Aktenzeichen 26 W (pat) 59/13
§ 33 Abs 1 RVG
§ 33 Abs 2 S 1 RVG
§ 23 Abs 2 S 1 RVG
§ 23 Abs 3 S 2 RVG
Tenor
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke …
(hier: Gegenstandswertfestsetzung)
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. August 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Gegen die Eintragung der Wortmarke B… (…) hat die Widersprechende aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke B1… (EM …) Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hat zunächst den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle diesen Erstbeschluss teilweise aufgehoben und die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren der Klasse 32 mit Ausnahme der Ware „Biere“ angeordnet, weil insoweit Verwechslungsgefahr bestehe.
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Gegen diesen Beschluss hat der Markeninhaber Beschwerde eingelegt und Verfahrenskostenhilfe beantragt. Nachdem dieser Verfahrenskostenhilfeantrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Beschwerde mit Beschluss vom 31. Juli 2013 zurückgewiesen worden ist, hat der Markeninhaber die Beschwerdegebühr eingezahlt und seine Beschwerde begründet.
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Mit Beschluss vom 23. Juli 2014 hat der Senat die Beschwerde des Markeninhabers zurückgewiesen und die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt.
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Den dagegen gerichteten Antrag des Markeninhabers auf Nichterhebung von Kosten und dessen Gegenvorstellung vom 18. August 2014 hat der Senat mit Beschluss vom 1. Oktober 2014 zurückgewiesen
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Die Widersprechende beantragt nunmehr,
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den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf 50.000 € festzusetzen.
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Sie ist der Ansicht, der beantragte Wert sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der angemessene Regelwert für markenrechtliche Widerspruchsbeschwerdeverfahren. Es leuchte nicht ein, warum sich das wirtschaftliche Interesse des Inhabers an der Aufrechterhaltung der angegriffenen Marke durch die Einlegung einer Rechtsbeschwerde ändern solle. Gründe für ein Abweichen von diesem Regelstreitwert seien nicht ersichtlich.
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Der Markeninhaber geht sogar von einem noch höheren, geschätzten Markenwert aus.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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1. Der Antrag der Widersprechenden nach § 33 Abs. 1 RVG, den Gegenstandswert für das Widerspruchsbeschwerdeverfahren festzusetzen, ist zulässig.
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Die Widersprechende war in diesem Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten, dessen anwaltliche Vergütung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG fällig geworden ist, weil das Beschwerdeverfahren mit einer Sach- und Kostenentscheidung seinen Abschluss gefunden hat, woraus sich gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG auch die Zulässigkeit des Antrags auf Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt.
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2. Der Antrag auf Festsetzung eines Gegenstandswerts in Höhe von 50.000 € ist auch in voller Höhe begründet.
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a) Da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem BPatG für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, ist der Gegenstandswert gemäß §§ 33 Abs. 1, 23 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen.
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aa) Maßgeblich für die Bestimmung des Gegenstandswertes im Widerspruchsverfahren ist nach ständiger Rechtsprechung das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der mit dem Widerspruch angegriffenen Marke an der Aufrechterhaltung seiner Marke (BGH GRUR 2006, 704 Markenwert). Dieses wirtschaftliche Interesse bemisst der Bundesgerichtshof bei unbenutzten Marken regelmäßig mit 50.000 € (BGH a. a. O.).
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bb) Der erkennende Senat hält ebenfalls seit geraumer Zeit mit der Mehrheit der Senate des Bundespatentgerichts (27 W (pat) 99/12, 27 W (pat) 29/13, 27 W (pat) 108/10, 27 W (pat) 90/11, 27 W (pat) 34/11, 27 W (pat) 109/11; 28 W (pat) 13/11, 28 W (pat) 36/12, 28 W (pat) 7/12; 29 W (pat) 59/12, 29 W (pat) 115/11 = GRUR 2012, 1174 Gegenstandswert im Widerspruchsverfahren; 30 W (pat) 113/11, 30 W (pat) 57/11) einen Regelgegenstandswert von 50.000 € für angemessen (26 W (pat) 573/10, 26 W (pat) 72/11 und 26 W (pat) 47/12).
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cc) Der Auffassung des 25. Senats (25 W (pat) 79/12 = GRUR-RR 2015, 229 Gegenstandswert im Widerspruchs(beschwerde)verfahren, 25 W (pat) 16/10 = GRUR 2012, 1172, 25 W (pat) 510/11 = BlPMZ 2012, 421; 25 W (pat) 73/04 – GRUR 2007, 176 Gegenstandswert für Widerspruchs-Beschwerdeverfahren), die auch der 24. Senat teilt (24 W (pat) 25/14), dass bei unbenutzten angegriffenen Marken grundsätzlich der Regelwert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu verfünffachen sei, was im Hinblick auf die Anhängigkeit des Verfahrens vor dem 31. Juli 2013 analog § 40 GKG unter Zugrundelegung des bis zum 31. Juli 2013 geltenden Regelwertes von 4.000 € insgesamt 20.000 € ausmachen würde, kann sich der Senat nicht anschließen.
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aaa) Der BGH hatte schon 2006 die der Entscheidungspraxis des BPatG im Widerspruchsbeschwerdeverfahren entsprechende Gegenstandswertfestsetzung von 10.000 € ausdrücklich abgelehnt, weil sie für den Normalfall nicht dem wirtschaftlichen Interesse des Inhabers der jüngeren Marke am Bestand des Schutzrechts entspreche (BGH a. a. O.).
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bbb) Aber auch ein Wert von 20.000 € oder 25.000 € bei Zugrundelegung des seit dem 1. August 2013 geltenden Regelwertes von 5.000 € wird der tatsächlichen Bedeutung eingetragener Marken im Wirtschaftsleben nicht gerecht (so schon 27 W (pat) 75/08).
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Denn das wirtschaftliche Interesse am Schutz der angegriffenen Marke umfasst die Kosten für die Entwicklung und die Eintragung der Marke, die bereits insgesamt einen Betrag von 50.000 € und mehr ausmachen können, insbesondere, wenn man externe Beratung in Anspruch nimmt oder die Markenentwicklung Drittfirmen überlässt. Ferner kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass sich das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der angegriffenen Marke auch darauf richtet, Umsatzausfälle zu vermeiden, die durch die Verzögerung des Vertriebs der Marke zu befürchten sind. Auch wenn die vom 25. Senat angesprochene Möglichkeit besteht, dass es sich nur um Vorratsmarken handelt, kann dieser Umstand nicht als einziger wirtschaftlicher Hintergrund einer Markenanmeldung unterstellt werden. Es muss vielmehr unter Berücksichtigung aller möglichen Fallgestaltungen ein angemessener Mittelwert gefunden werden, der auch steigende Kosten einbezieht und für einen längeren Zeitraum gelten kann. Letztlich stellt eine Verfünffachung des gesetzlichen Regelwerts ebenso eine Schätzung dieses Mittelwertes dar wie eine Verzehnfachung. Im Hinblick darauf, dass der BGH schon seit fast 10 Jahren einen Regelwert von 50.000 € ansetzt und sich das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers am Schutz der angegriffenen Marke nicht instanzabhängig steigert, sondern der Verfahrenswert derselbe bleibt (vgl. Ingerl/Rhonke, MarkenG, 3. Aufl., § 71 Rdnr. 29), erscheint unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ein Regelgegenstandswert von 50.000 € angemessen.
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ccc) Soweit damit die Kostenbelastung steigt bzw. bereits gestiegen ist, dürfte dies gerade im Fall von Vorratsmarken, Unternehmen treffen, die sich diese Kosten leisten können. Für den seltenen Fall, dass ein bedürftiger Privatmann oder ein finanzschwacher Kleinunternehmer höhere als die bei einem Regelwert von 25.000 € anfallenden Anwaltskosten nicht aufbringen kann, besteht die Möglichkeit, Verfahrenskostenhilfe nach § 81a MarkenG zu beantragen. § 81a MarkenG ist durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 (BGBl. I S. 3533) eingefügt worden und ist seit dem 1. Januar 2014 in Kraft, auch wenn diese Regelung nur die Rechtsprechung des BGH seit dem Jahre 2008 umsetzt, wonach Prozesskostenhilfe auch in markenrechtlichen Verfahren zu gewähren sei (GRUR 2009, 88 Rdnr. 9 ff. – ATOZ I; GRUR 2010, 270 Rdnr. 26 – ATOZ III).
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Eine deutliche Überteuerung des Verfahrens durch den höheren Regelwert von 50.000 € ist nicht erkennbar, denn die Verdoppelung des Gegenstandswertes hat nur einen unterproportionalen Anstieg, aber nicht die Verdoppelung der Kosten zur Folge. Hinzu kommt, dass die vom 24. und 25. Senat befürwortete restriktive Gegenstandswertfestsetzung den Druck von Seiten der Rechts- und Patentanwälte auf ihre Mandanten zum Abschluss den Nachteil ausgleichender Honorarvereinbarungen erhöht (vgl. Hoffmann/Albrecht, GRUR-Prax 2015, 96) und so zum Gegenteil der beabsichtigten Kostendeckelung führt.
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b) Auch wenn der Markeninhaber von einem geschätzten höheren Wert seiner Marke ausgeht, kommt eine Erhöhung des Regelgegenstandswertes von 50.000 € nicht in Betracht. Denn der Beschwerdeführer hat keine konkreten gegenstandswerterhöhenden Umstände, wie z. B. eine Benutzungsaufnahme vor Abschluss des Widerspruchsbeschwerdeverfahrens oder besonders hohe Aufwendungen für die Entwicklung der Marke, vorgetragen.
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3. Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes ist nach § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG unanfechtbar.
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Kortge Reker T. Hermann