Aktenzeichen 28 W (pat) 4/15
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke DE 30 2011 030 207
(hier: Löschungsverfahren S 158/13 Lösch)
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Juli 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein und der Richter Schmid und Dr. Söchtig
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. August 2014 wird im angegriffenen Umfang (Ziffer 1. und 4. des Tenors) aufgehoben.
2. Der Löschungsantrag wird als unzulässig verworfen.
3. Die Löschungsantragstellerin trägt die Kosten des Löschungsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht.
Gründe
I.
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Mit am 3. Mai 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Telefax hat die Kanzlei F… P.C., …, …-Straße in M…, durch Rechtsanwalt Dr. Z… im Namen der Löschungsantragstellerin die Löschung der am 15. Dezember 2011 erfolgten Eintragung der Wortmarke DE 30 2011 030 207 „ELEMENTCASE“ wegen Bösgläubigkeit beantragt. Eine schriftliche Vollmacht wurde nicht vorgelegt und vom Deutschen Patent- und Markenamt auch nicht angefordert. Mit Schreiben vom 7. August 2014 hat Rechtsanwalt Dr. Z… dem Deutschen Patent- und Markenamt mitgeteilt, dass er die Vertretung der Löschungsantragstellerin niederlege. Die Behörde hat ihn anschließend mit Bescheid vom 21. August 2014 darauf hingewiesen, dass die Beendigung der Bestellung als Vertreter erst wirksam werde, wenn die Bestellung eines anderen Vertreters angezeigt worden sei. Mit Beschluss vom 27. August 2014 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts u. a. die Löschung der Eintragung der Marke DE 30 2011 030 207 wegen Bösgläubigkeit angeordnet und der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens auferlegt.
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Hiergegen richtet sich deren Beschwerde. Sie meint, der vom Deutschen Patent- und Markenamt festgestellte Löschungsgrund sei nicht gegeben. Ferner hat sie mit Eingabe vom 10. April 2019 den Mangel der wirksamen Bestellung eines Inlandsvertreters der Löschungsantragstellerin gerügt.
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Sie beantragt sinngemäß,
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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. August 2014 aufzuheben, den Löschungsantrag zurückzuweisen und die Kosten des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt als auch vor dem Bundespatentgericht der Löschungsantragstellerin aufzuerlegen.
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Die Löschungsantragstellerin selbst, Rechtsanwalt Dr. Z… oder ein anderer Vertreter haben sich nach der Eingabe vom 7. August 2014 nicht mehr zur Sache geäußert. Insbesondere wurde keine Stellungnahme zur Rüge des Mangels der Vollmacht vom 10. April 2019, zur gerichtlichen Aufforderung vom 18. April 2019, eine Inlandsvertretervollmacht einzureichen, oder zum gerichtlichen Hinweis vom 6. Juni 2019, dass der Löschungsantrag wegen Fehlens eines Inlandsvertreters als unzulässig anzusehen sein könnte, abgegeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde ist begründet.
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1. Bei der Löschungsantragstellerin handelt es sich um ein kalifornisches Unternehmen, das im Inland weder einen Sitz noch eine Niederlassung hat. Demzufolge hat sie gemäß § 96 Abs. 1 MarkenG sowohl für das Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt als auch für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht einen Inlandsvertreter zu bestellen, der zur Vertretung in beiden Verfahren und in bürgerlichen Streitigkeiten, die die Marke DE 30 2011 030 207 betreffen, sowie zur Stellung von Strafanträgen befugt und bevollmächtigt ist. Die Bevollmächtigung wird von Amts wegen regelmäßig nicht geprüft, wenn – wie vorliegend – ein Rechts- oder Patentanwalt als Bevollmächtigter auftritt (§ 81 Abs. 6 Satz 2 MarkenG, vgl. auch § 88 Abs. 2 ZPO). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn gemäß § 81 Abs. 6 Satz 1 MarkenG (vgl. auch § 88 Abs. 1 ZPO) der Mangel der Vollmacht gerügt wird. In diesem Fall hat auch ein Rechts- oder Patentanwalt gemäß § 81 Abs. 5 Satz 1 MarkenG eine schriftliche Vollmacht einzureichen. Demzufolge wurden die anwaltlichen Vertreter der Löschungsantragstellerin mit Schreiben des Senats vom 18. April 2019 unter Beifügung der Rüge der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 10. April 2019 aufgefordert, bis zum 10. Mai 2019 eine Inlandsvertretervollmacht vorzulegen. Ergänzend hat sie der Senat mit Schreiben vom 6. Juni 2019 auf die Folgen des Fehlens einer schriftlichen Vollmacht hingewiesen und ihnen erneut eine (zweiwöchige) Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Es erfolgte jedoch keinerlei Reaktion. Insbesondere wurde in schriftlicher Form keine Vollmacht eingereicht. Eine Heilung nach den Grundsätzen des § 89 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kommt vorliegend nicht in Betracht, da die Löschungsantragstellerin weder eine mündliche Vollmacht erteilt, noch die Verfahrenshandlungen genehmigt hat.
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Der Mangel der Vollmacht führt zur Unwirksamkeit der vom Vertreter vorgenommenen Verfahrenshandlungen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 81, Rdnr. 20). Davon ist auch der Löschungsantrag vom 3. Mai 2013 betroffen. Er wurde zwar vor der Rüge des Mangels der Vollmacht vom 10. April 2019 gestellt. Allerdings kann gemäß § 81 Abs. 6 Satz 1 MarkenG dieser Mangel in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Insofern umfasst die Rüge auch das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt.
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Von einer Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG zur Behebung des Mangels der Vollmacht sieht der Senat ab, da nicht davon auszugehen ist, dass die Löschungsantragstellerin die bereits mehrfach angemahnte Vollmacht noch einreichen wird.
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2. Die Kosten des Löschungsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht werden gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG und § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Löschungsantragstellerin auferlegt. Die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen ist in Abweichung vom Grundsatz der eigenen Kostentragung (§ 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG, § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG) dann geboten, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen prozessuale Sorgfaltspflichten verstößt (Ströbele/Hacker/ Thiering, a. a. O., § 63, Rdnr. 7, und § 71, Rdnr. 12).
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Dies ist hier der Fall. Der äußere Verfahrensverlauf lässt erkennen, dass die Löschungsantragstellerin zwar die Einleitung des Löschungsverfahrens veranlasst, dann aber – gegebenenfalls aus Kostengründen – von dem Vorhaben insgesamt ohne weitere Erklärung Abstand genommen hat. So hat sie im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ihren Löschungsantrag umfassend begründet und engagiert ihren Standpunkt dargestellt. In diesem Zusammenhang ist auf die umfangreiche eidesstattliche Versicherung ihres Vice President Operations vom 21. April 2012 hinzuweisen, in der sich dieser zu der Geschäftslage und dem Produktsortiment des Unternehmens geäußert hat. Ohne erkennbaren Grund hat die Löschungsantragstellerin dann offensichtlich das Interesse an dem Verfahren verloren. Dies wird daran ersichtlich, dass sie sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert hat und trotz der Rüge der Inhaberin der angegriffenen Marke sowie der Hinweise des Senats keinen Inlandsvertreter wirksam bestellt hat. Die Löschungsantragstellerin hat damit unter Umständen aus Unkenntnis der Folgen ihres Verhaltens oder aus Sorglosigkeit zur Entstehung von Kosten für die Gegenseite beigetragen. Demzufolge erscheint eine Kostentragung angemessen, zumal in einem vergleichbaren zivilgerichtlichen Fall die Partei die durch das selbst veranlasste Auftreten eines vollmachtlosen Vertreters entstandenen Kosten zu tragen hat (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Auflage, § 88, Rdnr. 11).