, 8’; red LEDs 7, 7‘) sowie einen Reflektor (screen 3, reflection means 9) aufweist, auf dessen Innenseite ein Luminophor als Umwandlungsmittel (conversion means 10) aufgebracht ist. Im Betrieb emittieren die LEDs blaues bzw. rotes Licht, wobei das blaue Licht durch den Luminophor (10) teilweise in grünes Licht konvertiert wird und das weiße Licht hoher Farbwiedergabe durch Mischen des blauen und roten LED-Lichts mit dem grünen Licht des Umwandlungsmittels (vgl. Seite 4, Zeilen 3 bis 15) gebildet wird. Entsprechend Seite 3, Zeilen 4 bis 8 und Seite 6, Zeile 12 bis Seite 7, Zeile 5, liegt das bevorzugte Maximum der spektralen Emission der blaues Licht emittierenden LED im Wellenlängenbereich von 430 bis 490 nm, das bevorzugte Maximum der rotes Licht emittierenden LED im Wellenlängenbereich von 590 bis 630 nm und das bevorzugte Maximum der spektralen Emission des blaues Licht teilweise in grünes Licht umwandelnden lumineszierenden Materials im Wellenlängenbereich von 510 bis 565 nm.
109
Im Einzelnen offenbart Druckschrift NK8 mit den Worten des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 eine
110
1. Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht (vgl. S. 2, Z. 34 bis S. 3, Z. 2: “In this manner, a lighting system in accordance with a first aspect of the invention is obtained which emits white light with a high color rendering index on the basis of three basic colors (red, blue and green), in which only two primary light sources are employed, namely blue and red light, and green light is obtained by converting a portion. of the blue light.”)
111
1.1 umfassend eine Licht-Emittierende-Diode (LED) zur Emission einer blauen Strahlung (blue LEDs 6, 6‘ / vgl. S. 6, Z. 19 u. Fig. 1A),
112
1.2 und mindestens einen Luminophor, der einen Teil der blauen Strahlung absorbiert und selbst Strahlung in einem anderen Spektralbereich emittiert
113
(vgl. S. 6, Zn. 27 bis 30: “The conversion means 10 preferably comprise a luminescent material (phosphor) which bears the characteristic that it converts blue light (400-480 nm) originating from the blue LEDs 6, 6′, … into green light in the desired further wavelength range (530-565 nm).”),
114
dadurch gekennzeichnet, dass
115
1.2.1‘ – der Luminophor ein mit zweiwertigem Europium aktiviertes Erdalkaliorthosilikat der nachfolgenden Zusammensetzung ist:
116
(Sr,Ca)2SiO4:Eu2+, Ba2SiO4:Eu2+
(vgl. Tabelle 1 auf S. 7)
117
1.2.2‘ – der Luminophor Strahlung im gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich emittiert (vgl. obige Fundstelle auf S. 6, Zn. 27 bis 30),
118
1.2.3 – wobei das weiße Licht durch Mischung des transmittierenden Lichts der LED und des emittierten Lumineszenzlichts des Luminophors generiert wird
119
(vgl. S. 4, Zn. 9 bis 11: “A point of special interest in the lighting system in accordance with the invention is that upon blending light originating from LEDs with light originating from the conversion means, […].”).
120
Dabei ist die Variante des Merkmals 1.2.2 betreffend die Emission im gelb-grünen Spektralbereich bei der Lichtquelle in Druckschrift NK8 dadurch gegeben, dass anspruchsgemäß diese Emission im Spektralbereich von 510 nm bis 600 nm liegen soll und der auf Seite 6, Zeile 30 von Druckschrift NK8 genannte Spektralbereich von 530 nm bis 565 nm innerhalb dieses Bereichs liegt. Entsprechendes gilt für das Merkmal 1.1, da die blaue LED der NK8 Licht im Spektralbereich von 430 nm bis 490 nm emittiert (vgl. Seite 6, Zeile 20), dies den laut Anspruch 2 des Streitpatents bevorzugten Bereich zwischen 450 nm und 490 nm umfasst und zudem die Werte in Tabelle 1 der NK8 auf eine Anregungswellenlänge von 450 nm bezogen sind, vgl. Seite 6, Zeilen 32 bis 34.
121
Die Parameter a, b, c, d und v des Anspruchs 1 können jeweils den Wert Null annehmen, so dass in diesem Fall das Merkmal 1.2.1 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 im Verständnis des Fachmanns folgendermaßen lautet:
122
– der Luminophor ein mit zweiwertigem Europium aktiviertes Erdalkaliorthosilikat einer der nachfolgenden Zusammensetzungen oder einer Mischung aus diesen Zusammensetzungen ist:
123
a) Sr(2-x-y)BaxSiO4:Eu2+
y
124
wobei
125
0 < x < 1,6 0,005 < y < 0,5 x+y <= 1,6
126
gilt,
127
b) Ba(2-x-y)SrxSiO4:Eu2+
y
128
wobei
129
0,01 = 0,4
130
gilt;
131
Die beiden Varianten a) und b) ergänzen sich demnach dahingehend, dass von diesem Merkmal Luminophore der Zusammensetzung Sr(2-x-y)BaxSiO4:Eu2+
y umfasst sind, bei denen der Parameter x im Bereich 0 < x < 1,985 variiert werden kann. Innerhalb des Merkmals 1.2.1 liegt somit fast der gesamten Mischbereich des Luminophors.
132
Druckschrift NK8 nennt in Tabelle I auf Seite 7 ebenfalls die mit zweiwertigem Europium aktivierten Erdalkaliorthosilikate Ba2SiO4:Eu2+ und (Sr,Ca)2SiO4:Eu2+ als Beispiele von bevorzugten Luminophoren zur Umwandlung von LED-Licht des Wellenlängenbereichs von 400 bis 480 nm in grünes Luminophor-Licht des Wellenlängenbereichs 530 bis 565 nm (vgl. Seite 6, Zeilen 27 bis Seite 7, Zeile 5), wobei die Werte für die Quanteneffizienz QE450 und den Absorptionskoeffizienten Abs450 explizit für eine Anregung bei blauem LED-Licht der Wellenlänge 450 nm angegeben sind.
133
Die in Tabelle I verwendete Bezeichnung (Sr,Ca)2SiO4:Eu2+ ist lediglich eine andere Schreibweise für Sr(2-x)CaxSiO4:Eu2+ mit 0<=x<=2, was auch dem Verständnis der Patentinhaberin entspricht, da sie in gleicher Weise die im Anspruch 1 der Prioritätsanmeldung (A2154/2000) verwendete Formulierung (Ba,Ca)O in der internationalen Anmeldung (WO 02/054 502 A1) umgeschrieben hat in (Bau, Cav)O mit u+v=1. Folglich offenbart Druckschrift NK8 in Tabelle I, dass die Erdalkaliorthosilikate
134
Ba2SiO4:Eu2+
135
Sr2SiO4:Eu2+
136
Ca2SiO4:Eu2+
137
Sr(2-x)CaxSiO4:Eu2+ mit 0
138
zur teilweisen Umwandlung von blauem LED-Licht in grünes Luminophor-Licht gut geeignet sind. Dabei ist der Fachmann ausgehend von Druckschrift NK8 bestrebt, die Lichtemission des Luminophors entsprechend dem gewünschten Weißlicht einzustellen. In diesem Zusammenhang ist ihm aus Druckschrift NK12 bekannt, dass die in Tabelle I der NK8 aufgeführten Luminophore Ba2SiO4:Eu2+ und Sr2SiO4:Eu2+ bei etwa 500 nm bzw. 570 nm Licht emittieren, und dass durch einen schrittweisen Austausch von Barium durch Strontium die Emissionswellenlänge innerhalb dieses Wellenlängenbereichs von 500 nm zu 570 nm graduell eingestellt werden kann, da die Emissionswellenlänge von dem Verhältnis Barium zu Strontium abhängt, vgl. in NK12 die Seite 95, rechte Spalte, zweiter Absatz: “When the amount of barium is increased in the composition of Sr
2-x
Ba
x
SiO
4
:Eu
2+
the emission and excitation spectra alter gradually until finally, at 100% barium, the spectra described above for Ba
2
SiO
4
:Eu
2+
are obtained. This means that by changing the Ba:Sr ratio the emission of Eu
2+
can be shifted between roughly 500 and 570 nm.”
139
Um somit die Emissionswellenlänge des Luminophors optimal auf den gewünschten Bereich innerhalb von 500 bis 570 nm einstellen zu können, wird der Fachmann nicht nur die in Tabelle I der NK8 genannten und bei 500 nm bzw. 570 nm emittierenden Ba2SiO4:Eu2+ und Sr2SiO4:Eu2+ Erdalkaliorthosilikate einsetzen, sondern auch deren Mischung Sr2-xBaxSiO4:Eu2+, da ihm dies entsprechend der Offenbarung in NK12 die gezielte Einstellung der Emissionswellenlänge ermöglicht und er in naheliegender Weise davon ausgeht, dass, wenn die Luminophore Ba2SiO4:Eu2+ und Sr2SiO4:Eu2+ zur Umwandlung von LED-Licht geeignet sind, dies auch für deren Mischung gilt, insbesondere, da Tabelle I ihm bereits den Hinweis gibt dass auch Orthosilikate mit zwei Erdalkalimetallen wie Sr und Ca für LED-Licht geeignet sind.
140
In der Entscheidung X ZR 96/14 – Yttrium-Aluminium-Granat hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befasst, ob es für den Fachmann naheliegt, den in Leuchtstoffröhren bzw. Energiesparlampen verwendeten Leuchtstoff Y3Al5O12:Ce (Zer-aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat, YAG:Ce) auch in Weißlicht-LEDs einzusetzen. Dies hat er verneint und dazu unter der Randnummer 44 ausgeführt, dass allein die Bekanntheit eines Stoffs und seiner Eigenschaften nicht ausreiche, um seine Verwendung in einem dem ursprünglichen Einsatzgebiet verwandten Bereich nahezulegen, denn maßgeblich sei, ob der Fachmann aus dem Stand der Technik eine Anregung erhalten habe, dort beschriebene Maßnahmen aufzugreifen und sie auf einen bekannten Stoff, oder, wie hier, in einer bekannten Vorrichtung anzuwenden, wobei von Bedeutung sein könne, ob sich aus diesen Maßnahmen eine angemessene Erfolgserwartung für die Lösung des sich stellenden technischen Problems ergeben habe.
141
Im Unterschied zum obiger Entscheidung zugrundeliegenden Fall ist hier aus Druckschrift NK8 der Einsatz von Orthosilikaten in Weißlicht-LEDs bereits bekannt, und es werden in deren Tabelle I die Leuchtstoffe Ba2SiO4:Eu2+ und Sr2SiO4:Eu2+ als gut geeignet zur Umwandlung von blauem LED-Licht empfohlen. Für den Fachmann ergibt sich aufgrund dieser Hinweise und seines durch NK12 belegten Fachwissens eine angemessene Erfolgserwartung dafür, dass auch der beide Erdalkalimetalle enthaltende und damit zwischen den beiden Randpunkten liegende Leuchtstoff Sr2-xBaxSiO4:Eu2+ zur Umwandlung von blauem LED-Licht gut geeignet ist, insbesondere, da ihm aus NK12 bekannt ist, dass sich durch Variation des Verhältnisses von Barium zu Strontium die Emissionswellenlänge gezielt einstellen lässt.
142
Somit ist es für den Fachmann ausgehend von Druckschrift NK8 naheliegend, den Leuchtstoff Sr2-xBaxSiO4:Eu2+ in Weißlicht-LEDs einzusetzen.
143
2. Das Gleiche gilt für die Lichtquelle des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1a, denn dessen Zusatzmerkmal, wonach die Licht-Emittierende-Diode (LED) blaue Strahlung im Wellenlängenbereich zwischen 450 nm und 490 nm erzeugt, ist in Druckschrift NK8 offenbart, vgl. Seite 6, Zeile 20 (430 to 490 nm), zumal in Tabelle I explizit die Quanteneffizienz bei einer 450 nm Anregung genannt wird.
144
Die Lichtquellen der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 1a werden dem Fachmann daher ausgehend von Druckschrift NK8 i.V.m. seinem durch Druckschrift NK12 belegten Fachwissen nahegelegt, so dass sie wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sind.
145
3. Die Patentinhaberin hat in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung T 0116/14 der Beschwerdekammer im Einspruchsbeschwerdeverfahren zum Stammpatent hingewiesen, die zum erteilten Anspruch 1 und zur Druckschrift NK8 unter den Punkten 4.2.4 und 4.2.6 u. a. ausgeführt hatte, dass, auch wenn der Anspruch 1 das Vorhandensein andersfarbiger LEDs zulasse, die beanspruchte Lichtquelle auf alle Fälle die Eignung haben müsse, dass sie weißes Licht nur mit blauem LED-Licht und dem Luminophor bildet. Da die Lichtquelle der NK8 diese Eignung aber nicht habe, sei sie im Verständnis des Anspruchs 1 keine Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht.
146
Dieser Argumentation konnte sich der Senat jedoch nicht anschließen.
147
So hat die Lichtquelle der NK8 ebenfalls die Eignung, dass sie weißes Licht durch Mischen nur des blauen LED-Lichts mit dem Lumineszenzlicht bildet. Denn NK8 offenbart bspw. eine Wellenlänge von 430 nm für das blaue Licht der LED und eine Wellenlänge von 565 nm für das grüne Licht des Luminophors. Wie aus der CIE-Normfarbtafel ersichtlich ist, schneidet die Verbindungslinie der beiden Spektralfarben die Weißlicht-Ellipse bzw. die Black-Body-Kurve bei einer Farbtemperatur von 10.000 K, so dass durch das Mischen nur des blauen LED-Lichts mit dem grünen Lumineszenzlicht ebenfalls weißes Licht generiert werden kann. Zudem betont Druckschrift NK8 auf Seite 7, letzter Absatz und Seite 8, dass die blauen und roten LEDs unabhängig voneinander angesteuert und folglich auch unabhängig voneinander ausgeschaltet werden können, um dadurch die gewünschte Farbtemperatur einzustellen, wobei anhand der Tabelle II auf Seite 8 im Detail erläutert ist, wie durch Hochfahren des Anteils des blauen oder roten LED-Lichts die Farbtemperatur des Weißlichts erhöht oder reduziert werden kann. Somit ist die in Druckschrift NK8 offenbarte Weißlichtquelle dazu geeignet, weißes Licht nur mit blauem LED-Licht und dem Luminophor durch Mischung zu erzeugen.
148
Darüber hinaus widerspricht eine solch enge Auslegung des Anspruchs 1, wonach die beanspruchte Weißlichtquelle die Eignung haben müsse, weißes Licht aus der Mischung nur von blauem LED-Licht und dem Luminophor-Licht zu generieren, den im Streitpatent genannten Wellenlängenbereichen. So versteht das Streitpatent unter blauem Licht insbesondere einen Wellenlängenbereich zwischen 450 nm und 490 nm (vgl. Anspruch 2) und unter dem “gelb-grünen, gelben oder orangefarbigen Spektralbereich” einen Wellenlängenbereich von 510 nm bis 600 nm. Dies umfasst zahlreiche Wellenlängenbereiche, bei denen weißes Licht nur durch Mischen mit einer dritten Farbe generiert werden kann, denn bei einem blauen LED-Licht von bspw. 450 nm muss der Luminophor Licht im Bereich oberhalb von 550 nm emittieren, damit durch Mischen mit dem blauen LED-Licht weißes Licht generiert werden kann, und bei einem blauen LED-Licht von 490 nm muss das Luminophor-Licht oberhalb von 580 nm liegen, vgl. die Weißlicht-Ellipse bzw. die Black-Body-Kurve der CIE-Normfarbtafel.
149
Da somit der beanspruchte orangefarbigen Spektralbereich (580 bis 600 nm) des vom Luminophor emittierten Lichts im beanspruchten LED-Wellenlängenbereich von 450 bis 490 nm zwingend das Vorhandensein einer dritten Farbe erfordert, um weißes Licht durch Mischen generieren zu können, fallen unter den Anspruch 1 auch Lichtquellen, bei denen verschiedenfarbige LEDs zur Generierung von Weißlicht durch Mischen mit Luminophor-Licht eingesetzt werden, was im Übrigen bereits durch den ersten Satz von Absatz [0001] des Streitpatents zum Ausdruck kommt.
150
Somit ist die Lichtquelle der NK8 eine Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht.
151
Unter Punkt 4.2.4 argumentiert die Beschwerdekammer dahingehend, dass bei dem beanspruchten Luminophor sowohl der Parameter x als auch der Parameter y innerhalb eines gegenüber der Offenbarung der NK8 beschränkten Wertebereichs bestimmt werden müsse, und dass diese mehrfache Auswahl von Komponentenanteilen in NK8 auch nicht implizit offenbart sei.
152
Dieser Argumentation ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass in NK8 keine Dotieranteile y von Europium explizit genannt werden, doch wie bereits ausgeführt, ist dies die übliche Schreibweise für eine Dotierung im unteren Prozentbereich und darunter, wie sie das Streitpatent in seiner Beschreibung selber verwendet und wovon der fachkundige Leser beim Lesen der Patentschrift ausgeht, um zu einer ausführbaren Lehre zu gelangen.
153
Darüber hinaus sind die sich aus Merkmal 1.2.1 der Ansprüche 1 der Hilfsanträge 1 und 1a ergebenden Wertebereiche von 0 < x < 1,985 und 0,005 < y < 0,5 so breit, dass mit ihnen auch keine Auswahlerfindung begründet werden kann.
154
4. Die lediglich hinsichtlich der Frage der Neuheit relevante nachveröffentlichte ältere Anmeldung NK21 beansprucht die Priorität der Voranmeldung NK21a und offenbart in dem nachfolgend wiedergegebenen zweiten Absatz der Beschreibungsseite 3 Folgendes:
155
“Die Erfindung ist besonders vorteilhaft im Zusammenhang mit der Entwicklung einer im Sichtbaren bzw. Weißen emittlerenden LED. Diese LED kann hergestellt werden durch Kombination einer im nahen UV oder sehr kurzwelligem blaues Licht (hier zusammenfassend als “kurzwellig” bezeichnet) emittierenden LED mit einer Emissionswellenlänge zwischen 370 und 430 nm und mindestens einem der unten angeführten Leuchtstoffe, der die Strahlung der LED ganz oder teilweise absorbiert und selbst in Spektralbereichen emittiert, deren additive Mischung mit dem Licht der LED und / oder anderen Farbstoffe weißes Licht mit guter Farbwiedergabe oder Licht mit einem gewünschten Farbort ergibt. Je nach Anwendung kann ein einziger Leuchtstoff mit den erfindungsgemäßen Eigenschaften ausreichen. Evtl. kann er auch mit einem oder mehreren anderen erfindungsgemäßen Leuchtstoffen oder Leuchtstoffen anderer Klassen, beispielsweise vom Typ YAG:Ce, kombiniert werden. Das blaue Licht der LED ist hier nicht (oder kaum) direkt nutzbar, im Gegensatz zum Stand der Technik, der längerwelliges Blau (430 bis 480 nm) verwendet, sondern eignet sich nur zur primären Anregung der Leuchtstoffe.”
156
Der entsprechende zweite Absatz auf Seite 3 der Prioritätsschrift NK21a unterscheidet sich dadurch von obigem Absatz der Druckschrift NK21, dass das in Klammern gesetzte “oder kaum” in der drittletzten Zeile in der Prioritätsschrift nicht enthalten ist.
157
Daraus schließt die Patentinhaberin, dass in der Prioritätsschrift das Merkmal 1.2.3 bezüglich des Mischens des blauen LED-Lichts mit dem vom Leuchtstoff emittierten Licht nicht offenbart sei und dass deshalb die Druckschrift NK21 hinsichtlich dieses Merkmals die Priorität nicht beanspruchen könne.
158
Dieser Auffassung kann sich der Senat aber nicht anschließen.
159
Zwar ist der Patentinhaberin darin zuzustimmen, dass die Textstelle, wonach das blaue LED-Licht nicht direkt nutzbar ist, gegen ein Mischen des blauen LED-Lichts mit dem vom Leuchtstoff emittierten Licht spricht und dass in den Druckschriften NK21 bzw. NK21a das Mischen des von mehreren Leuchtstoffen emittierten Lichts zu weißem Licht beschrieben ist. Doch unabhängig davon offenbart NK21 in obiger Fundstelle in Übereinstimmung mit der Offenbarung in NK21a unmittelbar und eindeutig, dass die Erfindung der NK21 besonders vorteilhaft ist im Zusammenhang mit der Entwicklung einer im Weißen emittierenden LED, die hergestellt werden kann durch Kombination einer UV- oder sehr kurzwelliges blaues Licht emittierenden LED mit einer Emissionswellenlänge zwischen 370 und 430 nm und mindestens einem der in NK21 bzw. NK21a angeführten Leuchtstoffe, der die Strahlung der LED ganz oder teilweise absorbiert und selbst in Spektralbereichen emittiert, deren additive Mischung mit dem Licht der LED und/oder anderen Farbstoffe weißes Licht mit guter Farbwiedergabe oder Licht mit einem gewünschten Farbort ergibt.
160
Das sind aber genau die Merkmale 1., 1.1, 1.2 und 1.2.3 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, denn nach obigem Absatz kann der zumindest eine Leuchtstoff die blaue Strahlung der LED ganz oder teilweise absorbieren und Strahlung emittieren, die durch additive Mischung mit dem Licht der LED und/oder der anderen Farbstoffe weißes Licht ergibt. Der Fachmann versteht diesen Absatz folglich so, dass die Lichtquelle wahlweise so ausgebildet sein kann, dass das Weißlicht nur aus dem Licht der Farbstoffe gemischt wird oder dass es aus einer Mischung des LED-Lichts mit dem Licht des oder der Leuchtstoffe gebildet wird.
161
Somit ist aus NK21 eine Lichtquelle mit den Merkmalen 1., 1.1, 1.2 und 1.2.3 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 bekannt.
162
In der Tabelle 2 auf Seite 7, Zeile 16 der NK21 bzw. auf Seite 7, Zeile 8 der NK21a ist als Beispiel für “Grün (und Blaugrün) emittierende Leuchtstoffe” SrBaSiO4:Eu2+ genannt, wobei der Fachmann unter Blaugrün und Grün einen Wellenlängenbereich von 490 nm bis 570 nm versteht, was mit dem Spektralbereich von 510 nm bis 600 nm des Merkmals 1.2.2 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 überlappt. Folglich ist auch das Merkmal 1.2.2 des erteilten Anspruchs 1 in NK21 offenbart.
163
Zudem liest der Fachmann wie beim Streitpatent die in Tabelle 2 von NK21 bzw. NK21a angeführten Leuchtstoffe mit den Augen des Fachmanns, d. h. SrBaSiO4:Eu2+ ist eine abgekürzte Schreibweise von Sr(2-x-y) BaxSiO4: Eu2+
y, wobei gilt, dass 0
164
Folglich offenbart die nachveröffentlichte ältere Anmeldung NK21 eine Lichtquelle mit sämtlichen Merkmalen einer Variante der Lichtquelle des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, so dass diese wegen fehlender Neuheit bezüglich Druckschrift NK21 nicht patentfähig ist.
165
5. In den Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 2 bis 13 ist im Oberbegriff der erste Teil “Lichtquelle zur Erzeugung von weißem Licht,
umfassend
eine Licht-Emittierende-Diode (LED) zur Emission einer blauen Strahlung, und mindestens einen Luminophor [..]” geändert worden in:
166

bestehend aus
einer Licht-Emittierenden-Diode (LED) zur Emission einer blauen Strahlung, und mindestens einen Luminophor ” (Hilfsanträge 2 bis 8)
167
bzw. in:
168

bestehend aus
einer Licht-Emittierenden-Diode (LED), die eine blaue Strahlung emittiert, und einem Luminophor” (Hilfsanträge 9 bis 12)
169
sowie in:
170

bestehend aus
einer Licht-Emittierenden-Diode (LED), die eine blaue Strahlung mit einer Wellenlänge von 464 nm emittiert, und einem Luminophor” (Hilfsantrag 13).
171
Wie die Patentinhaberin auf Seite 17 ihrer Eingabe vom 11. September 2020 zutreffend ausführt, wird dadurch die Lichtquelle auf die blaue Strahlung emittierende LED und den oder die Luminophore limitiert. Die Lichtquelle der Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 2 bis 13 umfasst demnach ausschließlich eine LED und einen bzw. mehrere Luminophore, ansonsten aber keine weiteren Bestandteile.
172
Eine solche Lichtquelle, die außer einer LED und dem Luminophor keine weiteren Komponenten umfasst, ist aber in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart, und eine solche Beschränkung steht auch im Widerspruch sowohl zu den Ausführungsbeispielen nach den Figuren 7 bis 10 als auch zu abhängigen Ansprüchen der Hilfsanträge, wonach die Lichtquelle weitere Bestandteile wie zusätzliche LEDs, eine Leiterplatte (2), ein Einkapselungsmittel (3) und einen Reflektor (4) umfasst.
173
Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2 bis 13 sind demnach unzulässig, da mit ihnen das Streitpatent über den Umfang der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgeht.
174
6. Als Ergebnis war das europäische Patent 2 357 678 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
IV.
175
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 1 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Beklagten haften für die Kosten nach Kopfteilen (§ 84 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 PatG i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO).
176
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

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