Aktenzeichen 28 W (pat) 16/17
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke DE 30 2009 043 465
hat der 28. Senat (Markenbeschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. März 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein sowie der Richter Schmid und Dr. Söchtig
beschlossen:
1. Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom 18. Dezember 2013 und vom 22. September 2016 werden aufgehoben.
2. Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I.
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Das am 20. Oktober 2009 angemeldete Wort-/Bildzeichen
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ist am 2. Juli 2010 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 4, 14, 16, 21, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35 und 41 unter der Nummer DE 30 2009 043 465 für die Anmelderin Frau … B… in das Markenregister eingetragen worden.
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Gegen die Eintragung dieser Marke hat u. a. die Inhaberin der am 28. Februar 1992 für Waren der Klassen 29 und 31 eingetragenen Wortmarke DE 2 010 353
4
Elisa
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am 27. Oktober 2010 Widerspruch erhoben. Die Anmelderin der angegriffenen Marke hat daraufhin durch ihren anwaltlichen Vertreter die Benutzung der Widerspruchsmarke undifferenziert bestritten.
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Mit am 22. September 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Formblatt haben die Anmelderin der angegriffenen Marke und ihre jetzige Inhaberin, die E… , … UG…, die Umschreibung des Markenrechts auf letztgenannte beantragt. Der Übergang der Marke DE 30 2009 043 465 auf die Rechtsnachfolgerin wurde am 11. November 2013 in das Markenregister eingetragen. Nach Eingang des Umschreibungsantrags haben sich weder die Anmelderin der angegriffenen Marke noch ihre jetzige Inhaberin geäußert. Insbesondere hat diese keine Erklärung zur Übernahme des Widerspruchsverfahrens abgegeben.
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Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 18. Dezember 2013 und die hiergegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden mit weiterem Beschluss vom 22. September 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung ist in beiden Beschlüssen ausgeführt, dass die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht habe.
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Im Rubrum der Beschlüsse ist angegeben: „In Sachen E… (haftungsbeschränkt), … M…, betreffend die eingetragene Marke 30 2009 043 465 …“ (Erstprüferbeschluss vom 18. Dezember 2013) und „In Sachen der Wort-/Bildmarke 30 2009 043 465 … der/des E… … UG(haftungsbeschränkt), … M…“ (Erinnerungsbeschluss vom 22. September 2016). Die Beschlüsse sind neben der Widersprechenden ausschließlich der jetzigen Inhaberin der angegriffenen Marke zugestellt worden.
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Die Widersprechende hat gegen den Beschluss vom 22. September 2016 Beschwerde erhoben und sinngemäß beantragt,
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die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom 18. Dezember 2013 und vom 22. September 2016 wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
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Im Beschwerdeverfahren hat der Senat mit Mitteilung vom 15. Oktober 2018 darauf hingewiesen, dass Bedenken bestünden, ob das Amtsverfahren den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Die Beschlüsse seien nicht gegenüber der Anmelderin der angegriffenen Marke, sondern gegenüber ihrer Rechtsnachfolgerin ergangen. Es sei aber nicht erkennbar, dass letztgenannte das Widerspruchsverfahren übernommen habe. Der Senat hat die jetzige Inhaberin der angegriffenen Marke in der vorgenannten Mitteilung zudem aufgefordert, zu erklären, ob sie das Widerspruchsverfahren übernehme. Sie hat sich jedoch auch hierzu nicht geäußert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse sowie den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat Erfolg.
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1. Die angefochtenen Beschlüsse vom 18. Dezember 2013 und vom 22. September 2016 leiden an einem wesentlichen Verfahrensmangel, der zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt führt (§ 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG).
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a) Die Rechtsnachfolgerin der Anmelderin der angegriffenen Marke hat das Widerspruchsverfahren nicht gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG übernommen.
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Die Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens mit der am 11. November 2013 eingetragenen neuen Inhaberin der angegriffenen Marke ist nicht mit dem im Widerspruchsverfahren entsprechend anwendbaren § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG vereinbar (vgl. BGH GRUR 1998, 940, 941 – Sanopharm). Danach berührt die Veräußerung der Streitsache bzw. – hier – die Übertragung des Markenrechts nicht das Widerspruchsverfahren, so dass es die Markenstelle nach der Umschreibung der angegriffenen Marke mit der ursprünglich eingetragenen Inhaberin hätte fortsetzen müssen.
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Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Rechtsnachfolgerin das Widerspruchsverfahren gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG übernommen hätte, was auch ohne die Zustimmung der Widersprechenden möglich gewesen wäre. Sie hat allerdings von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Nach der Umschreibung sind keinerlei Erklärungen seitens der neuen Inhaberin der angegriffenen Marke, geschweige denn eine Übernahmeerklärung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG, abgegeben worden. Insbesondere hat sie die diesbezügliche Anfrage des Senats vom 15. Oktober 2018 nicht beantwortet.
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Demzufolge bleibt die Anmelderin der angegriffenen Marke Beteiligte des Widerspruchsverfahrens (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 28, Rdnr. 18), so dass die Markenstelle nicht gegenüber der Rechtsnachfolgerin über den Widerspruch entscheiden konnte. Trotzdem sind die beiden angefochtenen Beschlüsse ihr gegenüber ergangen. Nur sie ist in den Rubren als Beteiligte genannt. Zudem sind die Beschlüsse ausschließlich ihr und der Widersprechenden, nicht jedoch der Anmelderin der angegriffenen Marke zugestellt worden. Es liegen im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschlüsse auch gegenüber letztgenannter erlassen werden sollten.
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Im Beschwerdeverfahren ist jedoch die Rechtsnachfolgerin der angegriffenen Marke beteiligt, da ihr gegenüber die angefochtenen Beschlüsse erlassen worden sind.
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b) Im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung hält der Senat eine Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG für sachgerecht. Hierfür spricht auch, dass weitere Ermittlungen seitens der Eingangsinstanz zur Anschrift der ursprünglichen Inhaberin der angegriffenen Marke und zum Umfang der Vertretung ihres Verfahrensbevollmächtigten erforderlich sind, der laut handschriftlichem Vermerk auf dem Umschreibungsantrag die Rechtsnachfolgerin nicht vertritt.
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2. Angesichts der gewichtigen Verfahrensfehler, die der Markenstelle unterlaufen sind, war die Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG anzuordnen.