Patent- und Markenrecht

Patentbeschwerdeverfahren – Umschreibung im Patentregister – zum Nachweis der Änderung des Firmensitzes eines Patentinhabers

Aktenzeichen  7 W (pat) 9/19

Datum:
8.11.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:081119B07Wpat9.19.0
Normen:
§ 30 Abs 1 S 1 PatG
§ 28 PatG
§ 27 Abs 1 Nr 1 DPMAV 2004
§ 27 Abs 1 Nr 4 DPMAV 2004
Spruchkörper:
7. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 60 2010 034 268 (Leitakte)
und weitere Patente (s. Auflistung Seite 3)
wegen Umschreibung im Patentregister
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 8. November 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und der Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Patentabteilung 31.EP – vom 23. Mai 2019 wird aufgehoben.
2. Im Patentregister ist die Sitzangabe hinsichtlich des Patents 60 2010 034 268 (Leitakte) zu ändern in „A… in G… (USA)“.
3. Hinsichtlich der weiteren, im angefochtenen Beschluss als „Betroffene Aktenzeichen“ aufgelisteten Schutzrechte wird die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.
1
Auf eine Anmeldung der N… Corporation in D… in G… (USA), vom 1. Dezember 2010 hat das Europäische Patentamt ein Patent mit der Bezeichnung „Methods and apparatus for selecting and delivering content“ u. a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt. Beim Deutschen Patent- und Markenamt wird das Patent unter dem Aktenzeichen 60 2010 034 268.9 (Leitakte im vorliegenden Verfahren) geführt.
2
Am 31. August 2018 stellte die Patentinhaberin unter Bezugnahme auf eine Liste von Schutzrechten den Antrag, im Patentregister die Änderung ihrer Adresse in „S… Street A… in G…“ zu vermerken. In der dem Umschreibungsantrag beigefügten „DECLARATION OF ADDRESS CHANGE“ vom 22. August 2018 wird die neue Adresse der Patentinhaberin mit der Bemerkung „having its principal office of business at …“ angegeben. Durch patentamtliches Schreiben vom 13. November 2018 wurde die Patentinhaberin aufgefordert zu erklären, ob es sich bei der Adressenänderung um die Verlegung des Firmensitzes (Satzungssitz) gemäß § 4 PatVO oder nur um eine neue Zweigniederlassung oder Geschäftsanschrift handele. Eine Änderung der registrierten Daten erfolge nur bei geändertem Firmensitz; andernfalls könne nur die registrierte Zustellanschrift geändert werden.
3
Nachdem die Patentinhaberin den Bescheid vom 13. November 2018 – trotz Verlängerung der darin gesetzten Antwortfrist – nicht beantwortet hatte, wurde ihr Umschreibungsantrag durch Beschluss der Patentabteilung 31.EP (im Rubrum fälschlicherweise als Prüfungsstelle bezeichnet) vom 23. Mai 2018 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Sitzverlegung nicht nachgewiesen sei.
4
Als „Betroffene Aktenzeichen“ sind in dem Beschluss neben dem Aktenzeichen der Leitakte 60 2010 034 268.9 folgende Aktenzeichen aufgeführt:
5
60 2006 023 415.5; 60 2006 053 478.7; 60 2007 008 188.2; 60 2007 009 169.1; 60 2007 018 582.3; 60 2007 020 119.5; 60 2007 023 905.2; 60 2007 027 743.4; 60 2007 034 180.9; 60 2007 040 760.5; 60 2008 006 508.1; 60 2008 009 083.3; 60 2008 010 798.1; 60 2008 021 310.2; 60 2008 023 204.2; 60 2008 030 417.5; 60 2008 038 761.5; 60 2008 042 137.6; 60 2008 051 283.5; 60 2009 001 960.0; 60 2009 002 236.9; 60 2009 008 941.2; 60 2009 010 588.4; 60 2009 020 627.3; 60 2009 033 772.6; 60 2009 039 425.8; 60 2009 045 344.0; 60 2010 001 267.0; 60 2010 001 429.0; 60 2010 003 588.3; 60 2010 013 706.6; 60 2010 021 357.9; 60 2010 023 555.6; 60 2010 025 246.9; 60 2010 030 836.7; 60 2010 036 543.3; 60 2010 044 767.7; 60 2010 049 461.6; 60 2011 000 884.6; 60 2011 001 637.7; 60 2011 003 000.0; 60 2011 012 486.2; 60 2011 019 311.2; 60 2011 024 554.6; 60 2011 030 492.5; 60 2011 034 236.3; 60 2011 035 377.2; 60 2011 036 398.0; 60 2012 001 281.1; 60 2012 001 357.5; 60 2012 002 570.0; 60 2012 003 008.9; 60 2012 003 180.8; 60 2012 005 485.9; 60 2012 005 514.6; 60 2012 010 153.9; 60 2012 011 488.6; 60 2012 029 758.1; 60 2012 029 779.4; 60 2012 030 386.7; 60 2012 035 548.4; 60 2012 042 748.5; 60 2013 006 911.5; 60 2013 011 777.2; 60 2013 013 137.6; 60 2013 026 325.6; 60 2014 001 534.4; 60 2014 003 060.2; 60 2014 013 699.0; 60 2015 004 444.4; 60 2015 006 171.3; 60 2015 010 061.1.
6
Gegen den Beschluss vom 23. Mai 2019 richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Mit Eingabe vom 14. Oktober 2019 legte sie einen Internetausdruck ihrer Homepage vom 9. August 2019 vor. Daraus geht hervor, dass die Patentinhaberin ihren Hauptsitz („Worldwide Corporate Headquarters“) in A… G… (USA) hat.
II.
7
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Anordnung der beantragten Registeränderung in der Leitakte 60 2010 034 268.
8
1. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 PatG hat das Patentregister u. a. den Namen und Wohnort (d. h. nicht die volle Anschrift) des Patentanmelders bzw. -inhabers anzugeben; Firmen sind mit ihrem Sitz einzutragen (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 10. Aufl., § 30 Rdnr. 13). Änderungen des Wohnorts bzw. des Firmensitzes sind gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 PatG im Patentregister zu vermerken, wenn sie dem Patentamt nachgewiesen sind. Die Registeränderung wird nur auf Antrag vorgenommen, wobei das Aktenzeichen des Schutzrechts und die Anschrift in der neu in das Register einzutragenden Form anzugeben sind (§ 28 PatG i. V. m. § 27 Abs. 1 Nr. 1, 4 DPMAV). Als Nachweis genügt gemäß Nr. 10 bzw.11 i. V. m. Nr. 9 der Umschreibungsrichtlinien – die seit dem 1. Januar 2019 gültige Fassung (abrufbar über die Internetseite des DPMA, s. Mitteilung Nr. 8/18 BlPMZ 2019, 22, sowie im TABU unter 313) entspricht insoweit der früheren Fassung (BlPMZ 2002, 11, 13) – regelmäßig eine vom eingetragenen Inhaber oder seinem Vertreter unterzeichnete und an das Deutsche Patent- und Markenamt gerichtete Anzeige der Anschriftenänderung. Diesen Erfordernissen hat die Patentinhaberin durch den von ihren anwaltlichen Vertretern am 31. August 2018 eingereichten Antrag entsprochen.
9
2. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass es sich bei der mitgeteilten Adressenänderung um etwas anderes als eine Sitzverlegung handeln könnte, sind weder dem Schreiben selbst noch sonstigen Umständen zu entnehmen. Im Gegenteil weist die dem Umschreibungsantrag beigefügte „DECLARATION OF ADDRESS CHANGE“ mit der Angabe, dass die neue Adresse der Hauptgeschäftssitz sei („principal office of business“) unmissverständlich darauf hin, dass es um den neuen Sitz der Patentinhaberin geht. Für das Patentamt hat daher im vorliegenden Fall kein Anlass bestanden, von der Patentinhaberin weitere Erklärungen zu der Frage zu verlangen, ob sie tatsächlich ihren Firmensitz verlegt habe, oder ob es sich bei der angegebenen neuen Adresse nur um eine Zweigniederlassung oder um eine Geschäftsanschrift handele. Mit dieser Nachfrage ist das Patentamt von der in den Umschreibungsrichtlinien festgelegten Vorgehensweise abgewichen. Zwar weisen diese Richtlinien keinen Rechtsnormcharakter auf. Jedoch dienen sie der Einhaltung des in Art. 3 GG festgelegten Gleichheitsgrundsatzes (vgl. van Hees/Braitmayer, Verfahrensrecht in Patentsachen, 4. Aufl., Rn. 104).
10
Über die in den Umschreibungsrichtlinien genannten Voraussetzungen hinausgehende Angaben oder Nachweise dürfen daher nur verlangt werden, wenn sich für das Patentamt Anhaltspunkte ergeben, dass das Register durch die beantragte Änderung unrichtig würde. Solche Anhaltspunkte waren hier, wie ausgeführt, schon im patentamtlichen Verfahren nicht vorhanden. Davon abgesehen wären etwaige Zweifel durch die Vorlage des Internetauszugs von der Homepage der Patentinhaberin mittlerweile ausgeräumt.
11
3. Somit war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Vornahme der beantragten Firmensitzänderung im Patentregister hinsichtlich des Patents 60 2010 034 268 (Leitakte) anzuordnen. Bezüglich der in dem angefochtenen Beschluss als „Betroffene Aktenzeichen“ aufgelisteten Verfahren gelten die genannten Grundsätze ebenso. Da die betreffenden Umschreibungsakten im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegen haben, wird das Verfahren insoweit zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
III.
12
Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist vorliegend aus Billigkeitsgründen geboten (§ 80 Abs. 3 PatG). Zwar hätte die Patentinhaberin die beantragte Registeränderung auf einfacherem als dem Beschwerdewege erreichen können, wenn sie bereits gegenüber der Patentabteilung noch einmal klargestellt hätte, dass es sich bei der geänderten Adresse um den neuen Firmensitz (und nicht nur um eine Zweigniederlassung oder um eine Geschäftsanschrift) handelt. Jedoch hätte es nicht zur Beschwerdeeinlegung kommen müssen, wenn die Patentabteilung entsprechend den für sie verbindlichen Umschreibungsrichtlinien gehandelt hätte.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

L-1-Visum – Als Experte in die USA

Es gibt etliche Wege, legal in die USA einzureisen. Einer davon ist die Einreise als Experte mit einem Visum für unternehmensinterne Transfers. Es ist als L1-Visum bekannt. Hier erfahren Sie alles über die Visa-Typen, die Beantragung und die Herausforderungen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen