Aktenzeichen 27 W (pat) 24/14
Tenor
In der Beschwerdesache
…
die Marke 30 2012 000 861 S 287/12 Lösch
(hier: Kostenentscheidung)
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Januar 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante, des Richters Hermann und der Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Der Kostenantrag der Beschwerdegegnerin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Antragstellerin hat am 24. Oktober 2012 die Löschung der am 10. Januar 2012 angemeldeten und am 2. Februar 2012 in das Markenregister für Waren der Klasse
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14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente
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25: Bekleidungsstücke, Damenoberbekleidung, Halstücher, Seidentücher, Gürtel, Schuhwaren, Kopfbedeckungen
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unter der Nr. 30 2012 000 861 eingetragenen Wortmarke
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OUI
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beantragt. Auf den Löschungsantrag, dem die Markeninhaberin widersprochen hat, hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 30. Januar 2014 die Löschung der Streitmarke in Bezug auf die Eintragung für Waren der Klasse 14 angeordnet. Im Übrigen hat sie den Löschungsantrag zurückgewiesen und für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen keinen Anlass gesehen.
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Nach Auffassung der Markenabteilung werde der französischsprachige Begriff „OUI“ in Bezug auf Schmuck- und andere Waren der Klasse 14 als eine der Warenaufmachung zurechenbare Inschrift, die – etwa auf einem (Verlobungs- oder Trau-) Ring – ein persönliches Versprechen ausdrücke, wahrgenommen und sei daher den Löschungsgründen nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 i. V. m. § 50 Abs. 1 MarkenG ausgesetzt. Hinsichtlich der eingetragenen Waren der Klasse 25 bestehe allerdings kein Löschungsgrund, da sich das Zeichen insoweit insbesondere nicht in einer bloßen Kaufanpreisung erschöpfe.
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Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Löschungsantragstellerin hat der Senat mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 den Beschluss der Löschungsabteilung im Umfang der Zurückweisung aufgehoben und die Marke auch für Waren der Klasse 25 gelöscht. Die angegriffene Marke sei in Bezug auf die eingetragenen Waren der Klasse 25 als werbende Angabe einer geläufigen Fremdsprache, die stets nur als solche verstanden werde, einzuordnen. Der allgemein verständliche Begriff in der Bedeutung „ja“ erschöpfe sich nämlich in einer werbemäßigen Ansprache, indem es die Aufmerksamkeit der Kunden durch beifälliges Wohlwollen, das durch sprachliche Einkleidung einen auf die Waren bezogenen Zusammenhang zum französischen Kulturkreis herstelle, zu gewinnen und zu binden suche. Der Umstand, dass das aufgrund seiner Funktion als Ansprache zwingend prägnante Zeichen nicht im Einzelnen erkennen lasse, aus welchen Gründen die Waren Zustimmung verdienen, ändere nichts daran, dass der Ausdruck sich auf einen Werbehinweis beschränke.
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Den Beschluss des Senats hat der BGH auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hin mit Beschluss vom 31. Mai 2016 aufgehoben, weil entgegen der Annahme des Senats der durch die Bezeichnung von Bekleidungsstücken angesprochene normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige inländische Durchschnittsverbraucher die Bezeichnung “OUI” nicht stets nur als Werbeaussage ohne Unterscheidungskraft verstünde. Eine ausschließlich anpreisende Bedeutung folge nicht bereits daraus, dass dem Wort “ja” bei einer Verwendung für die in Rede stehenden Waren für sich genommen der Ausdruck beifälligen Wohlwollens zukomme. Der anpreisende Sinn einer Bezeichnung schließe deren Eignung, als Herkunftshinweis zu wirken, nicht aus (vgl. BGH, GRUR 2014, 872 Rn. 23 – Gute Laune Drops). Die hierfür erforderliche Feststellung, dass der Verkehr die Bezeichnung ausschließlich als werbliche Anpreisung verstehe (BGH, GRUR 2015, 173 Rn. 28 – for you), lasse sich entgegen der Ansicht des angefochtenen Beschlusses nicht aus Verwendungsbeispielen treffen, die das Wort OUI im Kontext enthielten; Nachweise des Zeichens OUI in Alleinstellung fehlten.
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In der Folge hat die Löschungsantragstellerin mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2016 ihren Löschungsantrag, soweit ihm nicht durch Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. Januar 2014 bezüglich der Waren der Klasse 14 stattgegeben worden ist, zurückgenommen. Die Löschungsantragsgegnerin beantragt nun,
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der Löschungsantragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
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Zur Begründung trägt sie vor, die Kostenlast der Beschwerdeführerin entspreche der Billigkeit, da diese in einer kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht habe, ihr Interesse durchzusetzen, wie sich auch an einer Kostenforderung aus Februar 2014 im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten an ordentlichen Gerichten zeige.
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Die Beschwerdeführerin und Löschungsantragstellerin beantragt,
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den Kostenantrag der Löschungsantragsgegnerin zurückzuweisen.
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Zur Begründung trägt er vor, die Beschwerde sei nicht ohne Erfolgsaussicht gewesen.
II.
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Der Antrag der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführerin und Löschungsantragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, ist auch nach Rücknahme des (weitergehenden) Löschungsantrages zulässig (§ 71 Abs. 4 MarkenG). In der Sache ist er jedoch unbegründet.
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Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt, § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG. Eine Abweichung von diesem Grundsatz kommt nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nur dann in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht. Das Gesetz knüpft damit die Kostenerstattung nicht generell an den Ausgang des Verfahrens, sondern sieht eine solche nur in den Fällen vor, in denen die Anwendung des Grundsatzes der eigenen Kostentragung wegen besonderer Umstände unbillig erscheint. Solche besonderen Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist zum Beispiel auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfahrensgegner vermeidbare Kosten aufbürdet.
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Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise bei einem sorgfaltswidrigen Verhalten in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen. Gleiches gilt für die Rücknahme eines Widerspruchs, Löschungsantrags oder der Beschwerde. Denn es entspricht dem Recht auf gerichtliche Kontrolle (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG), auch bislang anerkannte Rechtsprechungsgrundsätze einer (erneuten) gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Selbst eine einheitliche entgegenstehende Entscheidungspraxis reicht dabei nicht aus, Kosten wegen des Betreibens aussichtsloser Verfahren aufzuerlegen (BPatG 27 W (pat) 74/14 – BLÄTTERPDF).
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Besondere Umstände, die ein Abweichen von der als Regelfall vorgesehenen eigenen Kostentragung nach § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG rechtfertigen würden, liegen hier entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht vor.
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Die Rücknahme des Löschungsantrages rechtfertigt – wie dargelegt – für sich gesehen keine Kostenauferlegung, was bereits aus der Vorschrift des § 71 Abs. 4 MarkenG folgt. Ferner lässt sich angesichts des der Beschwerde stattgebenden Beschlusses des Senats vom 9. Dezember 2014 auch nicht feststellen, dass die Beschwerdeführerin trotz erkennbarer Aussichtslosigkeit versucht hat, ihr Interesse an der Löschung der jüngeren Marke durchzusetzen. Ebensowenig ergeben sich aus einer vorgetragenen Gebührenforderung vom Februar 2014 im Zusammenhang mit anderweitigen Rechtsstreitigkeiten, die eigenen Grundsätzen der Kostenentscheidungen folgen, Gesichtspunkte, die Kostenlast im Zusammenhang mit der Rücknahme eines nicht aussichtslosen Löschungsantrages vom 24. Oktober 2012 als billig anzusehen.
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Ein Ausnahmefall, der es rechtfertigen würde, vom Grundsatz der eigenen Kostentragung abzuweichen, liegt daher nicht vor. Der Kostenantrag der Beschwerdegegnerin musste daher erfolglos bleiben.